Arbeitgeber überweist zu viel Gehalt –
Arbeitnehmerin 
muss keine Rückzahlungen leisten

three men laughing while looking in the laptop inside room
Foto von Priscilla Du Preez

Die beklagte Arbeitnehmerin war viele Jahre als Hausbesorgerin tätig. Anfang 2011 erwarb eine neue Eigentümerin die von ihr betreute Liegenschaft. Die neue Arbeitgeberin ließ die Abrechnungen des Entgelts von einer Steuerberatungskanzlei vornehmen. Diese rechnete irrtümlich überhöhte Entgeltbeträge zugunsten der Arbeitnehmerin ab. Aus diesem Grund erhielt die Arbeitnehmerin Überzahlungen in Höhe von rund 830 Euro monatlich.

Die Arbeitnehmerin wies die Hausverwalterin dreimal daraufhin, dass sie ein Vielfaches im Vergleich zum früher bezahlten Entgelt erhalte, und fragte, ob dies in Ordnung sei. Dabei wurde der Arbeitnehmerin stets zugesichert, dass die Entgeltzahlungen richtig seien.  


Mit der vorliegenden Klage begehrte die klagende Arbeitgeberin die Rückzahlung der monatlichen Überzahlungen. Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, dass Arbeitgeber Entgeltzahlungen irrtümlich angewiesene Entgeltzahlungen zurückfördern können. Lediglich dann, wenn Arbeitnehmer das Gehalt „redlich verbraucht“ hätten, sei die Rückforderung ausgeschlossen. Dabei wird der gute Glaube nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit des Empfängers ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer an der Rechtmäßigkeit des ihm ausgezahlten Betrags zweifeln musste. Da die Gutgläubigkeit vermutet wird, muss der rückfordernde Arbeitgeber die Unredlichkeit des Arbeitnehmers beweisen. 


Im vorliegenden Fall musste die Arbeitnehmerin aufgrund der Höhe der Überzahlungen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bezüge haben, was sie auch tatsächlich hatte. Die Besonderheit des Anlassfalls liegt darin, dass die Arbeitnehmerin auf ihre Zweifel reagiert und bei der zuständigen Hausverwalterin dreimal nachgefragt hat. Aufgrund der wiederholten Zusicherungen, dass die Entgeltzahlungen in der erfolgten Höhe richtig seien, konnte die beklagte Arbeitnehmerin auf die Richtigkeit der Abrechnung und die höhere Entlohnung im Zusammenhang mit dem Wechsel der Arbeitgeberin vertrauen.

In dieser Situation ist die Arbeitnehmerin als gutgläubig anzusehen und der Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers ausgeschlossen.

(OGH 27. 4. 2016, 8 ObA 9/16f)

Nachwirkung von fakulativen
Betriebsvereinbarungen

In bestimmten, im Gesetz genannten Fällen können Betriebsinhaber und Betriebsrat freiwillig Betriebsvereinbarungen abschließen – diese nennt man „fakultative Betriebsvereinbarungen“. Nach dem Gesetz können die Vertragsparteien diese für eine bestimmte Zeit befristen oder sie jederzeit einvernehmlich beenden. Auch eine (schriftliche) Kündigung ist jederzeit (mangels besonderer Regelung durch die Vertragsparteien mit einer dreimonatigen Frist) möglich.

Die Rechtswirkungen der fakultativen Betriebsvereinbarung enden grundsätzlich mit deren Erlöschen und haben keine Nachwirkung. Nur für die Fälle, in denen die Vertragsparteien sich über ihre Geltungsdauer (und damit auch über eine spätere Nachwirkung nach einer Kündigung) nicht ausdrücklich geeinigt haben und sie durch eine einseitige Erklärung einer der beiden Parteien endet (Kündigung), sieht das Gesetz vor, dass die Betriebsvereinbarung für die zum Zeitpunkt ihres Erlöschens von ihr erfassten Arbeitnehmer bis zum Abschluss einer neuen (kollektiven oder einzelvertraglichen) Vereinbarung weiter gelten soll.


(OGH 18.08.2016, 9ObA18/16m)


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Quelle: personal recht – Änderungen im Arbeits-, Lohnsteuer- & Sozialrecht | Oktober/ November 2016