Das Krankenrückkehrgespräch oder Rückkehrgespräch umfasst ein oder mehrere Gespräche, die ein Vorgesetzter mit einem Erkrankten nach Rückkehr an seinen Arbeitsplatz führt. Die Gespräche sollen zur Aufklärung der Krankheitsgründe beitragen. Wichtig für ein Unternehmen ist, sich im Vorfeld über die Vor- und Nachteil eines solchen Gesprächs klar zu werden, einen entsprechenden Leitfaden zu entwickeln und vor allem die Vorgesetzten bzw. Führungskräfte eingehend zu schulen. Rückkehrgespräche finden sowohl im öffentlichen Dienst, als auch in der Privatwirtschaft statt.

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Foto von Tyler Franta

Krankenrückkehrgespräche können im Unternehmen unterschiedlich eingebettet sein und gleichzeitig auch verschiedene Ziele unterstützen. Fragen Sie sich, welche Funktionen Krankenrückkehrgespräche in Ihrem Unternehmen haben sollen:

A.

Förderung der Gesundheit und Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) mit dem Ziel der Erhöhung der Anwesenheitsquote und Steigerung der Arbeitsqualität

B.

Wertschätzung und Motivation der Mitarbeiter zur Reduzierung von motivationsbedingten und krankheitsverursachten Fehlzeiten

C.

Führung von Mitarbeitern durch Unterstützung des Arbeitnehmers (bezogen sowohl auf seine Wiedereingliederung nach Krankheit, als auch emotional und sozial)

D.

Fehlzeitenmanagement durch Kontrolle und Durchführung von Sanktionen – auch zur Abschreckung

Wenn Sie sich für A-C entschieden haben, so haben sie eine gute Wahl getroffen. Sollten Sie sich für D entschieden haben, sollten Sie Ihren Führungsstil überprüfen. Vielleicht liegt genau hier die Ursache für den Krankenstand in ihrem Verantwortungsbereich. Untersuchungen haben gezeigt, dass Misstrauen und übermäßige Kontrolle Menschen krank macht. Ein schlechter Chef kann Mitarbeiter schneller und nachhaltiger krank machen, als physikalische Arbeitsbedingungen oder auch Viren und Bakterien dazu in der Lage wären. „Der macht mich krank!“ ist ein Spruch, an dem viel Wahres ist.

Im Folgenden finden Sie Anregungen zu Inhalten von Krankenrückkehrgesprächen.

Freude über die Rückkehr des Arbeitnehmers, Ansprechen, dass der Mitarbeiter vermisst wurde (bitte nur ernst gemeinte Aussagen!)

Seit wann ist der Mitarbeiter erkrankt gewesen?

Seit wann ist der Mitarbeiter wieder im Unternehmen?

Frage nach dem jetzigen Gesundheitszustand? Gibt es noch Einschränkungen?

Sind medizinische Rehabilitationsmaßnahmen geplant?

Eher informelles Unterstützungsangebot für die Wiedereinarbeitung des Mitarbeiters.

Absprache von formeller Unterstützung für die Wiedereinarbeitung des Mitarbeiters mit konkreten, terminierten Maßnahmen.

Welcher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Arbeitsplatz wird gesehen?

Kann die Ausstattung des Arbeitsplatzes optimiert werden?

Können die Arbeitsbelastungen minimiert werden, z. B. durch organisatorische Veränderungen oder durch technische Verbesserungen?

Gibt es geeignetere Einsatzmöglichkeiten für den Betroffenen?

Gibt es Qualifizierungsbedarf?

Versuch der Ergründung anderer, nicht krankheitsbedingter Ursachen für Fehlzeiten.

Suche nach Lösungsmöglichkeiten im Gespräch mit dem Mitarbeiter. Diese können sich auf gesundheitsbedingte, motivationsbedingte oder sonstige betriebsbedingte oder auch private Ursachen für das Fehlen des Mitarbeiters beziehen.

Information des Mitarbeiters darüber, wer ihn während seiner Abwesenheit vertreten hat.

Information des Mitarbeiters über anstehende Aufgaben

Für Beschäftigte, die länger als 6 Wochen im Jahr arbeitsunfähig waren: Information des Mitarbeiters über das Verfahren des Betrieblichen Eingliederungsmanagements und Klärung des Einverständnisses des Mitarbeiters.

Fragen darf der Arbeitgeber (fast) alles – er darf nur nicht auf alles eine (ehrliche) Antwort erwarten. Er darf beruhigt nach der voraussichtlichen Dauer der Krankheit fragen, zum Beispiel wegen der Berechnung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder auch der Vertretungsregelung. Er darf fragen, ob die Erkrankung auf betriebliche Bedingungen zurückzuführen sei um die Arbeitsbedingungen verbessern zu können. Nicht nur bei einem Arbeitsunfall besteht bei dem Arbeitgeber ein Interesse, Näheres über eine Krankheit zu erfahren. Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn Krankheiten betriebliche Ursachen haben oder haben können. Krankheiten können ihre Ursachen im betrieblichen Bereich haben, angefangen von der Verwendung gesundheitsgefährdender Materialien über unzureichend gesicherte Maschinen bis hin zu einem schlechten Betriebsklima, das unbestreitbar ebenfalls krankheitsfördernd sein kann.

Die Art der Krankheit und ihre medizinische Ursache geht den Arbeitgeber nichts an. Er darf nicht die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht verlangen – auch nicht bei einem Betriebsarzt. Ein Arzt oder Betriebsarzt ist in der Lage, ohne die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu diagnostizieren, ob ein Mitarbeiter für bestimmte Arbeiten tauglich ist oder nicht. Jegliche Fragen, die rein persönlich sind, müssen nicht beantwortet werden. Zum Beispiel, wie der gegenwärtige Gesundheitszustand ist, welche Gewohnheiten oder Lebensweisen der Krankheit zugrunde liegen.

Dr. Dipl. Päd. Frank Stöpel, Personalentwickler, Coach, Studium der Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt beruflicher Rehabilitation und der Psychologie, Promotion in Psychologie über den Zusammenhang von Arbeitsbedingungen und Entwicklung der Gesundheit, seit über 20 Jahren tätig in der Beratung und im Training, sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst

Krankenrückkehr­gespräche als Chance nutzen
12.-13.09.2016 in Wuppertal

Das BEM Gespräch
14.-15.11.2016 in Wuppertal

 

Krankenrückkehrgespräche sind eine sehr sensible Angelegenheit. Daher rufen Sie sich vor Beginn des Gesprächs noch einmal wichtige Grundsätze der Gesprächsführung in Erinnerung. Machen Sie sich vor dem Gespräch noch einmal bewusst, welche verschiedenen, teils gegensätzlichen Rollen, Sie als Vorgesetzter je nach Verlauf des Gesprächs einnehmen können und setzen sie diese dann im Gespräch gezielt ein: Das Spektrum reicht vom kollegialen Teamleiter, der um die Gesundheit des Mitarbeiters besorgt ist, über die den Arbeitnehmer motivierende Führungskraft. Im Extremfall reicht die Rolle bis zum Detektiv, der versucht wahre Gründe für Fehlzeiten zu ermitteln und zum Vorgesetzten, der kontrollieren und sanktionierende Maßnahmen ergreifen muss, die bis zur krankheitsbedingten Kündigung führen können.

Führen Sie das Gespräch möglichst direkt nach der Rückkehr des Mitarbeiters nach der Krankheit. Nennen Sie dem Mitarbeiter eine für ihn angenehme Zeit, zu der das Gespräch geführt werden soll. Wählen Sie als Ort des Gesprächs einen möglichst neutralen Raum, in dem Sie ungestört mit dem Mitarbeiter sprechen können. Führen Sie das erste Gespräch mit dem Mitarbeiter alleine. Bei Folgegesprächen ist es eventuell empfehlenswert, den nächst höheren Vorgesetzten und / oder einem Vertreter der Personalabteilung mit hinzu zu bitten. Sorgen Sie für eine freundliche und gute Gesprächsatmosphäre und zeigen Sie dem Mitarbeiter ihr persönliches Interesse. Führen Sie das Gespräch offen, mit gegenseitigem Respekt und mit dem Ziel, das gegenseitige Vertrauen zu stärken. Bieten Sie dem Mitarbeiter Unterstützung an. Falls der Arbeitnehmer nur noch eingeschränkt oder nicht mehr in seiner vorigen Arbeit eingesetzt werden kann, suchen Sie gemeinsam mit dem Arbeitnehmer und gegebenenfalls mit den entsprechenden gesetzlich vorgesehenen Stellen nach Lösungsmöglichkeiten. Wenn Sie den begründeten Verdacht haben, dass der Beschäftigte nicht aufgrund einer tatsächlich vorliegenden Krankheit arbeitsunfähig geschrieben war, versuchen Sie zunächst die wahren Ursachen zu ergründen. Suchen Sie dann gemeinsam mit dem Mitarbeiter nach Lösungen. Beherzigen Sie aber die alten Rechtsgrundsätze: „Bis zum Beweis der Schuld gilt ein Angeklagter als Unschuldig“ und im „Zweifelsfall für den Angeklagten“. Falls es sich wirklich um „motivationsbedingte Fehlzeiten“ handeln sollte, fragen Sie sich selbstkritisch, was Sie dazu beigetragen haben, dass ihre Mitarbeiter die Motivation verloren haben! Machen Sie dem Mitarbeiter eventuell deutlich, welche Auswirkungen dem Unternehmen durch sein Fehlen entstehen und welche Zusatzbelastungen für seine Kollegen verursacht wurden.

Bieten Sie einem ernsthaft erkrankten Mitarbeiter und seiner Familie Hilfe an, sofern Sie das können und wollen. Dies kann durchaus auch emotionale Unterstützung in schwierigen Zeiten sein. So können Sie ihm zum Beispiel durch ein gut geführtes Gespräch oder einen Krankenbesuch Ihre Wertschätzung als Mensch zeigen.

Streben sie gemeinsame Gesprächsergebnisse an und halten sie diese schriftlich fest. Vereinbaren Sie auch einen Folgetermin, bei dem Sie prüfen, ob die ergriffenen Maßnahmen die gewünschten Ziele erbracht haben. Falls nicht, vereinbaren Sie neue – hoffentlich bessere Maßnahmen.