Wenn über Vereinbarkeit im Arbeitskontext gesprochen wird, liegt der Fokus häufig auf der frühkindlichen Betreuung: Elternzeit, Krippenplätze, Rückkehrmodelle. Diese Phase ist zweifellos relevant – doch sie ist nicht die einzige. Mit dem Eintritt in die Schulzeit beginnt eine neue Form der Verantwortung, die in vielen Personalstrategien bislang kaum berücksichtigt wird: die Bildungsbegleitung.
Darunter fällt nicht nur die Organisation von Betreuung, sondern vor allem die fachliche und emotionale Begleitung schulischer Anforderungen: Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitung, Strukturierung von Lernprozessen, der Umgang mit fehlender Motivation, Mediennutzung, schulischen Konflikten.
Diese Aufgaben liegen fast ausschließlich im Elternhaus – und sie beginnen dann, wenn die Erwerbsarbeit endet. Für viele berufstätige Eltern entsteht dadurch eine zusätzliche Belastung, die weder privat noch beruflich kompensiert wird. Genau hier liegt ein strukturell unterschätzter Einflussfaktor auf Zufriedenheit, Leistungsfähigkeit und langfristige Bindung von Mitarbeitenden.
Bildungsbegleitung als Retention-Faktor
Die Relevanz für Unternehmen ergibt sich nicht allein aus der sozialen Verantwortung gegenüber Familien, sondern aus ganz konkreten Effekten auf das Arbeitsverhältnis:
– Emotionale Erschöpfung
– Zeitliche Verdichtung
– Mentale Präsenz
– Karriereentscheidungen
All das sind Faktoren, die Retention direkt beeinflussen. Vor allem: Das betrifft meist Mitarbeitende zwischen 35-55 Jahren – die Lebensjahre, in denen Menschen besonders viel leisten und mit ihrer Erfahrung viel zum Unternehmenserfolg beitragen. Dennoch fehlt Bildungsbegleitung in vielen HR-Modellen, wenn es um lebensphasenorientierte Maßnahmen geht.
Was die Daten zeigen
Dass Bildungsbegleitung ein relevanter Faktor für Mitarbeiterbindung ist, lässt sich nicht nur aus Einzelfällen ableiten – sondern lässt sich empirisch belegen. Zwei Prognos-Studien geben hierfür eine belastbare Grundlage:
1. Erheblicher Umfang an ungenutztem Arbeitskraftpotenzial
Laut Prognos 2022 könnte die Arbeitszeit vieler Mütter deutlich steigen – wenn sie Vereinbarkeit realisieren könnten, wie es ihrem Wunsch und ihrer Qualifikation entspricht:
→ 840.000 Vollzeitstellen ließen sich auf diese Weise aktivieren.
Besonders auffällig: Auch bei Müttern mit älteren Kindern (bis 15 Jahre) arbeitet etwa ein Drittel in weniger als 20 Wochenstunden – trotz potenziell besserer Betreuungsbedingungen. Der Grund ist selten mangelnde Motivation – sondern die strukturelle Überforderung durch Anforderungen im schulischen Alltag ihrer Kinder.
2. Hoher Bedarf an Flexibilität – bei gleichzeitigem Wunsch nach Planbarkeit
Die Prognos-Attraktivitätsstudie 2024 zeigt ein differenziertes Bild der Anforderungen:
– 80 % der Beschäftigten mit familiären Verpflichtungen wünschen sich flexible Auszeiten und Unterbrechungen.
– 42 % bevorzugen flexible Modelle,
– 21 % hingegen setzen auf verlässliche Planbarkeit.
Das bedeutet: Vereinbarkeit darf nicht als Einheitslösung gedacht werden – sondern muss situativ und phasengerecht gestaltet sein.
3. Direkter Zusammenhang mit Retention
Auch hinsichtlich der Mitarbeiterbindung zeigen sich deutliche Effekte:
– 42 % der Beschäftigten ziehen einen Jobwechsel in Betracht, wenn ihre Vereinbarkeitsbedarfe nicht ernst genommen werden.
– Unternehmen, die als wenig familienfreundlich wahrgenommen werden, weisen laut Prognos eine bis zu 10 % höhere Fluktuation auf.
Diese Zahlen machen deutlich: Bildungsbegleitung ist kein Nebenschauplatz – sondern ein handfester Hebel für Retention, der bislang in vielen Organisationen unterschätzt wird.
Retention beginnt mit Anerkennung von Realität
Eine zentrale Erkenntnis lautet: Retention ist kein Bonus, sondern das Ergebnis einer strukturell sensiblen Unternehmenskultur.
Wer Bildungsbegleitung als Teil moderner Vereinbarkeitsstrategien versteht, zeigt Beschäftigten:
„Wir sehen, was Sie tragen – auch jenseits des Jobs. Und wir gestalten Bedingungen, die das berücksichtigen.“
Das hat Signalwirkung – intern wie extern. Es erhöht die emotionale Bindung, reduziert Fluktuation und stärkt die Arbeitgebermarke.
Praxisbeispiel: Lunch & Learn-Impulse als niedrigschwelliger Einstieg
Das HR-Tech-Unternehmen cleverly bietet mit seinem Format „Lunch & Learn“ ein Beispiel dafür, wie Unternehmen Bildungsbegleitung niedrigschwellig und mit geringem budgetären Aufwand in den Arbeitsalltag integrieren können:
– Kurzformate von 45 Minuten, eingebettet in die Mittagspause
– Inhalte rund um Lernmotivation, Hausaufgabenstrukturen, Medienkompetenz, Prüfungsvorbereitung
– Moderation durch erfahrene Lernexpert:innen
– Ziel: Impulse zur Entlastung, nicht zusätzliche To-dos
Für Arbeitgeber bedeutet das: geringe Implementierungshürden, aber hoher Symbolwert – und das in einem Bereich, der bislang wenig Beachtung findet.
Fazit
Die Lebensphase „Schule“ ist in der Arbeitswelt angekommen. Unternehmen, die Bildungsbegleitung in ihre Retention-Strategie integrieren, agieren nicht aus Nettigkeit – sondern aus Weitsicht. Nicht zuletzt, weil Bildungsbegleitung ein Querschnittsthema ist und neben der Mitarbeiterbindung auch ein wichtiger Faktor für Nachhaltigkeit, Mental Health, Diversität und Female Empowerment und zukünftige Mitarbeitergewinnung ist.
Wer Mitarbeitenden auch in dieser Lebensphase das Gefühl gibt, gesehen und unterstützt zu werden, schafft ein starkes Fundament für Loyalität, Engagement und langfristige Zusammenarbeit.
Nächster Schritt: Retention strukturiert denken
Wie steht es um Ihre Mitarbeiterbindung in der Schulzeitphase?
Welche Angebote sind konkret verankert?
Wie sichtbar ist Ihre Vereinbarkeitsstrategie intern?
Wenn Sie diesen Fragen mit mehr Struktur begegnen möchten, ist jetzt der richtige Zeitpunkt: mit einem Live-Einblick ins Lunch & Learn-Angebot – oder einem Erstgespräch mit dem Team von cleverly.
Kontakt: katharina.wirtz@cleverly.de
Website: www.cleverly.de













