Künstliche Intelligenz – für manche ein Hoffnungsschimmer, für andere ein Alptraum. Auf jeden Fall ist klar: die KI wird immer besser und ausgereifter, und übernimmt Aufgaben, die langwierige Prozesse auf lange Sicht verschnellern und effizienter machen. Auch im HR-Bereich und besonders im Rekrutierungsprozess hat die KI schon längst Einzug gehalten.
Bastian Naurath, Geschäftsführer von Curato leads, ist Experte in Sachen Rekrutierung und Stellenanzeigen auf Indeed. Mit Alexander Petsch, dem Host der HRM Hacks spricht er darüber, in welchen Punkten die KI im Recruiting eher Schaden als Verbesserung anrichtet und gibt Hacks, wie man als Recruiter die KI schlagen kann.
KI verschlechtert die Qualität des Contents
Fakt ist: durch die KI werden wir faul – und darunter leidet der Content. Denn laut Bastian Naurath merkt man, wenn zum Beispiel eine E-Mail generisch erstellt wurde. Die Formulierungen und der Satzbau ist an manchen Stellen fehlerhaft, und es werden Formulierungen beispielweise aus dem Englischen Wort für Wort übernommen, die man im Deutschen so nie benutzen würde. Deshalb empfiehlt er, Texte und auch Stellenausschreibungen selbst zu schreiben. Zwar ist es nie verkehrt, wenn Stellenausschreibungen kurz und knackig formuliert werden, dennoch darf ihnen nicht die besondere und persönliche Aktivierung fehlen – und in generisch erstellten Texten von der KI fehlt eben genau diese.
Um eine persönliche und besondere Aktivierung der potenziellen Talente zu erlangen, können Sie Regionalisierung nutzen und beispielsweise auf regionale Unterschiede eingehen. Achten Sie auf regionale Feinheiten, wie zum Beispiel Spezialitäten, Redewendungen oder Begrifflichkeiten und passen Sie Ihre Stellenanzeigen danach an. So verhindern Sie einen generischen Aufbau und grenzen sich von der KI ab.
Sich nicht von der KI treiben lassen
Zudem ist es essenziell, dass Sie wichtige Recruiter Entscheidungen selbst in die Hand nehmen. Die KI sollte laut Bastian Naurath immer nur ein Tool, ein Hilfsmittel darstellen, jedoch keineswegs jemand, bei dem Sie die Verantwortung abgeben können. Wenn es jedoch eher um ‘Fleißarbeit’ oder Arbeit zum Beispiel bei Lebensläufe oder das Matching geht, sind Sie gut dabei beholfen, wenn Sie sich Tools zur Unterstützung holen – und sich dadurch möglicherweise auch Inspiration geben zu lassen.
Wenn Sie sich im Rekrutierungsprozess komplett auf die KI verlassen und ihr die Auswahlprozesse überlassen, entsteht die Möglichkeit, dass Ihnen gute Bewerbungen durch die Lappen gehen, die die KI nicht als solche erkannt hat. Denn durch sogenannte Filterprozesse werden im Vorhinein die Leute direkt ausgesiebt, die nicht die benötigen Qualifikationen angegeben haben. Jedoch passen die möglicherweise charakterlich und fachlich perfekt ins Team.
Dennoch hat die KI natürlich auch nützliche Seiten, die Sie für Ihr Unternehmen anwenden können. In einem Bewerbungsprozess ist eine schnelle Reaktionszeit, also die Zeit zwischen der abgesendeten Bewerbung und dem Zeitpunkt, in dem sich das Unternehmen zurückmeldet, essenziell. Dabei kann es jedoch immer mal wieder passieren, dass zum Beispiel der Rekrutierungsprozess zu lange dauert, da die Bewerbung von einer Abteilung zur nächsten geschichtet wird und es zu viele Stationen innerhalb der Bewertung gibt. Hierbei können Tools genommen werden, um den Bewerbungsprozess zu beschleunigen – denn: Schnelligkeit ist der Nummer 1 Faktor für einen erfolgreichen Prozess.
Problematische Seiten der KI
Nichtdestotrotz sollte man bei der Anwendung der KI auf verschiedene Punkte achten. Die KI neigt immer noch dazu, in sogenannten Bias, also Schubladen, zu verfallen, diese zu entwickeln und zu verstärken. Bastian Naurath gibt ein Beispiel: wenn man der KI sagt, zeige mir ein Bild von einem Arzt, generiert sie in 90% der Fälle einen weißen Mann. Hierbei entstehen in manchen Punkten problematische Stereotype, die die KI füttern und danach weiter von ihr verstärkt und veröffentlicht werden. Auch geht die Kreativität in vielen Punkten verloren, wenn man der KI alles überlässt.
Die KI verändert unser Arbeiten und Wirken – das hat gute, aber auch schlechte Seiten. Dennoch sollten Sie besonders im Recruiting Prozess nicht die wichtigen Entscheidungen an die KI abgeben. Denn: KI sollte immer nur ein Hilfsmittel sein. HR sollte die KI Lösung treiben – nicht umgekehrt.