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Foto von Jessica Sysengrath

Ein Fehler bei der Zustellung per Post ist der Glaube an die Wirkung des Einschreibens mit Rückschein: Entgegen einer verbreiteten Vorstellung ist nämlich der Einwurf des Benachrichtigungsscheins in den Hausbriefkasten nicht mit dem Zugang gleichzusetzen. Dieser wird erst bewirkt, wenn der Arbeitnehmer das Einschreiben auch abholt.

› Eine weitere Zustellmöglichkeit ist das Einwurf-Einschreiben. Hier wird das Schreiben ganz normal in den Briefkasten des Empfängers geworfen und hierüber ein elektronischer Vermerk angefertigt. Kommt später Streit über den Zugang auf, kann sich der Absender eine Bestätigung der Zustellung aushändigen lassen. Deren Beweiskraft ist zwar noch nicht vollständig geklärt. In der Praxis besteht aber eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Zugang nicht bestritten oder als bewiesen angesehen wird.

 Praxistipp

Der Beweiswert von Urkunden privater Zustellfirmen ist häufig zweifelhaft. Insbesondere bei Kurierdiensten ist die schriftliche Bestätigung kein Beweis. Vielmehr muss der Kurier als Zeuge gehört werden. Ob dieser sich aber an ein konkretes Schreiben erinnert, ist sehr ungewiss. Im Übrigen hat der Arbeitgeber auch zu beweisen, dass der zugestellte Briefumschlag ein Kündigungsschreiben enthielt. Es sollte also immer ein Zeuge dafür vorhanden sein. Der Vorgang des Eintütens hat sehr bewusst zu erfolgen, damit er nicht als Routinevorgang dem Vergessen anheimfällt. Eine zuverlässige Methode ist die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher. Dies ist zwar aufwändig und teuer, aber der Arbeitgeber erhält eine Zustellungsurkunde, die als öffentliche Urkunde den Beweis des Zugangs des konkreten Kündigungsschreibens bewirkt. Ist die Zustellung fehlgeschlagen, ist es möglich, sie erneut zu versuchen und dabei eine zuverlässigere Methode zu wählen. Dies führt jedoch zu Zeitverzögerung. Dadurch kann …

› sich die Kündigungsfrist verlängern,

› die Zweiwochenfrist der fristlosen Kündigung verstrichen sein,

› das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden haben,
  so dass es dem KSchG unterfällt, oder

› es tarifvertraglich unkündbar geworden sein.

10 Fazit

Durch konsequenten Gebrauch der Checklisten kann man formelle Fehler bei Kündigung und Abmahnung vermeiden, die sich sonst häufig einschleichen. Das ermöglicht es, die eigentlichen Streitfragen gerichtlich zu klären.

Quelle: Arbeit & Arbeitsrecht – 3/2013

Fotocredit: H. D. Volz / www.pixelio.de

2 „Einschlägige“ Abmahnung

Nur eine „einschlägige“ Abmahnung kann für eine Kündigung bedeutsam sein: Hat der Arbeitgeber eine Abmahnung erteilt, darf er dieses Verhalten nicht nachträglich noch als Kündigungsgrund nehmen. Der Arbeitnehmer muss vielmehr sein Fehlverhalten nach der Abmahnung wiederholt haben. Ein kündigungsrechtlich relevantes Handeln „verbraucht“ sich also durch die Abmahnung. Der Arbeitgeber kann dem Betreffenden erst wieder kündigen, wenn dieser wegen des gleichen oder eines ähnlichen Fehlverhaltens erneut auffällig geworden ist.

Dies bedeutet aber nicht, dass der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten exakt wiederholen muss. Ein gleichartiger Pflichtenverstoß ist ausreichend, d. h. die Pflichtverletzungen müssen sich unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zusammenfassen lassen. Folgende Kontrollfrage hilft: Konnte sich der Arbeitnehmer durch die erteilte Abmahnung vor dem Verhalten gewarnt fühlen, das jetzt zum Anlass für die Kündigung genommen werden soll? Zu beachten ist auch, dem Arbeitnehmer ausreichend Gelegenheit zu geben, sein Verhalten den Vorgaben der Abmahnung anzupassen. Derjenige, der die Abmahnung erteilt, braucht nicht unbedingt auch zur Kündigung befugt sein. Er muss aber gegenüber dem abgemahnten Arbeitnehmer weisungsbefugt sein. So darf bspw. der Meister eine Abmahnung aussprechen, auch wenn sich der Firmeninhaber das Recht zur Kündigung allein vorbehalten hat.

 

Wichtig

Auch wenn die Abmahnung formell unwirksam ist, darf der Arbeitnehmer daraus nicht entnehmen, dass der Arbeitgeber das abgemahnte Verhalten billigt. Er muss sich vielmehr gewarnt fühlen (BAG, Urt. v. 19.2.2009 – 2 AZR 603/07, AuA 8/10, S. 487).

3 „Haltbarkeitsdauer“ einer Abmahnung

Es gibt leider keine feste Frist, innerhalb derer die Abmahnung ihre Wirksamkeit behält. Das BAG lehnt es ab, eine solche zu bestimmen. Grundsätzlich kann man sagen, dass es auf die Schwere der abgemahnten Pflichtverletzung ankommt: Je schwer wiegender diese ist, desto länger kann sich der Arbeitgeber hierauf berufen. Das BAG stellte fest, dass eine Abmahnung im Einzelfall auch noch nach 2 ¾ Jahren Wirkung entfalten kann (Urt. v. 10.10.2002 – 2 AZR 418/01, NZA 2003, S. 1295). Seit seiner Entscheidung im berühmten „Pfandbon-Fall“ ist sogar umstritten, ob es überhaupt noch eine Frist gibt, nach der die Abmahnung zu entfernen ist. In dem Urteil spielte bekanntlich die lange, beanstandungsfreie Beschäftigung eine wichtige Rolle bei der Interessenabwägung zu Gunsten der Arbeitnehmerin.

4 Betriebsratsanhörung vor der Kündigung

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, ist dieser vor jeder Kündigung gem. § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören, vgl.Checklisten 3 und 4 (Bildboxen). Die Betriebsratsanhörung ist eine Fehlerquelle ersten Ranges. Manche behaupten, es gebe keine Kündigung, die nicht von einem deutschen Arbeitsgericht wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung für unwirksam erklärt werden könnte! Folgende Fehler treten in der Praxis immer wieder auf:

  • Es wird übersehen, dass überhaupt eine Betriebsratsanhörung erforderlich ist, z. B. bei einer Kündigung in der Probezeit oder „nur“ einer Änderungskündigung. Leichtsinnig ist es auch, von der sorgfältigen Anhörung Abstand zu nehmen, weil dem Betriebsrat die Daten und die Kündigungsabsicht ohnehin schon bekannt sind oder es um eine Wiederholungskündigung mit demselben Kündigungsgrund geht. Manchmal ist die Kündigung auch mit dem Arbeitnehmer verabredet worden. Hier ist zu beachten, dass im Gesetz die Anhörung ausdrücklich vor „jeder“ Kündigung vorgeschrieben ist.
  • Vorsicht ist auch bei vermeintlich leitenden Angestellten und freien Mitarbeitern geboten: Häufig kommt das Gericht zu einem anderen Ergebnis. Vorsorglich sollte man daher den Betriebsrat anhören. Dabei kann der Arbeitgeber darauf hinweisen, dass es sich nach seiner Auffassung um einen leitenden Angestellten bzw. freien Mitarbeiter handelt und die Anhörung rein vorsorglich erfolgt. Man weiß nie, wie das Gericht dies einschätzt!
  • Der Arbeitgeber übermittelt die Sozialdaten des Arbeitnehmers (Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Anzahl der Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) gar nicht, unvollständig oder falsch.
  • Er teilt die Kündigungsart nicht mit (ordentlich oder außerordentlich, Verbundkündigung, d. h. fristlos und hilfsweise fristgemäß).
  • Das Unternehmen informiert nur oberflächlich über die Kündigungsgründe: Hier ist größte Sorgfalt geboten! Lieber eine Seite mehr schreiben als sich im Urteil vorhalten zu lassen, dass die Gründe nicht genau genug dargelegt wurden.

Praxistipp

Der Arbeitgeber muss sich aber vor allem selbst darüber im Klaren sein, weswegen er kündigt.
Er bestimmt, welche Umstände er für die Kündigung heranziehen will und welche nicht.

5 Vortrag vor Gericht

Mit der Dokumentation der Anhörung bereitet man gleichzeitig ein eventuelles Kündigungsschutzverfahren vor.

Folgende Fragen wird das Gericht stellen:

Wann wurde dem Betriebsrat die Kündigungsabsicht mitgeteilt?

Wem wurde sie mitgeteilt (Betriebsratsvorsitzendem, Stellvertreter)?

Wer hat sie übermittelt (Personalleiter, Geschäftsführer)?

In welcher Form geschah dies (schriftlich, elektronisch, mündlich)?

Welche Sozialdaten wurden genannt?

Welche Kündigungsgründe wurden genannt?

Wie hat der Betriebsrat reagiert?

Wann hat er reagiert?

Wann ist die Kündigung herausgegangen?

6 Heilung von Anhörungsfehlern

Eine fehlerhafte Anhörung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Merkt der Arbeitgeber seinen Fehler noch während des Anhörungsverfahrens, etwa aufgrund eines Hinweises des Betriebsrats, kann er Informationen nachliefern. Es besteht jedoch die Gefahr, dass das Gericht erst die vollständigen Informationen als Beginn der Anhörung wertet. Dann beginnt die Frist neu zu laufen. Geht es dagegen tatsächlich nur darum, die Darlegungen zu ergänzen, sollte man das Gespräch mit der Arbeitnehmervertretung suchen und bitten, dass sie sich innerhalb der ursprünglichen Frist abschließend äußert. Kommen erst später Zweifel an der Wirksamkeit der Anhörung auf, bleibt nur, eine neue Kündigung auszusprechen und diese sorgfältiger vorzubereiten. Die erneute Kündigung kann auch rein vorsorglich erfolgen.

Praxistipp

Sobald im Kündigungsschutzverfahren ernste Zweifel auftreten, sollte man zwar die erste Kündigung weiter verteidigen, höchst vorsorglich aber eine weitere aussprechen, die den möglicherweise vorhandenen Fehler vermeidet. Je früher man die zweite Kündigung ausspricht, desto geringer ist die Differenz beim Ablauf der Kündigungsfrist. Wurde die erste Kündigung mit einer zu langen Kündigungsfrist ausgesprochen, kann die zweite u. U. zum selben Termin erfolgen.

BEISPIEL //

Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende. Der Arbeitgeber weiß aber schon fünf Monate vorher, dass er ein bestimmtes Produkt nicht mehr herstellen wird, und kündigt sogleich. Merkt er nach sechs Wochen, dass die Anhörung möglicherweise fehlerhaft ist, kann er zu demselben Termin noch einmal kündigen.

Bei einer fristlosen Kündigung muss allerdings auch die Wiederholungskündigung innerhalb von zwei Wochen nach  Kenntnis vom Kündigungsgrund erfolgen. Danach ist es nur noch möglich, die ordentliche Kündigung erneut auszusprechen. Ist der Arbeitnehmer ordentlich unkündbar, etwa aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften, ist eine Kündigung dann ausgeschlossen

7 Die Kündigungserklärung

Folgende Vorfragen sind vor Ausspruch der Kündigung sorgfältig zu prüfen:

› Wer ist zum Ausspruch der Kündigung befugt?

› Wie wird das Anhörungsverfahren vor dem Betriebsrat rechtlich
  einwandfrei und dokumentierbar durchgeführt?

› Welche Frist gilt für die Kündigungserklärung? Hier ist insbesondere
  die Zweiwochenfrist bei der außerordentlichen Kündigung zu beachten.

› Wie wird der Zugang der Kündigungserklärung rechtzeitig bewirkt
  und nachgewiesen?

Die Kündigung ist eine rechtsgestaltende einseitige Willenserklärung. Sie unterliegt gem. § 623 BGB dem Schriftformerfordernis. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Auch eine per Telefax erklärte Kündigung ist nichtig. Die Kündigung hat eindeutig zu sein. Es ist zwar nicht erforderlich, das Wort „Kündigung“ zu benutzen, jedoch muss zum Ausdruck kommen, dass das Arbeitsverhältnis gerade durch diese Erklärung beendet werden soll. Es reicht daher nicht, dass sich der Arbeitgeber auf andere Beendigungstatbestände beruft, etwa eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder das Auslaufen eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Er muss den Mitarbeiter außerdem auf seine Pfl icht hinweisen, sich unmittelbar nach Zugang der Kündigung arbeitslos zu melden, weil ihm ansonsten Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld drohen.

Die Kündigung darf nicht unter einer Bedingung stehen. Dies gilt ..

› sowohl für aufschiebende Bedingungen
  („Kündigen wir für den Fall, dass der Folgeauftrag nicht erteilt wird, schon jetzt“)

› als auch für auflösende Bedingungen
  („Die Kündigung wird bei einer
Neubeauftragung unserer Firma gegenstandslos“).

Das Kündigungsschreiben muss von einer Person unterzeichnet sein, die zur Vertretung im Rechtsverkehr befugt ist. Beruht die Befugnis auf einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht, ist diese im Original beizufügen. Ansonsten kann der Arbeitnehmer sie unverzüglich zurückweisen. Das gilt nicht, wenn eine Person unterzeichnet, die

  • kraft ihrer Position im Betrieb typischerweise zu Kündigungen befugt ist, wie der Personalleiter, oder
  • die Vertretungsbefugnis allgemein bekanntgemacht, etwa durch einen Aushang am Schwarzen Brett.



Praxistipp

Ist der Unterzeichner nicht Geschäftsführer oder Personalleiter, ist eine Originalvollmacht beizufügen. Ansonsten kann der Mitarbeiter die Kündigung zurückweisen und sie ist dann unwirksam! Es muss sich auch um eine richtige Unterschrift handeln und nicht bloß ein Handzeichen (Paraphe). Um Zweifel zu vermeiden, empfiehlt sich eine sorgfältige Unterschrift.

8 Kündigung in der Probezeit

Der Kündigungsschutz des Gesetzes tritt erst ein, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate ununterbrochen im selben Betrieb oder Unternehmen bestanden hat, § 1 Abs. 1 KSchG. Auf diese „gesetzliche Probezeit“ darf der Arbeitgeber ausdrücklich verzichten. Er kann den Verzicht aber auch durch schlüssiges Verhalten erklären, etwa wenn er einen Arbeitnehmer wegen seiner hervorragenden Leistungen von einem anderen Arbeitgeber abwirbt. Allein die Vereinbarung einer kürzeren Probezeit bewirkt aber nicht, dass das KSchG früher eingreift. Auch wenn das KSchG nicht gilt, sind verschiedene Fehler denkbar, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Bemerkt der Arbeitgeber einen solchen Fehler zu spät, kann die Sechsmonatsfrist schon um sein. Er muss seine Kündigung dann sozial rechtfertigen. Folgende Fehlerquellen sind typisch:

› Kündigung aus verwerflichem Motiv: Die Kündigung ist darauf zu überprüfen, ob sie gegen Diskriminierungsverbote des AGG verstößt (hier ist die Diskussion noch lange nicht abgeschlossen) oder auf sonst grob treuwidrigen bzw. sittenwidrigen Motiven beruht. Dies kann im Einzelfall zur Unwirksamkeit führen.

› Kündigung „auf den letzten Drücker“: Die Kündigungserklärung muss dem Arbeitnehmer innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses zugegangen sein. Vielfach versuchen Arbeitgeber jedoch, erst am letzten Tag die Kündigung zuzustellen. Dies kann scheitern, z. B. wenn der Mitarbeiter krankheitsbedingt nicht im Betrieb anwesend ist oder der Bote keinen Namen am Mehrfamilienhaus findet. Deshalb ist es gefährlich, mit der Zustellung bis zu einem sehr späten Zeitpunkt zu warten.

9 Zugang der Kündigungserklärung

Der Nachweis, dass die Kündigungserklärung rechtzeitig
zugegangen ist, stellt eine elementare Voraussetzung im
Kündigungsschutzprozess dar, s.
Checkliste 7:

› Eine persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung ist der sicherste Weg,
  um den Zugang zu bewirken und dessen Zeitpunkt zu dokumentieren.

 

› Ist der Mitarbeiter nicht in der Firma anwesend, sollte der Arbeitgeber das
  Kündigungsschreiben per Boten persönlich aushändigen lassen.

› Ist eine persönliche Übergabe nicht möglich, kommt auch der Einwurf in den
  Hausbriefkasten in Betracht. Erfolgt er aber erst nach der üblichen Postzustellzeit,
  gilt das Schreiben u. U. erst als am nächsten Tag zugegangen.

  • Die Überlegungsfrist des Betriebsrats wird nicht beachtet und die Kündigung vorzeitig ausgesprochen: Bei vorfristigen Äußerungen des Betriebsrats muss man immer prüfen, ob es sich wirklich um eine abschließende Äußerung handelt. Im Zweifel sollte man lieber die Frist abwarten.
  • Die Anhörung wird an die falsche Person übergeben: Maßgeblich ist der Betriebsratsvorsitzende. Nur im Fall seiner Verhinderung ist der Stellvertreter der richtige Ansprechpartner.
  • Die Anhörung wird nicht nachweisbar dokumentiert.

1 Abmahnung vor Kündigung?

In der richterlichen Tätigkeit ist zu bemerken, dass einige Fehler sich mit einer schönen – oder soll man sagen schlimmen? – Regelmäßigkeit wiederholen. Formale Fehler im Kündigungsverfahren zu vermeiden, kann jedoch auch der materiellen Gerechtigkeit dienen.

Der Arbeitgeber muss sich zunächst entscheiden, ob er den Mitarbeiter wegen eines bestimmten Vorfalls nur abmahnen oder ihm gleich kündigen will. Eine Abmahnung ist grundsätzlich sowohl bei der fristlosen als auch bei der fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung erforderlich. Dabei hat das BAG im „Pfandbon-Fall“ entschieden, dass der Arbeitgeber sogar in Fällen, die den Vertrauensbereich betreffen, verpflichtet sein kann, den Betreffenden vor der Kündigung abzumahnen (Urt. v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, AuA 3/11, S. 179). Die frühere Zweiteilung in Leistungsmängel, die eine Abmahnung erforderlich machen, und Verstöße im Vertrauensbereich, bei denen der Arbeitgeber gleich kündigen kann, besteht also nicht mehr.

Einer Abmahnung bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn …

  • das Fehlverhalten des Arbeitnehmers so schwer wiegend ist,
    dass eine Abmahnung voraussichtlich zu keiner Besserung führen würde,
    z. B. bei einem tätlichen Angriff auf den Arbeitgeber, oder
  • der Mitarbeiter von vornherein erklärt hat, er werde sein Verhalten nicht ändern.
    Hier wäre eine Abmahnung reine Förmelei.

Praxistipp

Da das BAG in der neueren Rechtsprechung das Erfordernis der
Abmahnung deutlich stärker betont, sollte man lieber einmal
mehr als einmal weniger abmahnen.