Der seit 2002 jährlich erscheinende Report basiert auf einer Vielzahl von Interviews, die das New Media Consortium in Austin (Texas) mit zahlreichen Technologie- und Lernexperten auf Universitäten und Unternehmen führt. Ein Beraterteam aus mehr als 20 Spezialisten bewertet die Ergebnisse und bezieht weitere Quellen, wie beispielsweise das Internet, in ein zeitliches Ranking der Zukunftsprognosen mit ein. Zahlreiche Beispiele und Literaturhinweise machen die Studie zu einem wichtigen Gradmesser künftiger Lernszenarien.

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Foto von Bram Naus

Zeit für User-Generated-Content: ein Jahr oder weniger

Plattformen wie Flickr, Odeo, You Tube oder Google Video zeigen, was Web 2.0 bedeutet: Die Konsumenten geben sich nicht mehr damit zufrieden, ein fertiges Produkt geliefert zu bekommen. Sie produzieren, kommunizieren und klassifizieren ihre Inhalte selbst anstatt nur zu suchen, zu lesen, zu sehen und zu hören. In so genannten Folksonomys vergeben die User eigene Schlagworte, die sie der Gemeinschaft zur verbesserten Suche zur Verfügung stellen. Beim Social Bookmarking profitieren die Mitglieder einer Plattform von den Lesezeichen anderer, um für sie interessante Inhalte schneller zu finden.

Die räumliche Unabhängigkeit betrachtet der „Horizon Report“ als einen enormen Vorteil dieser Web 2.0-Elemente. Beispiele, Kommentare und Feedback erreichen ein breites Publikum zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Orten. Niedrige Kosten und – damit einhergehend – ein geringes Risiko erlaubten den Anwendern sich weiterzubilden, indem sie selbst Inhalt erstellen. Die eigene Arbeit könne leicht mit der von anderen verglichen werden und inspiriere dazu, neue Ideen und Techniken auszuprobieren.

Das Verbindungsglied: Social Networking

Ein weiterer Aspekt des Web 2.0 steht dem Report zufolge auf der Agenda der Weiterbildung: Soziale Netzwerke im Internet. Insbesondere Studenten fühlen sich durch Webseiten wie MySpace oder Facebook stark angezogen. Das liegt nur zum Teil an den Inhalten; entscheidend ist hier der Austausch über alle möglichen Themen, die junge Menschen anziehen. Soziale Netzwerke sind Orte, wo sich Menschen sicher fühlen und ihresgleichen finden. Das gilt nicht nur für Studenten: das Portal LinkedIn etwa dient dem Aufbau von Businesskontakten.

Weil Social Networking so erfolgreich ist, versuchen Universitäten verstärkt Netzwerke zu Lernzwecken aufzubauen. Die Untersuchungen dazu stecken noch in den Kinderschuhen. Dem Report erleichtert die Bandbreite der einsetzbaren Tools deren Einsatz: Es werde immer einfacher, Funktionen des Social Networkings mit Hilfe von Open Source Programmen in verschiedene Webseiten zu integrieren.

Mittel- und langfristige Technologien

Für die nächsten zwei bis drei Jahre sagt die Studie einen zunehmenden Einfluss von Handys für das Lernen voraus. Handys entwickeln sich demnach zu den Kaufhäusern unserer digitalen Existenz. Immer mehr Content werde mobil zur Verfügung stehen. Neue Projektionssysteme sollen helfen, die Barrieren eines kleinen Displays zu überwinden.

Neben einer stärkeren Mobilität der Lerneinheiten sieht der „Horizon Report“ auch eine verstärke Virtualisierung voraus. Virtuelle Welten wie Second Life gewinnen – so die Untersuchung – an Bedeutung, indem viele Universitäten und Unternehmen Zweigstellen in diesen Parallelwelten aufbauen. Inhaltliche und technologische Neuerungen scheinen bisher jedoch nicht in Aussicht zu stehen, da die Lernformen der realen Welt lediglich auf ihre virtuellen Pendants übertragen werden.

Für die kommenden vier bis fünf Jahre erwartet das New Media Consortium in Folge von neuen Kollaborationsformen, bei denen räumliche Distanzen keine Rolle mehr spielen, einen Bewusstseinswandel in Bezug auf alle Publikationsformen. Dadurch könnte es möglich werden, wissenschaftliche Inhalte über Universitätsgrenzen hinaus zu verbreiten. Neue Formen der Kommunikation und eine stärkere Visualisierung machen die Inhalte zudem verständlicher.

Langfristig nimmt nach Einschätzung des Reports auch die Bedeutung von Computerspielen für das Lernen zu. Die Vorteile von Spielen mit pädagogischem Ansatz liegen auf der Hand. Allein: Die Produktionskosten sind bisher noch sehr hoch. Dies ändere sich in den kommenden Jahren aufgrund von Bemühungen, mit Hilfe von Open-Source-Produkten Online-Spiele für verschiedene Disziplinen einzusetzen.

Herausforderungen und Schwierigkeiten

„The Horizon Report 2007“ wirft auch ein kritisches Auge auf die Zukunft des Lernens. Ein Problem für das Lernen mit Hilfe der beschriebenen Technologien stelle das Urheberrecht dar: Da das digitale Lernmaterial zunimmt, müssen neue Wege gefunden werden, geistiges Eigentum zu schützen. Ferner treten Blogging und andere Aktivitäten im Web 2.0 in Konkurrenz zum traditionellen Lernen, das mehr und mehr in den Hintergrund gerät. Während sich die Kenntnis, neue Techniken anzuwenden, weiterentwickelt, sei darauf zu achten, die inhaltliche Qualität nicht zu vernachlässigen.