Typische Klauseln: Freistellung von der Arbeitspflicht
Typische Klauseln: Freistellung von der Arbeitspflicht

Expatriates gestern und heute


Manager, männlich, zwischen 35 und 45 Jahre alt, begleitet von Frau und Kindern und für drei bis fünf Jahre vom Stammhaus in eine ausländische Niederlassung entsandt. Lange Jahre war dies das Bild des typischen Expatriates. Sieht man sich aktuelle Studien zu Auslandsentsendungen wie den Global Mobility Trends Survey 2014 an, so lässt sich der „typische Expat 2014“ wie folgt beschreiben:

  • männlich (nur 20 Prozent der Entsandten sind Frauen)
  • 40-49 Jahre alt (35 Prozent fallen in diese Kategorie, Expats in anderen Altersgruppen haben im Vergleich zu den letzten Jahren wieder abgenommen)
  • verheiratet oder in Partnerschaft (71 Prozent)
  • auf der ersten Entsendung (nur 22 Prozent haben Erfahrung als Expatriate)
  •  innerhalb des Unternehmens entsandt (91 Prozent haben bereits im Unternehmen gearbeitet)


Doch obwohl ein Großteil der heutigen Ex­pats verheiratet ist (29 Prozent sind Single), gab es noch nie so viele Entsendungen ohne Familie wie heute: 22 Prozent der Expatriates, die verheiratet sind oder in Partnerschaft le­ben, gehen alleine ins Ausland, 78 Prozent nehmen ihre Partner mit. Nur 47 Prozent der Expatriates mit Kindern nehmen diese mit, was den Tiefststand der letzten Jahrzehnte darstellt. Einer der Gründe dafür, dass die Fa­milie oftmals nicht mit ins Ausland kommt, liegt darin, dass viele Frauen heute selbst beruflich erfolgreich sein wollen. Die Zahl der sogenannten „Dual Career Couples“, bei denen beide Partner ihre Karriere verfolgen, steigt stetig. Ebenso werden Frauen durch ihre Karrieren zunehmend selbst Kandida­tinnen für Auslandsentsendungen.

Intra-regionale Policys

Ein neuer Trend sind spezielle Richtlinien innerhalb geografisch nahe gelegener Regionen, sogenannte „intra-regionale“ Policys, die beispielsweise innerhalb Europas oder zwischen den USA und Kanada existieren. In der Vergangenheit behandelten Arbeitgeber Entsendungen innerhalb von Regionen oftmals ähnlich wie einen Umzug innerhalb der Nation (speziell zwischen den USA und Kanada). Aber den Unternehmen wird zunehmend klar, dass temporäre Entsendungen in andere nahe gelegene Länder doch anderen Herausforderungen unterliegen. So können diesen Entsandten auch zusätzliche Unterstützungsleistungen zugedacht werden, zum Beispiel zwei Dienstautos, zusätzliche Heimreisen oder das Umgehen einer mühsamen Verschiffung des Hausrats durch das Bereitstellen einer möblierten Wohnung.

Fazit

Die Veränderungen, die im Bereich des Ent­sendungsmanagements in den letzten Jahren eingetreten sind, stellen viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Sei es die sin­kende Bereitschaft von Mitarbeitern zu einem Auslandseinsatz, der Umgang mit selbst in­itiierten Auslandsentsandten, die Gestaltung der Richtlinien für die alternativen Formen der Entsendung, die Generation Y oder die Verbindung von Expat-Management mit dem Talentmanagement – für all diese Themen sind neue, individuelle Lösungen gefragt, die über den bloßen Prozess der Entsen­dung hinausgehen. Angesichts des breiten Themenspektrums wird es langfristig unum­gänglich sein, das internationale Personal­wesen und insbesondere das Expat-Manage­ment strategisch anzugehen.

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Fotocredit: © S.G.S. | www.pixelio.de

Der Originalbeitrag erschien in der Human Resources-Zeitschrift
personal manager” | Ausgabe 4/2014

Generation Y

Die Generation, die den zukünftigen Ex­pat-Pool weitgehend ausmachen wird, sind die heute 20- bis 30-Jährigen, die sogenann­te „Generation Y“. Studien zufolge nimmt diese Gruppe ihre Karrieren tendenziell selbst in die Hand, ist bereit für selbst initiierte Auslandsentsendungen, hat oft breite in­ternationale Erfahrungen aufzuweisen, legt gleichzeitig aber auch großen Wert auf eine gute Work-Life-Balance. Die Millennials, wie sie auch gerne genannt werden, planen ihre Karrieren proaktiv und individuell und haben daher andere Anforderungen an Unterneh­men und an einen Auslandseinsatz als die Generationen zuvor. So geht es ihnen zumeist nicht um klassische „Karrieren“, sondern eher um persönlich wertvolle Erfahrungen, die ih­nen aber durchaus auch professionell nutzen. Können Unternehmen die oftmals sehr ge­nauen Vorstellungen der Millenials bezüglich der Jobs im Ausland nicht erfüllen, sind diese vielfach nicht bereit, die Stellen anzunehmen. Durch ihre oft schon intensive Reiseerfah­rung, aber auch durch den Umgang mit elek­tronischen Medien und ihr höheres Bewusst­sein für kulturelle Unterschiede benötigen sie spezieller auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmte Policys als ihre Vorgänger.

Zahlreiche alternative Entsendungsformen

Aufgrund der sinkenden Bereitschaft von Mitarbeitern, für mehrere Jahre im Ausland zu arbeiten, haben sich in den letzten Jahren folgende Alternativen zur Langzeitentsen­dung durchgesetzt:

  • Kurzzeitentsendungen bis zu einem Jahr
  • ein- bis zweiwöchige Aufenthalte im Gastland mit Heimreisen, wobei der Lebensmittelpunkt der Pendler im Heimat-land bleibt
  • Geschäftsreisen in unterschiedliche Destinationen und von unterschiedlicher Dauer (von einigen Tagen bis zu drei bis vier Monaten)
  • virtuelle Auslandsentsendungen, wobei der Mitarbeiter für eine auslän­dische Niederlassung zuständig ist, physisch jedoch im Inland verbleibt; Kommunikation und Zusammenarbeit fin­den bei dieser Form mittels Informations- und Kommunikationstechnologie statt
  • Entsendung von Mitarbeitern einer ausländischen Niederlassung in das Mutterhaus (Inpatriates), vorwiegend zum Zweck des Transfers von Wissen und Unternehmenskultur ins Ausland

Flexible Richtlinien für die Auslandsentsendung


Während Policys für Langzeitentsendungen mittlerweile fast flächendeckend vorhanden sind, fehlen für die alternativen Formen häu­fig noch entsprechende Leitlinien, auch in österreichischen Unternehmen. Da insbeson­dere die Kurzzeitentsendungen sprunghaft ansteigen, aber auch internationale Dienst­reisen zunehmen, stehen Unternehmen vor der Herausforderung, für die praktizierten Formen der internationalen Tätigkeit Richtli­nien zu formulieren. Dabei ist ein Trend hin zu flexiblen Regelungen zu verzeichnen. Sie enthalten typischerweise fixe Elemente wie die Organisation eines „Look-and-see-Trips“ in das Entsendungsland sowie die Übernah­me der Kosten für Krankenversicherung, Pen­sionszahlungen, Visum und Einreise, Steuer­mehrkosten, Wohnungsmieten, Schulgeld für die mitreisenden Kinder sowie für Heimflüge. Hinzu kommen sogenannte „Cost of Living Allowances“ (COLA) sowie Zahlungen für Sprachtrainings. Diese für alle geltende Basis können Unternehmen im Einzelfall ergänzen, zum Beispiel, wenn sie neben einem Sprach­kurs ein Cross-Cultural-Training anbieten oder die Kosten für den Dienstwagen über­nehmen. Differenzierungen werden in der Regel etwa nach folgenden Kriterien vorge­nommen:

  • der Hierarchiestufe oder Position (Manager, Fachkräfte oder junge Uni-Absolventen)
  • der Dauer des Aufenthalts (Lang- oder Kurzzeitexpats, Geschäftsreisende oder Pendler)
  • den Regionen (Europa, USA/Canada, Lateinamerika, Asien)
  • dem Zweck der Entsendung (Trainee-programm, Troubleshooting, strategische Entsendung, vom Mitarbeiter initiierte Entsendung)

 
Mit den flexiblen Policys können Arbeitgeber auf die unterschiedlichen Bedürfnisse, Kul­turen, Generationen und Motive ihrer Mitar­beiter bei der Entsendung eingehen. Wichtig ist, dass sie dennoch die Grundsätze der glo­bal gültigen Richtlinien, die zumeist parallel bestehen, einhalten, um Ungleichbehand­lungen möglichst zu vermeiden.

Viele Gründe für weniger Expats

Doch einige Phänomene hemmen die Be­reitschaft zu einem Auslandsaufenthalt. So ist vielen Arbeitnehmern ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Freizeit wichtiger geworden. Das gilt nicht nur für junge Men­schen. Vielmehr hat diesbezüglich in den letzten Jahren ein gesellschaftlicher Werte­wandel stattgefunden. Da bei einer Auslands-entsendung Arbeits- und Freizeit jedoch oft nicht ausgeglichen sind, haben immer weni­ger Mitarbeiter Interesse an einem langfris-tigen internationalen Einsatz.

Weiters zeigen unzählige Beispiele und Erfah­rungen ehemaliger Expatriates, dass die Wie­dereingliederung in das Unternehmen nach der Rückkehr häufig problematisch ist. Meist bekommen die Mitarbeiter keine entspre­chende Position im Heimatunternehmen und der erhoffte Karrieresprung bleibt aus. Das im Ausland erworbene Wissen sowie die gewon­nene Erfahrung können sie nicht einsetzen.

Viele potenzielle Kandidaten entscheiden sich aus diesem Grund gegen einen Auslandsein­satz. Stattdessen streben sie eine klassische Karriere innerhalb des Unternehmens an oder wechseln den Arbeitgeber, wenn ein Karriere­sprung ansteht.
Zusätzlich zu diesen Gründen trägt auch die sinkende Attraktivität der Expat-Packages (vor allem durch Kosteneinsparungen) zu dem immer geringeren Angebot an Entsen­dungswilligen bei.

Selbst initiierte Auslandsentsendungen

Ein weiterer aktueller Trend sind sogenannte „selbst initiierte Auslandsentsendungen“. Darunter versteht man das Entsenden externer Bewerber aus anderen Ländern, die sich auf offene Stellen bewerben, aber unmittelbar zuvor noch nicht für das Unternehmen tätig waren. Auch Interimmanager fallen oftmals in diese Kategorie. Da sie keine klassischen Expatriates sind, kommen sie auch selten in den Genuss von Expat-Packages. Auch die für die Expatriates vorgesehenen Policys kommen bei ihnen nicht zur Anwendung. Selbst initiierte Expats haben dennoch ähnliche Probleme wie klassische Entsandte. Diese reichen von der Vorbereitung auf den Umzug über administrative Hürden bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit bis zur In­tegration – auch der Familie – im Gastland und im neuen Unternehmen sowie der Be­wältigung kultureller Unterschiede. Unter­nehmen sehen die externen internationalen Bewerber jedoch häufig als herkömmliche Kandidaten für eine ausgeschriebene Stelle an und kümmern sich um diese Probleme in der Regel kaum. Das ist jedoch eine riskan­te Strategie, da es für Arbeitgeber oft eine wertvolle Bereicherung, wenn nicht sogar Notwendigkeit darstellt, solche Mitarbeiter zu halten. Bleibt die Unterstützung aus, kön­nen hoch qualifizierte Köpfe verloren gehen, die in einer Zeit des akuten Fachkräfteman­gels vonnöten sind. Unternehmen sind da­her gut beraten, auch für diese Zielgruppe Richtlinien auszuarbeiten und im Bedarfsfall anzuwenden. So könnten sie den internatio­nalen Mitarbeitern beispielsweise dieselben administrativen Unterstützungsleistungen bezüglich Visum, Arbeitsgenehmigung und Steuerberatung zukommen lassen wie den innerhalb des Unternehmens Entsandten. Sie können je nach Entsendungsziel oder Positi­on auch Look-and-see-Trips anbieten, bei der Wohnungssuche unterstützen sowie medizi­nische Untersuchungen, Sprachtraining oder interkulturelles Training offerieren.

Mithilfe selbst initiierter Entsandter bau­en Unternehmen im Idealfall einen Pool an international ausgerichteten, mobilen und unternehmenserfahrenen Mitarbeitern auf, die sie nach Bedarf weltweit einsetzen kön­nen. Doch stehen diesen Chancen auch Ri­siken gegenüber, die internationale Bewerber mit sich bringen können. Denn deren Motive sind häufig vielfältig. Anstatt an einem he­rausfordernden Job im Ausland interessiert zu sein, können Reise- oder Abenteuerlust, der Wunsch nach Lebensveränderungen oder die Flucht vor Problemen die Kandidaten antreiben. In diesen Fällen werden die Mit­arbeiter weniger auf den Job konzentriert beziehungsweise für diesen motiviert sein. Dies kann mitunter auch die Integration im Unternehmen erschweren, da hierzu die Be­reitschaft und Motivation, vielleicht auch die Konzentration fehlen. Auch wirtschaftliche oder politische Motive bewegen Arbeitneh­mer, ins Ausland zu gehen. In diesen Fällen lockt das als erstrebenswert angesehene Le­ben in London, New York, Wien oder einer anderen Weltmetropole. Oftmals wird diese Bewegung auch mit dem Stichwort „Brain Drain“ assoziiert, also der Abwanderung von hoch qualifizierten Mitarbeitern in wirt­schaftlich prosperierende Gegenden. Solche Abwanderungen finden aktuell vor allem aus den Emerging Markets (Indien, China) oder auch aus den CEE- in westeuropäische Länder statt. Es gilt daher, in den Auswahl­gesprächen genau zu prüfen, warum jemand sich auf die Stelle bewirbt. Im Zweifelsfall können Unternehmen Probezeiten, zeitlich limitierte Verträge oder ähnliche Exit-Strate­gien festlegen.

Für die Unternehmen ist es nicht selten schwierig, die Qualifikationen der Bewerber einzustufen und ihre Ausbildungswege for­mell anzuerkennen. Auch die Integration ins Unternehmen gestaltet sich aufgrund von Sprachbarrieren oft als problematisch. In der Folge bekommen die meist gut ausgebildeten selbst initiierten Expatriates minderwertige Jobs und schaffen es nicht, sich wirtschaft­lich zu verbessern. Dies führt zur Frustration sowohl bei den Expatriates als auch bei den Unternehmen, die den erhofften Mehrwert durch die internationalen Mitarbeiter nicht erzielen können und macht deutlich, wie wichtig die sorgfältige Auswahl der Mitar­beiter ist. Ein intensiver Austausch im Be­werbungsprozess ist notwendig, um beiden Seiten ein möglichst realistisches Bild zu vermitteln und die Erwartungen anzuglei­chen. Hat sich das Unternehmen für eine bestimmte Person entschieden, so gilt es, das Einleben in der neuen Umgebung, aber auch im Unternehmen zu erleichtern. Neben den bereits erwähnten organisatorischen Hilfe­stellungen ist es hilfreich, Mitarbeiter auf die Arbeits- und Führungskulturen vorzuberei­ten, die in diesem Land beziehungsweise in diesem Unternehmen üblich sind.