In nicht wenigen Unternehmen steht der Personalbereich unter dem Generalverdacht, lediglich Kosten zu produzieren. Ansätze zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung sind davon ganz bestimmt nicht ausgenommen. Personaler wissen zwar, dass sich die Machtverhältnisse am Arbeitsmarkt gerade um 180 Grad drehen. Und ihnen ist völlig klar, dass es wesentlich einfacher und dazu kostengünstiger ist, einen guten Mitarbeiter an Bord zu halten, als einen neuen zu gewinnen.

A group of friends at a coffee shop
Foto von Brooke Cagle

Nutzen Sie ROERI

Doch bei Mitgliedern der Unternehmensleitung, die auf den Stufen ihrer eigenen Karriere eher mit Eisen- als mit Samthandschuhen angefasst wurden, stoßen Mitarbeiterbindungsprogramme verständlicherweise nicht immer auf ungeteilte Zustimmung. Damit die Vorschläge aus HR nicht direkt auf der Ablage der Nice-to-have-, Wohlfühl- und Kuschelfaktoren landen, ist der Return on Investment aller Aktivitäten zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung sehr wichtig.

Wer über eine hilfreiche Kennziffer für das rentabilitätsorientierte Mitarbeiterbindungscontrolling verfügen möchte, nutzt ROERI. Der Return on Employee Retention Investment stellt den Erfolgsbeitrag der Aktivitäten zur Mitarbeiterbindung ins Verhältnis zu den hierfür aufgewendeten Investitionen.

Diese Kennziffer unterstützt den Personalisten schon bei der Argumentation. ROERI schärft den Blick dafür, dass der Einsatz von Mitteln für das Binden der Mitarbeiter zu Gewinnsteigerungen führen muss. Nach erfolgreicher Umsetzung des Bindungsvorhabens stärkt sie den Stellenwert des Human Resource Managements. ROERI gehört daher in die Toolbox jedes Personalleiters.


Steigern Sie Gewinne

Anstrengungen, die ein Arbeitgeber unternimmt, um gutes Personal zu halten, tragen zur Reduzierung diverser Kosten bei: Zu den unmittelbaren Auswirkungen zählen sinkende Fluktuations-, aber auch abnehmende Reklamationskosten. Mitarbeiter, die sich ihrem Unternehmen, ihren Kollegen, ihrem Vorgesetzten und ihren Aufgaben verbunden fühlen, fehlen nicht nur krankheitsbedingt seltener. Sie achten auch auf eine hohe Qualität der Produkte und Services. Sie halten zugesagte Termine ein, schonen Werkzeuge und Arbeitsmittel und gehen sorgfältiger mit Material, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen um.

Obendrein wirkt sich jede Steigerung der Mitarbeiterbindung positiv auf die Umsatzerlöse aus. Verbundene Mitarbeiter treiben Verbesserungen von Produkten und Abläufen voran und setzen engagiert Innovationen um. Sie tragen Informationen über erkannte Nachfrageveränderungen ins Unternehmen und erfüllen flexibel lukrative Kundenwünsche. ROERI misst jede Gewinnauswirkung und zeigt den Wertschöpfungsbeitrag der personalwirtschaftlichen Bindungsaktivitäten auf.

Berücksichtigen Sie Funktionsportfolien

Spezialistenfunktionen setzen zumeist Kompetenzen voraus, die am Arbeitsmarkt nur schwer verfügbar sind und zugleich höchst bedeutsam für das Unternehmen. Diese beiden Kriterien bilden daher bei dem SELIMAB-Verfahren die Achsen des zweiten Portfolios, das Sie beim Ableiten von Angeboten für die Mitarbeiterbindung unterstützt: dem Funktionsportfolio. Normstrategien unterscheiden hier Zufriedenheit von Begeisterung. Denn Mitarbeiterzufriedenheit kann zur Reduzierung der ungewollten Fluktuation führen, Mitarbeiterbegeisterung sogar zur Verhinderung von Fluktuation.

Bei Mitarbeitern mit erfolgskritischen Kompetenzen sind beide Kriterien, die Strategische Relevanz und die geringe Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt, hoch ausgeprägt (Sektor A). Bei diesen Kräften werden Personalverantwortliche keine Kosten und Mühen scheuen, um sie für das Unternehmen zu begeistern und so zu binden. Bei mittlerer Ausprägung (Sektor B) reicht es unter Kosten-Nutzen-Aspekten aus, die Mitarbeiter zufrieden zu stellen und so eine annehmbare Verringerung der ungewollten Fluktuation zu realisieren. Für die Inhaber der Funktionen in Sektor C, die leicht wiederzubesetzen sind und nur eine untergeordnete strategische Bedeutung einnehmen, müssen die HR-Verantwortlichen keine speziellen Bindungsvorhaben entwickeln.

Es ist der Natur der beiden Begriffe “Zufriedenheit” und “Begeisterung” geschuldet, dass das SELIMAB-Funktionsportfolio keine bestimmten Angebote nennt. Um erfolgskritische Kräfte im A-Sektor zu begeistern, müssen zwar individuell passende und unerwartete, aber nicht unbedingt kostspielige Zuwendungen her. Empathische und einfallsreiche Mitarbeiter des Personalmanagements können die Führungskräfte dabei unterstützen, diese zu entwickeln. Dabei nutzen die Portfolien den Fundus des „Kompetenz Center Mitarbeiterbindung“ (Webtipps).

Wenn die Personalabteilung hingegen ermitteln will, wie sich die Mitarbeiterzufriedenheit der Kräfte im B-Sektor steigern lässt, kann eine von HR initiierte Mitarbeiterbefragung sinnvoll sein.


Fazit: Bindung kostet Zeit, nicht Geld

Vorgesetzte stellen die am häufigsten genannte Kündigungsursache dar. Kein noch so begeisterndes Angebot zur Mitarbeiterbindung kann Defizite in der Führung ausgleichen. Daher sollten Personal- und Unternehmensleitungen das Verhalten der Vorgesetzten in den Fokus nehmen. Sorgen sie für ein innovations- und leistungsförderliches Arbeitsklima? Kennen sie die Motive, Wünsche und Bedürfnisse ihrer Top-Kräfte? Lassen sie Mitarbeitern mit erfolgskritischen Kompetenzen ausreichend Spielräume? Wie ernst nehmen sie die gemeinsame Erarbeitung individueller Karrierepläne und Entwicklungsziele?

Führungskräfte in Seminaren für Mitarbeiterbindung zu sensibilisieren und dann auch noch entsprechend zu qualifizieren, ist für Unternehmen heute erfolgskritisch. Die Mitarbeiterbindungseffekte verkehren nämlich sich ins Gegenteil, wenn die den Portfolien zugrundeliegenden Einschätzungen nicht stimmen.

Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hängt somit in hohem Maße davon ab, ob und wie wirtschaftlich das Anziehen, Binden, Halten und Motivieren der erfolgskritischen Mitarbeiter gelingt. Da ist es doch ganz beruhigend zu wissen, dass das wirksamste Instrument der Mitarbeiterbindung zugleich das kostengünstigste ist: das Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten.

Literaturtipp
Mitarbeiterbindung. Strategie und Umsetzung im Unternehmen. Von Gunther Wolf. Mit Arbeitshilfen online. Ausgezeichnet mit dem Deutschen Managementbuchpreis. 2. Auflage. Haufe-Lexware 2016.


Webtipp
mitarbeiterbindung.info: Neben einem Pool von über 300 Instrumenten der Mitarbeiterbindung bietet das Kompetenz Center Mitarbeiterbindung kostenlos hilfreiche HR-Tools. Dazu gehören beispielsweise Apps zur Erstellung von Personalportfolio oder zur Berechnung der Fluktuationskosten, nützliche Studien, Whitepaper und Best Practices.

Setzen Sie Ziele

In der Praxis sind Mitarbeiterbindungsprogramme üblicherweise auf drei Ziele ausgerichtet:

1. Steigerung des Unternehmensgewinns

2. Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität

3. Senkung der ungewollten Fluktuation

Zweifellos setzt hier jedes Unternehmen seine Prioritäten etwas anders. Doch für alle drei strategisch bedeutsamen Stoßrichtungen ist die Steigerung der Mitarbeiterbindung, verstanden als emotionale Verbundenheit der erfolgsrelevanten Belegschaft zu dem Unternehmen, die Basis und der zentrale Ansatzpunkt.

Abbildung 2 zeigt Basis, Wege, Ziele und Wechselwirkungen auf: Der Weg zur Personalbeschaffungskosten senkenden Arbeitgeberattraktivität kann über strategisches Employer Branding und operativ umsetzendes Personalmarketing führen. Die Fluktuationskosten sinken, wenn die Mitarbeiter zufrieden bis begeistert sind. Und das Ziel, die Unternehmensgewinne zu steigern, gelingt am besten mit einer motivierten und engagierten Belegschaft. In allen drei Stoßrichtungen finden sich erfahrungsgemäß leicht Key Performance Indicators (KPI) für das Mitarbeiterbindungscontrolling. Zur Berechnung des ROERI sind diese in Euro und Cent auszuweisen.


Machen Sie Bindung zur Führungsaufgabe

Wer bei der Programmplanung verschiedene Mittel zur Mitarbeiterbindung auf ihre Umsetzbarkeit, ihre Eignung sowie auf Kosten- und Nutzeneffekte hin durchdenkt, erkennt schnell: Bindung ist – nicht nur im Privatleben – eine sehr individuelle Angelegenheit. Während sich das Angebot von Bügel- und Einkaufsservice bei manchen Mitarbeitern in jede der drei Richtungen sehr positiv auswirkt, interessieren sich andere hierfür nicht die Bohne. Was bei wem wann wie wirkt, ist sorgfältig zu prüfen. Am besten von dem, der den Mitarbeiter ohnehin sehr gut kennen muss, weil er ihn zu führen hat.

Der Vorgesetzte ist maßgeblich in der Pflicht. Mitarbeiterbindung ist tatsächlich eine nicht delegierbare Führungsaufgabe. Wer als Vorgesetzter keine Bindung zu seinen Mitarbeitern aufbauen kann, wird sie wohl kaum zu Höchstleistungen motivieren können. Niemand würde einen Außendienstler einstellen, der Schwierigkeiten beim Aufbau tragfähiger Kundenbindungen hat. Gleiches muss im Hinblick auf Mitarbeiterbindungen gelten, sobald man über eine Beförderung nachdenkt.

Mitarbeiterbindung ist nicht primär etwas, wofür Personalmanager zu sorgen haben. Sie verteilen aus ihrer Position heraus die Mittel zur Mitarbeiterbindung meist gleich. Hiermit erzielen Personalmanager jedoch drei unerwünschte Effekte: 1. Sie machen es denjenigen so richtig gemütlich, die sie gar nicht binden möchten. 2. Den guten Kräften, die das Personalmanagement binden möchte, sind die Mittel nicht individuell genug. Gerade die erfolgskritischen Mitarbeiter achten auf relative Besserstellung und sind allein mit Angeboten zu begeistern, die eigens auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten worden sind. 3. Sie werfen Geld aus dem Fenster.

Verteilen Sie richtig, nicht gleich

So lautet die erste Maxime für den an Wirtschaftlichkeit orientierten Personalmanager: Nicht alle Vergünstigungen, die der Mitarbeiterbindung dienen sollen, gleichmacherisch an alle ausschütten. Das ist zwar einfacher in der Durchsetzung, insbesondere angesichts etwaiger Mitbestimmungsrechte, doch unter Rentabilitätsgesichtspunkten nicht der Königsweg. Wer bei der Personalauswahl selektiv vorgeht und auch bei Personalabbau, Beförderung oder Gehaltsanhebung, der sollte bei der Frage der optimalen Bindungsintensität von diesem Grundsatz nicht abweichen.

Als Mindestmaß gilt das Selektieren und Bilden von Mitarbeiterzielgruppen. Bei Inhabern besonders erfolgskritischer Funktionen macht sogar die individuelle Ausrichtung von Incentives Sinn. Dieses selektive, individualisierte Vorgehen ist indes nichts wirklich Neues: So macht es auch der Vertrieb mit seinen Kunden. Neu ist die Übertragung des Know-hows aus der Kundenbindung auf die Bindung von Mitarbeitern.


Setzen Sie SELIMAB ein

Das Verfahren der Selektiven Individualisierten Mitarbeiterbindung (SELIMAB) ist ausgeprägt wirtschaftlich. Mit SELIMAB ist ein hoher Nutzen – bezüglich des Mitarbeiterbindungsgrades sowie der drei strategischen Zielsetzungen – zu sehr geringen Kosten realisierbar. Im Kern geht es bei SELIMAB darum, systematisch die für den Unternehmenserfolg relevanten Kräfte zu identifizieren und zu binden. Für die meisten Unternehmen sind das diese Personengruppen:

1. Potenzialträger

2. Leistungsträger

3. Inhaber von Funktionen mit hoher strategischer Bedeutung

4. Spezialisten mit am Arbeitsmarkt nur schwer verfügbaren Kompetenzen

Bei SELIMAB geht es nicht um kostspielige Zuwendungen. Vor allem dann nicht, wenn es um die Bindung von Leistungs- und Potenzialträgern geht. Personalportfolien sind hilfreich, um die von allen Mitarbeitern erzielten Positionen in diesen beiden Dimensionen zu visualisieren. SELIMAB integriert die Portfoliotechnik und ergänzt diese um Normstrategien. Wichtig ist, deren Zweckmäßigkeit in jedem Einzelfall zu prüfen.


Verwenden Sie Personalportfolien

In Abbildung 3 ist erkennbar: Zu den Normstrategien für das Halten von Leistungsträgern (Sektoren 3, 6, 9) zählt das Anbieten einer Fachkarriere. High Performer hegen zumeist den Wunsch, sich umfassenderes und tiefer gehendes Wissen über ihren Arbeitsbereich anzueignen und als Experten hierfür Anerkennung zu erhalten. Damit die Fachkarrierestufen ausreichend nach außen sichtbar werden, sind diese mit passenden Befugnissen auszustatten. Derart vergrößerte Wirkungsräume steigern meist Motivation sowie Verbundenheit und fördern die Verbleibsneigung.

Die Führungskarriere bietet Chancen, Talente zu binden, zu halten und zu motivieren (Sektoren 7, 8, 9). Ob ausreichende Führungskompetenzen vorliegen, können Unternehmen vorab mithilfe einer zeitlich befristeten Stellvertretung oder Projektleitung prüfen.

Für das Potenzial- und Leistungsmittelfeld (Sektoren 2, 4, 5) ist als Normstrategie hinterlegt, durch gut gemachte Anreizsysteme kräftige Leistungssteigerungen und zugleich hohe Mitarbeiterbindung zu erzielen. Unter der Wirtschaftlichkeitsperspektive empfiehlt sich eine  kostenneutrale, performanceorientierte Vergütung in Kombination mit einer Optimierung der Ziele. Beides stärkt die Bindung auf individueller Ebene und steigert die Gesamtperformance des Unternehmens. Leistungsträger (Sektoren 3, 6, 9) profitieren hiervon in besonderem Maße. Es ist sicher unnötig zu erwähnen, dass all diese Aspekte im Personalmarketing mit Blick auf die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität für Potenzial- und Leistungsträger nutzbar sind.

Daher sieht SELIMAB keine bindungswirksamen Incentives für Mitarbeiter vor, die trotz lukrativer Anreizsysteme die geforderten Leistungen nicht erbringen und zudem nur über unzureichendes Potenzial verfügen (Sektor 1, untere Bereiche angrenzender Sektoren). Es ist ein Irrglaube, dass es dem Betriebsklima schadet, wenn inkompetente Low Performer keine besonderen Leistungen erhalten. Sie profitieren hinreichend von den unvermeidbar gießkannenverteilten „Goodies“: Sei es von der neuen Klimaanlage, vom Betriebskindergarten oder den Angeboten des Gesundheitsmanagements.