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Foto von yann maignan

Zwei Datenpools

Durch die massenhaft anfallenden Daten der Lohnsteueranmeldungen und -bescheinigungen stehen den Finanzbehörden zwei Datenpools zur Verfügung, mit denen sie einen Abgleich zwischen der jeweils angemeldeten und bescheinigten Lohnsteuer eines Arbeitgebers machen können: Auf der einen Seite die Daten der angemeldeten Lohnsteuer an das zuständige Arbeitgeberfinanzamt, auf der anderen Seite die elektronisch übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen an das ELSTER-System. Doch die Daten lieferten den Behörden noch weitere Erkenntnisse über die Arbeit der Lohnabteilungen und Lohnbüros. Prüfungen dieser Abweichungen (Differenzfälle) haben technische, organisatorische und menschliche Fehler aufgedeckt, die zu Steuerausfällen (auch auf Seiten der Arbeitgeber!) führen können. In Einzelfällen – wie der eingangs beschriebene – wurden auch Betrugsfälle von Arbeitnehmern der Lohnbuchhaltung oder Einzeltätern aufgedeckt. Daher hat die Finanzverwaltung den Ermittlungsaufwand für Finanzämter und Arbeitgeber erkannt und versucht, durch flächendeckende Anschreiben an die aufgefallenen Arbeitgeber zu sensibilisieren und ein Problembewusstsein für dieses Thema zu schaffen. Durch eine entsprechende Aufklärung (Schreiben an Arbeitgeber, die als sogenannter „Differenzfall“ auffallen) versucht die Verwaltung, die tatsächlichen Fehler im System zu beheben, um einen großen Anteil der Differenzfälle von vornherein auszuschließen.

Die wichtigsten Tipps, um nicht ins Raster der Finanzbehörde zu geraten:

■ LStB immer für alle Arbeitnehmer elektronisch übermitteln.
■ LStB-Übermittlung durch Anforderung der Verarbeitungsprotokolle
   (ELSTER-Portal) prüfen und dokumentieren.
■ Berichtigte LStA nur für alle Arbeitnehmer übermitteln.
■ LStA und LStB sollten in Prüfungsroutinen des Arbeitgeber
   eingebunden werden (Controlling).
■ Einsatz von Software, die eine interne Prüfung übermittelter
   LStA und LStB maschinell ermöglicht. Insbesondere
   Softwarefehler haben auch zu Steuerausfällen auf Arbeitgeberseite geführt.

Fazit

Zugegeben, der Lohnsteuerabgleich ist noch nicht überall angekommen und noch nicht jedes Bundesland wendet ihn konsequent an. Dennoch ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Finanzämter den Arbeitgebern auf die Füße treten, die ihre Hausaufgaben in Zusammenhang mit der sauberen elektronischen Übermittlung noch nicht gemacht haben. Dabei steht wohl nicht die Sanktionierung der fehlerhaften Übermittlungen im Fokus, sondern es geht darum, die schwarzen Schafe unter den vermeintlichen Arbeitgebern zu entlarven und die kriminellen Handlungen mit der vermeintlich abgeführten, aber real bescheinigten Lohnsteuer zu unterbinden.

Quelle: Lohnpraxis Juni/Juli 2013

Fotocredit: Peter Freitag / www.pixelio.de 

Eine „Anleitung zum Gelddrucken“ veröffentlichte die Onlineausgabe des „Darmstädter Echos“ vor gut anderthalb Jahren durch einen Bericht über das Gerichtsverfahren gegen einen 45-jährigen Computerspezialisten aus Mainz. Der Bericht beschrieb dabei detailliert, wie der Angeklagte vorging, um sich Einkommensteuererstattungen bei Finanzämtern im gesamten Bundesgebiet zu ergaunern. Mit Hilfe fingierter Arbeitnehmer (Studenten, die nur einige Monate im Jahr arbeiteten) und den dazugehörigen „korrekt“ übermittelten Steuerbescheinigungen gelang es dem Angeklagten, Finanzämter in Darmstadt, Mainz, Frankfurt, Ludwigshafen, Berlin und Hamburg zu täuschen. Die elektronisch übermittelten Daten in Verbindung mit gefälschten Studienbescheinigungen veranlassten die zuständigen Veranlagungsstellen regelmäßig dazu, die gesamte bescheinigte Lohnsteuer zu erstatten. Mit der Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Lohnsteueranmeldungen (seit 2005; § 41a Absatz 1 EStG) und Lohnsteuerbescheinigungen (seit 2006; § 41b Absatz 1 EStG) schuf der Gesetzgeber eine Möglichkeit, die das Verfahren für Arbeitgeber und Verwaltung vereinfachen sollte – die elektronischenÜbermittlungswege eröffneten aber auch Betrügern ein neues Betätigungsfeld. So war es lange Zeit unfassbar leicht, über das ELSTER-Portal ein steuerliches Konto einzurichten und Lohnsteuerbescheinigungen zu erstellen.

Finanzverwaltung steuert gegen

Mit der Einführung des maschinell unterstützten Lohnsteuerabgleichs hat sich die Finanzverwaltung das Ziel gesetzt, die jährlich übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen mit den Lohnsteueranmeldungen für das jeweils vorangegangene Kalenderjahr maschinell abzugleichen – Arbeitgeberweise! Im Gegensatz zu den sonst üblichen punktuell stattfindenden Lohnsteueraußenprüfungen wird durch den Lohnsteuerabgleich jeder Arbeitgeber erfasst. Die Ergebnisse nach den ersten (Versuchs-)Jahren haben teils haarsträubende Zustände im Lohnsteuerbescheinigungsverfahren aufgedeckt.

Neben den bereits beschriebenen Betrugsfällen tauchten häufig auch bei den Arbeitgebern Fehler auf, die ihren Job bislang sehr gut gemacht haben. Zum ersten Mal seit der Einführung der Lohnsteuerkarte vor 85 Jahren ist die Finanzverwaltung nun in der Lage zu überprüfen, ob die den Arbeitnehmern bescheinigte Lohnsteuer mit der vom Arbeitgeber angemeldeten und abgeführten Lohnsteuer übereinstimmt. Selbst das von der Lohnsteuerkarte abgelöste Modell der Steuermarken erwies sich dabei rückblickend als das sichere System (bis in die 1930er Jahre kaufte der Arbeitgeber Steuermarken bei Postämtern und klebte diese auf die Lohnzettel der Arbeitnehmer). 

Übermittlungsverfahren

Die Arbeitgeber zahlen ihren Mitarbeitern monatlich deren Nettolöhne und -Gehälter aus. Die Bruttolöhne und -Gehälter werden zuvor um die jeweils einzubehaltenden Steuerabzugs- und Sozialversicherungsbeträge gekürzt. Danach übermitteln die Arbeitgeber in der Regel monatlich im Rahmen einer Lohnsteueranmeldung (LStA) dem jeweils zuständigen Betriebsstättenfinanzamt die Summe der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge und führen diese dorthin ab (vgl. § 41a EStG). Nach Ablauf eines Kalenderjahres bescheinigen die Arbeitgeber im Rahmen jeweiliger elektronischer Lohnsteuerbescheinigungen (LStB) ihren Beschäftigten die an sie ausgezahlten Bruttolöhne und –gehälter sowie die für sie abgeführten Steuerabzugs- und Sozialversicherungbeiträge (vgl. § 41b EStG). Die individuell bescheinigten Steuerabzugsbeträge werden den Arbeitnehmern jeweils im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagungen vollständig auf die festzusetzende Einkommensteuer angerechnet.