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Foto von Toa Heftiba

Mit der Entgeltgruppe 1 des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes (TVöD), des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes der Länder (TV-L) und des Tarifvertrags Versorgungsbetriebe (TV-V) haben die Tarifparteien eine Leichtlohngruppe geschaffen, die unterhalb der bislang niedrigsten Lohngruppe der alten Tarifverträge der Arbeiter angesiedelt ist. Sieht man vom Sonderfall der Ärzte ab, fehlt im TVöD und TV-L bislang ein neues Eingruppierungsrecht. Einigkeit besteht aber über Eckpunkte der neuen Entgeltordnung in § 12 TVöD (vgl. Richter/Gamisch, AuA 2/08, S. 106 ff). Danach bleibt es wie in § 22 Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT), vgl. Vorschrift 1,

  • beim Grundsatz der Tarifautomatik,
  • bei der „auszuübenden Tätigkeit“,
  • bei den „Zeitanteilen“ und
  • beim Begriff des „Arbeitsvorgangs“.

Der TV-V weicht jedoch an einem Punkt ab: Das neue Eingruppierungsrecht kennt den Arbeitsvorgang nicht mehr. Es stellt wieder auf (die) Tätigkeit/ en ab. Im Übrigen erhalten TVöD und TV-L das alte System nicht nur, sondern erweitern es darüber hinaus auf Arbeiter (vgl. Richter/Gamisch, in: Nickels/Repkewitz/Richter, Personalrecht A-Z, Stichwort Entgeltordnung, Köln 2008 m. w. N.).

Wichtig

Diese alten und neuen tarifrechtlichen Vorgaben müssen Arbeitgeber auch bei der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 1 beachten.

Vorschrift 1

§ 22 BAT: Eingruppierung

(1) Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage 1a und 1b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.

(2) Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens die Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung i. d. R. erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.

Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabsatz 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit für jede Anforderung.

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabsatz 2 oder 3 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses.

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.

… Protokollnotizen zu Abs. 2:

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. die unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Eintragung in das Grundbuch, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

2. Eine Anforderung i. S. d. Unterabsatz 2 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe.

Der künftige § 12 TVöD soll wie folgt lauten:

Vorschrift 2

§ 12 TVöD (künftige Fassung)

(1) Die Eingruppierung des/der Beschäftigten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung (Anlage …). Der/Die Beschäftigte erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der er/sie eingruppiert ist. Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm/ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.

Die Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 BAT soll folgenden geänderten Klammerzusatz erhalten:

„… (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags auf Wohngeld, Betreuung oder Pflege einer Person oder Personengruppe, Fertigung einer Bauzeichnung, Erstellung eines EKG, Durchführung einer Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeit) …“ (Steinherr, ZTR 2005, S. 303)

Die neue Entgeltgruppe 1 im TVöD/TV-L

Die neue Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L erfasst „einfachste Tätigkeiten“, vgl. Vorschrift 3.

Vorschrift 3

Entgeltgruppe 1 TVöD/TVÜ-VKA Anlage 3, TVöD/TVÜ-Bund Anlage 4 und TV-L/TVÜ Anlage 4 Teil A Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten, z. B.:

  • Essens- und Getränkeausgeber/innen
  • Garderobenpersonal
  • Spülen und Gemüseputzen und sonstige Tätigkeiten im Haus- und Küchenbereich
  • Reiniger/innen in Außenbereichen wie Höfe, Wege, Grünanlagen, Parks
  • Wärter/innen von Bedürfnisanstalten
  • Servierer/innen
  • Hausarbeiter/innen
  • Hausgehilfe/Hausgehilfin
  • Bote/Botin (ohne Aufsichtsfunktion) …

Innerhalb der untersten Qualifikationsebene der Ungelernten stellt die Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L die Rechtsgrundlage für eine sog. Leichtlohngruppe zur Verfügung, die Outsourcing (Fremdvergabe) verhindern und Insourcing (Wiederaufnehmen einer Leistung) ermöglichen soll.

Übersicht 1

Entgeltgruppen

 

1 – 4

Un-/AngelernteBeschäftigte mit Tätigkeiten, die keine oder eine unter dreijährige Ausbildung in einem Ausbildungsberuf gem. BBiG voraussetzen
Entgeltgruppen

 

5 – 8

dreijährige AusbildungBeschäftigte mit Tätigkeiten, die eine Ausbildung gem. BBiG von drei Jahren voraussetzen
Entgeltgruppen

 

9 – 12

Fachhochschul-/ BachelorabschlussBeschäftigte mit Tätigkeiten, die einen Fachhochschul- bzw. Bachelorabschluss voraussetzen
Entgeltgruppen

 

13 – 15

Wissenschaftlicher Hochschul-/MasterabschlussBeschäftigte mit Tätigkeiten, die einen wissenschaftlichen Hochschul- bzw. Masterabschluss voraussetzen

(vgl. Steinherr, ZTR 2005, S. 303)

Dementsprechend enthält die Entgeltgruppe 1 einen Beispielskatalog, der nur durch gesonderte Tarifverträge ergänzt werden kann. Die dort aufgezählten Beispielstätigkeiten sollen das Tarifmerkmal „einfachste Tätigkeiten“ verdeutlichen.

Die neue Entgeltgruppe 1 im TV-V

Demgegenüber sieht der TV-V keinen allgemein gültigen Katalog vor. Dieser muss erst durch landesbezirkliche Tarifverträge vereinbart werden. Bislang existiert nur der landesbezirkliche Tarifvertrag NRW vom 6.10.2003, der zur Ergänzung der Anlage 1 Entgeltgruppen zum TV-V erfolgt ist. Dieser sieht in Entgeltgruppe 1 vor:

Vorschrift 4

Beispiele NRW (Bäderbereich)

1.01.1 Reinigungstätigkeiten

1.01.2 Spülen und Gemüseputzen im Gastronomiebetrieb

1.01.3 Servieren von Speisen und Getränken im Gastronomiebetrieb

(vgl. Herzberg/Schaum, Tarifvertrag Versorgungsbetriebe, Neuwied/Kriftel 2001, Stand 11/2008, Kapitel B, Abschnitt 3, S. 10.1 und Hofmann, Das Tarifrecht im öffentlichen Dienst, Köln 2006, A 270, S. 7 ff.).

In der Fläche haben die Tarifparteien diese Entgeltgruppe im TV-V also nicht vereinbart. Ohne einen weiteren landesbezirklichen Tarifvertrag wird das Ziel, für ungelernte Mitarbeiter Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, die öffentliche Arbeitgeber unter Wettbewerbsbedingungen vergüten können, nicht erreicht.

Praxistipp

Ohne einen solchen ergänzenden Tarifvertrag darf der Arbeitgeber in Entgeltgruppe 1 TV-V nicht eingruppieren. Die rechtswidrige Praxis, auch ohne ergänzenden Tarifvertrag in diese Entgeltgruppe einzugruppieren, kann zu einem bösen Erwachen führen.

Eingruppierung anhand des Beispielskatalogs

Mit dem Katalog der Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L befinden sich TVöDund TV-L-Anwender zunächst in einer günstigeren Ausgangsposition. Bei seiner Anwendung und Umsetzung stecken die Tücken aber im Detail. Die Einführung des Katalogs führt bei Beschäftigten, die diese Tätigkeit in einem Arbeitsvorgang bzw. mehreren Arbeitsvorgängen zu mindestens 50 % der Gesamtarbeitszeit ausüben, zu einer Erleichterung: Eine gesonderte Prüfung, ob „einfachste Tätigkeiten“ i. S. d. Oberbegriffs vorliegen, ist nicht mehr erforderlich. Sie werden vielmehr unwiderlegbar vermutet, wenn der Mitarbeiter die im Beispiel genannte Tätigkeit auszuüben hat.

Das folgt dem eingruppierungsrechtlichen Grundsatz zum Umgang mit diesen sog. Richtbeispielen: Erfüllt die übertragene Tätigkeit die Merkmale eines Richtbeispiels, muss sie nicht mehr unter den abstrakten Oberbegriff subsumiert werden (vgl. BAG, Urt. v. 29.10.1980 – 4 AZR 750/78, AP Nr. 41 zu § 22 BAT 1975; v. 14.5.1986 – 4 AZR 134/85, AP Nr. 119 zu § 22 BAT 1975; v. 17.1.1996 – 4 AZR 662/94, AP Nr. 4 zu § 22 BAT Sparkassenangestellte; v. 13.11.1996 – 4 AZR 747/94; v. 21.8.2002 – 4 AZR 223/01, AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge Krankenkassen). Die Richtbeispiele haben vielmehr grundsätzlich Vorrang: Sie sind zunächst zu prüfen, weil mit der Bezeichnung der Tätigkeit im Beispielskatalog zum Ausdruck kommt, dass sie die Voraussetzungen der Entgeltgruppe erfüllt. Auf den Oberbegriff ist nur zurückzugreifen, wenn

  • die Beispiele ihrerseits unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, die nicht aus sich selbst heraus ausgelegt werden können, oder
  • wenn dasselbe Richtbeispiel in mehreren Entgeltgruppen auftaucht und so als Kriterium für eine bestimmte Entgeltgruppe ausscheidet

(vgl. BAG v. 8.3.2006 – 10 AZR 538/05).

Eingruppierung in Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L ohne Beispielskatalog

Für die Anwendung der Entgeltgruppe 1 ist also nur unter den Oberbegriff „einfachste Tätigkeiten“ zu subsumieren, wenn keines der genannten Beispiele die übertragenen Tätigkeiten erfasst.

Checkliste

„Einfachste Tätigkeiten“ sind vor allem durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • Die auszuübende(n) Tätigkeit(en) selbst bedarf (bedürfen) nur einer sehr kurzen Einweisung.
  • Es handelt sich im Wesentlichen um gleichförmige und gleichartige („mechanische“) Arbeiten, die nur geringster Überlegung bedürfen.
  • Sie erfordern keinerlei Vor- oder Ausbildung.
  • Es besteht eine klare Aufgabenzuweisung.
  • Die Ausübung der Tätigkeit(en) umfasst nicht einen eigenen, der Stelle direkt zugeordneten Verantwortungsbereich. Die Durchführung der Tätigkeit( en) bedarf vielmehr der Abstimmung mit anderen (höher qualifizierten) Vorarbeitern bzw. Vorgesetzten.

(vgl. BAG, Beschl. v. 29.1.2009 – 4 ABR 92/07)

Rechtsprechung

So sind auch Reinigungsarbeiten im Innenbereich unter den Oberbegriff „einfachste Tätigkeiten“ der Entgeltgruppe 1 subsumierbar. Das Fehlen im Katalog führt nicht automatisch zur Eingruppierung in Entgeltgruppe 2 TVöD/TV-L (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 3.4.2008 – 3 Sa 72/07).

Vielmehr ist zunächst zu prüfen, ob nicht die o. g. Anforderungen des abstrakten Oberbegriffs erfüllt sind. Reinigungsarbeiten im Außen- und Innenbereich sind grundsätzlich gleichwertig (siehe auch Hofmann, a. a. O., B 400, S. 2 zum TVöD). Eine Heraushebung in eine höhere Entgeltgruppe erfolgt nur für die Reinigung in anderen Bereichen (z. B. Werkstätten und Laboren), für die ein gesteigertes Maß an Geschicklichkeit oder geistiger Anstrengung notwendig ist.

Eine andere Bewertung ergibt sich nicht daraus, dass im Zusammenhang mit der Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L von einem „Ausschließlichkeitskatalog“ und nicht von Tätigkeitsbeispielen oder Beispielstätigkeiten gesprochen wird. Denn der Ausschließlichkeitskatalog wird unter den Oberbegriff „einfachste Tätigkeiten“ gestellt. Die Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L gleicht damit ihrer Struktur nach den anderen, zukünftigen Entgeltgruppen (ebenso Richter/Gamisch, Eingruppierung Tarifvertrag Versorgung, Regensburg/Berlin 2007, S. 104 f.).

„Einfachste Tätigkeit“ i. S. d. Entgeltgruppe 1

Mit dieser Systematik kann es gelingen, aus der Sicht des Arbeitgebers kostenmäßig vertretbare Eingruppierungen im Bereich der Ungelernten vorzunehmen.

Beispiel

Folgende Tätigkeiten einer Küchenhilfe in einem Krankenhaus sind als „einfachste Tätigkeit“ i. S. d. Entgeltgruppe 1 TVöD-VKA zu bewerten:

Auszuübende TätigkeitZeitanteil an der Gesamttätigkeit
a) Portionieren von Speisenzu etwa 33 %
b) Reinigen der Küchezu etwa 25 %
c) Beschicken und Entladen des Geschirrspülbandszu etwa 35 %
d) Wickeln von Besteckenzu etwa 7 %

(vgl. LAG Baden-Württemberg v. 20.6.2007 – 12 TaBV 3/07; Rechtsbeschwerde nicht zugelassen; ZTR 2007, S. 620, 621)

In seiner Entscheidung hat das LAG Baden-Württemberg (tarifwidrig) keinen Arbeitsvorgang gebildet, sondern wohl untechnisch einerseits von „Arbeitsvorgang“ und andererseits von „Arbeitsvorgängen“ gesprochen. Tatsächlich ist von vier Arbeitsvorgängen auszugehen (zur Bildung von Arbeitsvorgängen im Arbeiterbereich siehe Richter/Gamisch, RiA 2008, S. 145, 152 ff.).

Die Tätigkeit unter a) ist trotz eines erhöhten intellektuellen Aufwands eine einfachste Tätigkeit i. S. d. Entgeltgruppe 1 TVöD-VKA. Das gilt auch für die Tätigkeit zu c), bei der kein höherer Schwierigkeitsgrad zu erkennen ist. Ein Zeitdruck, der durch die Geschwindigkeit des Geschirrspülbands entsteht, führt nicht zu einer höheren körperlichen oder geistigen Anforderung an den Beschäftigten.

Wichtig

Widrige Arbeitsumstände, wie Hitze und Dampf, sind nicht eingruppierungsrelevant, sondern können lediglich im Extremfall einen Anspruch auf Zuschlag gem. § 19 TVöD/TV-L begründen. Dies gilt, soweit diese Arbeitsumstände nicht tätigkeits- bzw. berufstypisch sind und der Arbeitgeber keine ausreichenden Vorkehrungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz getroffen hat.

Bei der Tätigkeit zu c) braucht die Stelleninhaberin selber keine Hygienevorschriften beachten, weil sie die Spülmaschine nicht bedient, d. h. nicht in Gang setzen und nicht mit Spülmittel versehen muss.

Übersicht 2

Vor diesem Hintergrund sind „einfachste Tätigkeiten“ im Reinigungsbereich:

  • das Fluten von Fußböden mit durch Reinigungsmittel angereichertem Wasser mittels Schiebe- und Wischtätigkeit oder
  • die Reinigung anderer Flächen und Geräte mit anderen Lappen,
  • sofern kein Zerlegen und Reinigen von Maschinen erfolgt.

(vgl. LAG Baden-Württemberg v. 20.6.2007 – 12 TaBV 3/07; Rechtsbeschwerde nicht zugelassen; ZTR 2007, S. 620, 621)

Grenzen der Entgeltgruppe 1

Die Rechtslage ist anders, wenn der Arbeitnehmer rechtliche oder tatsächliche Vorgaben zu berücksichtigen und entsprechend umzusetzen hat, ohne dass es einer Abstimmung mit anderen (höher qualifizierten) Vorarbeitern bzw. Vorgesetzten bedarf. So sind Reinigungsarbeiten in einem Pflegeheim keine einfachsten Tätigkeiten i. S. d. Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L, sofern der Betreffende bei den Sicht- und Unterhaltsreinigungen Hygienevorschriften zu beachten hat, für die eine mehrstündige Schulung erforderlich ist. Auch wenn er auf umfangreiche Desinfektionspläne achten muss, die eine eigenständige Kontrolle der zu reinigenden Räume erfordern, schließt dies die Eingruppierung in Entgeltgruppe 1 aus (vgl. BAG v. 28.1.2009 – 4 ABR 92/07).

Arbeitgeber dürfen die Anforderungen an ihre Mitarbeiter nicht überspannen: Arbeitsaufgaben der Entgeltgruppe 1 TVöD/TV-L sind „mechanischer“ Natur, die nur geringster Überlegungen bedürfen und keine eigenen geistigen Anforderungen an den Stelleninhaber stellen. Sobald Vorschriften zu beachten sind, z. B. Prozessbeschreibungen des Qualitätsmanagements oder auch nur bestimmte Rechtsvorschriften des Arbeits- und Unfallschutzes, kann das Unternehmen nur in Entgeltgruppe 2 TVöD/TV-L eingruppieren.

Praxistipp

Bei der Übertragung von Tätigkeiten der Entgeltgruppe 1 gilt: Weniger ist mehr! So ist der Arbeitgeber faktisch auch in dieser Qualifikationsebene gezwungen, tarifkonforme Stellenbeschreibungen vorzuhalten (vgl. Richter/ Gamisch, RiA 2006, 245 ff.; Richter/Gamisch, Stellenbeschreibung für den öffentlichen und kirchlichen Dienst, Regensburg, 2. Auflage 2008, insbesondere S. 33 f.). Anderenfalls kann es zu bösen Überraschungen in der Einigungsstelle oder vor dem Arbeits- bzw. Verwaltungsgericht kommen.

Fazit

Die neue Entgeltgruppe 1 der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes unterliegt engen Grenzen: Die Leichtlohngruppe erfasst nur Arbeiten, die keine eigenen geistigen Anforderungen an den Stelleninhaber stellen und unter permanenter Anleitung von Vorabeitern bzw. Vorgesetzten erfolgen. Damit ist sie kein leichter Weg, kostengünstig Arbeiten von ungelernten Mitarbeitern verrichten zu lassen. Ob sie daher Insourcing ermöglicht, kann bezweifelt werden.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht – Personal-Profi – 6/09