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Foto von Dane Deaner

[EXKURS]

Aktuell zeichnen sich in der Praxis stellenweise Fehlentwicklungen in der Personalpolitik ab, die daraus entstehen, dass Unternehmen ihre Personalstrategien zu wenig auf die Lebensphasen von Mitarbeitenden zuschneiden. Und das hat gesellschaftliche, wirtschaftliche und personale Konsequenzen. Dazu drei Thesen:

These 1: Wenn jüngere Menschen darin bestätigt werden, über einen langen Zeitraum mit maximalem Einsatz das Beste von sich zu geben und sich ausschliesslich mit ihren Erfolgen zu identifizieren, wird es ihnen schwer fallen, sich familiäre Strukturen zu schaffen. Die bittere Quittung dafür tragen später sie, die Wirtschaft und die Gesellschaft.

These 2: Auch Menschen mittleren Alters können vorzeitig erkranken, trotz Spitzenmedizin. Die High-Speed-Kultur unserer Gesellschaft trägt dazu bei. Wenn Beschäftigte nicht in diesem Bewusstsein gebildet werden, verlieren sie im Ernstfall – sie selbst oder Angehörige erkranken – den Anschluss im Beruf. Die Fähigkeit zur Gesunderhaltung und das Wissen um Orientierung und Anlaufstellen müssen gefördert werden.

These 3: Für ältere Beschäftigte gibt es zu wenige ihrem Alter entsprechende Bildungsangebote und pädagogische Methoden. Hochrangige Abschlüsse und Zertifikate spielen eine untergeordnete Rolle. Ältere möchten ihre Erfahrungen austauschen und Lerninhalte an diese anknüpfen.

Aus der Kombination der Zeitstrahlen ergeben sich notwendige und zum Teil inspirierende Fragen für die Personaleinsatzplanung und Personalpolitik:

– Wie lässt sich ein Mitarbeiter in einer Aufschwung-Phase motivieren, der sich lebenstechnisch in einer Konsolidierungsphase befindet und auf Absicherung Wert legt?

– Wie stellt das HRM in einer Aufschwung-Phase sicher, dass Berufseinsteigern nötige Entwicklungs-freiheiten gewährt werden, ohne vom aufkommenden Planungs- und Kontrollsystem allzu sehr eingeengt zu werden?

– Wie ist in einer Wendephase zu verhindern, dass Mitarbeiter in einer persönlichen Übergangsphase zur Pension die Unternehmenssituation zum Anlass nehmen und innerlich kündigen?

– Wie kann das HRM in einer Gründungphase attraktive Mitarbeiter optimal aufnehmen, die sich selbst in einer Familiengründungphase befinden?

– Wie gelingt es in einer Gründungphase Mitarbeiter zu gewinnen und zu begeistern, die sich im zweiten Lebensabschnitt befinden und verlässliche Strukturen vorfinden möchten?

– Wie gelingt es in einer Wendephase, Mitarbeitern zu vermitteln, dass das Unternehmen ihre Berufswege berücksichtigt, wenn sich diese Mitarbeiter in einer Konsolidierungs- und Berufsstart-Zeit befinden?

Pauschale Antworten auf diese und weitere Fragen sind kaum möglich, weil die Zugänge zur Unternehmens- und HR-Gestaltung in der Praxis sehr verschieden sind. Es ist aber hilfreich, sich einzelne Aspekte vor Augen zu führen, um nach beiden Seiten hin – Mitarbeiter wie Geschäftsleitungen betreffend – kompetent und achtsam zu agieren.

ZUM AUTOR: Sie wollen Matthias Mölleney persönlich erleben und zum Thema mitdiskutieren? Auf der Personal Swiss (Messe Zürich – 09./10. April 2013) ist er mit einem Vortrag vertreten:
http://www.personal-swiss.ch/content/programm/praxisforum/praxisforum_2/index_ger.html

 

 

Fotocredit:
Wilhelmine Wulff (1) / www.pixelio.de
Gerd Altmann (2) /  www.pixelio.de

Jede Lebensphase bringt eigene Aufgaben und löst unterschiedliche Interessen aus. Junge Menschen, die in den Beruf einsteigen und sich etwas aufbauen wollen, möchten sich heutzutage im Job wohl fühlen. Arbeit und Privatzeit trennen sie nicht mehr so strikt wie noch ihre Eltern. Das Handy ist auch am Sonntag beim Brunch mit Freunden für berufliche Anrufe eingeschaltet. Dafür aber sollen die Aufgaben dem persönlichen Wohlfühlen des Einzelnen Rechnung tragen, sie sollten spannend sein und Spass bringen. Der Arbeitgeber wird sorgsam ausgesucht. Viele Berufseinsteiger befürchten, an die falsche Adresse zu geraten, die ihnen gute Jobaussichten verstellt. Fühlen sich diese Menschen wirklich wohl und können sie sich im Beruf selbst verwirklichen, können sie sich eher vorstellen, eine Familiengründung aufzuschieben. Gesellschaftlich problematisch ist es allerdings, dass stark auf den Job fokussierte Menschen Freundschaften, Partnerschaften und Ehen aufs Spiel setzen. Für einige bedeutet das sogar, selbst nie eine eigene Familie zu starten.

„Wie kann Arbeit so organisiert werden,
dass die Ansprüche der Arbeitgeber und
der Familien erfüllt werden?“

Ist die Familie erst einmal gegründet, verändert das bei vielen Mitarbeitenden – selbst nach langen Jahren der Berufstätigkeit und viel Spass an neuen Herausforderungen – die Perspektive aufs Leben. War es zuvor wichtig, welche Weiterbildung oder welche Aufgabe zur eigenen Entwicklung beitragen, so gilt die Konzentration nun dem Kind und der Frage, welche Arbeitszeitmodelle sich eignen, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Wie kann Arbeit so organisiert werden, dass die Ansprüche des Arbeitgebers und der Familie erfüllt werden?

Dieser Phase folgt eine weitere, etwas diffusere. Die Belastung durch Familie und Beruf steigt. Die Kinder wachsen, im Job stehen unter Umständen immer verantwortungsvollere Aufgaben an. In dieser Situation erwarten sich viele Beschäftigte vor allem einen angemessenen Lohn. Dieser soll das Privatleben gut absichern, denn mitunter wurden unter Zukunftsaspekten Verbindlichkeiten geschaffen, beispielsweise mit dem Kauf einer Wohnung oder dem Bau eines Hauses. Das Leben wird nun insgesamt weniger experimentell gestaltet, es geht um bleibende Werte. Mitarbeiter werden in der Regel anspruchsvoller.

In der vorletzten Phase bereiten sich Beschäftigte langsam auf ihren Übergang in die Pension vor. Sie müssen sich entscheiden, wie sie ihre Zukunft gestalten wollen und wann es für sie der richtige Zeitpunkt ist, um sich aus dem Beruf zu verabschieden. Bei vielen sind die Kinder schon aus dem Haus, doch es sind nun anstelle dieser auch teilweise die eigenen Eltern zu versorgen, die Pflege brauchen. Im endgültigen Berufsausstieg finden alle Phasen ihren Abschluss.

Wer ein Unternehmen gründet, fängt oft buchstäblich auf der grünen Wiese an. Eine Idee soll Beschäftigung, Umsatz und einen Gesellschaftsbeitrag generieren. Bis es soweit ist, muss innerhalb der Gründungsphase viel Überzeugungs- und Kooperationsarbeit geleistet werden. Ausloten, verankern, entwickeln – das sind die Gebote der ersten Stunde. Je nach Budget und Aufwand wird vorsichtig Personal rekrutiert und angestellt. Ist diese Phase abgeschlossen, folgt die zweite Phase des Wachstums. Hier geht es darum, erste Erfolge im Produktmarkt zu erzielen, den Umsatz rasch zu steigern, eine grössere Anzahl Mitarbeitender zu rekrutieren und eine funktionale Organisation aufzubauen. In einem dritten Schritt – der Reifephase – müssen Umsätze stabilisiert werden.

Oft fällt nämlich der Grad der Innovationsfähigkeit eines Unternehmens mit seiner Konsolidierung im Markt. Und mit dieser wächst die Gefahr eines Überhanges an Bürokratie.In der vierten Phase, dem Aufschwung, versucht das Unternehmen einen neuen Anlauf zu nehmen, um sich zu wandeln und im Markt attraktiv zu bleiben. Die Stichworte dazu sind „Diversifikation“ und „Expansion inandere Märkte“. Um dies zu tragen, werden oft divisionale Strukturen – also zum Beispiel eigenständige Profit Center – gegründet; was gleichzeitig ein starkes Kontroll- und Planungssystem auf den Plan ruft. Die fünfte Phase steht unter dem Motto des Abschwungs und der Notwendigkeit eines Turnarounds. Das Unternehmen trägt sich weniger gut, das heisst, die Rentabilität nimmt ab. Das führt zu Schwierigkeiten mit verschiedenen Stakeholdern. Wenn es in der Führung in dieser Phase gelingt, eine neue Vision zu entwickeln und zum Leben zu erwecken, kann ein Turnaround gelingen. Ansonsten kommt es zum Ausscheiden aus dem Markt.