Anforderungen an Schadensersatzanspruch wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens
Wirbt ein Unternehmen in wettbewerbswidriger Schädigungsabsicht Mitarbeiter eines anderen Unternehmens ab, kann es sich schadensersatzpflichtig machen. Das geschädigte Unternehmen muss hinsichtlich der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs allerdings greifbare Anhaltspunkte für die Höhe des erlittenen Schadens vortragen, damit das zuständige Gericht eine Schadensschätzung vornehmen kann. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens lässt § 287 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht zu. Eine Schätzung darf daher nicht vollkommen „in der Luft hängen“.
BAG 26.09.2012 – 10 AZR 370/10

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Widerruf einer noch nicht unverfallbaren Anwartschaft auf Direktversicherung
Hat ein Arbeitgeber zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung eine Direktversicherung abgeschlossen und muss er Insolvenz anmelden, kann der Insolvenzverwalter das Bezugsrecht des Arbeitnehmers widerrufen, wenn die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist noch nicht abgelaufen ist. Anderslautende arbeitsrechtliche Vereinbarungen spielen dabei keine Rolle. Ein Verstoß gegen diese Vereinbarungen kann jedoch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen, der dem Ausgleich des Versorgungsschadens dienen soll.
BAG 18.09.2012 – 3 AZR 176/10

Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung auch bei Nichtbesetzung der Stelle
Nach § 11 AGG darf eine Stellenausschreibung nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 7 AGG verstoßen. Eine Stellenausschreibung, die den Hinweis enthält, dass ein Arbeitgeber nur Mitarbeiter eines bestimmten Alters (hier: zwischen 25 und 35 Jahren) sucht, verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung und kann daher die Vermutung begründen, dass ein älterer Stellenbewerber wegen seines Alters benachteiligt wurde. Stützt ein älterer Stellenbewerber seine Klage auf angemessene Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auf diese Vermutung, kann das Gericht die Klage nicht allein deshalb abweisen, weil der Arbeitgeber auf die Ausschreibung hin keinen neuen Mitarbeiter eingestellt hat. Es ist vielmehr zu prüfen, ob der Stellenbewerber für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet war und ob er wegen seines Alters nicht eingestellt wurde.
BAG 23.08.2012 – 8 AZR 285/11

Betriebsratstätigkeit während des Urlaubs ist freiwilliges „Privatvergnügen“
Während ihres Urlaubs sind Betriebsratsmitglieder von allen Amtspflichten suspendiert und zeitweilig verhindert iSd § 25 BetrVG. Sie können die zeitweilige Verhinderung zwar durch rechtzeitige Anzeige gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden aufheben. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass der bewilligte Urlaub als unterbrochen gilt. Das Betriebsratsmitglied opfert vielmehr in einem solchen Fall freiwillig einen Urlaubstag für die Betriebsratsarbeit.
ArbG Cottbus 15.08.2012 – 2 Ca 147/12

Regelung der sachgrundlosen Befristung durch Tarifvertrag
Durch einen wirksamen Tarifvertrag können sowohl die Höchstdauer als auch die Anzahl der zulässigen Verlängerungen eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages abweichend von den gesetzlichen Vorschriften in § 14 Abs. 2 TzBfG geregelt werden.
BAG 15.08.2012 – 7 AZR 184/11

Urlaubsansprüche verfallen bei Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres
Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass Urlaubsansprüche auch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis entstehen, der Urlaub aber 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nehmen kann – wegen einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit oder während das Arbeitsverhältnis für die Zeit einer Erwerbsminderungsrente ruht. Damit passte das BAG seine Rechtsprechung an die geänderten Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an.
BAG 07.08.2012 – 9 AZR 353/10

Auch Befristungen zur Vertretung eines bereits jahrelang erkrankten Arbeitnehmers zulässig
Grundsätzlich kann eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG zur Vertretung eines jahrelang erkrankten Arbeitnehmers zulässig sein. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der erkrankte Arbeitnehmer vor Abschluss des befristeten Vertrages verbindlich erklärt, dass er die Arbeit nicht wieder aufnehmen werde. Arbeitgeber sind auch nicht verpflichtet, eine – rechtlich mögliche – krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen, um eine unbefristete Stelle zu schaffen.
LAG Rheinland-Pfalz 05.07.2012 – 11 Sa 26/12

Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in ausländischem Betrieb berührt Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung nicht
Einer betriebsbedingten Kündigung steht nicht entgegen, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers besteht. Das heißt, Arbeitgeber müssen in einem solchen Fall dem Arbeitnehmer keine Weiterbeschäftigung im ausländischen Betrieb anbieten bzw. vorrangig eine diesbezügliche Änderungskündigung aussprechen.
LAG Düsseldorf 05.07.2012 – 15 Sa 485/12

Equal-Pay-Klagen: Zeitarbeitsfirmen müssen über Vergütung des Entleihers Bescheid wissen
Macht ein Arbeitnehmer, in dessen Arbeitsvertrag auf die CGZP-Tarifverträge Bezug genommen worden war, Ansprüche auf „Equal Pay“ geltend, ist es nicht zulässig, dass der Arbeitgeber bestreitet, nichts über die Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb des Entleihers zu wissen. Zeitarbeitsfirmen trifft insoweit eine Erkundigungspflicht, da die fraglichen Informationen nach § 12 Abs. 1 AÜG bereits in den Verträgen zwischen ihnen und dem Entleiher enthalten sein müssen.
LAG Düsseldorf 21.06.2012 – 13 Sa 319/12

GmbH-Geschäftsführer müssen Übersicht über Finanzen organisieren
Ob der Geschäftsführer einer GmbH seiner Pflicht zur laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und näheren Überprüfung im Fall krisenhafter Anzeichen hinreichend nachgekommen ist, kann ein Gericht nur unter umfassender Berücksichtigung der für die Gesellschaft wirtschaftlich relevanten Umstände beurteilen, die dem Geschäftsführer bekannt waren oder bekannt sein mussten. Er muss auf jeden Fall für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht.
BGH 19.06.2012 – II ZR 243/11

Arbeitgeber dürfen Ort für Betriebsversammlung festlegen
Arbeitgeber dürfen festlegen, in welchem Raum Betriebsversammlungen abgehalten werden können. Der vorgeschlagene Raum muss lediglich den konkreten Erfordernissen des Betriebsrates genügen. Ist dies der Fall, kann die Betriebsversammlung dort stattfinden, selbst wenn ein anderer, vom Betriebsrat vorgeschlagener Raum noch besser geeignet sein sollte. Das Entscheidungsrecht des Arbeitgebers folgt daraus, dass er Eigentümer der Räumlichkeiten ist, und damit unmittelbar aus seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
LAG Hessen 12.06.2012 – 16 TaBVGa 149/12

Mündlich vereinbarte pauschale Überstundenabgeltung ist wirksam
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ausschließlich die Vergütung von Überstunden, nicht aber die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers zur Leistung von Überstunden regelt, ist als Hauptleistungsabrede von der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen. Das gilt auch für eine mündliche Abrede, wonach die ersten 20 Überstunden bereits mit dem monatlichen Grundgehalt abgegolten sind. Eine solche Vereinbarung ist zudem weder intransparent noch überraschend.
BAG 16.05.2012 – 5 AZR 331/11

Beiderseitige Kündigungsfrist von 18 Monaten kann zulässig sein
Eine Vereinbarung in einem formularmäßigen Arbeitsvertrag, wonach sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist von 18 Monaten gilt, kann zulässig sein. Hierin liegt jedenfalls dann keine gegen Art. 12 GG verstoßende unverhältnismäßig lange Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb, wenn er eine herausgehobene Stellung innehat und erst nach Ablauf der langen Kündigungsfrist über keine den geschäftlichen Erfolg des Arbeitgebers gefährdenden Insiderkenntnisse mehr verfügt.
ArbG Heilbronn 08.05.2012 – 5 Ca 307/11