1. Irrtum beim Abschluss eines Arbeitsvertrags

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Foto von The Climate Reality Project

Während der Verhandlungen zum Abschluss eines Arbeitsvertrages hatte der Arbeitnehmer die Arbeitgeberin im Glauben gelassen, er sei im Besitz einer gültigen Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung. Tatsächlich war dies nicht der Fall. Nach Abschluss des Vertrags, aber vor Arbeitsantritt, erfuhr die Arbeitgeberin von der nicht vorhandenen Arbeitsbewilligung. Sie teilte daraufhin dem Arbeitnehmer mit, sie werde den Vertrag nicht halten und einen anderen Kandidaten einstellen. Der Arbeitnehmer machte eine rechtsmissbräuchliche Kündigung geltend. Die Arbeitgeberin berief sich indes erfolgreich auf Irrtum. Der geschlossene Arbeitsvertrag wurde als unverbindlich erklärt, weil sich die Arbeitgeberin bei dessen Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hatte (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR). Der ausländerrechtliche Status und die Verfügbarkeit (Arbeitsbeginn) des Arbeitnehmers wurden als subjektiv und objektiv wesentliche Vertragspunkte taxiert, welche die Wesentlichkeit des Irrtums begründeten.
(Urteil des Bundesgerichts vom 13. Dezember 2011, Nr. 4A_493/2010)

2. Ist eine fristlose Kündigung aufgrund beruflicher Unfähigkeit und unzumutbarer Arbeitsweise zulässig?

Eine ungenügende Arbeitsleistung rechtfertigt eine fristlose Kündigung nur, wenn entweder völliges berufliches Versagen vorliegt oder die schlechte Leistung auf ein grobes Verschulden zurückzuführen ist. Eine blosse Schlechterfüllung des Arbeitsvertrags berechtigt ansonsten grundsätzlich nur zur ordentlichen Kündigung und kann nur dann zum wichtigen Grund im Sinne von Art. 337 OR werden, wenn sie trotz Verwarnung wiederholt wird.
(Urteil des Bundesgerichtes vom 22. Dezember 2010, Nr. 4A_511/2010)

3. Fristlose Kündigung infolge Nichteinreichung eines Arbeitszeugnisses?

Ein Arbeitnehmer hatte sich frühmorgens wegen Krankheit von der Arbeit abgemeldet. Nach sechs Tagen reichte er ein Arztzeugnis ein, welches die gesamte Absenz abdeckte. Es bestand weder eine vertragliche Frist, während derer der Arbeitnehmer das Arztzeugnis hätte einreichen müssen, noch verlangte die Arbeitgeberin nach Krankmeldung ein solches. Die Berechtigung der Arbeitgeberin, dem Arbeitgeber infolge verspäteter Einreichung des Arztzeugnisses fristlos zu kündigen, wurde verneint.
(Urteil des Bundesgerichts vom 11. November 2010, Nr. 4A_517/2010)

4. Wann verjähren Schadenersatzansprüche wegen Körperschäden gegen den Arbeitgeber?

Ein Arbeitnehmer war in den Jahren 1966 bis1978 bei seiner Arbeit regelmässig und intensiv mit Asbeststaub in Kontakt gekommen. Anfang des Jahres 2004 erkrankte er an Brustfellkrebs und forderte Schadenersatz von seiner Arbeitgeberin mit der Begründung, diese habe die erforderlichen Schutzmassnahmen nicht getroffen.
Die Arbeitgeberin berief sich auf die Verjährung (10-jährige Verjährungsfrist des Art. 127 OR). Das Bundesgericht bestätigte die Rechtsauffassung, wonach auch bei vertraglichen Schadenersatzansprüchen aus Körperverletzung für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung abgestellt wird, nicht jedoch auf den Schadenseintritt. Bei Spätschäden kann deshalb die Verjährung eingetreten sein, bevor der Schaden eingetreten ist beziehungsweise sichtbar wird. Allfällige Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers waren daher ab dem Jahr 1995 verjährt.
(Urteil des Bundesgerichts vom 15. November 2010, Nr. 4A_430/2010)

5. Kündigung wegen Konflikten am Arbeitsplatz

Bei Konflikten am Arbeitsplatz muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund seiner Fürsorgepflicht (Art. 328 OR) gegen Eingriffe von Vorgesetzten, Mitarbeitern oder Dritten schützen. Der Arbeitgeber muss daher sämtliche ihm zumutbaren Vorkehren treffen, um einen Konflikt zu entschärfen. Hat sich der Arbeitgeber nicht oder ungenügend um die Lösung des Konflikts bemüht, ist er seiner Fürsorgepflicht nicht hinreichend nachgekommen, weshalb die Kündigung als missbräuchlich gilt. Die Kündigung ist hingegen zulässig, wenn in einem Konflikt alle zumutbaren Massnahmen getroffen wurden und die konfliktgeladene, für die gemeinsame Arbeit schädliche Situation am Arbeitsplatz wegen des schwierigen Charakters des Arbeitnehmers entstanden ist.

Beruht eine Kündigung auf verschiedenen Gründen, wovon einige missbräuchlich sind, andere hingegen nicht, so stützt das Gericht seinen Entscheid über die Missbräuchlichkeit der Kündigung auf jenen Kündigungsgrund ab, der für die kündigende Partei wahrscheinlich der überwiegende und ausschlaggebende Grund war. Bei Vorliegen eines missbräuchlichen und eines weiteren Kündigungsgrundes trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass die Kündigung auch ausgesprochen worden wäre, wenn der als missbräuchlich zu bewertende Grund nicht existiert hätte.
(Urteil des Bundesgerichts vom 15. November 2010 Nr. 4A_430/2010)