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Foto von Trent Erwin

Sachverhalt

Ein beklagter, ehemaliger Arbeitgeber hatte geprüft, ob die Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2005 an den Kaufkraftverlust anzupassen sei. Er nahm keine solche Anpassung vor, und zwar aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage. Der klagende Rentner dagegen verwies auf die gute wirtschaftliche Lage des gesamten Konzerns und forderte eine Anpassung.

Entscheidung

Das BAG hat eine Pflicht zur Anpassung der Betriebsrente des Klägers abgelehnt. Die Anpassung einer laufenden Betriebsrente im Rahmen des § 16 BetrAVG kann unterbleiben, wenn die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers der Anpassung entgegensteht. Im entschiedenen Fall ließ die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers seine Anpassung der Betriebsrente zum 1.Januar 2005 an den Kaufkraftverlust nicht zu. Die Erfurter Richter führten darüber hinaus aus, dass die wirtschaftliche Lage des Konzerns unerheblich sei, weil die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff nicht vorlägen.

Im Fall eines Berechnungsdurchgriffs wird dem Arbeitgeber die günstige wirtschaftliche Lage seiner Muttergesellschaft oder einer anderen Konzerngesellschaft zugerechnet, so dass der Arbeitgeber eine Anpassung vornehmen muss. Ein Berechnungsdurchgriff konnte nach der Rechtsprechung bislang erfolgen, wenn …

  • entweder ein Beherrschungs- und/oder ein Gewinnabführungsvertrag
    zwischen den Gesellschaften
    besteht (Vertragskonzern)
  • oder wenn ein konzernangehöriges Unternehmen die Geschäfte des Versorgungsschuldners (d.h. des Arbeitsgebers) tatsächlich dauernd und umfassend führt (qualifiziert faktischer Konzern)
  • und wenn das herrschende Unternehmen bei der Leitung keine angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft (d.h. des Arbeitgebers) nimmt, sondern stattdessen die Interessen anderer Unternehmen oder seine eigenen Interessen in den Vordergrund stellt und dadurch die mangelnde Leistungsfähigkeit der abhängigen Gesellschaft verursacht.

An einem Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen Konzern hält das BAG nun nicht mehr fest. Es schließt sich damit dem Bundesgerichtshof (BGH) an, der in entsprechenden Konstellationen keine unmittelbare Einstandspflicht einer Muttergesellschaft gegenüber Schuldnern der Tochtergesellschaft (mehr) annimmt.

Da somit die wirtschaftliche Lage der Mutter- oder anderer Konzernobergesellschaften nicht zu berücksichtigen waren, konnte eine Anpassung der Betriebsrente unterbleiben.

Fazit

Durch die neue Rechtsprechung wird der Grundsatz gestärkt, dass allein die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers maßgeblich sind für die Frage, ob eine Anpassung der Betriebsrente zu erfolgen hat oder nicht. Eine wirtschaftlich starke Mutter- oder Konzerngesellschaft ist daher unerheblich. Wenn der Arbeitgeber selbst die Anpassung nicht wirtschaftlich tragen kann, darf eine Anpassung der Betriebsrente entfallen.

Allerdings bleibt es dabei, dass im Vertragskonzern durch Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag ein Berechnungszugriff erfolgen kann.

Darüber hinaus will das BAG offenbar weiterhin einen Berechnungsdurchgriff annehmen, wenn ein sog. existenzvernichtender Eingriff vorliegt. Für einen solchen ist erforderlich, dass dem Arbeitgeber Vermögenswerte entzogen werden, eine Kompensation oder Rechtfertigung des Vermögensentzugs fehlt und die Insolvenz desArbeitgebers bzw. deren Vertiefung hervorgerufen wird. Obwohl der BGH in solchen Konstellationen mittlerweile jegliche Außenhaftung der Muttergesellschaft oder von Konzerngesellschaften gegenüber Dritten ablehnt, soll nach den Ausführungen des BAG der Rentneroffenbar weiterhin gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber verlangen können, dass ein Berechnungsdurchgriff erfolgt. Die Betriebsrente wäre dann anzupassen, wenn es die wirtschaftliche Lage der Mutter- oder Konzerngesellschaft zulässt. Im entschiedenen Fall drohte dem Arbeitgeber allerdings keine Insolvenz, so dass ein existenzvernichtender Eingriff im Ergebnis nicht vorlag.

Die wirtschaftliche Lage eines anderen Unternehmens kann im Rahmen der Anpassungsprüfung nach §16 BetrAVG außerdem dann maßgeblich sein, wenn aufgrund von Erklärungen oder Verhaltensweisen dieses anderen Unternehmens der Rentner darauf vertrauen durfte, dass das andere Unternehmen die Erfüllung aller Versorgungsverbindlichkeiten durch den Arbeitgeber sicherstellen werde. In einem solchen Fall muss die Betriebsrente auch bei einer ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers an den Kaufkraftverlust angepasst werden, wenn die wirtschaftliche Lage des anderen Unternehmens eine Anpassung gestattet.