Wir behaupten, dass eine Organisation so viel Wert hat, wie sie Nutzen für ihre Anspruchsgruppen stiftet. Je mehr Nutzen sie zu stiften vermag, desto mehr steigt ihr Marktwert. Im HRM-Kontext ist natürlich der Nutzen relevant, den die Mitarbeitenden durch ihre Arbeit wahrnehmen. Mitarbeitende engagieren sich langfristig und verbindlich in einer Organisation, wenn sie darin einen Nutzen erleben. Schlüsselmitarbeitende zu ersetzen, verursacht Know-how-Verlust, hohe Akquisitionskosten und ist darüber hinaus zeitaufwändig. Deshalb macht es Sinn, jene Mitarbeitenden, die viel Nutzen schaffen, langfristig für den Arbeitgeber zu begeistern. Angesichts des globalen Wettbewerbs um Talente gewinnt das Thema Mitarbeitergewinnung und -bindung rasant an Bedeutung.

selective focus photography of people sitting on chairs while writing on notebooks
Foto von The Climate Reality Project

Die Wahrnehmung des Nutzens durch die Mitarbeitenden ist subjektiv, gründet auf persönlichen Einstellungen und Werten. Deshalb basiert die Messung des Nutzens immer auf der Befragung des Individuums. Für das zukünftige Controlling sind Ansätze gefragt, die das Subjektive (individueller Nutzen) mit dem Objektiven (traditionelle Kennzahlen) verbinden und dadurch den Gegensatz zwischen der monetären und der qualitativen Entwicklung überwinden. Ein solch neuartiges Controlling wird am besten mit einer Software initiiert, die webbasiert in die Prozesse des Unternehmens integriert wird. Dadurch können langfristige Entwicklungen überwacht und der kurzfristige Einfluss von unerwarteten Ereignissen gemessen werden.

Nutzen für Mitarbeitende – Nutzen fürs Unternehmen

Der Nutzen für die Mitarbeitenden tritt in verschiedenen Dimensionen der Beziehung zwischen der Organisation und ihren Mitarbeitenden auf: Dem Arbeitsumfeld, der Entwicklung und Förderung der Mitarbeitenden, der Zusammenarbeit sowie dem Führungsverhalten. Zudem gibt es eine Image-Dimension, in der symbolische Faktoren wie Werte und Reputation beurteilt werden. Diese fünf Nutzendimensionen werden in der von ISG entwickelten Software „PeopleValue“ bei der Befragung weiter aufgeschlüsselt. So wird die Mitarbeiterin in der Dimension „Führung“ zum Beispiel beurteilen, ob sie ein differenziertes Feedback erhält, ob ihre Arbeit wertgeschätzt wird und ob die Vorgesetzten ihre Fortschritte wahrnehmen und honorieren.

Dabei ist es immer wichtig, zwischen der subjektiven Bedeutung und der Erfüllung eines Nutzenfaktors zu unterscheiden, denn nicht alle Faktoren haben für die Mitarbeitenden dieselbe Bedeutung. Um den gesamten Arbeitsnutzen zu erhöhen, müssen Vorgesetzte wissen, welche Faktoren für eine Mitarbeiterin wichtig und welche Faktoren noch nicht optimal erfüllt sind. Das Erkennen und Reflektieren des erlebten Nutzens führt psychologisch betrachtet zur bewussterer Involviertheit und zu stärkerer Selbstbestimmung. Wer einen Nutzen in einer Sache oder Beziehung erfährt, setzt sich stärker ein und ist auch gegenüber Kunden engagierter. Organisationen, die viel Nutzen für ihre Mitarbeitenden schaffen, leisten sich damit selbst einen guten Dienst.

Nutzen sichtbar machen

Der wahrgenommene Nutzen, den eine Organisation für ihre Anspruchsgruppen schafft, ist die Grundlage einer neuartigen, ganzheitlichen und langfristig orientierten Organisationssteuerung. Sie ist darauf ausgerichtet, die Human Resources Strategie auf die Steigerung des Nutzens für die Mitarbeiterinnen auszulegen. Das Erkennen von Differenzen zwischen den Erwartungen der Mitarbeitenden und ihrer tatsächlichen Nutzenerfahrung ergibt neue Potenziale der Organisationsentwicklung. Das Abfragen des wahrgenommen Nutzens zeigt der Organisation auf, durch welche strukturellen, kulturellen und personellen Massnahmen sie den von den Mitarbeitenden wahrgenommenen Nutzen erhöhen kann.

Wenn zum Beispiel für sehr viele Mitarbeitende die Führung ein unwichtiger Faktor ist, so macht es keinen Sinn, in die Führung zu investieren. Dagegen könnte die Befragung zeigen, dass sehr viele Mitarbeitende das Gefühl haben, dass sie ihre Ideen ungenügend in die Arbeit einbringen können. Das Management wird deshalb das Innovationsmanagement besonders dann überdenken, wenn das Einbringen persönlicher Ideen für viele Mitarbeitende ein zentraler Faktor bei der Beurteilung eines Arbeitsverhältnisses ist.

Erster Schritt: Nutzenfaktoren definieren

Das nutzenorientierte Controlling beginnt mit der Identifikation der Treiber, die den wahrgenommenen Nutzen beeinflussen. Diese Treiber finden sich in den genannten Dimensionen (Arbeitsinhalte, Führung, Entwicklung, Zusammenarbeit, Image), welche die Beziehung zwischen den Mitarbeitenden und dem Unternehmen beschreiben. Bei der Software PeopleValue kann eine Organisation dabei auswählen, ob sie auf das erprobte Standard-Modell zurückgreifen oder eigene Faktoren abfragen will, die aus ihrer Sicht im spezifischen Falle eine Rolle spielen. Das Standard-Modell hat den Vorteil, dass es statistisch erprobt ist, keine Entwicklungskosten auslöst und für ein Unternehmen günstigerist.

Unternehmensspezifische Messmodelle werden am besten in einem Workshop erarbeitet, an dem Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen und Hierarchiestufen einbezogen werden. Sind die Treiber identifiziert, so kann die Software implementiert werden. Die Implementierung von PeopleValue umfasst einerseits die kommunikative Vorbereitung der Mitarbeitenden anderseits die Schulung der Vorgesetzten und der Personalverantwortlichen. In Bezug auf das Controlling macht es Sinn, in einigen Strategie-Sitzungen die neuen Kennzahlen-Kombinationen an der Schnittstelle von nutzenorientierter und monetärer Entwicklung des Unternehmens zu definieren.

Schnittstelle HRM – Controlling – Geschäftsleitung

Der von einer Organisation erbrachte Nutzen für die Mitarbeitenden wird durch PeopleValue systematisch in die Prozesse der Organisationssteuerung und -entwicklung integriert. Damit sind auch die Managementinformationssysteme gemeint, die HRM, Controlling und Geschäftsleitung miteinander verbinden. Die Entwicklung des realisierten Mitarbeitenden-Nutzens kann über die Zeit hinweg beobachtet werden. Durch das regelmässige Befragen der Mitarbeitenden erkennt eine Organisation, ob es ihr über die Zeit hinweg gelingt, den von den Mitarbeitenden wahrgenommenen Nutzen zu erhöhen. Impulsmessungen erlauben die Überprüfung des von den Anspruchsgruppen erfahrenen Nutzens nach umgesetzten Massnahmen oder bei besonderen Ereignissen. So kann überprüft werden, ob sich ein Wechsel oder eine Teamentwicklung in der Führungscrew positiv auf den wahrgenommen Nutzen ausgewirkt hat. In anderen Fällen lässt sich herausfinden, ob eine erlebte Fusion oder eine akute  Branchenkrise eine Veränderung in der Bedeutung der Faktoren auslöst und die Prioritäten für die Nutzensteigerung verschiebt.

Im Cockpit lassen sich Nutzen-Kennzahlen mit klassischen Kennzahlen des Personalcontrollings sowie mit monetären Kennzahlen des Corporate Controllings verknüpfen. Das Management wird für das Zusammenspiel qualitativer und quantitativer Entwicklungen sensibilisiert. So lässt sich zum Beispiel zeigen, dass durch Lohnerhöhungen der wahrgenommene Nutzen nicht zwingend steigen muss. Oder es lässt sich analysieren, wie der Nutzen mit der Fluktuation, der Diversity, den Ausgaben für die Weiterbildung oder den Kosten des HRMs zusammenhängt. Durch diese neue Controlling-Dimension erweitert die Organisation ihr Bewusstsein. Das ist auch deshalb der Fall, weil die Software nicht nur den Mitarbeiterinnennutzen überprüfen, sondern auch den realisierten Nutzen gegenüber Aktionären, den Kunden oder der Region messen kann, in der ein Unternehmen ansässig ist. Wird die Software konsequent eingesetzt, so wird der von den Anspruchsgruppen wahrgenommene Nutzen zur zentralen Grösse. Konsequent weiter gedacht,  heisst das aber nichts anderes, als dass die Anspruchsgruppen die Organisation mitsteuern.

Da es sich bei PeopleValue um eine webbasierte Lösung handelt, kann die Software für Unternehmen unterschiedlicher Grösse eingesetzt werden. Für eine Team-Auswertung sollten mindestens vier Mitglieder betrachtet werden. Erste Erfahrungen zeigen eine positive Wirkung von PeopleValue auf die Fluktuation und die Nutzenerfüllung der Mitarbeitenden. Die meisten Unternehmen starten dabei mit einem Piloten, dessen Kosten sich um 30.000 CHF bewegen. Der Pilot dient dazu, Erfahrungen mit einer begrenzten Anzahl Mitarbeitenden zu sammeln, die Einführung des Messinstruments zu optimieren und die entsprechenden Schlüsse für ein Change Management in der Gesamtorganisation zu ziehen. In manchen Organisationen kann es sinnvoll sein, vor der Einführung der Software ein organisationales Assessment durchzuführen, um den Reifegrad einer Organisation im Hinblick auf die angestrebte Organisationsentwicklung besser abzuschätzen. Der externe Einblick in das HRM einer Organisation kann helfen, das Messinstrument besser an die spezifische Situation eines Unternehmens anzupassen.

——
ISG ist ein Forschungs- und Beratungsunternehmen in St.Gallen, das sich auf die Messung, Visualisierung und Optimierung des Nutzens spezialisiert hat. Das Unternehmen misst, was Kunden, Mitarbeitenden, Bürgerinnen und Bürgern wichtig ist und wie gut deren Erwartungen an eine Organisation erfüllt sind.