Herr Mölleney, was ist das Besondere an der DACH-Konferenz?

white desk lamp beside green plant
Foto von Samantha Gades

Matthias Mölleney: Die DACH-Konferenz wird jedes Jahr gemeinsam von ZGP (Schweiz), DGFP (Deutschland) und ÖPWZ Forum Personal (Österreich) gemeinsam organisiert. Sie findet immer rotierend in einem der drei Länder statt und bringt ein einem kleinen Kreis Top-HR-Vertreter aus den drei Verbänden sowie aus Unternehmen und öffentlichen Institutionen der drei Länder zu einem Gedanken- und Erfahrungsaustausch zusammen.

 

Welche Bedeutung hat die länderübergreifende Kooperation für Sie?

Matthias Mölleney: Obwohl die arbeitsrechtlichen und personalpolitischen Rahmenbedingungen in den drei Ländern unterschiedlich sind, ist es wichtig, sich auszutauschen, voneinander zu lernen und miteinander zu besprechen, welche Themen länderübergreifend relevant sind und wie wir damit umgehen könnten. Die zugrunde liegenden Fragestellungen nach dem Umgang mit Menschen in der Arbeitswelt sind überall die gleichen und auch die gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen im Zuge der Digitalisierung betreffen uns alle gleichermassen.

 

Die Konferenz beginnt mit einer gemeinsamen Besichtigung der ehemaligen Villa des Kunstsammlers Oskar Reinhart. Können Sie die Beweggründe dazu erläutern?

Matthias Mölleney: Wir hier in der Schweiz sind turnusmässig alle drei Jahre an der Reihe, die Konferenz zu organisieren, und wir versuchen jedes Mal, interessante Orte zu finden, bei denen wir unseren Kolleginnen und Kollegen aus den beiden Ländern in einem Rahmenprogramm auch spannende Einblicke in die Schweiz bieten können. Vor drei Jahren waren wir beispielsweise in Davos und haben dort das Schweizer Lawinenforschungsinstitut besichtigt.

 

Welche Themen beschäftigt die Schweizer HR-Branche derzeit besonders? Unterscheiden sich diese von denen in Deutschland oder Österreich?

Matthias Mölleney: Das Hauptthema, und das gilt für alle drei Länder, ist der Umgang mit den aktuellen politischen, sozialen, ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Wir sehen, dass diese Enzwicklungen Verunsicherungen auslösen, aber auch neue Chancen und Perspektiven eröffnen. Darüber unterhalten wir uns und sprechen über unsere Erfahrungen, die wir mit unterschiedlichen Lösungsansätzen bisher haben sammeln können.

 

Welche Themen werden auf der Konferenz besonders im Fokus stehen?

Matthias Mölleney: Ein zentrales Thema wird die Innovationskultur sein. Wir diskutieren darüber, welche Voraussetzungen wir schaffen müssen, damit Innovationen entstehen können, aber auch wie wir die Führung innovationsfreudiger und innovationsfähiger machen können.

 

Sie werden selbst in einer Keynote über die Themen „effektive Führung“ und „zukunftsfähige Innovationskultur“ sprechen. Ist Führung der wichtigste Faktor für Innovation?

Matthias Mölleney: Führung ist insofern wichtig, als sie die Rahmenbedingungen gestalten muss, in denen Innovationen entstehen. Gleichzeitig darf sie sich aber nicht selber ins Zentrum stellen, sondern muss bewusst Raum geben. Ein Student hat mir einmal die Frage gestellt: „Warum sollte ich einen Vorgesetzten fragen, wenn ich auch jemanden fragen kann, der die Antwort weiss?“ Wer führt, sollte das als eine Dienstleistung ansehen und nicht als ein Privileg. Das heisst aber nicht, dass Führung nicht so wichtig ist, ganz im Gegenteil, aber sie muss sich verändern, um Veränderungen zu ermöglichen.

 

Welchen Einfluss hat der Führungsansatz „Beyond Leadership“ auf Teams und Organisationen?

Matthias Mölleney: „Beyond Leadership“ eröffnet Unternehmen systematisch und sehr wirkungsvoll das Potenzial von Kooperation. Das entspricht auch dem Trend in der modernen Leadership-Forschung, die sich in den letzten Jahren immer weniger mit der vertikalen Dimension (Beziehung Vorgesetzte – Mitarbeitende) und dafür mehr mit der horizontalen Dimension der Kooperation beschäftigt hat. Es geht darum, neuartige Organisationsformen wie Netzwerke, Holacracy oder mehrdimensionale Matrixmodelle zu führen. Da liefert „Beyond Leadership“ überraschend einfache Lösungen.

 

Welche Projekte wird die ZGP in nächster Zeit angehen?

Matthias Mölleney: Wir haben eine ganze Menge in der „Pipeline“. Dazu gehört beispielsweise ein „Leadership Bootcamp“, das wir gemeinsam mit der HWZ Hochschule für Wirtschaft anbieten wollen und bei dem es darum geht, Führungskräfte besser zu befähigen, mit agileren Strukturen und ständigen Veränderungen umzugehen. Wir haben auch eine Buchreihe gemeinsam mit dem SKV Verlag gestartet, die wir jetzt Schritt für Schritt ausbauen möchten. Und nicht zuletzt möchten wir unsere Mitgliederbasis, die aktuell bei ca. 2‘500 ist, weiter ausbauen und dabei attraktive Netzwerke anbieten.

 

Wo sehen Sie HR in fünf Jahren?

Matthias Mölleney: Fünf Jahre gehen schnell vorbei und was sich alles geändert hat, merkt man meist erst mit einem gewissen Abstand im Rückblick. Wir werden auf jeden Fall agiler werden als HR-Funktion und zwar nicht nur in den Prozessen, sondern auch in unseren Strukturen, denn eine klassische Abteilung wirkt in einem Netzwerk oft wie ein Fremdkörper. Langfristig sehe ich die HR-Funktion als Pendent zur Finanzfunktion. Kein Finanzchef käme auf die Idee, sich über seine internen Dienstleistungen zu definieren, sondern er sieht sich als integrierter und zentraler Bestandteil der Unternehmensführung. Genau dort wünsche ich mir auch das zukünftige HRM, denn alle Unternehmen haben zwei erfolgskritische Ressourcen: die Finanzen und die Mitarbeitenden. Beide müssen in der Unternehmensführung strategisch vertreten sein.

Matthias Mölleney ist Inhaber der Beratungsfirma peopleXpert gmbh in Uster, Schweiz und Leiter des Centers für HR-Management & Leadership an der HWZ Hochschule für Wirtschaft in Zürich.

Nach 20 Jahren in den Diensten der Lufthansa, davon die letzten acht auf der obersten Managementebene, wechselte Matthias Mölleney 1998 in die Schweiz. Dort war er Mitglied der Konzernleitung und Personalchef von Swissair, Centerpulse und Unaxis.

2005 gründete er die Beratungsfirma peopleXpert gmbh in Uster. Er berät und begleitet Unternehmen und Führungskräfte in Veränderungssituationen und in Fragen von Führung und professionellem Personalmanagement.

Zudem leitet er seit 2009 das Center für Human Resources Management & Leadership an der HWZ Hochschule für Wirtschaft in Zürich, unterrichtet aber auch an weiteren nationalen und internationalen Hochschulen und ist Autor des Buches „Die Zukunft möglich machen“ (Huber Verlag, Frauenfeld, 2003) sowie zahlreicher Veröffentlichungen im Bereich Leadership, Personalmanagement und Change Management.

Ausserdem ist Matthias Mölleney Präsident der ZGP Zürcher Gesellschaft für Personal-Management und Direktor am internationalen Think Tank „The Future Work Forum“.