Konsequenzen

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Foto von Adolfo Félix

Arbeitgeber können einen vertraglich vereinbarten Bonus der Höhe nach in ihr billiges Ermessen stellen. Einen Freibrief für das Streichen eines Bonus bedeutet dies aber nicht: Das BAG hat die Grenzen sehr eng gezogen, wann ein Bonus, der sowohl an das Erreichen persönlicher Ziele als auch an das Ergebnis des Unternehmens gekoppelt ist, komplett entfallen kann. Billiges Ermessen ist in solchen Fällen nur dann ordnungsgemäß ausgeübt worden, wenn die Streichung des Bonus aufgrund einer katastrophalen finanziellen Lage des Unternehmens erfolgt ist.

Ein negatives Ergebnis innerhalb normaler Schwankungen oder gar ein solches, welches lediglich hinter den Erwartungen zurückbleibt, reicht daher regelmäßig nicht aus.

Erstaunlicherweise sehen die Erfurter Richter keinen Widerspruch zwischen der Formulierung „der Arbeitnehmer erhält einen Bonus“ und der Regelung, dass der Bonus „zwischen 0 und 200 %“ eines Richtwertes betragen kann. Diese Regelung ist danach nicht intransparent.

Es ist für den Arbeitgeber klar, dass er auch leer ausgehen kann. Dies sieht das BAG bei der Formulierung von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalten allerdings anders.


  Praxistipp

Unternehmen müssen im Rahmen der Vertragsgestaltung gründlich abwägen, ob sie Ziele und die daraus folgenden Bonuszahlungen von vornherein sehr genau festlegen oder Teile offen lassen. Ist alles klar geregelt, sind solche Zahlungen auch vorzunehmen, selbst wenn sich Umstände geändert haben sollten und man eigentlich davon Abstand nehmen möchte. Ist noch einiges offen bzw. in das Ermessen des Unternehmens gestellt, besteht eine höhere Flexibilitätsmöglichkeit – jedoch sind hier auch Diskussionen mit den Arbeitnehmern vorprogrammiert.

Will sich ein Arbeitgeber eine gewisse Flexibilität bewahren, kann er darauf zurückgreifen, z. B. die Bonushöhe in sein billiges Ermessen zu stellen. Die völlige Streichung wird aber nur in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich sein, wenn zumindest einige der Ziele erreicht wurden. Mehr Freiheit haben Unternehmen nur, wenn sie vertraglich nichts zusagen und jedes Jahr neu über einen Bonus entscheiden, den sie dann bei der Auszahlung mit einem wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt verbinden. Das wird aber aus personalpolitischen Gründen in den meisten Fällen nicht infrage kommen – schließlich könnte man dann keinen Bonus in die Waagschale werfen, wenn es darum geht, qualifizierte Bewerber an Bord zu holen.

 

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht 12/14

Fotocredit: 
(1) Petra Bork | pixelio.de
(2) Benjamin Klack | pixelio.de

  Problempunkt

Der Kläger ist bei einer Bankengruppe (H-Gruppe) als „Property Analyst“ beschäftigt. Sein Dienstvertrag sieht vor, dass er ein Grundgehalt und einen Leistungsbonus erhält. Der Leistungsbonus richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank und wird jedes Jahr für das zurückliegende Jahr festgelegt. Er kann zwischen 0 und 200 % des Basiswerts betragen, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bei 16.600 Euro lag.

Zusätzlich bestand eine Betriebsvereinbarung, die u. a. regelte, dass die Höhe des individuellen Bonus von der Höhe des jährlichen Bonustopfes abhängt, der sich wiederum nach dem Gesamtbankenerfolg bestimmt.

In den Jahren 2004 bis 2007 erhielt der Kläger Boni zwischen 23.000 und 60.000 Euro, da er die persönlichen Erwartungen noch übertroffen hatte. Im Jahr 2008 führte die Arbeitgeberin erstmals kein Mitarbeitergespräch mit ihm. Die H-Gruppe geriet im Zusammenhang mit der Bankenkrise in diesem Jahr in eine finanzielle Schieflage. Die H Bank AG nahm Liquiditätshilfen – staatliche Unterstützungszahlungen und Garantien – i. H. v. 6,37 Milliarden Euro in Anspruch und verhinderte so eine Insolvenz.

Im Frühjahr 2009 informierte sie die Mitarbeiter, dass für das Geschäftsjahr 2008 keine variable Vergütung gezahlt werde. Der Kläger beanspruchte eine Bonuszahlung für das Jahr 2008 i. H. v. 16.600 Euro, da er seine persönlichen Ziele als Teil der Bonusvoraussetzung erfüllt habe. Die Beklagte verweigerte dies mit dem Hinweis, dass durch die Milliardenverluste kein Bonustopf zur Verfügung stehe.

Das ArbG München hatte der Klage stattgegeben,das LAG München wies sie ab.


  Entscheidung

Das BAG bestätigte die Entscheidung des LAG; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bonuszahlung. Der Arbeitgeber hatte den Leistungsbonus für das Jahr 2008 ermessensfehlerfrei auf „Null“ gesetzt.

Zwar sieht der Dienstvertrag grundsätzlich einen Anspruch des Mitarbeiters auf einen Leistungsbonus vor (er „erhält“ einen Bonus), der aber der Höhe nach nicht bestimmt ist. Er sieht auch vor, dass das Unternehmen die Höhe nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festlegen kann. Auch bei Nichterreichung nur eines Teils der Ziele – hier dem Erfolg der Bank – kann es den Bonus komplett streichen. Dass dieser „zwischen 0 und 200 %“ betragen kann, ist im Hinblick auf die vorzunehmende AGB-Kontrolle insofern verständlich formuliert, dass ein Bonusanspruch gerade nicht besteht. Der Arbeitgeber hat sich dadurch klar ein Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf Höhe und Gewichtung der Kriterien vorbehalten.

Der Beschäftigte hat daher lediglich einen Anspruch auf Ausübung billigen Ermessens, den er gerichtlich geltend machen kann. Eine Leistungsbestimmung auf „Null“ entspricht jedoch nur bei besonders wichtigen Gründen billigem Ermessen, bspw. bei einer besonders prekären finanziellen Situation. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die staatlichen Hilfen nicht der Sicherung individueller Ansprüche, sondern dem öffentlichen Interesse an der Abwehr von Gefahren für die Volkswirtschaft dienen sollten.