China ist nicht gleich China

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Foto von bruce mars

Die erste Anlaufstation für westliche Unternehmen ist meistens Shanghai. Doch der „melting pot“ hat mehr mit New York gemeinsam als mit anderen Regionen Chinas. Das Klischee vom Billiglohnland hält dort nicht lange der Realität stand. „Hochqualifizierte Mitarbeiter mit Managementerfahrung oder Ingenieure sind teilweise teuerer als in Deutschland“, erzählt der CEO der Seidenschwarz & Comp. GmbH, Dr. Werner Seidenschwarz, der den Einführungsvortrag des Kongresses hält. Dieser trägt den Titel: „China ist erwacht – und manche Unternehmen sind ernüchtert“. Das sei eine Entwicklung, die ganz zentral damit zusammenhänge, dass die Regionen in China so unterschiedlich seien.

Je weiter die Region im Westen liegt, desto mehr gelangen Unternehmen in das ursprüngliche China. Erfahrene Mitarbeiter sind dort oft schwerer zu finden als in den Wirtschaftszentren an den Küsten. Ein Umzug wegen des Arbeitsplatzes scheitert jedoch häufig am Problem der Inflexibilität chinesischer Mitarbeiter: Die offiziell immer noch gültige 1-Kind-Politik bei gleichzeitiger Berufstätigkeit beider Elternteile erhöht die Abhängigkeit von den Großeltern. Auch das Schulgeld bekommen chinesische Familien für ihre Kinder bei einem Ortswechsel nicht mehr. „Das sind Themen, die nicht jeder kennt und auf die viele Unternehmen nicht vorbereitet sind“, so der Chinaexperte Seidenschwarz. Es sei schon in Shanghai schwierig, einen Unternehmensstandort zu verlegen – etwa vom Zentrum in ein ungefähr 25 Kilometer entferntes Stadtviertel. In einem konkreten Fall sei die Hälfte der Mitarbeiter nicht mitgegangen.

Kulturelle und soziale Unterschiede

„Unternehmen, die gedacht haben, es sei ganz leicht, einen neuen Standort in China aufzubauen, sind heute etwas überrascht“, berichtet auch Dr. Iris Duchetsmann, Rechtsanwältin bei Beiten Burkhardt in Shanghai und Mitorganisatorin des Kongresses. Es sei manchmal sehr schwierig Personal zu reduzieren, obwohl das auf den ersten Blick nicht den Anschein habe. Staatliche Betriebe beschäftigen oft mehrere Personen auf Positionen, die aus deutscher Sicht eine Person ausführen könnte. Doch da Chinesen ihre Gesundheits- und Sozialversicherung komplett verlieren, wenn sie arbeitslos werden, sei die Mentalität eine ganz andere.

Das zeige sich auch im Umgang mit Vorgesetzen: „Der Mitarbeiter wird in China gegenüber dem Chef keine offene Kritik äußern“, erläutert Duchetsmann. Ein chinesischer Mitarbeiter schätze eine möglichst strenge Hierarchie mehr als individuelle Freiheiten. „Je weniger Aufmerksamkeit die chinesischen Mitarbeiter bekommen desto negativer empfinden sie das“, so Duchetsmann. Chefs sollten deshalb etwa regelmäßig mit ihren Mitarbeitern Essen gehen. Wenn die Vorgesetzten solche festen Termine aber bewusst einmal ausfallen ließen, verstünden die Beschäftigten das als ganz deutliche Kritik. Auch wenn der Chef nach Problemen zu Hause frage, beispielweise weil jemand mal zu spät komme, sei das in den Augen der chinesischen Mitarbeiter eine Maßregelung.

War for Talents auf Chinesisch

Der Erfolg von Unternehmen in China steht und fällt mit den richtigen Mitarbeitern. Diese zu gewinnen und zu binden, ist eine echte Herausforderung – zumindest bisher noch. „Auf dem Arbeitsmarkt ist die Krise noch nicht zu 100 Prozent angekommen, doch das hängt auch etwas von der Branche ab“, sagt Dr. Iris Duchetsmann. Die Unternehmen bauten bisher nur die Low Performer und die breite Masse der ungelernten Arbeitnehmer ab. Schlüsselposition zu besetzen würde tendenziell sogar wichtiger. Die Schwierigkeit dabei: Aufgrund des Ausbildungssystems gebe es aktuell schon zu wenige chinesische Fach- und Führungskräfte und diese seien außerdem sehr wechselbereit.

Ein wettbewerbsfähiges, am Markt ausgerichtetes Grundgehalt hat neben der leistungsorientierten Vergütung die größte Bedeutung für die Mitarbeiterbindung in China. Bei den Nebenleistungen punkten insbesondere Zahlungen für die Krankenversicherung. Das ergab die „China Employee Attraction and Retention Survey“, die Dr. Dagmar Wilbs, Leiterin des Geschäftsbereiches Human Capital bei Mercer auf dem Kongress vorstellt. Doch „Unternehmen können Mitarbeiter nicht ausschließlich mit einem Instrument an sich binden“, ergänzt Dr. Wilbs. Mit einem Gesamtvergütungsansatz, der neben dem Gehalt auch die Vergütungskomponenten Nebenleistungen und Karrieremöglichkeiten umfasse, könnten Unternehmen den lokalen Anforderungen am besten gerecht werden.

Viele Praxisbeispiele zu diesen und weiteren Themen sowie arbeitsrechtliche Tipps runden das Programm des Kongresses „HR in China“ ab. Im Anschluss an die Fachkonferenz können die Teilnehmer mit ihrem Kongressticket die Fachmesse PERSONAL2009 besuchen. Mit mehr als 200 Ausstellern und rund 130 Fachvorträgen ist sie die wichtigste HR-Veranstaltung in Süddeutschland.

Weitere Informationen zur Anmeldung und das komplette Kongressprogramm sind unter www.personal-messe.deerhältlich.

Anmeldung und Kontakt:

per Fax: 0621 45483-95

per E-Mail: rrk@protagus.de