Die Richter in Hamm hatten über die Kündigungstaktik eines Zeitarbeitsunternehmens zu entscheiden, welches sich dafür am Manteltarifvertrag Zeitarbeit (IGZ/DGB) orientiert hatte. Dieser Tarifvertrag legt die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung mit zweitägiger Frist innerhalb der ersten vier Wochen Probezeit fest. Der Stichtag der Trennung schiebt sich bis zum Ablauf des zweiten Monats auf eine Woche und bis zum Ablauf des sechsten Monats auf zwei Wochen hinaus.  

grayscale photography of corporate room
Foto von Drew Beamer

Entgegen dieser Rechtsprechung hatte das Zeitarbeitsunternehmen im vorliegenden Streitfall folgenden Passus in den Arbeitsvertrag seines Mitarbeiters aufgenommen, weswegen dieser klagte: „Die ersten sechs Monate des Beschäftigungsverhältnisses gelten als Probezeit. Hier kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Tagen gekündigt werden.“ Diesen Worten ließ das Unternehmen Taten folgen, es kündigte noch innerhalb der Probezeit. Und zwar nach drei Monaten Beschäftigungsdauer mit einer Frist von nur zwei Tagen.  

                             Der Arbeitgeber war widerrechtlich davon ausgegangen,
                                        eine zweitägige Kündigungsfrist für die
                                    gesamte Probezeit vereinbaren zu können.


Diese Kündigung griff der Kläger unter diversen Gesichtspunkten an. Er konnte damit eine Verlängerung der Kündigungsfrist von zwei auf 14 Tage erwirken, seiner Kündigungsschutzklage wurde jedoch nicht stattgegeben. Für diese Entscheidung hatte sich das LAG Hamm mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu Kündigungserklärungen mit allzu kurzen Kündigungsfristen auseinandergesetzt: Der zweite und sechste BAG-Senat waren davon ausgegangen, dass eine Auslegung ausscheide, wenn der Kündigungstermin integraler Bestandteil der Willenserklärung sei. Bei der Gefahr möglicher fehlerhaft berechneter Fristen sei allerdings im Zweifelsfall eine fristwahrende Kündigung auszusprechen. Der Empfänger einer Kündigungserklärung müsse sich nämlich unter Berücksichtigung aller für ihn sichtbaren Umstände mit der Intention der Erklärung auseinandersetzen. Immerhin liege dem Kündigenden bei einer ordentlichen Trennung daran, die zutreffende Kündigungsfrist grundsätzlich wahren zu wollen, an die er aufgrund gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Regelungen gebunden ist (BAG vom 06.07.2006 – 2 AZR 215/05 – Rn. 15; BAG vom 09.02.2006 – 6 AZR 283/05 – Rn. 32).

Demgegenüber stellte der fünfte Senat des BAG wiederum die Annahme einer solchen Regelhaftigkeit in Frage, ohne sie allerdings abschließend und anders entschieden zu haben. Er ging davon aus, dass die Kündigung zu einem anderen Termin in jedem Fall dann erklärt werden soll, wenn eine ordentliche Kündigung ohne einen weiteren Zusatz zu einem bestimmten Datum erklärt worden ist und das Bestimmtheitsgebot einseitiger und rechtsgestaltender Willenserklärungen der Auslegung entgegensteht. In einem solchen Fall sei laut BAG die Nichtigkeit der Kündigungserklärung anzunehmen, die allerdings – sofern rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben worden sei – nach § 140 BGB in eine Kündigungserklärung zum nächsten zulässigen Termin umgedeutet werden könne (BAG vom 01.09.2010 – 5 AZR 700/09 – Rn. 27).

Der vom LAG Hamm entschiedene Fall bietet nach Auffassung der Kammer keinen Anlass zu einer Grundsatzentscheidung. Das Kündigungsdatum sei nämlich kein „integraler Bestandteil“ der Kündigungserklärung. Der Arbeitgeber sei rechtsirrig davon ausgegangen, die zweitägige Kündigungsfrist für die gesamte Probezeit von sechs Monaten vereinbaren zu können, obwohl diese nach dem Tarifvertrag nur für die ersten Wochen der Probezeit vorgesehen sei.

—————————————————————————————————————–

Fotocredit:
I-vista | www.pixelio.de