Kein Anspruch für Betriebsratsmitglieder auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis

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Foto von Adeolu Eletu

Unterbreitet der Arbeitgeber einem befristet beschäftigten Betriebsratsmitglied anders als anderen Arbeitnehmern kein Übernahmeangebot, liegt hierin nur dann eine nach § 78 BetrVG verbotene Benachteiligung, wenn das Betriebsratsmitglied allein wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht übernommen wird. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn der Arbeitgeber andere Betriebsratsmitglieder in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen hat.

LAG Berlin-Brandenburg 04.11.2011 – 13 Sa 1549/11

Verlängerung der Elternzeit nur bei Zustimmung durch den Arbeitgeber

Arbeitnehmer, die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, müssen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG gegenüber dem Arbeitgeber erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren sie Elternzeit nehmen möchten. Eine bereits festgelegte Elternzeit kann nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG nur verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt.

BAG 18.10.2011 – 9 AZR 315/10

Leiharbeitnehmer können bei Schwellenwertbestimmung des § 111 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen sein

Nach § 111 Satz 1 BetrVG müssen Arbeitgeber bei Betriebsänderungen in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich beraten. Bei der Berechnung dieses Schwellenwertes sind auch Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, sofern sie länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt sind. Unterbleibt die Beratung mit dem Betriebsrat, haben alle im Zuge der Betriebsänderung gekündigten Arbeitnehmer gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Nachteilsausgleich.

BAG 18.10.2011 – 1 AZR 335/10

Auch private Arbeitgeber müssen Besetzung freier Stellen mit Schwerbehinderten prüfen

Gemäß § 81 Abs. 1 SGB IX müssen Arbeitgeber prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen berücksichtigen zu können, müssen sie zudem frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Kontakt aufnehmen. Dies gilt auch für private Arbeitgeber. Wird diese Pflicht verletzt, kann ein abgelehnter schwerbehinderter Bewerber einen Entschädigungsanspruch wegen Benachteiligung haben.

BAG 13.10.2011 – 8 AZR 608/10

Keine Überstundenvergütung trotz unwirksamer Pauschalabgeltung

Die Klausel in einem Anstellungsvertrag, wonach durch die Vergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten ist, ist wegen Intransparenz unwirksam. Enthält der Anstellungsvertrag eines Rechtsanwaltes eine solche unwirksame Klausel, ergibt sich aber dennoch nicht unbedingt ein Anspruch auf Überstundenvergütung. Insbesondere bei Diensten höherer Art existiert kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist.

BAG 17.08.2011 – 5 AZR 406/10

Private Trunkenheitsfahrt von Kraftfahrern rechtfertigt Kündigung

Wird bei einer privaten Autofahrt eines Kraftfahrers eine Blutalkoholkonzentration von 1,36 Promille ermittelt und verliert er daraufhin seinen Führerschein, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigen. Die mit der Trunkenheitsfahrt verbundene (zeitweise) Entziehung der Fahrerlaubnis kann sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt auch, wenn dabei kein Schaden entstanden ist. Denn darauf kommt es bei der Bewertung der Pflichtverletzung nicht an.

LAG Hessen 01.07.2011 – 10 Sa 245/11

Wann liegt eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses vor?

Die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Satz 2 TzBfG setzt nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz keine Vereinbarung der Parteien voraus, die Befristung auf diese Rechtsgrundlage stützen zu wollen. Ausreichend ist, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG bei Vertragsschluss objektiv vorlagen. Die Arbeitsvertragsparteien können die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung vertraglich explizit ausschließen. Doch wenn lediglich ein Sachgrund im Arbeitsvertrag genannt ist, lässt sich daraus nicht zwingend schließen, dass die Parteien keine sachgrundlose Befristungsabrede treffen wollten.

BAG 29.06.2011 – 7 AZR 774/09

Pauschalabgeltung von Reisezeiten unwirksam

Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers enthaltene Klausel „Reisezeiten sind mit der Bruttomonatsvergütung abgegolten“ ist intransparent, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag nicht ergibt, welche „Reisetätigkeit“ in welchem Umfang damit gemeint ist.

BAG 20.04.2011- 5 AZR 200/10

Anforderungen an leitenden Angestellten

Nach § 14 Abs. 2 KSchG muss ein leitender Angestellter zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sein. Die entsprechende Befugnis darf nicht nur im Innenverhältnis bestehen, sondern muss auch nach außen ersichtlich sein. Von einer Berechtigung zur selbstständigen Einstellung kann nicht die Rede sein, wenn der Angestellte informellen Einfluss ausüben kann, aber letztlich auf die Befugnis beschränkt ist, Vorschläge zu unterbreiten. Der leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG muss die Rechtsmacht haben, den Arbeitgeber selbstständig zu verpflichten. Das Gebot der Rechtssicherheit verbietet ein über den Wortlaut hinausgehendes Verständnis des § 14 Abs. 2 KSchG. Die formelle Berechtigung zum Abschluss von Arbeitsverträgen und zum Ausspruch von Kündigungen ist leicht festzustellen, während eine zuverlässige rechtliche Gewichtung informeller Einflüsse auf Personalentscheidungen schwierig ist.

BAG 14.04.2011 – 2 AZR 167/10