BAG Urt. v. 13.12.2007 – 2 AZR 807/06 (LAG Nürnberg Urt. v. 04.04.2006 – 6 Sa 785/05)

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Foto von Benjamin Child

Der Fall: Das beklagte Unternehmen kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger betriebsbedingt. Das Kündigungsschreiben enthielt den Hinweis, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, wenn er die dreiwöchige Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstreichen lässt. Dem Kündigungsschreiben war ein handschriftlicher, nicht unterzeichneter Vermerk des Betriebsratsvorsitzenden beigefügt, demzufolge eine Abfindung in Höhe von 8.000 Euro vereinbart sei. Der Kläger ließ die Frist verstreichen und erhob keine Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber zahlte daraufhin eine Abfindung in Höhe von 8.000 €.

Der ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens forderte im Rahmen seiner Klage jedoch eine weitere Zahlung in Höhe von 4.076,16 €. Er begründete dies damit, dass ihm gemäß § 1a KSchG eine Abfindung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes je Beschäftigungsjahr zustehe.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Die Revision beim Bundesarbeitsgericht war dagegen erfolgreich: Das BAG hob die Vorentscheidungen auf und gab der Klage statt. In seiner Urteilsbegründung stützte es sich darauf, dass die Voraussetzungen für einen Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG vorliegen und das Kündigungsschreiben die darin vorgeschriebenen Hinweise enthält. Es machte deutlich, dass ein Arbeitgeber dann, wenn er eine geringere als die in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehene Abfindung zahlen will, dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss. Andernfalls hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung der fehlenden Differenz zu einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Ein nicht unterzeichneter Vermerk des Betriebsratsvorsitzenden, der dem Vertrag beiliegt, bringe nicht unmissverständlich zum Ausdruck, dass dies kein Angebot nach § 1a KSchG sein soll.

Fazit

Dieses Urteil zeigt, dass bei der Formulierung und Ausgestaltung einer Kündigung nach § 1a KSchG vor allem in Bezug auf die Abfindungshöhe besondere Sorgfalt geboten ist. In der Praxis machen bislang nur wenige Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch, eine betriebsbedingte Kündigung im Sinne des § 1a KSchG auszusprechen. In bestimmten Fällen kann es aber für den Arbeitgeber aus taktischen Gründen von Vorteil sein, eine betriebsbedingte Kündigung mit einem Abfindungsangebot zu verbinden. Dem Arbeitnehmer wird dadurch der Anreiz gegeben, nicht gerichtlich gegen die Kündigung vorzugehen. So erlangt der Arbeitgeber schneller Rechtssicherheit.

Zu beachten ist für beide Arbeitsvertragsparteien, dass der Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers nach einer weiteren Entscheidung des BAG vom 13.12.2007 (Az. 2 AZR 971/06) nur dann entstehen kann, wenn er tatsächlich die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lässt. Erhebt er eine Kündigungsschutzklage, führt auch eine spätere Klagerücknahme nicht mehr dazu, dass er rückwirkend einen Abfindungsanspruch erlangt.


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