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1 Trend zu Werkverträgen

Aufgrund der wieder stärkeren gesetzlichen Reglementierung der Arbeitnehmerüberlassung im Nachgang zu mehreren Missbrauchsfällen (Schlecker) u. a. durch die „Drehtürklausel“, der aktuellen Rechtsprechung des BAG im Hinblick auf die Tariffähigkeit der CGZP und christlicher Gewerkschaften im Übrigen sowie der Verteuerung der Zeitarbeit durch tarifliche Branchenzuschläge sollen Unternehmen verstärkt zum Einsatz von (vermeintlichen) Werkverträgen tendieren, da diese einen (vermeintlich) größeren rechtlichen Freiraum bieten. Dieser „Trend“ wird mehr und mehr von Politik und Gewerkschaften als Betätigungsfeld identifiziert (zuletzt: Gesetzesinitiative u. a. des Landes Niedersachsen zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen v. 11.9.2013, BR-Drs. 687/13). Ferner nehmen die Gerichte zusehends die werkvertragliche Praxis genau unter die Lupe (vgl. nur: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.8.2013 – 2 Sa 6/13, „Daimler“; LAG Hamm, Urt. v. 24.7.2013 – 3 Sa 1749/12, „Arvato“; vgl. jew. AuA 9/13, S. 546).

Vor diesem Hintergrund sollte der Abschluss von Werkverträgen gegenwärtig sorgfältig geprüft werden, um eine verdeckte oder sogar illegale Arbeitnehmerüberlassung auszuschließen. Dies gilt insbesondere bei Vertragsformen mit Mischcharakter, aufgrund derer sich der Beauftragte zu nicht eindeutig zuordnenden Leistungen („Services“) unter Einsatz eigener Mitarbeiter oder Subunternehmer verpflichtet. Insoweit ist zur rechtlichen Bewertung eine sorgfältige Abgrenzung der Sachverhalte erforderlich.

2 Abgrenzung: Arbeitnehmerüberlassung – Werkvertrag

Die Arbeitnehmerüberlassung unterscheidet sich von sonstigen Erscheinungsformen des drittbezogenen Personaleinsatzes, auf die das AÜG keine Anwendung findet, durch die vollständige Integration des Zeitarbeitnehmers in den Einsatzbetrieb. Im Unterschied zu allen anderen vertraglichen Gestaltungsformen setzt der Entleiher den fremden Beschäftigten bei der Arbeitnehmerüberlassung nach seinen Vorstellungen und Zielen innerhalb seiner Betriebsorganisation wie einen eigenen Arbeitnehmer zur Förderung seiner Betriebszwecke ein (vgl. BAG, Urt. v. 18.1.2012 – 7 AZR 723/10, AuA 9/13, S. 553). Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist dabei die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesen Arbeitnehmer zu stellen. Im Gegensatz zum Werkvertrag endet die Vertragspflicht gegenüber dem Entleiher, wenn der Verleiher den Mitarbeiter ordnungsgemäß ausgewählt und diesen dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat (vgl. BAG, Urt. v. 3.12.1997 – 7 AZR 764/96, DB 1998, S. 1520; v. 24.5.2006 – 7 AZR 365/05, AiB 2013, S. 320). Bei einem Werkvertrag wird hingegen ein Dritter für einen anderen tätig. Der Werkunternehmer organisiert die zum Erreichen eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Herstellung des geschuldeten Werkes gegenüber dem Besteller verantwortlich (Urban-Crell/Germakowski/ Bissels/Hurst, AÜG, Einl. Rdnr. 135 f.).

Ob der Vertrag zwischen dem beauftragten Unternehmen und dem Dritten, in dessen Betrieb der Mitarbeiter eingesetzt werden soll, rechtlich als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag oder als andere Form des drittbezogenen Personaleinsatzes – vor allem als Werk- oder Dienstvertrag – zu qualifizieren ist, in dessen Rahmen der Beschäftigte lediglich als Erfüllungsgehilfe seines Arbeitgebers im Betrieb des Dritten tätig wird, ist durch eine Gesamtschau der (tatsächlichen) vertraglichen Beziehung zu ermitteln. Hierbei entscheidet allein die inhaltliche Ausgestaltung und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge. Insbesondere kommt es nicht auf die Bezeichnung des Vertrags an, soweit er nicht dem tatsächlichen Geschäftsinhalt entspricht. Dieser kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Parteien als auch aus der praktischen Durchführung ergeben. Widersprechen sich vertragliche Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung, ist Letztgenannte maßgebend (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG v. 18.1.2012, a. a. O.).

Letztlich ist von einer Arbeitnehmerüberlassung auszugehen, wenn der Mitarbeiter in den fremden Betrieb eingegliedert wird und dessen Tätigkeit nach Weisungen des Entleihers ausübt. Entscheidend ist also, dass der Inhaber des Einsatzbetriebs den Zeitarbeitnehmer durch die Ausübung seines Direktionsrechts im Hinblick auf Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit steuert (vgl. BAG v. 18.1.2012, , a. a. O.; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.12.2012 – 15 Sa 1217/12; LAG Baden-Württemberg v. 1.8.2013, a. a. O.).

3 Anweisungen nach § 645 BGB

Die zur Ausführung des Werkvertrags eingesetzten Beschäftigten unterliegen hingegen ausschließlich den Weisungen des Werkunternehmers. Sie werden als dessen Erfüllungsgehilfen eingesetzt. Im Gegensatz zur Arbeitnehmerüberlassung findet keine Aufspaltung der Arbeitgeberfunktionen statt. Das Weisungsrecht übt allein der Werkunternehmer als Arbeitgeber aus. Davon zu unterscheiden ist das Recht des Bestellers aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach ist dieser berechtigt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes zu erteilen (vgl. BAG v. 24.5.2006, a. a. O.). Im Gegensatz zum allgemeinen arbeitsrechtlichen Weisungsrecht ist das Anweisungsrecht des Werkbestellers gegenständlich auf das konkrete Werk bezogen. Fehlt es bereits an einem abgrenzbaren, dem Werkunternehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kann hierin ein Indiz für eine Arbeitnehmerüberlassung liegen. Gegen das Bestehen eines Werkvertrags spricht, dass der Besteller erst durch seine Anweisung den Gegenstand der vom Mitarbeiter zu erbringenden Leistung bestimmt und damit Arbeit und Einsatz für ihn bindend organisiert (vgl. BAG, Urt. v. 9.11.1994 – 7 AZR 217/94, AuA 3/96, S. 109). Zwar ist nach der Rechtsprechung eine „wenig präzise“ Beschreibung der geschuldeten Gesamt- und Einzelleistungen mit einem Werkvertrag nicht unvereinbar, sie passt jedoch ebenso gut zu einer mengenbezogenen Vergütung für die Arbeitsleistung überlassener Arbeitnehmer (BGH, Urt. v. 21.1.2003 – X ZR 261/01, NZA 2003, S. 616). Üben nicht nur ganz gelegentlich, sondern regelmäßig allein oder vorrangig Beschäftigte des Bestellers das über § 645 BGB hinausgehende arbeitgeberseitige Weisungsrecht aus, ist demgemäß von einer Arbeitnehmerüberlassung auszugehen (BAG, Urt. v. 6.8.2003 – 7 AZR 180/03, BB 2004, S. 669).

PRAXISTIPP


Das geschuldete Werk sollte jeweils möglichst präzise vertraglich festgelegt werden. Bei der Bestellung von vielen Einzelwerken lässt sich dies mit einer katalogisierenden Zusammenstellung erreichen. Sind bei der nachfolgenden Leistungserbringung Anweisungen notwendig, sollte sich der Besteller gegenüber den vom Werkunternehmer eingesetzten Arbeitnehmern stets auf die niedergelegte Werkbeschreibung berufen. Soweit praktisch möglich, ist der Werkbesteller selbst, nicht aber dessen Mitarbeiter, als Ansprechpartner zu wählen (Urban-Crell/Germakowski/Bissels/ Hurst, AÜG, Einl. Rdnr. 139). Letztlich sind die Grenzen zwischen der Arbeitnehmerüberlassung und anderen Formen des Einsatzes von Fremdpersonal fließend. Insbesondere die nicht nur kurzfristige Tätigkeit unternehmensfremder Beschäftigter im Betrieb birgt in der Praxis häufig das Risiko, als (illegale) Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert zu werden. Dies gilt auch bei einer ursprünglich
klaren vertraglichen Regelung und praktischen Planung. Gerade im Fall des längerfristigen Einsatzes von Fremdpersonal gibt es im Rahmen der tagtäglichen Zusammenarbeit nicht selten eine Verschiebung der Art des Personaleinsatzes. Exemplarisch sind Fälle, in denen Mitarbeiter, die zunächst aufgrund eines Werkvertrags im Betrieb tätig waren, faktisch zunehmend in den Betrieb eingebunden werden. So erfolgen z. B. Weisungen nicht mehr durch den externen Vertragsarbeitgeber, sondern durch Verantwortliche innerhalb des Betriebs.

4 Risiken verdeckter oder illegaler Arbeitnehmerüberlassung

Die hierdurch entstehenden Risiken sind erheblich: Bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung, bei der der Verleiher also nicht über eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 AÜG verfügt, drohen zivil-, sozialversicherungs-, gewerbe-, steuer- und evtl. sogar straf- oder zumindest ordnungswidrigkeitsrechtliche Sanktionen (Einzelheiten bei: Böhm/Hennig/Pop, Zeitarbeit, Rdnr. 388 ff.). Es wird insbesondere ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Zeitarbeitnehmer und dem Kunden fi ngiert (§§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 AÜG), der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Ver- und Entleiher ist unwirksam und muss rückabgewickelt werden; zudem begehen beide eine Ordnungswidrigkeit (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und 1a AÜG: Bußgeld bis zu 30.000 Euro) oder sogar eine Straftat (§ 266a StGB).

PRAXISTIPP


Die Grenzziehung zur Arbeitnehmerüberlassung lässt sich aufgrund der in der Praxis erheblich variierenden Umstände des Einzelfalls häufig nicht zweifelsfrei vornehmen. Aus diesem Grund sollte man insbesondere bei einem längerfristig geplanten Einsatz von Mitarbeitern eines anderen Unternehmens im Betrieb, stets – also auch beim Abschluss von Werk- oder Dienstverträgen – einen Werkunternehmer wählen, der eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt.

Dies kann indes nicht vor sämtlichen Risiken schützen. Da Fremdpersonal i. d. R. nicht dieselbe Vergütung erhält wie die Stammbelegschaft, können die nachträglich als i. S. d. AÜG überlassenen Arbeitnehmer nach §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG Differenzansprüche aufgrund der Verletzung des sog. equal-pay- und equal-treatment-Grundsatzes geltend machen. Schuldner dieser Ansprüche ist zwar das überlassende Unternehmen, daneben ist jedoch auch eine Haftung des Entleihers nicht ausgeschlossen. Zudem ist der faktisch gelebte Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gem. § 12 Abs. 1 AÜG nach § 125 Satz 1 BGB formnichtig. Der Auftraggeber hat daher bei Schlechterfüllung keinerlei Gewährleistungsansprüche. Eine Schlechtleistung seiner „Erfüllungsgehilfen“ wird dem Auftragnehmer nicht gem. § 278 BGB zugerechnet, da ein Verleiher nicht die Arbeit seiner Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb schuldet. Ein Werk-, Dienst- oder Geschäftsbesorgungsvertrag liegt nämlich gerade nicht vor.

6 Atypische Verträge

Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag ergeben sich bei atypischen Gestaltungsformen, insbesondere wenn der Werkunternehmer eine Reihe von Einzelwerken aufgrund eines Rahmenvertrags anbietet. Gleiches gilt, wenn die zu leistende

Vergütung nach zeitlichem Aufwand und nicht nach dem Erfolg bemessen wird. Dies bedeutet indes nicht, dass man in solchen Fällen stets von einer Arbeitnehmerüberlassung ausgehen muss: Nach den Umständen des Einzelfalls kann auch eine langfristig angelegte Vertragsbeziehung, bei der

die Einzelleistungen jeweils zu den Bedingungen des abgeschlossenen Rahmenvertrags abgerufen werden, ein Werkvertrag sein. Dies gilt bspw. bei wiederkehrenden Wartungsarbeiten an Einrichtungen und Geräten des Bestellers.

Abhängig vom Einzelfall kann ein Werkvertrag auch dann noch anzunehmen sein, wenn ein Fremdarbeitnehmer gebeten wird, Urlaub mit dem Auftraggeber abzustimmen oder ihm durch Teilnahme an Kursen eines Bestellers Kenntnisse vermittelt werden, damit er die ihm obliegenden Tätigkeiten im Rahmen des von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen Werkvertrags

ordnungsgemäß erfüllen kann (vgl. LAG Hamm, Urt. v. 9.11.2006 – 15 Sa 789/06).

Wichtig

Das Risiko einer Einstufung als Arbeitnehmerüberlassung steigt jedoch, je weiter sich die Vertragsgestaltung vom Grundfall des Werkvertrags entfernt (vgl. Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, AÜG, Einl. Rdnr. 133 f.).

5 Indizien zur Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung

Die Frage der Abgrenzung des Werkvertrags von der Arbeitnehmerüberlassung erfordert stets eineGesamtbetrachtung. Die von Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten Indizien können dabei lediglich dazu dienen, die Risiken zu reduzieren. Es wäre jedoch verfehlt, den Einsatz von Fremdarbeitnehmern im Betrieb aufgrund eines Werkvertrags ständig an der Schwelle zur Arbeitnehmerüberlassung stehend einzuordnen. Die Rechtsprechung kommt der Praxis zumindest insoweit entgegen, dass sie „gelegentliche Ausrutscher“ bei der Vertragsdurchführung duldet. Kommt es z. B. lediglich in Ausnahmefällen – abweichend vom normalen Tagesablauf – auch zu arbeitsrechtlichen Weisungen eines Werkbestellers, führt dies noch nicht zur Annahme einer (unerlaubten) Arbeitnehmerüberlassung. Vom Normalfall abweichende Einzelfälle sind nicht geeignet, eine Tätigkeit insgesamt als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren (BAG v. 6.8.2003, a. a. O.; Urt. v. 30.1.1990 – 7 AZR 497/89, SAE 1992, S. 209; Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, AÜG, Einl. Rdnrn. 120, 141).

Ein Fremdmitarbeitereinsatz kann letztlich als Arbeitnehmerüberlassung zu
qualifizieren sein,
wenn folgende Umstände vorliegen:

› Fehlen einer eigenen Betriebsorganisation beim Vertragsarbeitgeber
  (keine weisungsberechtigten Vorgesetzten, kein Personalbüro oder vergleichbare
  Einrichtung, vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.10.2012 – L 11 KR 19/11);
 
› Verrichten derselben Tätigkeiten sowohl durch eigene Beschäftigte als auch durch
  Fremdarbeitnehmer, insbesondere bei arbeitsteiligem Zusammenwirken der Mitarbeitergruppen;

› Erteilen von Anweisungen durch Mitarbeiter der Stammbelegschaft
  gegenüber den Fremdarbeitnehmern;

› ausfüllungsbedürftige, lediglich skizzenhafte Beschreibung der Arbeitspflicht der
  Fremdarbeitnehmer im zugrunde liegenden Vertrag bei Konkretisierung des Tätigkeitsinhalts
  durch Weisungen der Stammbelegschaft;

› Aufnahme der Fremdarbeitnehmer in gemeinsame Urlaubspläne mit
  der Stammbelegschaft (Einsatz als „Urlaubsvertretung“).

Für einen Werkvertrag spricht hingegen, wenn der zugrunde liegende Vertrag technische Regelungen über die Erstellung des Werkes enthält oder Preisvereinbarungen, die sich nicht (allein) auf Arbeitnehmerschichten, sondern auf die Fertigstellung des Werkes beziehen.

Für einen Werkvertrag können Haftungsregelungen im Leistungsverzeichnis sprechen. Die Übernahme eines eigenen Unternehmerrisikos, zu dem Haftung und Gewährleistung gehören, ist typisch für einen Werkvertrag, nicht hingegen für eine Arbeitnehmerüberlassung (BAG v. 18.1.2012, a. a. O.). Dies gilt insbesondere, wenn im Rahmen der Durchführung der Vereinbarung tatsächlich Gewährleistungsrechte geltend gemacht wurden und der Werkunternehmer daraufhin z. B. nachgebessert hat (Greiner, NZA 2013, S. 699).

Gegen einen Werkvertrag spricht, dass sich die zu erbringenden Leistungen nach dem Bedarf des Bestellers richten. Es fehlt insofern an einem abgrenzbaren, dem Werkunternehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk. Auf eine Arbeitnehmerüberlassung deutet es hin, wenn der Besteller durch seine Anweisungen den Gegenstand der von den Beschäftigten zu erbringenden Leistungen überhaupt erst bestimmt und damit Arbeit und Einsatz bindend organisiert (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.12.2012 – 15 Sa 1217/12).

Der Werkunternehmer muss aufgrund seiner Ausstattung und Organisation zudem in der Lage sein, die geschuldete Werkleistung eigenverantwortlich zu erbringen. Fehlen etwa die erforderlichen Betriebsmittel oder die übliche Büroorganisation bzw. mangelt es an einer fachlich kompetenten Projektleitung, kann dies ein Indiz für eine bloße Personalgestellung im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sein.

Dass ein Arbeitnehmer des Vertragspartners seinen Urlaub mit Mitarbeitern der Stammbelegschaft abstimmen muss, kann – ebenso wie ein Abgleich über die Lage der Arbeitszeit – durch Art und Inhalt der zu erbringenden Dienst- oder Werkleistung bedingt sein und indiziert damit nicht notwendig eine Arbeitnehmerüberlassung (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.5.2006 – 10 Sa 913/05).

Gleiches gilt für das Erfassen von Arbeitszeiten der Fremdarbeitnehmer: Gegen eine solche Indizwirkung spricht die – im Werkvertragsrecht durchaus übliche – Praxis der Aufwandsberechnung. Noch deutlicher wird dies, wenn der vermeintliche Entleiher mit der Zeiterfassung lediglich bestehende gesetzliche Verpflichtungen erfüllt (vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 27.8.2007 – 17 Sa 864/07).

Das Stellen von Werkzeugen und Schutzkleidung hat in der neueren Rechtsprechung als Indiz für das Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung an Bedeutung verloren (vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 15.1.2009 – 15 TaBV 379/08). Werden Fremdarbeitnehmer allerdings täglich vor Aufnahme der Arbeiten von der Stammbelegschaft eingewiesen und mit Material und Werkzeugen versorgt, spricht dies für eine Eingliederung in den Betrieb und damit für eine Arbeitnehmerüberlassung (BGH, Urt. v. 21.1.2003 – X ZR 261/01, NZA 2003, S. 616).

7 Darlegungs- und Beweislast

Besteht Streit darüber, wie der Einsatz eines Fremdmitarbeiters zu qualifizieren ist, und macht dieser geltend, als Zeitarbeitnehmer tätig gewesen zu sein, ist es grundsätzlich an ihm, eine Arbeitnehmerüberlassung darzulegen und zu beweisen. Hierbei sollen jedoch die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gelten. Vom Mitarbeiter soll man daher lediglich Vortrag über diejenigen Umstände verlangen können, von denen er Kenntnis hat oder zumindest haben kann (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 1.8.2013, a. a. O.).

Der Beschäftigte muss dabei darlegen, dass eine Verlagerung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts von seinem Vertragsarbeitgeber hin zum behaupteten Entleiher stattgefunden hat (vgl. Timmermann, BB 2012, S. 1729). Dazu reicht es nicht aus, wenn er einzelne Fälle von „Fremdweisungen“ vorträgt. Der klagende Arbeitnehmer muss vielmehr für die gesamte Dauer der Beauftragung darlegen, im Einsatzbetrieb nach den Weisungen von dessen Inhaber oder seiner dazu autorisierten Mitarbeiter tätig geworden zu sein, während sich sein Vertragsarbeitgeber auf die Funktion eines bloßen Personalgestellers beschränkte. Zudem obliegt es dem (vermeintlichen) Zeitarbeitnehmer, darzulegen und zu beweisen, dass diese Vertragspraxis dem verleihendem und dem entleihenden Betrieb bekannt gewesen und von ihnen zumindest geduldet worden ist (vgl. Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, AÜG, Einl. Rdnr. 127).

8 Fazit

Die gegenwärtige politische Diskussion über den „Missbrauch“ von Werkverträgen und die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen in diesem Bereich alarmieren. Daher sollten Unternehmen, die auf Grundlage entsprechender Vereinbarungen Fremdpersonal zum Einsatz bringen, sehr sorgfältig die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung einer werkvertraglichen Tätigkeit von einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung beachten. Insbesondere gilt es, eine Eingliederung der Beschäftigten des Werkunternehmers in den Einsatzbetrieb zu vermeiden. Hierzu müssen die Organisationsstrukturen zwischen Auftraggeber und Werkunternehmer klar abgrenzbar sein. Auch im betrieblichen Alltag müssen Weisungslinien strikt beachtet werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass ein sachgerecht implementiertes Vertragskonstrukt bei der Durchführung „gestört“ wird und der zunächst „echte Werkvertrag“ in eine verdeckte oder sogar illegale Arbeitnehmerüberlassung „umschlägt“. Die Einhaltung der vorgenannten Checkliste bei Vertragsgestaltung, organisatorischen Maßnahmen und dem konkretem Einsatz der Fremdmitarbeiter sollte dabei ständiger Begleiter der zuständigen Stellen im Unternehmen (Personal- und/oder Rechtsabteilung) sein.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht 12/2013
Fotocredit: Rainer Sturm / www.pixelio.de