Wer sind die Adressaten von Personalcontrolling?

Geschäftsleitungen verlangen heute, dass HR-Abteilungen ihren Anteil an der Wertschöpfungskette des Unternehmens erfüllen und dies mit Zahlen belegen. Hauptkunde der Personalcontroller ist das Top-Management, das den Controllern von Anfang an die nötige Rückendeckung geben muss. Denn nicht alle Informationen, die sie aufbereiten, sind solche, die jedermann im Unternehmen gerne hören möchte. Weitere Adressaten sind die HR-Abteilung, Bereichsleitungen und Fachabteilungen sowie Betriebsrat, Belegschaft und (seltener) externe Stellen.

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Foto von Headway

Das Personalcontrolling ist meist in der HR-Abteilung angesiedelt. Es ist normalerweise kein Vollzeitjob und lässt sich gut mit anderen Personalfunktionen verbinden. Um die Gefahr von „Schönwetterberichten“ zu reduzieren, ist es jedoch wichtig, dass Personalcontroller eine gewisse organisatorische Unabhängigkeit und neutrale Position innehaben. Sehr empfehlenswert ist es zudem, die Schnittstellen zu anderen Funktionsbereichen klar zu definieren und dabei insbesondere Konkurrenzierung mit der zentralen Controllingabteilung zu vermeiden.

Was sollten Personalcontroller können?

Personalcontrolling ist eine stark EDV-gestützte Tätigkeit. Anwenderkenntnisse der gängigen MS-Office-Programme sowie anderer Systeme, etwa der Personalverrechnung, reichen für diese Tätigkeit jedoch aus. Vertiefende Programmierkenntnisse sind in der Regel nicht notwendig. Unerlässlich ist neben betriebswirtschaftlichen und analytischen Kenntnissen jedoch ein gutes Verständnis der personalwirtschaftlichen Prozesse und Zusammenhänge, um die richtigen Schlüsse und Empfehlungen für das Top-Management sicherzustellen. Vor allem dann, wenn „harte“ Daten, zum Beispiel Kosten, mit „weichen“ Daten, zum Beispiel aus Mitarbeiterbefragungen, kombiniert werden müssen.

Personalcontroller sollten kreativ sein – vor allem dann, wenn es um die Aufbereitung komplizierter Spezialanalysen geht. Sie müssen Informationen so präsentieren können, dass alle Adressaten ihre Analysen verstehen, und in der Lage sein, unangenehme Botschaften mit Takt zu kommunizieren. Diskretion beim Umgang mit vertraulichen Daten ist eine weitere zentrale Voraussetzung für die Tätigkeit als Personalcontroller.

Was sind die Hauptaufgaben des Personalcontrollings?

Hauptziel des Personalcontrollings ist es, die Arbeit des HR-Managements mithilfe von Kennzahlen zu optimieren. Zu diesem Zweck stellen Personalcontroller Soll-Ist-Vergleiche an und sichern diese mit externen Daten ab. Sie filtern Schwachstellen heraus, analysieren und interpretieren diese. Es geht darum, Fragen zu stellen, auch wenn diese manchmal unangenehm sind, dafür aber der Zukunftssicherung des Unternehmens dienen.

Ein effizientes Personalcontrolling geht Hand in Hand mit einem HR-Berichtswesen, das die intern abgestimmten Kennziffern zielgruppengerecht aufbereitet. Idealerweise wird es durch ein Benchmark-System gestützt, das die eigene Organisation mit den „Best-inclass“- Unternehmen vergleicht. Diese drei Elemente bilden das magische Dreieck des Personalcontrollings (Abbildung 1).

Das magische Dreieck der Zusammenhänge im Personalcontrolling

Abbildung 1: Die drei Elemente des Personalcontrollings

Quelle: www.vit-consulting.at

Welchen Fokus Personalcontroller in ihrer Arbeit setzen, kann von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich sein. Dennoch lassen sich einige typische Themenfelder unterscheiden.

1. Personalkostencontrolling

Personalcontrollern fällt meist die Aufgabe zu, die Kosten im Blick zu behalten, indem sie die Berichte des Kennzahlenreportings auf Abweichungen vom Soll untersuchen. In einem weiteren Schritt können sie die Daten interpretieren und gegebenenfalls gegensteuernde Aktivitäten planen. Das Kostencontrolling arbeitet primär mit harten Daten wie der Entwicklung der Überstunden und Krankenstände, die es im Jahres- oder Abteilungsvergleich darstellt.

2. Human-Resource-Assessment

Daneben analysieren und interpretieren Personalcontroller „weiche“ Daten aus Bereichen wie der Aus- und Weiterbildung (Bildungscontrolling), aus Belegschaftsbefragungen, Mitarbeitergesprächen oder Auswertungen von Austrittsinterviews. Hier gibt es oft Schnittstellen zum Personalkostencontrolling, etwa wenn Fluktuation oder Absenzen so zunehmen, dass ein Unternehmen aktiv werden muss, zum Beispiel als Reaktion auf Belegschaftsbefragungen.

3. Personalplanung für die nächste Periode

Personalcontroller unterstützen die Bereichsund Abteilungsleiter in der Personalplanung. Sie analysieren, ob die Fachbereiche ihre Ziele mit den vorhandenen Ressourcen quantitativ und qualitativ bewältigen können beziehungsweise welche Korrekturen notwendig sind. Aufgabe des Personalcontrollings kann es zudem sein, konkrete Lösungsvorschläge zu entwickeln, zum Beispiel in Feldern wie Personalmarketing, Recruiting oder Lehrlingsausbildung.

Zuvor jedoch muss das Personalcontrolling einen Blick in die Zukunft werfen und Szenarien künftiger Entwicklungen entwerfen. Typische Fragen in diesem Zusammenhang sind:

  • Wie wird sich die Fluktuation entwickeln?
  • Wie ist unsere Altersstruktur und welche Abgänge erwarten wir aufgrund von Pensionierungen?
  • Inwiefern wirken sich neue Gesetze auf unsere Personalplanung aus?
  • Welchen Einfluss hat die Ansiedlung eines neuen, attraktiven Arbeitgebers in der Region?

Dabei gilt es, möglichst viele Risikofaktoren zu bewerten und zu definieren, wann sie in welcher Form für das Unternehmen relevant werden.

4. Spezialuntersuchungen

Spezialuntersuchungen gibt meist das Management in Auftrag, um strategische Entscheidungen durch entsprechende Daten und Analysen abzusichern. Bevor sich ein Arbeitgeber für Neueinstellungen entscheidet, könnte er beispielsweise der Frage nachgehen, ob und in welchen Bereichen sich derzeit Überstunden häufen. Vor Investitionen in neue Gebiete ist es hilfreich zu wissen, ob die dafür notwendigen Qualifikationen überhaupt im Unternehmen vorhanden sind.

5. Kontrollaufgaben

Neben planerischen und gestalterischen Aufgaben fällt Personalcontrollern eine Kontrollfunktion zu. Sie müssen überprüfen, ob die Prozesse des HR-Wesens funktionieren und die Verantwortlichen ihre Ziele einhalten. Zum Thema Zielvereinbarungen sollten sie zum Beispiel folgende Fragen stellen: Haben die Führungskräfte alle Mitarbeitergespräche bis zum vereinbarten Zeitpunkt geführt? Sind alle Zielvereinbarungen, die wir für das unternehmensinterne MbO-System benötigen, getroffen und abgestimmt? Wenn die Mitarbeiter ihre Ziele erreicht haben: Wurde dies korrekt abgerechnet und an die Payroll weitergegeben? Die Liste ließe sich fortsetzen.

Auf welche Daten stützt sich die Arbeit des Personalcontrollers?

Personalcontroller arbeiten mit Zahlensammlungen, die sie entsprechend aufbereiten müssen. Dabei lassen sich Ist-, Plan- und Prognosedaten unterscheiden. Bei den Plandaten handelt es sich um interne Daten, mit denen das Unternehmen rechnet. Prognosedaten sind Zukunftsdaten, die von außen auf das Unternehemen wirken und auf die es keinen Einfluss hat.

Die Ist-Daten des Personalcontrollings haben meist folgende Quellen:

  • Personalverrechnung
  • Personaladministration und Zeitwirtschaftssysteme
  • Ausbildungsabteilung
  • Mitarbeitergespräche und -befragungen
  • Kosteninformationen der zentralen Controllingabteilung
  • Benchmarks

Zu den Plandaten des Personalcontrollings gehören:

  • Business-Pläne für das Budget
  • Fluktuationserwartungen
  • Geplante/erwartete Absenzen
  • Ziele der Balanced Scorecard und anderer Zielvereinbarungssysteme

Prognosedaten sind zum Beispiel:

  • Inflation
  • Erwartete Arbeitsmarktentwicklungen und demografische Daten
  • Auswirkungen neuer Mitbewerber oder neuer „Konkurrenten“ am Arbeitsmarkt
  • Auswirkungen politischer Entscheidungen (infrastrukturelle Einflussgrößen)
  • Neue, erwartete Entwicklungen auf dem Sozialsektor (zum Beispiel Altersteilzeit oder Änderungen im Pensionssystem)

HR-Kennzahlen sind primär Kontrollinstrumente im Sinne eines Frühwarnsystems. Nüchtern betrachtet sind sie totes Zahlenmaterial. Zum Leben erweckt werden sie erst

  • durch Vergleiche (etwa mit Budgetdaten und externen Daten),
  • in Form von Zeitreihen,
  • durch Interpretation und
  • in Relation zu Zielen.

Personalcontroller arbeiten entweder mit absoluten Zahlen (zum Beispiel Headcount), Verhältniszahlen (Teilzeitquote) oder Indexzahlen (Betriebsklima), die statisch (beispielsweise als Budget) oder dynamisch (etwa als Zeitreihenbetrachtung) zu sehen sind.

Kennzahlensysteme aufbauen

Beim Aufbau eines Kennzahlensystems sollten Personalcontroller vor allem auf die interne Abstimmung achten. Denn andernfalls laufen sie Gefahr, dass die Systeme nicht akzeptiert und im Lauf der Zeit „zerredet“ werden. Wichtig ist, jede einzelne Kennzahl präzise zu definieren und festzulegen, auf welche Weise und in welchem Rhythmus sie zu erheben ist. Ebenfalls entscheidend ist der Aggregierungsgrad, das heißt, die Art und Weise, wie Daten zusammengefasst und dargestellt werden – zum Beispiel alle Arbeiter, alle Arbeiter nach Bereichen oder alle Arbeiter nach Bereichen und Abteilungen. Auch die grafische Aufbereitung der Daten sollten die Personalcontroller mit ihren internen Kunden absprechen.

Bevor Unternehmen ein Kennzahlensystem einführen, ist weiters zu prüfen, ob die internen und externen Daten in ausreichend guter Qualität vorhanden sind und sich mit einem vertretbaren Aufwand erheben lassen. Entscheidend ist, ob adäquate EDV-Tools zur Verfügung stehen, um die Zahlen effizient und in gleichbleibender Qualität zu ermitteln.

Beispiel Krankenstand

Welche Fragen Personalcontroller beim Aufbau eines Kennzahlensystems beantworten sollten, lässt sich am Beispiel des Krankenstandes illustrieren. Wenn Unternehmen in regelmäßigen Abständen den Krankenstand in ihrer Organisation erheben möchten, sollten sie zunächst klären, was diese Kennzahl für sie genau umfasst.

  • Soll die Kennzahl Kuren abbilden, die arbeitsrechtlich als Krankenstand gelten, oder diese ausschließen?
  • Fließen Arbeitsunfälle in die Kennzahl ein? Und wenn ja: Sollen auch Wegunfälle, die arbeitsrechtlich als Arbeitsunfälle gelten, hineingerechnet werden?
  • Wie werden „Dauerkranke“ statistisch behandelt – und ab wann gilt ein Mitarbeiter als „dauerkrank“?

Weitere Fragen ergeben sich durch den Rhythmus der Erhebung:

  • Sollen die Krankenstandsziffern auf das Jahresende hochgerechnet werden oder ist eine Monatsbetrachtung sinnvoller? (Entscheidend ist hier, mit welchen Informationen das Unternehmen die Entwicklung der Krankenstände vergleichen möchte.)
  • Welchen Personalstand zieht die Organisation bei der Berechnung der Krankenstandsquote heran? Zählt der aktuelle Headcount des laufenden Monats oder der Durchschnittspersonalstand des laufenden Jahres? Werden die befristeten Dienstverhältnisse mit eingerechnet oder nicht? Zählen Dauerkranke ebenfalls zum Personalstand? Und rechnet das Unternehmen mit einer Fünf-Tage- Woche oder mit einer Kalenderwoche, da Mitarbeiter ja auch am Wochenende krank sein können?

Abhängig davon, wie ein Unternehmen diese Fragen beantwortet, erhält es unterschiedliche Werte. Es ist daher unerlässlich, sich für eine Vorgehensweise zu entscheiden und diese konsequent beizubehalten. Es gibt keine Antworten, die für alle Arbeitgeber und Branchen passen. Wichtig ist es jedoch, dass alle Entscheider im Unternehmen unter „Krankenstand“, „Fluktuation“ und „Headcount“ dasselbe verstehen. Je präziser die Definitionen, desto leichter fällt Personalcontrollern der Benchmark mit anderen Organisationen. Ein gutes HR-Berichtswesen lebt davon, dass es seine Daten effizient und zeitnah aufbereitet und mit anderen internen und externen Kennziffern in Beziehung setzt. Sinnvoll sind zum Beispiel Vergleiche mit

  • der Ist-Ziffer am Jahresende des Vorjahres,
  • dem Budget für das laufende Jahr,
  • der quartalsweisen Schätzung des Ergebnisses zum Jahresende des laufenden Jahres (Year-End-Estimate) oder
  • Benchmark-Ziffern (externe Bezüge).

Es empfiehlt sich, die Kennzahlen auf das Jahresende hochzurechnen („Was wäre das Ergebnis, wenn alles so weitergeht?“), um eine wirkungsvolle Vergleichbarkeit mit Budget und Year-End-Estimate sowie externen Werten sicherzustellen. Diese Hochrechnung hat im Jänner viele Unschärfen, wird aber von Monat zu Monat aussagekräftiger. Teilweise kann es nützlich sein, Saisonkurven einzubauen, wenn das die Aussagekraft stärkt.

Grafische Aufbereitung

Im Ergebnisbereich sind grafische Darstellungen hilfreich, die auf einen Blick zeigen, ob sich die Organisation im „grünen“ Bereich bewegt oder Handlungsbedarf besteht. Auch bei den Farben sollte das Personalcontrolling konsequent vorgehen – und zum Beispiel Budgetziffern immer rot oder den vergangenen Monat immer blau markieren. Negative Abweichungen können mit einer „Ampel“ versehen werden.

Wie sich Kennzahlenberichte grafisch aufbereiten lassen, illustriert Abbildung 2. Sie zeigt die Überstunden pro Mitarbeiter und Jahr in einem fiktiven Unternehmen. Rote Pfeile markieren starke Abweichungen vom Soll- Wert, gelbe signalisieren leichtere Abweichungen. In den Bereichen, auf die ein grüner Pfeil weist, läuft alles zufriedenstellend. Dank der farbigen Markierung wird auf einen Blick erkennbar, dass die Überstundenentwicklung in der Produktion kritisch ist und es schwierig werden dürfte, die Budgetwerte zu erreichen. Die Situation in der Verwaltung ist besser, das Unternehmen sollte sie aber dennoch beobachten.

Die Auswertung nennt die Überstunden in absoluten Zahlen sowie die Überstundenquote, also die Anzahl der Überstunden an der Gesamtarbeitszeit. Rechts außen befindet sich eine Benchmark-Ziffer für die Branche und eine weitere für den gesamten Arbeitsmarkt.

Abbildung 2: Grafische Darstellung aus einem fiktiven Kennzahlenbericht

Welche Kennzahlen sind die wichtigsten?

Ob Unternehmen Messgrößen wie Krankenstand, Überstunden oder Fluktuation in ihr Kennzahlensystem aufnehmen, hängt von den Anforderungen des Managements ab. In der Literatur gibt es an die hundert Personalkennzahlen, die grundsätzlich alle für den Einsatz denkbar wären. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die meisten Organisationen mit nachstehenden Kennzahlen – so sie ausreichend definiert sind – in der Regel sehr gut das Auslangen finden:

  • Headcount (Köpfe) und Full-Time- Equivalents (ein teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter wird nicht mit 1 gezählt, sondern im Ausmaß seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zur Normalarbeitszeit)
  • Leihmitarbeiterquote
  • Überstunden
  • Krankenstände und Arbeitsunfälle
  • Offener Urlaub und offene Freizeitguthaben (etwa aus Arbeitszeitmodellen)
  • Fluktuation
  • Ausbildungsaktivitäten (Tage und Kosten, eventuell nach Kategorien wie etwa Führung, Sprachen oder technische Schulungen)
  • Alters- und Dienstjahresstruktur
  • Vorschlagswesen (sofern ein solches System besteht)

Wenn Arbeitgeber diese Kennzahlen konsequent beobachten und steuern, können sie ihren Personalkostenblock ziemlich gut im Griff behalten und Risiken sowie Engpässe frühzeitig erkennen. Viele arbeiten nach wie vor nicht mit strukturierten und standardisierten HR-Kennzahlen. Einer der größten Kostenblöcke bleibt damit ungesteuert. Existieren Kennzahlensysteme, sind diese oft nicht mit der Unternehmensstrategie abgestimmt. In dieser Hinsicht hat das Personalwesen ein großes Entwicklungspotenzial auf dem Weg zum Partner des Managements.

Quelle: personal manager 6/2009