Jeder Betrieb muss für seine Mitarbeiter eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge schaffen beziehungsweise er wählt eine solche im Einverständnis mit dem Personal. Das Recht der beruflichen Vorsorge lässt einen grossen Spielraum dafür, wie die Vorsorge für die Mitarbeiter ausgestaltet wird. Dieser Spielraum kann genützt werden, um die berufliche Vorsorge gezielt als Argument für die Anwerbung qualifizierter Mitarbeiter zu verwenden, indem man die Leistungen der Vorsorgeeinrichtung so festlegt, dass sie den Mitarbeitern beispielsweise auch bei Invalidität und im Alter erhöhte Sicherheit bieten.

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Foto von Husna Miskandar

Eine gute und sichere Pensionskasse zu haben, ist für die Mitarbeiter ein wichtiges Argument bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber. Umso mehr, als die berufliche Vorsorge in den letzten Jahren oftmals mit negativen Schlagzeilen von sich reden machte und die Leistungen mancherorts reduziert wurden.

Das Recht der beruflichen Vorsorge ist komplex – um nicht zu sagen, verworren. Es ist deshalb notwendig, die wichtigsten Grundbegriffe zu kennen. In diesem Beitrag wird das Verhältnis zwischen Obligatorium und Überobligatorium erklärt. Denn für die meisten Mitarbeiter ist es attraktiv, wenn mehr als nur die obligatorischen Leistungen versichert sind.

Die berufliche Vorsorge wird durch das Bundesgesetz über berufliche Vorsorge (BVG) geregelt. Dieses schreibt als Mindeststandard vor, welche Leistungen eine Vorsorgeeinrichtung obligatorisch versichern muss. Die Leistungen, welche das Gesetz vorschreibt, bezeichnet man als Obligatorium.

Obligatorium und koordinierter Lohn

Im Obligatorium ist nur der koordinierte Lohn versichert. Der Begriff erklärt sich aus dem 3-Säulen-Prinzip. Danach soll die erste Säule die existentiellen Bedürfnisse absichern, die zweite Säule die Fortführung der gewohnten Lebenshaltung ermöglichen. (Die dritte Säule erfasst das individuelle Sparen) Die Leistungen in der beruflichen Vorsorge sind insofern mit der ersten Säulen koordiniert, als sie nur diejenigen Lohnbestandteile versichert, welche nicht schon von der ersten Säule abgedeckt sind.

Das BVG nahm die Koordination ursprünglich so vor, dass nur Lohnbestandteile in der zweiten Säule versichert sind, welche über dem Maximalbetrag der jährlichen AHV-Altersrente liegen. Im Jahr 2011 liegt dieser Betrag bei Fr. 27’840.–. Sodann beträgt der maximal versicherte Lohn nach Gesetz das Dreifache dieses Betrags (Fr. 83’520.–). Die Lohnsumme, welche zwischen diesen beiden Grenzbeträgen liegt, nennt man den koordinierten Lohn.

Um insbesondere teilzeitarbeitende Frauen in der zweiten Säule zu versichern, ist die Eintrittsschwelle bei der ersten BVG-Revision auf 6/8 der maximalen AHV-Altersrente herabgesetzt worden (Fr. 20’880.–) und der Koordinationsabzug auf 7/8 (Fr. 24’360.–).
Erzielt ein Mitarbeiter also einen Lohn zwischen Fr. 20’880.– und Fr. 83’520.–, ist er obligatorisch BVG-versichert. Der koordinierte Lohn wird so berechnet, dass vom Bruttolohn der Koordinationsabzug (Fr. 24’360.–) abgezogen wird. Als Mindessumme für den koordinierten Lohn sind derzeit Fr. 3’480.—festgelegt. Gibt obige Rechnung einen Betrag von weniger als Fr. 3’480.–, wird der koordinierte Lohn auf diesen Betrag angehoben.

Wenn eine Vorsorgeeinrichtung Lohnbestandteile versichert, welche nicht zum koordinierten Lohn gehören, erbringt sie mehr Leistungen als das vorgeschriebene Minimum. Diese Leistungen werden im Reglement festgelegt. Man spricht deshalb oft von den reglementarischen Leistungen im Gegensatz zu den gesetzlichen oder obligatorischen Leistungen.

Unterobligatorische Leistungen: ein Vorteil für Teilzeiter

Werden Lohnbestandteile versichert, welche unter der Eintrittsschwelle liegen, spricht man von unterobligatorischen Leistungen. Dies kann für Betriebe attraktiv sein, welche viele Teilzeitarbeitskräfte beschäftigen. Denn bei Teilzeitern ist nach dem Obligatorium oftmals ein grosser Teil des Lohnes nicht versichert. Indem man unterobligatorische Lohnbestandteile versichert, wird es Teilzeitmitarbeitern ermöglicht, im Alter eine höhere BVG-Rente zu erwerben. Dies ist für sie deshalb wichtig, weil Teilzeitarbeitende in der Regel auch eine tiefe AHV-Rente haben.
Es gibt allerdings auch Betriebe, welche speziell Teilzeiter anstellen, welche die Eintrittsschwelle nicht oder nur wenig überschreiten, um Beiträge an die berufliche Vorsorge zu sparen.

Überobligatorische Leistungen: Beliebt bei gut Verdienenden

Werden Lohnbestandteile versichert, welche über dem oberen Koordinationsabzug liegen, spricht mach von überobligatorischen Leistungen. Dies ist für Betriebe attraktiv, welche viele gut verdienende Mitarbeiter haben. Denn diese Mitarbeiter müssten bei der Pensionierung eine erhebliche Einkommensreduktion hinnehmen, wenn sie nur im Rahmen des Obligatoriums versichert waren. Die von der Politik vorgesehen Zielgrösse ist, dass eine pensionierte Mitarbeiterin auf 60 % des bisherigen Lohnes kommt. Ist ein Mitarbeiter, der pro Jahr Fr. 120’000.– verdient, nur für etwas mehr als Fr. 80’000.– versichert, verfehlt er dieses Ziel bei weitem.

Alles aus einer Hand: Umhüllende Kasse

Die meisten Betriebe führen nicht zwei Einrichtungen für die obligatorischen und die überobligatorischen Leistungen, sondern alle Leistungen werden von einer Einrichtung erbracht. Man spricht in diesem Fall von einer umhüllenden Kasse.

Die umhüllende Kasse berechnet ihre Leistungen (Alters-, IV-Rente oder Freizügigkeitsleistung) nach ihrem Reglement. Diese überobligatorischen Leistungen müssen mindestens so hoch sein wie die Leistungen nach Gesetz. Die Vorsorgeeinrichtung muss also immer eine Schattenrechnung machen und berechnen, wie hoch eine Leistung nach Gesetz ausfallen würde.

Es ist dabei nicht immer einfach zu entscheiden, welche gesetzlichen Leistungen man mit den Leistungen nach Reglement vergleichen muss. Bis vor kurzem hat gegolten, dass das Reglement wie das Gesetz einen Anspruch auf eine Kinderrente vorsehen muss, da nicht nur Alters- oder IV-Rente nach Reglement höher sein musste als die gesetzliche Rente, sondern zugleich auch die reglementarische Kinderrente höher als die gesetzliche. Das Bundesgericht hat diese Praxis kürzlich geändert. Nach der neuesten Praxis des Bundesgerichts muss eine Vorsorgeeinrichtung keine Kinderrente mehr ausrichten, wenn ihre reglementarische Alters- oder IV-Rente allein höher ist als die Alters- oder IV-Rente plus die Kinderrente nach Gesetz.

Hinweis:
Im nächsten Newsletter werden weitere Begriffe erläutert, die Leistungen der Vorsorgeeinrichtung beeinflussen.