Es gibt verschiedene Konstellationen, in denen die
Betriebszugehörigkeit von erheblicher Bedeutung ist:

group of people huddling
Foto von Perry Grone

1. Länge der Kündigungsfrist
Richtet sich die Länge der Kündigungsfrist nach dem Gesetz (§ 622 BGB), was immer dann der Fall ist, wenn Sie im Vertrag nichts Günstigeres geregelt haben oder dort auf das Gesetz verwiesen wird, so kommt es für die Länge der Kündigungsfrist auf die Betriebszugehörigkeit (BZG) des betreffenden Arbeitnehmers an.

In den ersten zwei Jahren gilt eine Frist von 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende; nach 2 Jahren gilt eine Frist von 1 Monat zum Monatsende. Diese Frist verlängert sich nach 5 Jahren auf 2 Monate, nach 8 Jahren auf 3 Monate, nach 10 Jahren auf 4 Monate, nach 12 Jahren auf 5, nach 15 Jahren auf 6 und nach 20 Jahren auf 7 Monate.

Findet ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, so richtet sich auch dort die Länge der Kündigungsfrist nach der BZG.

Immer wieder taucht die Frage auf, ob Vorbeschäftigungen (vor dem aktuellen Arbeitsverhältnis) zur BZG zu addieren sind, mit der Folge, dass sich die Kündigungsfrist ggf. verlängert. Hier ist zu differenzieren:

Gab es zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen eine Unterbrechung, so ist die BZG des früheren Arbeitsverhältnisses nur anzurechnen, wenn zwischen den beiden Verträgen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Dies ist bei einer Unterbrechung von wenigen Tagen regelmäßig der Fall. Je länger die zeitliche Unterbrechung ist, desto gewichtiger müssen die sachlichen Gründe sein, die für einen Zusammenhang sprechen. Letztlich kommt es hier jeweils auf den Einzelfall an.

Berufsausbildungen, die nahtlos in ein Arbeitsverhältnis übergehen sind als BZG zu berücksichtigen. Keine Berücksichtigung finden jedoch Zeiten als freier Mitarbeiter, Leiharbeitnehmer oder als Praktikant. Allerdings ist in diesen Situationen genau zu prüfen, ob der Arbeitnehmer früher z.B. tatsächlich ein freier Mitarbeiter war, oder ob es sich tatsächlich rechtlich um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat, es aber aus sozialrechtlichen oder anderen Gründen schlicht anders bezeichnet worden ist.

2. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) findet Anwendung, wenn die sogenannte Wartezeit von 6 Monaten abgelaufen ist, d.h. das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat.

Auch bei der Wartezeit sind Ausbildungen, die nahtlos in ein Arbeitsverhältnis übergehen zu berücksichtigen. Bezüglich Vorbeschäftigungen mit Unterbrechungen s.o. 1..

Für die Berechnung der Frist ist der Zugang der Kündigung maßgeblich. Wird ein Arbeitnehmer also mit Schreiben vom 30.06., am letzten Tag der Wartezeit gekündigt, geht ihm das Schreiben jedoch erst am 01.07. zu, so fällt er in den Anwendungsbereiches des KSchG, was bedeutet, dass der Arbeitgeber nur (erfolgreich) kündigen kann, wenn ein Kündigungsgrund im Sinne dieses Gesetzes gegeben ist.

3. Höhe der Abfindung
Bei der Berechnung der sogenannten Regelabfindung wird regelmäßig die BZG mit einem halben Bruttomonatsgehalt multipliziert. In der Berechnung und Verhandlung über eine Abfindung sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar frei, richten Sie sich jedoch auf die Argumentation ein, dass ein Ausbildungsverhältnis bei der Berechnung der BZG hinzuzurechnen ist.

Löst das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis eines leitenden Angestellten gegen Zahlung einer Abfindung auf, so ist das BAG der Auffassung, dass eine Ausbildung in diesem Fall zur BZG hinzuzuaddieren ist.

4. Sozialauswahl
Bei der Sozialauswahl im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung ist neben dem Alter, den Unterhaltsverpflichtungen sowie einer eventuellen Schwerbehinderung auch die BZG zu berücksichtigen.

Zeiten der Berufsausbildung sind hierbei zu berücksichtigen. Werden hier Fehler gemacht und z.B. eine Ausbildung nicht berücksichtigt, so kann dies zur Unwirksamkeit der Kündigung führen und erhebliche finanzielle Konsequenzen haben.

Dr. Alexander Scharf
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Scharf & Wolter
Hamburg-Eppendorf & Hamburg-Barmbek
as@scharf-und-wolter.de