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Was Chefs mit Psychopathen gemein haben

dasgehirn.info
Der Kosmos im Kopf
Psychopaten: Eine Welt ohne Empathie

 

Grundlage der Besprechung: brand eins – Wirtschaftsmagazin
Interview mit Fritz B. Simon, 
geführt von Jens Bergmann und Gabriele Fischer
Ausgabe: Nr. 10 (Oktober) 2013

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Mag. Gregor Demblin, Co-Gründer von Career Moves
Im Interview zum Thema: (R)Evolution am Arbeitsmarkt “Zukunftsbranche Disability”

Einfach teilhaben.
Das Webportal für Menschen mit Behinderungen, ihre Angehörigen, Verwaltungen und Unternehmen.
Infomationen über Ausbildung, Arbeit Förderung für Arbeitgeber


Grundlage der Besprechung: brand eins – Wirtschaftsmagazin
Portrait: Gregor Demblin
Text: Dorit Kowitz

Ausgabe: Nr. 10 (Oktober) 2013

Gregor Demblin – ein Unternehmer
abseits der Normalität

Gregor Demblin ist Unternehmer in Österreich und ab dem fünften Halswirbel abwärts gelähmt. Seit seinem Unfall vor 18 Jahren ist er körperlich stark eingeschränkt: Seine Beine spürt er nicht mehr und auch die Hände entziehen sich seiner Kontrolle. Doch Kopf, Hals, Schultern und Arme funktionieren. Im alltäglichen Leben stößt er immer wieder auf Grenzen und Hindernisse, die ihm das Vorwärtskommen erschweren: Treppen, Bordsteine, fehlende Aufzüge. Doch dabei bleibt es nicht. Hinzu kommen die gesellschaftlichen Hürden, die oft noch schwerer zu überbrücken sind.

Im Portrait „Der Unternehmer“ stellt Dorit Kowitz einen Mann vor, der aufgrund seiner Erfahrungen konsequent gegen diese Grenzen ankämpft. Gregor Demblin wird Mitbegründer von Motary, eine „Informationsplattform für Menschen mit Bewegungseinschränkungen.“ Sie soll den Menschen helfen den Alltag wieder „normaler“ erleben zu dürfen, indem Produkte und Informationen bereitgestellt werden, die das Leben erleichtern sollen. Die Bandbreite der Angebote erstreckt sich von technischen Lösungen, wie zum Beispiel einem Computer, der nur mit Augenbewegungen gesteuert werden kann über spezielle Wohnungseinrichtungen bis hin zur Freizeitgestaltung. Ziel ist es, die Menschen mit den geeigneten Hilfsmitteln wieder aktiv am gesellschaftlichen Leben partizipieren zu lassen. Schon während der Gründung von Motary war sich Demblin bewusst, dass die Menschen nicht nur, um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfen müssen. Auch der Eintritt in das Berufsleben wird schwerbehinderten Menschen oft sehr schwer gemacht.

Schließlich befand sich Demblin selbst in der prekären Lage keinen Job zu finden. Nur 30 Prozent der schwerbehinderten Menschen in Österreich sind erwerbstätig. Das Vorurteil, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer weniger belastbar sind, als ihre nicht behinderten Kollegen, hält sich standhaft. Offen gesagt hat dies Demblin jedoch niemand. Nach zahlreichen Absagen wollte er sein Studium verlängern und promovieren. Viele Behinderte verbleiben länger in den Universitäten, da sie auf dem Arbeitsmarkt scheinbar nicht erwünscht sind. Doch Demblin hatte Glück: Er traf den Unternehmer Sepp Baldrian, den Betreiber eines Fachverlages für Weinanbau und einer Marketingagentur. Gregor Demblin verließ die Universität und blieb knapp neun Jahre bei seinem Mentor Sepp Baldrian und wurde Mitgründer von Motary.

Doch im Gegensatz zu Demblin, der durch Zufall einen passenden Job gefunden hatte, bekamen viele andere nicht die Chance ins Berufsleben einzusteigen. Das Problem der Jobsuche für körperlich eingeschränkte Menschen blieb: Die Lösung von Demblin war wieder eine Plattform. Unternehmen und Arbeitssuchende sollten gezielt zueinander geführt werden ohne sich dabei vom richtigen Arbeitsmarkt zu distanzieren. Demblin fand das Jobportal Careesma.at – sie ist heute die drittgrößte Stellenplattform von Österreich. Den Geschäftsführer der Plattform, Wolfgang Kowatsch, konnte er schnell für sich gewinnen.

Verrückte an der Macht –
sind Führungskräfte normal?

Im Interview mit Fritz B. Simon spricht der Psychiater und Organisationsberater über Führungskräfte, die oft unter dem Verdacht stehen verrückt zu sein. Doch zunächst stellt sich die Frage, was „Normal“ überhaupt bedeutet und wie es sich definiert. Laut Simon ist etwas „normal“, wenn die Gesellschaft zu einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte es als „normal“ bewertet. Die jeweilige Situation in der wir uns befinden muss dabei immer im Kontext stehen: Mit einem Skianzug in die Oper zu gehen oder während einer Beerdigung fröhlich zu pfeifen wäre damit nicht „normal“, da die Gesellschaft dafür andere Verhaltensnormen vorsieht. Doch wann gilt jemand als „gestört“? Dazu sagt Simon, dass jemand der andere stört, auch als gestört gilt.  Abweichende Verhaltensweisen müssen dabei aber nicht immer auffallend unangenehm sein, um eine negative Reaktion bei den Mitmenschen auszulösen. Besondere Talente oder extreme Kreativität können auch als störend empfunden werden.

Doch diese wahnhaften Verhaltensweisen sind häufig mit Leiden verbunden, da sie in der Gesellschaft in vielen Fällen auf Ablehnung stoßen und sich die Betroffenen mit ihrem Abweichungen vom „Normalen“ verdächtig machen.

Bei Führungskräften hingegen fallen diese Abweichungen zunächst weniger auf. Die Hierarchie in Unternehmen verhindert eine direkte soziale Kontrolle. Führungskräfte stehen an der hierarchischen Spitze und treffen dort selbstständig Entscheidungen, ohne diese mit Mitarbeitern oder Kollegen kommunizieren zu müssen. Ein Problem im Unternehmen entsteht, wenn die Möglichkeit zum  Widerspruch völlig entfällt. In Familienbetrieben kommt es seltener zu solchen Situationen, da Familienmitglieder weniger Scheu haben zu widersprechen und Entscheidungen zu hinterfragen. In anderen Betrieben ist dies weitaus schwieriger. Dort zählt in erster Linie die Leistung. Das Verhalten wird erst dann kritisiert, wenn es sich nicht mehr als gewinnbringend erweist – die soziale Kontrollinstanz fehlt.

Natürlich, so Simon, ist nicht jeder Manager psychisch krank. Doch wer etwas aufbauen will, dass außergewöhnlich ist, kann nicht „normal“ sein, sagt Simon. Die Bereitschaft 70 Stunden die Woche zu arbeiten und das Privatleben fast vollständig zu vernachlässigen, lässt zumindest vermuten, dass es sich nicht um eine normale Verhaltensweise handeln kann. Simon vergleicht Manager mit Künstlern, deren Kreativität auch außerhalb der Norm liegt.

Und viele von den „Abweichlern“ wollen diese Energie und Kreativität nicht verlieren, dafür setzen sie sogar Medikamente ab, um ihren ursprünglichen Zustand wieder annehmen zu können. Lieber brillant, als normal.

Dabei wird jede Manie anders von der Gesellschaft bewertet. Mal ist es Talent, mal ist es nur ein verrückter Zustand, den es zu korrigieren gilt. Bestimmte Verhaltensweisen generell als „normal“ oder „anormal“ zu bezeichnen ist mit einem konkreten Problem verbunden: Zwar kann das Verhalten beschrieben werden, doch wird es schwierig, wenn man nach einer Erklärung dafür sucht. Denn Erklärungen ziehen immer Lösungen nach sich, wie man dieses Verhalten verändern könnte. Simon sagt dazu: „…Wenn Sie sich das neue amerikanische Diagnose- Manual (DSM-5) ansehen, werden sie kaum noch jemanden finden, der nach den dort angeführten Kriterien keine Diagnose verdient – die Sphäre des Normalen wird immer kleiner.

Die Entwicklung, dass immer mehr Führungskräfte ihre Probleme offen aussprechen und mit ihrem Burn-out zum Therapeuten gehen, sieht der Psychiater jedoch problematisch. Auf der einen Seite ist es positiv festzustellen, dass die Menschen sich nun jederzeit und ohne Scham Hilfe holen können, auf der anderen Seite kann diese Personalisierung von Problemen auch negative Folgen haben. Unternehmen schicken ihre ausgelaugten Manager und Mitarbeiter in Kliniken anstatt über die Überbelastung zu sprechen und Veränderungen in der Organisationsstruktur einzuleiten. Der Mensch soll sich ändern – nicht das Unternehmen.

Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsmagazinen will die „brand eins“ anders sein – eben nicht normal. Doch wodurch hebt sie sich von den anderen Magazinen auf dem Markt ab: Zum einen unterscheidet sie sich durch ihre verständliche Berichterstattung für Jedermann. Wirtschaft soll nicht mehr nur für Experten und Insider ein Begriff sein. Rund um einen Themenschwerpunkt werden unterschiedliche Perspektiven aufgezeigt. Unternehmen und Persönlichkeiten werden vorgestellt. „Substanz“ ist das Stichwort. Die Zeitschrift soll gut zu lesen sein, doch will sie auch provozieren und bezieht Position. Besonders für Personaler kann die Herangehensweise der brand eins interessant sein. Die Berichte, Reportagen und Interviews sind klar formuliert, aber nicht einfach gestrickt. Nah an der Praxis werden Unternehmen und Menschen präsentiert, die uns an ihren Erfahrungen teilnehmen lassen.

In dieser Ausgabe des Ideen-Scouts beschäftigen wir
uns mit dem Titelthema der Brand eins: „Normalität“.

Gregor Demblin – ein Unternehmer abseits der „Normalität“

Das Portrait über Gregor Demblin zeigt deutlich, welchen Herausforderungen sich Menschen mit Handicap im Alltag und im Beruf stellen müssen. Als querschnittsgelähmter Unternehmer kämpft er dafür schwerbehinderte Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren – und das erfolgreich.

Verrückte an der Macht – Sind Führungskräfte normal?

Führungskräfte fallen aufgrund ihres Verhaltens oft aus der Reihe. Sind sie verrückt, manisch oder nur besonders talentiert und kreativ? Fritz B. Simon, Psychiater, erklärt warum Menschen an der Spitze verhaltensauffällig sein müssen.

Durch die Kooperation von Motary und Careesma.at war 2009 das Portal Career Moves geboren. Motary entwickelte die Jobvermittlungsangebote, die auf die Anforderungen der Wirtschaft angepasst wurden und Careesma.at stellte ihre Datenbank zur Verfügung in der sich eine große Anzahl von Unternehmen und Jobsuchende begegneten.

Personalern bietet diese Plattform konkrete Vorteile: Sie können sich bewusst dafür entscheiden Menschen mit Schwerbehinderung – als schwerbehindert gelten Personen, denen von den Versorgungsämtern ein Grad der Behinderung von 50 und mehr zuerkannt und ein gültiger Ausweis ausgehändigt wurde – einzustellen. Inserenten haben die Möglichkeit anzugeben, ob das Angebot für Hör-  oder Sprachgeschädigte oder Körper-, Sehbehinderte geeignet ist. Dafür gibt es drei Symbole, die bei der Stellenausschreibung angewählt werden können (siehe Abbildung / www.careermoves.at), um die Suche nach passenden Kandidaten zu erleichtern. Für geistige Behinderungen gibt es auf der Plattform keinen Icon, das wäre, laut Demblin, unseriös. Dennoch werden diese Menschen oft erfolgreich vermittelt. Insbesondere McDonald’s hat ein großes Interesse an diesen Mitarbeitern, da sie zuverlässig sind und ihrem Arbeitsplatz jahrelang treu bleiben. Im Gegensatz zu ihren Kollegen, die oft schon nach wenigen Monaten das Unternehmen verlassen. Zusätzlich gibt es auf der Plattform auch Ansprechpartner, die bei der Ausschreibung beraten und gleichzeitig den Kontakt zwischen den Personalabteilungen und den verantwortlichen Behörden herstellen, um die erforderlichen Fördermittel zu beantragen. 

Wenn Arbeitnehmer mit Handicap unterstützt werden, indem der Arbeitsplatz individuell auf ihre Bedürfnisse angepasst wird, stellen sie eine wertvolle Ressource dar, die problemlos eingesetzt werden kann. Dennoch stoßen Menschen mit Beeinträchtigungen oft auf Ablehnung, gerade in den Personalabteilungen. Die Angst jemanden einzustellen, der die geforderte Leistung nicht erbringt, ist immer noch groß. Und der besondere Kündigungsschutz für Behinderte schreckt viele Personaler ab. Dabei werden Unternehmen, die sich dazu bereit erklären Menschen mit Einschränkungen einzustellen mit vielen Fördermitteln unterstützt. Sie erhalten Zuschüsse oder Darlehen, um den Arbeitsplatz behindertengerecht ausstatten zu können. Dazu gehören im speziellen die technischen Arbeitshilfen, wie zum Beispiel ein Großbildmonitor oder eine große Tastatur für sehbehinderte Mitarbeiter. Aufklärung und Information müssen daher weiter vorangetrieben werden, um mehr Behinderte in ein Arbeitsverhältnis zu führen.

Doch lag die Arbeitslosenquote von Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland im Jahr 2011 immer noch bei fast 15 Prozent. Damit ist sie um ein Vielfaches höher als bei der allgemeinen Arbeitslosigkeit von 6,5 Prozent. Und die gesetzliche Pflichtquote wird oft übergangen, denn unterschreitet ein Unternehmen diese Quote – ab einer Anzahl von 20 Beschäftigten, haben Unternehmen die Pflicht, mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze an Menschen mit Schwerbehinderung zu vergeben – ist es möglich sich durch eine Ausgleichsabgabe für jeden unbesetzten Pflichtplatz frei zu kaufen.
Doch diese Taktik kann auf Dauer nicht funktionieren. Die Anzahl der schwerbehinderten Menschen steigt. Vor zwei Jahren waren es 8,9 Prozent der gesamten Bevölkerung in Deutschland. Fast die Hälfte (46 Prozent) gehörte dabei der Altersgruppe zwischen 55 bis 75 Jahren an. Denn besonders ältere Menschen sind von Behinderungen betroffen. Doch was heißt das?

Gregor Demblin ist davon überzeugt, dass es ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen sein wird, Arbeitsplätze mit Menschen zu besetzen, die körperlichen Einschränkungen unterworfen sind. Wer heute darauf vorbereitet, diese Menschen zu integrieren, wird in der Zukunft bestens für den demographischen Wandel gerüstet sein. Doch Demblins Ziel ist es, dass ein umfassendes gesellschaftliches Umdenken stattfindet. Im Alltag und im Beruf.