BAG, Urteil vom 23. März 2011, 5 AZR 7/10
Der klagende Arbeitnehmer ist von seinem Arbeitgeber, einem Leiharbeitsunternehmen, über mehrere Jahre bei einem Entleiherbetrieb, der tarifgebundenen C. GmbH, als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden. Nach Beendigung seines Leiharbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Vergütungsnachzahlung für mehrere Jahre gefordert und dies damit begründet, die C. GmbH würde ihren vergleichbaren eigenen Arbeitnehmern eine höhere Vergütung gewähren, als diejenige, die er für seine bei der C. GmbH erbrachte Tätigkeit erhalten habe.
Sein Arbeitsvertrag enthält keine Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen, während Arbeitnehmer der Stammbelegschaft des Entleihers eine tarifvertraglich geregelte Ausschlussfrist beachten müssen. Der beklagte Arbeitgeber hat sich im Wesentlichen damit verteidigt, die vom klagenden Arbeitnehmer erhobenen Vergütungsansprüche seien allesamt untergegangen, weil er diese nicht innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist schriftlich geltend gemacht habe. Dem ist das Landesarbeitsgericht (LAG) in seiner Begründung gefolgt und hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen.
Auf die Revision des klagenden Arbeitnehmers hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Sache allerdings zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Landesarbeitsbericht zurückverwiesen und dabei festgestellt, dass die vom Kläger erhobenen Vergütungsansprüche jedenfalls nicht aufgrund der im Entleiherbetrieb geltenden tarifvertraglichen Ausschlussfrist untergegangen sind. Begründet hat das BAG dies damit, dass im Entleiherbetrieb geltende Ausschlussfrist bei unionsrechtskonformer Auslegung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) nicht zu den „wesentlichen Arbeitsbedingungen“ gehört, die der Verleiher seinen Leiharbeitnehmern aufgrund des in § 10 Absatz 4 AÜG verankerten Equal-Pay-Grundsatzes gewähren muss. Das LAG muss deshalb vorliegend noch feststellen, ob mit dem klagenden Arbeitnehmer hinsichtlich Qualifikation und Tätigkeit vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleiherunternehmens ein insgesamt höheres Entgelt als der Kläger erzielen.
Fazit:
Die Entscheidung des BAG ist nicht ganz unproblematisch, weil sie im Ergebnis dazu führt, dass der Equal-Pay-Grundsatz des AÜG nicht nur eine Schlechterstellung der Leiharbeitnehmer gegenüber dem Stammpersonal verhindert, so der eigentliche Sinn und Zweck der Regelung, sondern darüber hinaus Leiharbeitnehmer gegenüber dem Stammpersonal sogar besser stellt. Während im vorliegenden Fall die Stammarbeitnehmer der C. GmbH die tarifvertragliche Ausschlussfrist nämlich zwingend beachten müssen, soweit der betreffende Tarifvertrag auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet, gilt dies nicht für die vergleichbaren Leiharbeitnehmer, die ihre Ansprüche gegebenenfalls innerhalb der dreijährigen Verjährung geltend machen können.