

Was ist eine Abgangsentschädigung?
Soll der Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz dafür erhalten, dass er der sofortigen beziehungsweise vorzeitigen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zustimmt, dann ist dieser Abfindungsbetrag eine Abgangsentschädigung. In diesem Fall kauft der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seinen „Abgang“ (also die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses) durch die Zahlung eines bestimmten Abfindungsbetrages (Abgangsentschädigung)quasi ab.
Die Abgangsentschädigung ist in der Praxis ein Anreiz, um eine einvernehmliche Dienstvertragsauflösung mit „schwer kündbaren“ Arbeitnehmern zu erreichen. Schwer kündbar sind zum Beispiel Betriebsräte, Behinderte, Arbeitnehmer in Karenz oder in Elternteilzeit, Personen mit langen Kündigungsfristen oder befristeten Anstellungsverhältnissen (wie beispielsweise Vorstände) oder ältere Arbeitnehmer. In letzterem Fall zahlt der Arbeitgeber die Abgangsentschädigung, um beispielsweise eine Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit zu verhindern.
Wie ist die Abgangsentschädigung
sozialversicherungsrechtlich abzurechnen?
Die Abgangsentschädigung ist gemäß § 49 Absatz 3 Ziffer 7 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) sozialversicherungsfrei. Im Gesetz heißt es dazu: „Als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 gelten nicht: ( …) Vergütungen, die aus Anlass der Beendigung des Dienst(Lehr)verhältnisses gewährt werden, wie zum Beispiel Abfertigungen, Abgangsentschädigungen, Übergangsgelder“.
Zwei Urteile des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) definieren sehr klar, welche Voraussetzungen für eine sozialversicherungsfreie Abgangsentschädigung gegeben sein müssen. Diese liegt demnach gemäß § 49 Absatz 3 Ziffer 7 ASVG in folgenden Fällen vor:
1. Der Arbeitnehmer erhält einen bestimmten Abfindungsbetrag als Gegenleistung dafür, dass er damit einverstanden ist, dass sein Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet wird. Im Urteil des VwGH heißt es: „Wird einem als Betriebsratsmitglied unter besonderem Kündigungsschutz stehenden Arbeitnehmer im Rahmen eines, während des arbeitsgerichtlichen Verfahrens auf Erteilung der gerichtlichen Zustimmung zur Kündigung geschlossenen, gerichtlichen Vergleichs als Gegenleistung für seine Zustimmung zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine freiwillige Abfertigung zugesichert, stellt diese Zahlung eine beitragsfreie Abgangsentschädigung im Sinne des § 49 Abs 3 Z 7 ASVG dar“ (VwGH 16. November 2005, 2005/08/0048).
2. Der Arbeitnehmer erhält den Geldbetrag dafür, dass er seine Kündigungsanfechtungsklage zurückzieht. Der VwGH urteilt: „Wird einem Arbeitnehmer − im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Kündigungsanfechtungsverfahrens − als Gegenleistung dafür, dass er die Klage zurücknimmt, eine Abfertigungszahlung zugesprochen, so handelt es sich um eine sv-beitragsfreie Abgangsentschädigung.
Ziel des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ist im Falle einer Kündigungsanfechtung die Feststellung des Gerichts, dass eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam und somit das Arbeitsverhältnis ununterbrochen aufrecht ist. Der Arbeitnehmer hat im konkreten Verfahren keine Entgeltansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Die Zahlung hatte also einzig die Funktion, zu verhindern, dass der Arbeitnehmer einen Prozess über das Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses fortsetzt; er ist daher eine sv-beitragsfreie Abgangsentschädigung“ (VwGH 9. September 2009, 2006/08/0274).
Lohnabgabenprüfer sind gelegentlich der Ansicht, dass anstelle einer sozialversicherungsfreien Abgangsentschädigung eine sozialversicherungspflichtige Vergleichszahlung vorliegt. Diese beiden Zahlungen haben jedoch unterschiedliche Abgeltungsmotive. Entscheidend für die Abgrenzung ist das Ziel der Forderung beziehungsweise das Ziel der Klage des Arbeitnehmers.
Fordert der Arbeitnehmer ausständige Entgelte oder Aufwandsvergütungen aus dem Arbeitsverhältnis oder aufgrund der Dienstvertragsbeendigung (zum Beispiel Gehalt, Überstunden oder Abfertigung) und vergleichen sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, liegt eine sozialversicherungspflichtige Vergleichszahlung vor, unabhängig davon, wie die Streitparteien die Zahlung benennen.
Bekämpft hingegen der Arbeitnehmer die Rechtswirksamkeit der Kündigung (beispielsweise wegen Motiv- oder Sozialwidrigkeit), ohne Entgeltbestandteile zu fordern, oder leistet der Arbeitgeber eine Zahlung dafür, dass der Arbeitnehmer der vorzeitigen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zustimmt, dann liegt eine sozialversicherungsfreie Abgangsentschädigung vor.
Arbeitgeber verhalten sich aus diesem Grund abgabenrechtlich ungeschickt, wenn sie dem Arbeitnehmer einen Pauschalbetrag gewähren, der
► sowohl bestehende gesetzliche, kollektivvertragliche oder einzelvertrag-liche Ansprüche (beispielsweise Urlaubs-ersatzleistung, anteilige Sonderzahlungen oder Tantiemen) abgilt
► als auch eine Abgangsentschädigung enthält.
In diesem „Pauschalfall“ wird die Abgabenbehörde vom Pauschalbetrag zunächst die gesetzlichen, kollektivvertraglichen oder einzelvertraglichen Ansprüche gemäß ihrer jeweiligen Sozialversicherungspflicht abrechnen und nur der Restbetrag kann als sozialversicherungsfreie Abgangsentschädigung berücksichtigt werden.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich, schriftlich klar getrennt festzuhalten, welcher Betrag den Streit um gesetzliche, kollektivvertragliche oder einzelvertragliche Ansprüche bereinigt und welcher Betrag dem Arbeitnehmer für die Zustimmung zur Dienstvertragsbeendigung gezahlt wird.
Wie ist die Abgangsentschädigung lohnsteuerlich abzurechnen?
Die Abgangsentschädigung war bis 28. Februar 2014 als Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für künftige Lohnzahlungszeiträume gemäß einer Spezialregel im § 67 Absatz 8 Einkommensteuergesetz (EStG) zu einem Fünftel steuerfrei und zu vier Fünfteln nach dem Monatstarif zu besteuern. Diese Spezialregel hat das Abgabenänderungsgesetz 2014 gestrichen. Der Gesetzgeber hatte das Ziel, die von ihm als Golden-Hand-shake-Zahlung titulierte Abgangsentschädigung in voller Höhe zu besteuern. Dies schlug jedoch fehl. Aufgrund der Regelungen des Abgabenänderungsgesetzes 2014 ist nämlich die mit sechs Prozent begünstigte Besteuerung der nach dem 28. Februar 2014 ausbezahlten Abgangsentschädigungen aufgrund der „Viertelregelung“ des § 67 Absatz 6 EStG, die schon bisher das lohnsteuerlich begünstigte Ausmaß einer freiwilligen Abfertigung prägte, für Arbeitnehmer sowohl im Abfertigungssystem „Alt“ als auch im Abfertigungssystem „Neu“ möglich. Der Gesetzgeber erkannte den Fehler und wird ihn durch das Budgetbegleitgesetz 2014 reparieren. Ab dann werden alle nach dem Tag der Veröffentlichung des Budgetbegleitgesetzes 2014 ausbezahlten Abgangsentschädigungen mit dem vollen Lohnsteuertarif abzurechnen sein.
Sind für die Abgangsentschädigung Lohnnebenkosten abzuführen?
Gemäß § 49 Absatz 3 Ziffer 7 ASVG sind Abgangsentschädigungen unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer dem Abfertigungssystem „Alt“ oder „Neu“ unterliegt, sozialversicherungsfrei. Da sozialversicherungsfreie Entgelte nicht in die Bemessungsgrundlage des Abfertigung-Neu-Beitrages einzubeziehen sind, müssen Arbeitgeber für die Abgangsentschädigungen auch keine Abfertigung-Neu-Beiträge entrichten. Für Abgangsentschädigungen sind nach umstrittener Ansicht der Finanz Lohnnebenkosten zu entrichten, also der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (DB) sowie der Zuschlag zu DB und Kommunalsteuer.
Die Abgangsentschädigung kann ausnahmsweise als lohnsteuerlich begünstigte Vergleichszahlung abgerechnet werden: Obwohl eine Zahlung des Arbeitgebers dafür, dass der Arbeitnehmer seine Kündigungsanfechtungsklage zurückzieht, eine Abgangsentschädigung ist, hat die Finanz entgegenkommenderweise für den Arbeitnehmer ein kleines Steuerzuckerl in die Randzahl 1103 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 eingepackt: „Zahlungen im Zusammenhang mit einer Kündigungsanfechtungsklage sind als Vergleichssumme zu versteuern.“ Indem der Arbeitgeber auf diese Randzahl verweist, kann er diese Zahlung als lohnsteuerlich begünstigte Vergleichszahlung (siehe Teil 1 dieses Beitrags) anstelle der lohnsteuerlich nach Tarif abzurechnenden Abgangsentschädigung abrechnen.
Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Recources | Ausgabe 4 (Juli / August) 2014
Abrechnungen von Sozialplanzahlungen
Das Abgabenänderungsgesetz 2014 hat auch Auswirkungen auf Sozialplanzahlungen. Zwar bleiben die Voraussetzungen und Grundsätze für die Abrechnung von Sozialplänen (siehe den Beitrag in der März/April-Ausgabe dieser Zeitschrift) von den neuen Regelungen unangetastet, sehr wohl verändert das Gesetz jedoch das Ausmaß der Abgabenbegünstigung.
Für Arbeitnehmer im System Abfertigung „Alt“ wirken sich die in Teil 1 dieses Beitrags ausführlich behandelten gesetzlichen Änderungen bei der freiwilligen Abfertigung auch bei der Abrechnung von Sozialplanzahlungen aus. Das Abgabenänderungsgesetz 2014 hat
a) die „Viertelregelung“ auf maximal das Neunfache der monatlichen Höchstbemessungsgrundlage (2014: 40.770 Euro) und
b) die „Zwölftelregelung“ gemäß der Zwölftelregelungstabelle (Abbildung 1) begrenzt.
Bei der sogenannten „Viertelregelung“ kann ein Betrag bis in Höhe eines Viertels der Summe der laufenden Bezüge aus den letzten zwölf Monaten (maximal 40.770 Euro) mit sechs Prozent Lohnsteuer abgerechnet werden. Weist der Arbeitnehmer Vordienstzeiten als Dienstnehmer nach, lässt sich aufgrund der nachgewiesenen Gesamtdienstzeit noch ein zusätzlicher Betrag mit sechs Prozent Lohnsteuer abrechnen. Diesen Begünstigungszusatzbetrag errechnet man, indem man ein Zwölftel der Summe der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate mit einem Faktor multipliziert, der von der nachgewiesenen Gesamtdienstzeit abhängig ist (= Zwölftelregelung; siehe Abbildung 1). Auch die Zusatzbegünstigungsbeträge aufgrund der Zwölftelregelung wurden aufgrund des Abgabenänderungsgesetzes 2014 gedeckelt. Die während der nachgewiesenen (Vor-) Dienstzeiten erhaltenen gesetzlichen, kollektivvertraglichen und/oder freiwilligen Abfertigungen mindern das begünstigte Zusatzausmaß ebenso wie die am Ende des aktuellen Arbeitsverhältnisses allenfalls zustehende gesetzliche Abfertigung.
Der Betrag, der das begünstigte Ausmaß an freiwilliger Abfertigung übersteigt, kann bis 22.000 Euro mit dem halben Steuersatz versteuert werden. Diese „eigentliche“ Sozial-planbegünstigung blieb von dem Abgaben-änderungsgesetz 2014 unangetastet.
Beispiel:
Die Logistikabteilung wird geschlossen. Für die betroffenen Arbeitnehmer wird ein Sozial-plan erstellt. Karl Hebenvoll ist Angestellter in dieser Abteilung und verliert daher seinen Arbeitsplatz.
Sein aktuelles Monatsbruttogehalt beträgt 3.000 Euro. Er ist 19 Jahre im Unternehmen.
Davor war er vier Jahre als Lagerarbeiter in einer Spedition tätig. Am Ende des Dienstverhältnisses bei der Spedition erhielt er keine Abfertigung. Der erforderliche Vordienstzeitennachweis liegt vor.
Er erhält zusätzlich zur gesetzlichen Abfertigung in Höhe von 21.000 Euro eine Sozialplanzahlung in Höhe von insgesamt 45.000 Euro.
Die Sozialplanzahlung wird in drei Etappen abgerechnet:
a) Zunächst werden die Begünstigungen der freiwilligen Abfertigung im maximal möglichen Ausmaß genutzt:
Viertelregelung: 12 x 3.000 Euro = 36.000 Euro > hiervon ¼ = 12.000 Euro
Zwölftelregelung: 19 Jahre im Unternehmen + 4 Vordienstjahre > insgesamt: 23 Jahre > ergibt einen Faktor 9 > 3.000 Euro x 9 = 27.000 Euro abzüglich 21.000 Euro (= gesetzliche Abfertigung) = 6.000 Euro
Der maximal mit sechs Prozent begünstigte Betrag an freiwilliger Abfertigung beträgt somit 18.000 Euro (= Viertel- und Zwölftelregelung)
b) Die nächsten 22.000 Euro werden mit dem halben Steuersatz versteuert (= eigentliche Sozialplanbegünstigung).
c) Die verbleibenden 5.000 Euro werden mit dem vollen Steuertarif abgerechnet.
Da Sozialpläne regelmäßig für Beendigungszahlungen gelten, die innerhalb mehrerer Monate, in vielen Fällen auch Jahre, anfallen, hat der Gesetzgeber im Abgabenänderungsgesetz 2014 eine „Vertrauensschutzklausel“ geschaffen. Die lohnsteuerliche „Abrechnungs-verschlechterung“ bei der freiwilligen Abfertigung trifft nur Sozialpläne, die nach dem 28. Februar 2014 abgeschlossen wurden. Für „Alt-Sozialpläne“ können Personalabteilungen die freiwillige Abfertigung weiterhin betraglich ungedeckelt begünstigt abrechnen.
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