Technische Kontrollmöglichkeiten vs. Arbeitnehmerschutz

selective focus photography of people sitting on chairs while writing on notebooks
Foto von The Climate Reality Project

Nach einschlägigen Studien ist in Deutschland jedes zweite Unternehmen bereits einmal Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden. Die finanziellen Schäden, die dabei entstehen, sind enorm. Pro Unternehmen werden sie auf durchschnittlich mehr als 3,5 Mio. Euro taxiert. Die Verantwortlichen stehen daher vor der Schwierigkeit, Korruption und andere Delikte schon „im Keim ersticken“ zu müssen. Sinnvolle Mittel, um Straftaten im Unternehmen zu verhindern, können deshalb insbesondere präventive Kontrollen der Arbeitnehmer sein. Die fortschreitende technische Entwicklung gibt dem Arbeitgeber immer neue Kontrollmöglichkeiten an die Hand. Er ist nicht mehr nur auf „klassische“ Überwachungsinstrumente, wie Videoüberwachung, Testkäufe, Torkontrollen oder Telefon- bzw. Internetdatenerfassung, angewiesen (vgl. hierzu bereits: Ostmann/Kappel, AuA 11/08, S. 656 ff.). Neue Softwareprodukte oder Ortungssysteme ermöglichen es ihm u. a. auch, persönliche Daten der Arbeitnehmer mit externen Angaben abzugleichen oder aber den Aufenthaltsort des Mitarbeiters zu bestimmen.

Wichtig

Technische Präventivkontrollen sind jedoch rechtlich sehr problematisch. Sie können die Rechte der Belegschaft oder des Betriebsrats verletzen.

Rechtliche Grenzen der Mitarbeiterüberwachung

Die Überwachung der Belegschaft aufgrund technischer Hilfsmittel ist nicht grenzenlos möglich, „nur“ weil der Arbeitgeber mit ihnen Straftaten im Unternehmen effizient verhindern kann. Es besteht zwar im Arbeitsrecht die Besonderheit, dass der Beschäftigte gerade nicht selbstständig entscheiden darf, wann er zur Arbeit erscheint oder ob er sich während der Arbeitszeiten von seinem Arbeitsplatz entfernt. Dem Unternehmen ist daher zugestanden, dass es generell kontrollieren kann, ob die Mitarbeiter die Arbeitsbedingungen einhalten. Der Personalüberwachung sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Arbeitnehmer darf nicht zum „gläsernen Mitarbeiter“ werden.

Übersicht

Der Arbeitgeber hat bei allen Kontrollmaßnahmen folgende gesetzliche Vorgaben zu berücksichtigen:

  • das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Arbeitnehmer (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Grundgesetz),
  • die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und
  • die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) oder andere spezialgesetzliche Datenschutzbestimmungen.

Praxistipp

Verletzt der Arbeitgeber diese Normen, führt das nicht nur dazu, dass die Überwachungsmaßnahme unzulässig ist. Er kann auch Schadensersatzansprüchen des Mitarbeiters oder einem Unterlassungsanspruch des Betriebsrats ausgesetzt sein. Das Unternehmen sollte deshalb mit Blick auf den Betriebsfrieden und die öffentliche Reputation Kontrollmaßnahmen erst ergreifen, nachdem es die gesetzlichen Vorgaben eingehend geprüft hat.

Problematisch ist jedoch, dass es bislang an einer einheitlichen Regelung fehlt, die auf alle technischen Kontrollinstrumente anwendbar ist. Auch die Rechtsprechung ist nicht lückenlos. Die fortschreitende Entwicklung hat zur Folge, dass immer wieder neue technische Überwachungsmöglichkeiten auf den Markt kommen, die die Gerichte noch nicht daraufhin überprüft haben, ob ihr Einsatz im Arbeitsverhältnis zulässig ist.

Wichtig

Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Arbeitsgerichte bereits allgemeine Grundsätze aufgestellt haben, die Unternehmen heranziehen können, um neue technische Mittel zu bewerten. Insbesondere die Rechtsprechung zur Videoüberwachung zeigt, welche Anforderungen generell bei der Beobachtung am Arbeitsplatz gelten.

Rechtsprechung zur Videoüberwachung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits für die Videoüberwachung von Arbeitnehmern festgestellt, dass an den Einsatz von Kameras viel strengere Anforderungen zu stellen sind, wenn die Überwachung heimlich erfolgt.

Rechtsprechung

Nach dem BAG ist die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers (nur) zulässig, wenn

  • der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zulasten des Arbeitgebers besteht,
  • weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind,
  • die verdeckte Videoüberwachung praktisch das einzige verbleibende Mittel darstellt und
  • sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist (Urt. v. 27.3.2003 – 2 AZR 51/02, AuA 6/04, S. 47 f.).

Eine offene, für alle erkennbare Videoüberwachung ist hingegen im Einzelfall zulässig, solange sie

  • einen legitimen Zweck verfolgt,
  • die Mitarbeiter nicht nur schikanieren oder unter Beobachtungsdruck setzen soll und
  • die Maßnahme verhältnismäßig ist (BAG, Beschl. v. 14.12.2004 – 1 ABR 34/03, RDV 2005, S. 216 ff.).

Beispiel

Ein legitimer Zweck ist z. B. gegeben, wenn ein Unternehmer im Einzelhandel seine Waren vor Diebstahl schützen möchte.

Darüber hinaus hat der Arbeitgeber bei der Videoüberwachung die Vorgaben des BDSG zu beachten. Gemäß § 6a BDSG ist eine verdeckte Videoüberwachung generell verboten, wenn die kontrollierten Räume öffentlich zugänglich sind. Auch bei einer offenen Kameraüberwachung muss in öffentlichen Räumen gemäß § 6b BDSG ein sichtbarer Hinweis auf die Videokontrolle erfolgen.

Rechtsprechung

Die Vorschrift des § 6b BDSG hat der Arbeitgeber zwingend zu befolgen. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 25.1.2006 (7 Ca 3342/05, RDV 2006, S. 214, 215) darf das Unternehmen Erkenntnisse, die es mit der Videoüberwachung gewonnen hat, in einem Prozess nicht verwerten, wenn es auf die Kameraüberwachung in den öffentlich zugänglichen Räumen nicht hinreichend hingewiesen hat.

Beteiligung des Betriebsrats

Das BAG hat zudem festgestellt, dass bei jeder Kameraüberwachung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen ist. Ohne sein Einvernehmen darf der Arbeitgeber die Kameraanlage nicht installieren oder einsetzen. Die Beteiligung des Betriebsrats setzt voraus, dass das Unternehmen mit ihm eine Betriebsvereinbarung über die Rahmenbedingungen der Videoüberwachung abschließt, bevor es die Überwachungsmaßnahmen einführt. Was dabei zu beachten ist, zeigt die Checkliste.

Checkliste

Die Betriebsvereinbarung sollte insbesondere regeln:

  • Welchen Aufnahmebereich erfassen die Kameras?
  • Wie lange sind sie maximal eingeschaltet?
  • Für welchen Zeitraum darf das Unternehmen das Videomaterial aufbewahren?
  • (Es sollte spätestens nach zwei Arbeitstagen gelöscht werden, soweit man keine besonderen Vorkommnisse festgestellt hat.)
  • Wie ist der Einsatz der Überwachung zu dokumentieren?
  • Wer ist berechtigt, das Videomaterial auszuwerten? Der Arbeitgeber allein oder nur gemeinsam mit dem Betriebsrat?
  • Wer verwaltet den Schlüssel zur Überwachungsanlage?

Trifft das Unternehmen mit dem Betriebsrat eine entsprechende Vereinbarung, bedeutet dies noch nicht, dass damit die Überwachungsmaßnahme ohne Weiteres zulässig ist. Vielmehr sind die Betriebsparteien beim Abschluss der Betriebsvereinbarung an § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gebunden. Danach ist die freie Entfaltung der Persönlichkeit der beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Auch die in einer Betriebsvereinbarung geregelten Überwachungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls geeignet, erforderlich und angemessen sind, um den angestrebten Zweck zu erreichen (BAG, Beschl. v. 29.6.2004 – 1 ABR 21/03, AuA 2/05, S. 119 f.). Demnach kann es insbesondere einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter darstellen, wenn die Betriebsvereinbarung erlaubt, dass die Belegschaft quasi permanent mit einer Videoüberwachung rechnen muss.

Rechtsprechung

Das BAG hat deshalb eine Betriebsvereinbarung für unzulässig erachtet, die eine Überwachung eines Postunternehmens im Rahmen von 50 Stunden wöchentlich ohne konkreten Verdacht einer Straftat oder schwer wiegenden Verfehlung gestattete (Beschl. v. 29.6.2004 – 1 ABR 21/03, AuA 2/05, S. 119 f.). Zulässig ist dagegen eine betriebliche Regelung, die die Überwachung des Innenbereichs eines Briefzentrums beschränkt, und zwar sachlich auf konkrete Personen, die einer strafbaren Handlung verdächtig sind, räumlich auf den Bereich des verdachtsauslösenden Vorfalls sowie zeitlich auf die Aufklärung des Verdachts (BAG, Beschl. v. 26.8.2008 – 1 ABR 16/07).

Datenabgleich (Screening)

Die zur Videoüberwachung entwickelte Rechtsprechung macht deutlich, dass präventive Kontrollen nur zulässig sind, wenn die berechtigten Interessen des Arbeitgebers und der Mitarbeiter sorgfältig abgewogen wurden. Dies hat auch für den aktuell vielfach diskutierten Abgleich von Arbeitnehmerdaten mit externen Daten zu gelten. Ein solches Screening hat die Deutsche Bahn AG seit 2002 eingesetzt, um rund 173.000 ihrer etwa 240.000 Beschäftigten zu überprüfen. Dabei hat sie persönliche Daten der Arbeitnehmer mit Lieferantenangaben verglichen, um so Rückschlüsse auf mögliche strafbare Handlungen zu erhalten. Der Konzern glich die Mitarbeiterdaten mit Kenndaten von etwa 80.000 Firmen ab, die im Auftrag der Bahn arbeiteten. Auf diesem Weg wollte er mögliche Bestechungs- oder Scheingeschäfte aufdecken.

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG zur Videoüberwachung kann jedoch ein heimliches Screening von Mitarbeiterdaten nur zulässig sein, wenn das Unternehmen einen einzelnen Arbeitnehmer oder einen eng begrenzten Personenkreis konkret verdächtigt, eine Straftat oder eine schwer wiegende Verfehlung begangen zu haben. Ohne tatsächliche Anhaltspunkte für eine schwere Pflichtverletzung wird das Interesse des Arbeitgebers, Verbrechen im Unternehmen bereits präventiv zu bekämpfen, bei einem heimlichen Datenabgleich nicht überwiegen.

Praxistipp

Deshalb wird auch in Zukunft eine „Suche ins Blaue hinein“ durch Screening- Maßnahmen nicht zulässig sein. Unternehmen sollten eine auf bloßen Generalverdacht gestützte Überwachung unterlassen.

Dagegen sind die Anforderungen an ein Screening geringer, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter darüber informiert, dass er derartige Kontrollmaßnahmen einsetzt. Das Unternehmen darf daher generell ein für die Beschäftigten transparentes Screening einsetzen, wenn es damit einen legitimen Zweck verfolgt und es insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Diese Voraussetzungen sollten regelmäßig erfüllt sein, wenn der Arbeitgeber bereits in der Vergangenheit Straftaten im Unternehmen zu beklagen hatte und er deshalb die Daten der Arbeitnehmer stichprobenartig mit aufschlussreichen externen Angaben vergleicht.

Wichtig

Der Arbeitgeber hat jedoch auch hier das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten. Nutzt er für den Datenabgleich technische Mittel, z. B. eine Software, sind die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfüllt. Er muss daher mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung über den Einsatz des Datenabgleichsystems treffen. Andernfalls kann dieser verlangen, dass er die Kontrollen unterlässt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).

RFID-Anwendungen

Die sog. RFID-Technik (Radio-Frequency-Identification) ermöglicht es dem Arbeitgeber ebenfalls, seine Beschäftigten umfangreich zu kontrollieren.

Info

Funketiketten (RFID-Chips, auch Tags genannt) übermitteln gespeicherte Daten berührungslos und ohne Sichtkontakt an ein Empfangsgerät, das regelmäßig an einen Computer gekoppelt ist. Wesentlicher Bestandteil der Technik ist ein Transponder, der die zu speichernden und ggf. zu übermittelnden Daten beinhaltet. Er umfasst wiederum einen elektrischen Mikrochip und eine Antenne, um Funkwellen zu empfangen und auszusenden.

Die Technik wird bereits seit Längerem im Kundenbereich von Supermärkten oder Warenhäusern eingesetzt. Sie kann in der Zukunft aber auch für ein Arbeitsverhältnis Bedeutung erlangen. Sie bietet dem Arbeitgeber die Möglichkeit, Arbeitnehmer und die von ihnen mitzuführenden Gegenstände mit solchen Chips zu überwachen, z. B. bei Hausausweisen. Das Unternehmen ist dadurch in der Lage, festzustellen, ob der Mitarbeiter tatsächlich zu der vorgegebenen Zeit an dem zugewiesenen Arbeitsort war oder ob er etwa ein Regal in einer bestimmten Zeit aufgefüllt hat.

Es stellt sich aber wieder die Frage, ob diese Überwachungsmethode im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zulässig ist. Auch hier ist Maßstab die Rechtsprechung zur Videoüberwachung. Insbesondere ist danach zu differenzieren, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber informiert hat, dass er RFID-Chips einsetzt:

  • Weiß der Mitarbeiter dies, ist die Maßnahme zulässig, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgt und nicht unverhältnismäßig ist. Dies kann insbesondere bei speziellen Sicherheitsinteressen, z. B. bei Rundgängen von Wachpersonal, der Fall sein (vgl. Oberwetter, NZA 2008, S. 609, 612).
  • Regelmäßig unzulässig ist es dagegen, einen Arbeitnehmer heimlich mit RFID-Technik auszustatten, wenn sie nicht die letzte Möglichkeit darstellt, ihn als Straftäter zu überführen. Diese Voraussetzungen werden selten gegeben sein, da die Technik keine visuelle Auswertung, wie etwa die Videoüberwachung, ermöglicht (vgl. Oberwetter, a. a. O.).

Wichtig

Der Einsatz von RFID-Technik ist in jedem Fall unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG beteiligt. Die Chips führen zu einer technischen Kontrolle, die objektiv geeignet ist, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen.

Überwachung von „mobilen“ Arbeitnehmern durch Ortung

Der Einsatz von RFID-Techniken ist aufgrund der Reichweite des Funkkontakts i. d. R. räumlich auf den Betrieb begrenzt. Der Arbeitgeber kann aber auch sehr daran interessiert sein, gerade seine im Außendienst beschäftigten Mitarbeiter zu kontrollieren, weil er diese nicht ständig „unter seinen Fittichen“ hat. Verschiedene Ortungssysteme ermöglichen ihm, den Aufenthaltsort des „mobilen“ Arbeitnehmers zu überwachen. In Betracht kommt insbesondere eine Handy-Ortung oder der Einsatz von GPS-Navigationssystemen.

Beispiel

So sind die Netzbetreiber von Mobilfunkdiensten schon seit Längerem in der Lage, den Standort eines Mobiltelefons fast exakt zu ermitteln, da die Mobiltelefone Signale an Sendemasten in der Umgebung übermitteln. Damit ist es möglich, den Aufenthaltsort eines Beschäftigten im Außendienst bis auf einen Umkreis von unter 100 m einzugrenzen.

Noch exakter ist die Kontrolle durch GPS-Navigationssysteme: Der Arbeitgeber kann diese Technik z. B. nutzen, indem er das Dienstfahrzeug des Mitarbeiters mit einem Navigationsgerät ausstattet.

Das Unternehmen darf die Ortungssysteme im Arbeitsverhältnis aber wiederum nur verwenden, wenn es seine Interessen und die der Mitarbeiter hinreichend abgewogen hat. Unterrichtet der Arbeitgeber die Belegschaft über den Einsatz, kann auch hier ein legitimer Zweck für die Kontrollmaßnahme ausreichen. Dabei ist z. B. an das Interesse, die Arbeitszeiten oder sonstige Arbeitspflichten zu überwachen, zu denken. Hingegen erfordert eine heimliche Ortung der Arbeitnehmer – entsprechend der Rechtsprechung zur Videoüberwachung –, dass ein konkreter Tatverdacht hinsichtlich einer Straftat oder schwer wiegenden Verfehlung besteht und das Unternehmen zuvor alle milderen Mittel eingesetzt hat, um den Verdacht aufzuklären.

Wichtig

Eine Kontrolle über Handy-Ortung oder GPS ohne zeitliche Begrenzung ist unzulässig. Es muss garantiert sein, dass der Arbeitgeber nicht den privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers überwacht. Er darf ihn deshalb generell nicht außerhalb der Arbeitszeiten orten. Zudem spricht regelmäßig gegen die Zulässigkeit der Ortung, wenn der Mitarbeiter das Diensthandy auch für private Zwecke nutzen oder den Dienstwagen für Privatfahrten verwenden darf.

Biometrische Zugangskontrollen

Im Wirtschaftsleben werden zunehmend biometrische Zugangskontrollen eingesetzt. Diese Technik erlaubt es, Personen allein aufgrund ihrer individuellen Körpermerkmale zu identifizieren. Die Arbeitnehmer verschaffen sich nicht mehr durch ein Passwort oder einen PIN-Code Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz. Vielmehr erkennt sie das Kontrollsystem aufgrund ihres Fingerabdrucks oder einer Gesichtserkennung.

Biometrische Zugangskontrollen sind rechtlich sehr problematisch. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung zur Arbeitnehmerüberwachung können sie im Einzelfall aber zulässig sein, wenn sie für den Mitarbeiter transparent sind und einen legitimen Zweck verfolgen. Dies ist beim Abgleich des Fingerabdrucks möglich, weil der Beschäftigte dabei aktiv an seiner Kontrolle mitwirkt und ihm dadurch der Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht bekannt ist. Essenziell ist aber wiederum ein legitimes Interesse des Arbeitgebers an der biometrischen Maßnahme. Insoweit ist insbesondere an einen Einsatz in besonders sicherheitsrelevanten Bereichen zu denken, z. B. bei einer Bank.

Der heimliche Einsatz von biometrischen Techniken – etwa bei der Gesichtserkennung – wird dagegen regelmäßig unzulässig sein. Dafür spricht bereits, dass das Erfassen des Gesichts dem Arbeitgeber Kenntnisse über Merkmale i. S. d. § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vermittelt, insbesondere über die Rasse oder die Gesundheit. Das Speichern derart sensibler Daten ist regelmäßig nur mit Einwilligung des Mitarbeiters zulässig (vgl. Oberwetter, a. a. O.).

Praxistipp

Es ist zu berücksichtigen, dass nach § 4 Abs. 1 BDSG eine Datenspeicherung oder -verarbeitung generell zulässig ist, wenn der Betroffene einwilligt. Es kann sich deshalb bei allen Überwachungsmaßnahmen empfehlen, die Zustimmung der Mitarbeiter hinsichtlich der beabsichtigten Kontrollen einzuholen. Der Arbeitgeber muss dann zwar davon ausgehen, dass der „Überraschungseffekt“ wesentlich beeinträchtigt wird. Andererseits ist die Diskussion mit den Arbeitnehmern auch eine Chance: Sie kann die Belegschaft wesentlich dafür sensibilisieren, dass das Unternehmen ihr Verhalten regelmäßig kontrolliert, um Straftaten vorzubeugen. Es ist möglich, dass bereits dadurch die Pflichtverstöße zurückgehen.

Zusätzlicher Schutz durch Arbeitnehmerdatenschutzgesetz?

Die bisherige Rechtsprechung zeigt, dass der Mitarbeiter bei Kontrollmaßnahmen im Unternehmen nicht schutzlos ist. Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitsgerichte auch zukünftig eine vollständige Überwachung ohne konkreten Anlass verhindern. Der „gläserne Arbeitnehmer“ sollte ein Horrorszenario bleiben. Allerdings verbleibt eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Es kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Gerichte tatsächlich den insbesondere zur Videoüberwachung entwickelten Arbeitnehmerschutz in vollem Umfang auf neue technische Kontrollmöglichkeiten erweitern.

Deshalb wurde bereits in den letzten Jahren der Ruf nach einem einheitlichen Arbeitnehmerdatenschutzgesetz immer lauter. In Anbetracht der Vorkommnisse bei der Deutschen Bahn und der Telekom hat nun auch die Politik reagiert. Die Bundesregierung hat sich im Februar 2009 mit Arbeitnehmervertretern darauf geeinigt, ein Gesetz zu beschließen, das den Arbeitnehmerdatenschutz abschließend regelt. Es soll jedoch erst in der nächsten Legislaturperiode erlassen werden. Bis dahin ist geplant, einen Gesetzentwurf zu fertigen, der klar definiert, wann es unzulässig ist, Daten im Arbeitverhältnis zu erheben, zu bearbeiten und zu verwenden und der für alle Beteiligten Rechtssicherheit schafft. Es bleibt zu hoffen, dass das neue Arbeitnehmerdatenschutzgesetz Regelungen bietet, die auch der rasanten technischen Entwicklung der Kontrollmöglichkeiten Rechnung tragen.

Fazit

Bis zum Erlass des Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes sind Kontrollmaßnahmen am Arbeitsplatz anhand der Rechtsprechung zur Videoüberwachung zu beurteilen. Diese Grundsätze sind auch auf neue technische Möglichkeiten durch Screening, RFID-Technik, Handy-Ortung, GPS oder Biometrie anzuwenden.

Eine Überwachung des Arbeitnehmers ist nur zulässig, wenn überwiegende Interessen des Unternehmens sie gebieten. Heimliche Überwachungen sind nur in Ausnahmefällen zulässig. Sie setzen den konkreten Verdacht einer Straftat oder schwer wiegenden Verfehlung voraus. Der Arbeitgeber hat darüber hinaus den Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen. Die Kontrollen ermöglichen es ihm, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überprüfen.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht – Personal-Profi – 4/09