Es stellt sich die Frage auf welcher Basis die entscheiden, die fürs Entscheiden bezahlt werden? Die Basis sieht wohl so aus, dass man ein Entscheider-Typ sein muss, quasi ein Naturtalent in Sachen Entscheidung. Offensichtlich sind diese Entscheider-Typen mit einem seltenen Gen ausgestattet – dem Entscheider-Gen. Das muss es wohl sein, was sie automatisch zu hoch bezahlten Führungskräften macht. Und es spricht sie offensichtlich von jeglicher Rechtfertigung ihres Tuns frei.

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Foto von Tetiana SHYSHKINA

Das Entscheider-Gen äußert sich durch heroische Alleingänge, wenn im Unternehmen Entscheidungen anstehen. Und es übergeht, dass Mitarbeiter verärgert sind, wenn sie mit unverständlichen Entscheidungen ihrer Vorgesetzten zurechtkommen müssen. Unverständlich deshalb, weil ihrer Ansicht nach eine andere Lösung wahrscheinlich vernünftiger für die Arbeitsabläufe im Unternehmen gewesen wäre. Wenn man gewusst hätte, welche anstehenden Entscheidungen im Kopf des Chefs heranreifen, hätte man vielleicht noch seinen Senf dazu geben können. Wahrscheinlich hat der Boss seine Leute gerade deshalb nicht gefragt.

Wer sich als geborener Entscheider sieht, trifft seine Entscheidungen gerne alleine und gerne auf die altbewährte Methode: Die einen schreiben eine Pro und Contra Liste, die anderen entscheiden schlicht aus dem Bauch heraus. Manch einer führt vielleicht zur eigenen Absicherung oder Beruhigung noch Berechnungen durch.

Mitarbeiter demotivieren

Klar ist, dass jeder auf die eigene Art und jeder bei sich selbst entscheidet. Das bedeutet aber zugleich, dass der Bedarf nach Rechtfertigung der allein getroffenen Entscheidungen steigt. Nicht, dass diese Vorgangsweise grundsätzlich falsch ist. Aber sie ist verbesserungsfähig – denn sie muss kommuniziert werden, ohne dass Kollegen und Mitarbeiter demotiviert werden.

Jede Führungskraft weiß, welche Vorund Nachteile einsame Entscheidungen einerseits und offen geführte Entscheidungsprozesse andererseits haben. Denn offen meint auch: offen im Hinblick auf das Ergebnis. Das macht Arbeit. Auch darum entscheiden sich die Meisten für die Variante der einsamen Entscheidung. Lieber mit Frust und Unverständnis leben, als endlose Diskussionen über sich ergehen lassen.

Diese Basisentscheidung geht ziemlich oft nach hinten los. Wenn der Frust bei den Kollegen und zu Beteiligenden so richtig tief sitzt, werden sie wohl nicht bestrebt sein den Plan des Chefs nach Kräften umzusetzen – sie machen schlichtweg nicht mit.

Kompetent entscheiden

Es gibt aber zum Glück eine zweite Variante: Wer das ominöse Entscheider- Gen nicht mitbringt, kann trotzdem eine gute Führungskraft sein – und hervorragende Entscheidungen fällen: Es kommt nämlich vielmehr auf Übung und methodisches Handwerks- und Rüstzeug an. Entscheidungen in Unternehmen sind zumeist sowohl fachlich, als auch in sozialer Hinsicht komplex. Aber durch vernünftige Beteiligung und durch ein strukturiertes Vorgehen kann man der „Idealentscheidung“ kommen.

Das Ideal ist in diesem Fall eine fachlich kompetente Entscheidung zu treffen und gleichzeitig eine für Mitarbeiter nachvollziehbare Lösung zu wählen, wenn es auch nicht immer die bequemste Variante ist. Das führt zu weitaus mehr Erfolg für die Entscheidungsdurchsetzung, fördert zudem die Akzeptanz und das Vertrauen von Kollegen und Mitarbeitern in eine Führungskraft. Dann zeichnet sich der Chef nicht nur durch das Gehalt und die Fahrzeuggröße aus, sondern auch durch Entscheidungs-Kompetenz. Die Lösung ist keine einsame Heldentat, sondern wird von den Betroffenen mitgetragen.

Quelle: PERSONAL – Heft 10/2010