Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darf bei der Ausschreibung nicht gegen einen Diskriminierungstatbestand verstoßen werden. Damit wird das bislang in § 611b BGB geregelte Verbot der geschlechtsspezifischen Ausschreibung sprachlich gestrafft und auf die in § 1 AGG genannten Merkmale erweitert. Es darf nicht angeknüpft werden an: Geschlecht, sexuelle Identität, Rasse, ethnische Herkunft, Religion, Weltanschauung, Alter und Behinderung. Mit Stellenausschreibung ist nicht nur die Anzeige in der Presse gemeint. Vielmehr fallen darunter auch sonstige Verbreitungen, wie zum Beispiel die Stellenmitteilung an die Agentur für Arbeit oder an eine Personalberatungsfirma. Auch die interne Ausschreibung ist hiervon umfasst, sodass auch beschäftigte Arbeitnehmer im Falle eines Verstoßes Ansprüche stellen können. Keine Stellenausschreibung ist jedoch die gezielt an eine einzelne Person gerichtete Aufforderung zur Bewerbung.

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Foto von Adolfo Félix

Ein Diskriminierungsaspekt reicht

Die Stellenbeschreibung darf weder unmittelbar noch mittelbar an ein Benachteiligungsmerkmal der in § 1 AGG aufgeführten Tatbestände anknüpfen. Ausreichend ist, wenn von mehreren Punkten des in der Stellenausschreibung genannten Anforderungsprofils nur einer an ein Benachteiligungsmerkmal anknüpft. Das korrespondiert mit der Rechtsprechung des BAG, wonach es ausreicht, wenn eine einschlägige Benachteiligung eine von mehreren Aspekten in einem Motivbündel ist. Es ist daher darauf zu achten, dass die Stellenbeschreibung durchgängig „merkmalsneutral“ bleibt. Die in § 1 AGG genannten Gesichtspunkte dürfen nicht zur Grundlage für Entscheidungen im späteren Einstellungsverfahren gemacht werden, sofern nicht die Ungleichbehandlung gemäß §§ 8 bis 10 AGG erlaubt ist. Zudem dürfen Bewerber – sofern es sich nicht aus § 5 AGG rechtfertigen lässt – nicht aus Gründen des § 1 AGG bevorzugt werden. Es ist somit im gesamten Bewerbungsverfahren darauf zu achten, dass die Merkmale des § 1 AGG nicht für die Entscheidung herangezogen werden. Hinweis der Redaktion: Was im Detail bei den einzelnen Diskriminierungstatbeständen zu beachten ist, lesen Sie in der nächsten Folge unserer AGG-Serie.

Überwachungspflicht ist zu beachten

Den Arbeitgeber können die Konsequenzen einer nicht ordnungsgemäßen Arbeitsplatzausschreibung auch treffen, wenn er sich Dritter – einer Personalberatung oder der Agentur für Arbeit – bedient. In diesem Falle ist er verpflichtet, das Verfahren zu überwachen. Bei Einschaltung der Agentur für Arbeit heißt dies, dass der Arbeitgeber nachweisbar die der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Arbeitsplatzausschreibung der Agentur für Arbeit überprüfen muss. Schaltet er eine Personalberatung ein, sollte der Arbeitgeber sich von dieser die vorgesehene Stellenausschreibung und gegebenenfalls die Auswahlkriterien vorlegen lassen.

Rechtsfolgen bei einem Verstoß

Eine unmittelbare Rechtsfolge im Falle des Verstoßes gegen § 11 AGG enthält das AGG zwar nicht. Es ist aber die zu § 611a und b BGB ergangene Rechtsprechung übertragbar. Erfolgt insbesondere die Arbeitsplatzausschreibung unter Verstoß gegen die benachteiligungsfreie Ausschreibungspflicht aus § 11 AGG, so handelt es sich um eine Indiztatsache, die eine Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG gemäß § 22 AGG vermuten lässt. Die Vermutung kann nur in engen Grenzen widerlegt werden, zum Beispiel wenn plausibel gemacht werden kann, dass es sich um einen Schreibfehler handelt und ein Bewerber des ausdrücklich nicht genannten Geschlechts beziehungsweise der angeblich diskriminierten Gruppe eingestellt worden ist. Ein Nachschieben von Gründen ist jedoch in der Regel nicht möglich. Gleiches gilt, wenn AGG-Verstöße während des Auswahlverfahrens bewiesen werden können, die eine Benachteiligung vermuten lassen.

Betriebsrat kann blockieren

Zu beachten ist zudem, dass eine innerbetriebliche Ausschreibung die gegen § 11 AGG verstößt, betriebsverfassungsrechtlich wie nicht erfolgt angesehen wird. Der Betriebsrat ist daher berechtigt, die Zustimmung zu einer Einstellung wegen unterbliebener innerbetrieblicher Ausschreibung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 5 in Verbindung mit § 93 BetrVG zu verweigern. Besteht keine Verpflichtung zur innerbetrieblichen Ausschreibung und hat der Arbeitgeber die öffentliche Ausschreibung des Arbeitsplatzes unter Verstoß gegen § 11 AGG durchgeführt, so berechtigt dies allein den Betriebsrat aber nicht, der Einstellung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG zu widersprechen. Die Einstellung als solche verstößt nicht gegen ein Gesetz, da auch der tatsächlich benachteiligte Bewerber gemäß § 15 Abs. 6 AGG keinen Anspruch auf Begründung des Beschäftigungsverhältnisses hätte. Auch weitere Tatbestände des § 99 Abs. 2 BetrVG finden keine Anwendung. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Ausschreibung nicht mit dem Antrag nach § 99 BetrVG übermittelt.

Zwang zu Strukturierung

Bei der Formulierung der Arbeitsplatzbeschreibung ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Dies kann man jedoch auch als Chance verstehen. Der Arbeitgeber ist gehalten, vor Ausschreibung einer zu besetzenden Stelle die objektiven und subjektiven Kriterien, die der Besetzer der Stelle erfüllen soll, ohne Ansehung einer Person zu formulieren. Dies muss ausführlich und strukturiert geschehen. Es kann nicht häufig genug betont werden, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Fehler in der Arbeitsplatzausschreibung, die zur Vermutung einer Benachteiligung führen, später durch Nachschieben von Gründen kaum geheilt werden können.

So sollten Sie vorgehen

Der erste Teil eines Auswahlverfahrens sollte nach einem vorgegebenen Schema durchgeführt werden. Dazu sollten objektive und subjektive Auswahlkriterien vorab definiert werden. Sie sind den verschiedenen Phasen des Auswahlprozesses zuzuordnen. Dabei werden die objektiven formellen und die objektiven materiellen Auswahlkriterien in erster Linie im Vorauswahlverfahren eine Rolle spielen.

Schritt 1

Unter objektiv formellen Kriterien sind zum Beispiel die Richtigkeit und Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen zu verstehen.

Schritt 2

Ein subjektiv formelles Kriterium ist unter anderem der Gesichtspunkt ansprechender Bewerbungsunterlagen.

Schritt 3

Hiergegen stellen objektive materielle Auswahlkriterien die harten Fakten einer Bewerbung dar, wie: Ausbildung (zum Beispiel Bankkaufmann/frau), Zusatzausbildung (zum Beispiel Jurist/ in mit Vorbildung als Bankkaufmann/ frau), weitere Qualifikationen (zum Beispiel SAP-Kenntnisse oder sonstige EDV-Kenntnisse, Sprachkenntnisse), Grad der Berufserfahrung (zum Beispiel mehrjährige Erfahrung in der für den Arbeitsplatz maßgebenden Tätigkeit oder zusätzliche Erfahrungen in anderen Tätigkeitsbereichen, wie zum Beispiel Jurist/in mit Schwerpunkt auf Vertragsrecht, erste Erfahrungen im gewerblichen Rechtsschutz).

Schritt 4

Subjektive materielle Auswahlkriterien, auch weiche Fakten genannt, sind Kommunikationsfähigkeit, sympathisches und selbstbewusstes Auftreten, eine schnelle Auffassungsgabe, Spontaneität, Eloquenz, Sicherheit im Gespräch, gute Körpersprache, Fingerspitzengefühl/ Sensibilität.

Das Vorstellungsgespräch

Die Schritte 1 bis 3 dienen dazu, eine kleine Gruppe von Kandidaten für die Vorstellungsgespräche zu finden, die nach diesen Kriterien weitgehend gleich gut beurteilt werden. In den Vorstellungsgesprächen werden für die Entscheidung dann im Wesentlichen die subjektiven materiellen Auswahlkriterien zum Tragen kommen. Die Stellenausschreibung sollte die wesentlichen Grundvoraussetzungen für die zu besetzende Stelle nennen. Sie muss aber keinesfalls alle im Auswahlverfahren in Betracht kommenden Kriterien erfassen. Damit die Arbeitsplatzausschreibungen von ihrem Umfang her nicht „explodieren“ haben die Unternehmen nach wie vor einen Spielraum, Kritereien außerhalb der Ausschreibung selbst festzulegen. Die Auswahl sollte in allen Stadien begründet werden können. Der Arbeitgeber muss in der Lage sein, im Streitfall zu beweisen, dass er das Auswahlverfahren benachteiligungsfrei durchgeführt hat. Da nicht absehbar ist, welche Anforderungen die Arbeitsgerichte an die bei ihnen zu begründende Überzeugung stellen werden, empfiehlt es sich bis gesicherte Rechtsprechung vorliegt, eine lückenlose Dokumentation des Auswahlverfahrens zu gewährleisten. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass der Arbeitgeber bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Inanspruchnahme nicht mehr möglich ist, die Bewerbungsunterlagen vorhalten muss.

Zweimonatsfrist beachten

Die Bewerber können Entschädigungsansprüche innerhalb einer Frist von zwei Monaten, beginnend mit dem Zugang der Ablehnung geltend machen. Der Arbeitgeber kann somit, wenn er sichergehen will, auf die Bewerbungsunterlagen erst dann verzichten, wenn die letzte Absage dem Bewerber zwei Monate zuvor zugegangen ist. Machen abgelehnte Bewerber Ansprüche geltend, so müssen die Unterlagen für die Dauer des arbeitsgerichtlichen Verfahrens bereitgehalten werden. Hier kann es deswegen zu Problemen kommen, weil der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres berechtigt ist, die Bewerbungsunterlagen abgelehnter Bewerber so lange zu behalten. Er ist vielmehr grundsätzlich verpflichtet, diese nach Ablehnung in einem angemessenen Zeitraum zurückzusenden. Abgelehnte Bewerber könnten somit auf den Gedanken kommen, auf Herausgabe ihrer Bewerbungsunterlagen zu klagen. Gegebenenfalls müsste der Arbeitgeber sich von den Bewerbungsunterlagen Bewerbungsunterlagen Kopien machen. Das ist jedoch nur mit Zustimmung der Bewerber zulässig. Die Zustimmung zur Fristwahrung oder der Erstellung von Kopien kann sich der Arbeitgeber aber dadurch einholen, dass er in der Stellenausschreibung darauf hinweist, dass die Zustimmung mit der Einsendung der Unterlagen als erteilt gilt. Zu beachten ist letztlich, dass der Arbeitgeber den Zugang der Bewerbungsunterlagen nach Rücksendung an den abgelehnten Bewerber beweisen können muss. Formelle Zustellungen in jedem Einzelfall wären sehr teuer. Zumindest sollte eine Liste geführt werden, aus der sich ergibt, wann die Unterlagen zur Post gegeben worden sind.