Vorurteil: Vier-Tage-Woche funktioniere nur bei den Schreib- und Bürokräften, die sowieso tagein tagaus an ihren Laptops arbeiten. Das Handwerk, jedoch, und die Produktion könnten das nicht. Die Recherchen von Martin Gaedt ergaben ein völlig anderes Bild: Mit 151 Handwerksunternehmen konnte er sprechen, welche die Vier-Tage-Woche in ihren Betrieben umsetzten. Seine Ergebnisse fasste er in seinem Buch „4 Tage Woche: Mehr Gesundheit, Freizeit und Lebensqualität. Mehr Produktivität, Umsatz und Bewerbungen“, welches Mitte März erschien, zusammen. Was können wir von den Pionieren der Vier-Tage-Woche im deutschsprachigen Raum lernen? Mit den MitarbeiterInnen sprechen ist ein erster sinnvoller Schritt. Hier finden Sie die übrigen Hacks von Martin Gaedt zur Implementierung der Vier-Tage-Woche in Ihrem Betrieb für Sie zusammengefasst.

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Photo by Ross Findon

o Mit den MitarbeiterInnen sprechen

Gaedt berichtet aus der Unternehmenspraxis, dass auch die Belegschaft vor allem an die Zufriedenheit der KundInnen denkt, wenn die Umstellung auf die Vier-Tage-Woche auf den Tisch kommt. Wird der Service trotzdem pünktlich erbracht? Kann sich die Kundenbeziehung positiv weiterentwickeln? Hören Sie Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei ihren Bedenken zu und sammeln Sie deren Argumente. Im nächsten Schritt recherchieren Sie die offenstehenden Fragen und Lösungsansätze, um ein erneutes Gespräch unter Beachtung neugewonnenen Einsichten zu führen.

o Führen Sie eine Testphase ein: MitarbeiterInnen entscheiden, ob sie das Modell fortführen

Die Einführung der Vier-Tage-Woche sollte eine Entscheidung Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, denn es ist letztendlich ihre Lebenszeit. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer, so Gaedt, bezeichnen die Vier-Tage-Woche nicht umsonst als ein Geschenk: Es ist „die Zeit, die wir durch Veränderungen und in den Prozessen gewinnen, und den MitarbeiterInnen zurückschenken.“

o Arbeitszeiten und Modell: Unterschiedlich. Aber der Grundsatz: Der Lohn bleibt gleich und der Urlaub wird nicht beschnitten

Diese Prinzipien bleiben nach Gaedt erfahrungsgemäß unangetastet: Drei Tage Freizeit, und Lohn wie vorher! Die Vier-Tage-Woche zeichne sich gerade dadurch aus, dass immer und für alle der gleiche Lohn für weniger Arbeitszeit an vier Tagen zur Verfügung stehen muss, und die Möglichkeit des Urlaubs bleibt wie gehabt. Was jedoch die Arbeitszeiten und die Struktur der Verkürzung der Wochenstunden betrifft, so muss Ihre Fantasie nicht vor Grenzen halten machen. So gibt es in der Praxis Betriebe mit einer 35- und 32-Stunden-Woche oder auch mehrere Teams, die an unterschiedlichen Tagen arbeiten und mehrmals im Jahr rotieren.

o Produktivitätssteigerung

Erfahrungsgemäß gilt: Die Vier-Tage-Woche funktioniert gut, wo Prozesse verändert wurden. Bei der Einführung der Vier-Tage-Woche müssen Sie also erstmal als Organisation effizienter werden. Entschlacken oder streichen Sie Ihre Arbeitsprozesse, wo es Sinn macht und bieten Sie Ihren MitarbeiterInnen so die optimale Umgebung für eine produktives Arbeit.
Zum Beispiel können Sie von „Stillen Zeiten“ Gebrauch nehmen, in denen MitarbeiterInnen keine Anrufe oder Mails beantworten müssen, um sich voll und ganz auf ihre Arbeit zu fokussieren. Kreativität und Innovationsdenken kennt an dieser Stelle keine Grenzen.

o Kommunizieren Sie es der Kundschaft – Fördern Sie Ihren Ruf!

Machen wir uns nicht vor: Die Vier-Tage-woche in Ihrem Unternehmen wird Ihre Kundenbeziehungen verändern. Aber muss es denn zum negativen sein? Nicht alle Kundinnen und Kunden erwarten eine Dienstleistung zu einem bestimmten Tag. Im Gegenteil – hre Umstellung auf die Vier-Tage-Woche kann Sie als Unternehmen sogar ihre Beliebtheit unter den KundInnen und Stakeholdern steigern, denn sie zeigt, wie innovativ, flexibel und mitarbeiterInnenfreundlich und geschlechtergerecht Ihr Unternehmen agiert.

o Vollzeit neudefinieren

Stichwort Geschlechtergerechtigkeit: Teilzeitarbeit ist in Deutschland weiblich geprägt. Laut dem Statistischen Bundesamt (2021) sind 79 % aller Teilzeitbeschäftigten Frauen. Deren Teilzeitquote liegt bei 49 %, die der Männer liegt bei 12,2 %.
Mithilfe der Umstellung auf Vier-Tage-Woche ändert sich das wöchentliche Arbeitspensum in Stunden – aus 40 Std. werden 35,32 oder 30. Dieses Modell bietet Frauen in der Teilzeitfalle, welche nicht auf volle 40 Stunden gehen können, trotzdem in Vollzeit zu arbeiten. Gleichzeitig ist dieses Modell auch für die Männer familienfreundlich, denn diese könnten durch die reduzierten Arbeitsstunden ihren Partnerinnen bei familiären Verpflichtungen den Rücken freihalten.
Die tatsächliche Reduzierung der Stunden innerhalb der Vollzeit-Woche muss allerdings diejenigen, die sie nicht wollen, nicht davon abhalten, mehr zu arbeiten. Hier schlägt Gaedt ein Vollzeit+-Modell vor: Wir schneiden nicht von der Vollzeit ab, sondern wir definieren die Vollzeit neu. Und wer mehr arbeiten möchte, kriegt Vollzeit+ – und arbeitet weiterhin seine 40 Stunden wöchentlich für das entsprechend faire Gehalt.

o Einfach machen!

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