Fünf Aspekte im Vergleich

MacBook Pro on table beside white iMac and Magic Mouse
Foto von Domenico Loia

die Entgeltpolitik: Dienen statt Verdienen
Karrieremuster: Viele Frauen fühlen sich vom Public Sector angesprochen
Personalstrukturplanung und demografischer Wandel
Elefantenfriedhof statt Abfindung und die Aus-wirkungen auf das Führungsfeld
die sanfte Führung mit Rittern ohne Schwert und mit Schwert

Vollständiger Beitrag unter www.h-e-meixner.de

Dienen statt Verdienen? Ein Anachronismus?

Wer auf das Leistungsprinzip setzt, findet Wege, um Leistung und Gegenleistung in eine angemessene Relation zu setzen. Die Formel ist einfach: Wer mehr leistet, soll auch einen angemessenen „Mehrwert“ erhalten. Das hört sich plausibel an, scheint logisch und zudem möglich in der Umsetzung. Das Leistungsprinzip ist ein unbestrittener Motor für Entwicklung und Fortschritt. Doch die Frage nach einer angemessenen Relation von Leistung und Gegenleistung erhält gerade in diesen Tagen wieder neuen Zündstoff. Da ist die Diskussion um die hohen Bezüge von Vorständen im Besonderen und von der Entwicklung der Lohnspreizung im Allgemeinen. Im Kern geht es um die Frage: Stehen beispielsweise die unteren Einkommen in einer vernünftigen Relation zu den oberen Einkünften? Sind die Gehaltssprünge vom operativen Bereich hin zu den einzelnen Managementebenen nachvollziehbar und ausgewogen?
Es fällt auf, dass die öffentliche Verwaltung in diesem Gestaltungsbereich traditionell einen anderen Weg als die Wirtschaft geht. Daher haben sich in beiden Bereichen auch andere Strukturen in der Entgeltpolitik herausgebildet.
Beide Systeme der Entgeltpolitik haben ihre spezifischen Eigenheiten, sowie ihre Stärken aber auch ihre Schwächen. Interessant ist sicherlich in diesem Kontext die Frage, ob beide aus den Stärken des jeweils anderen voneinander lernen können. Letztlich geht es darum, Verhaltensweisen zu beeinflussen.

Arbeitnehmer wollen Gerechtigkeit, Sinnhaftigkeit und Orientierung. Hieraus speist sich die Identifikation mit der Arbeit, aber auch die Identifikation mit dem Arbeitgeber. Die öffentliche Verwaltung hat bei diesem Gestaltungsfaktor einen klaren Vorteil, und viele Bereiche in der Wirtschaft haben hier ein Handicap zu bewältigen. Während Unternehmen vor allem einen Akzent auf Gewinn setzen, ist Verwaltungshandeln primär immer auf das Gemeinwohl hin ausgerichtet. Ein auf Gewinn hin ausgerichtetes Handeln hat es schwerer, über den materiellen Aspekt hinausgehende Sinnhaftigkeit zu vermitteln. Der Non- Profit Ansatz schafft dagegen bereits aus der Sache heraus Sinnhaftigkeit und Orientierung. Markenzeichen des öffentlichen Dienstes ist das Dienen und erst dann kommt das Verdienen. Schon die „Hausnummer: Öffentlicher Dienst!“ weist auf diese Botschaft: der Öffentlichkeit dienen! Nomen est Omen! Als Gegenpol steht die Wirtschaft, steht das Wirtschaften: Wirtschaftlichkeit wird hier als Wert an sich gesehen, und dieser Ausrichtung folgen viele, die dort tätig sind: Der persönliche Einsatz muss sich in einer persönlichen Bilanz auszahlen! Für einen größeren persönlichen Profit wird daher auch von den besonders leistungsorientierten Optimierern eine aufwändige und mit besten Etiketten ausgestattete Ausbildung angestrebt. Diese Ausbildung muss exklusiv sein, und sie darf auch etwas kosten. Später werden und müssen sich dann die Investitionen in diesen Ausbildungsgang rechnen, und alles Bestreben der Absolventen zielt auf einen schnellen Profit. Wer so startet, hat klare Vorstellungen davon, wie die Wirtschaft zu „ticken“ hat. (Leistungs-) Verhalten in der Wirtschaft kann und muss – so die „Denke“- über monetäre Anreize ausgesteuert werden. Es geht um Optimierung des individuellen Nutzens, auch wenn dabei der Stellenwert von Moral und Ethik als eine vernachlässigende Größe mitunter in Kauf genommen wird. Der Nachwuchs für die öffentliche Verwaltung setzt meist andere Akzente. Hier spielt die Optimierung der eingebrachten Leistungen eine untergeordnete Rolle. In der öffentlichen Verwaltung gibt es daher wohl deutlich mehr Idealisten, die weniger für den Profit, dafür aber in der und für die Sache brennen. Mitunter gibt es hier auch Menschen, die die Welt neu erfinden wollen. Das hat etwas mit Macht zu tun, mitunter auch mit Machen und Gestalten. So steht auf der einen Seite in unserer Gesellschaft: „Dienen statt Verdienen“ und auf der anderen Seite das wirtschaftliche Optimieren des persönlichen Leistungseinsatzes nach der schlichten Formel „Wer mehr leistet, soll auch deutlich mehr bekommen“. Entsprechend der jeweiligen Grundannahme sind die Entgeltsysteme in Wirtschaft und öffentlichem Dienst völlig unterschiedlich ausgerichtet. Die dahinterstehenden Einstellungen erschweren offensichtlich das gegenseitige Verständnis. Ich zitiere aus dem IW – Dienst vom Juni 2011: „Völlig absurd ist schließlich die Bezahlung von Spitzenbeamten … Bei ihnen spielen weder Erfahrung noch Leistung eine Rolle – sie werden in die Besoldungsgruppen B1 bis B 11 eingeordnet, in denen es keine Gehaltsstufen gibt.“ So weit, so schlecht. Was aber ist an diesem Besoldungssystem so völlig absurd? Ich will die Frage anders stellen: Was ist an dem Gehaltssystem der Wirtschaft im Top Management nicht absurd? Lässt sich an den erfreulichen Umsatzzahlen in den DAX –Unternehmen die individuelle Leistung der Dax- Vorstände ablesen? Wird hier tatsächlich eine individuelle Leistung oder wird hier schlicht nur Fortune entlohnt? Geht von diesen Vorständen ein Mehrwert aus, der ein Einkommen rechtfertigt, das über das 300 fache eines durchschnittlichen Mitarbeiters liegt? Ist es „leistungsgerecht“, wenn Investmentbanker Schrott verkaufen und dafür auch noch horrende Boni kassieren? Sind diese üppigen Gehaltssprünge vom mittleren Management hin zum Top Management in der Sache zu begründen, notwendig, nachvollziehbar und gerecht? Dagegen steht in der öffentlichen Verwaltung ein lineares Gehaltband, das selbst bis hin zu den Spitzenpositionen äußerst überschaubare Steigerungsbeträge ausweist. Wird hier für den Mehrwert einer Gesellschaft so viel weniger geleistet?
Wer die Entgeltpolitik der öffentlichen Verwaltung hinterfragt, sollte auch diese Fragen zulassen. Das hat zunächst einmal nichts mit Sozialneid zu tun, sondern es hilft, sich bei der Wahl des für seine Belange besseren Weges zu positionieren. Wer von den Besten lernen will, braucht diese sachliche Analyse. Nur so ist es möglich, voneinander zu lernen und extreme Fehlentwicklungen auszugleichen. Auf den Punkt hin fokussiert, geht es schlicht und einfach um die Frage: Ist „Dienen“ ein Auslaufmodell, eine irrige Annahme, und/ oder könnte die extreme Ausrichtung auf eine vermeintliche leistungsgerechte Bezahlung eine Fiktion sein, die bei einer extrem perfektionistischen Auslegung zwangsläufig in eine Sackgasse führen wird?

Wenden wir uns der ersten Frage zu: Kann die Philosophie des „Dienens“ heute überhaupt noch funktionieren? Hat diese Philosophie eine Chance, ernsthaft wahrgenommen zu werden? Zur Verdeutlichung kann das folgende Bei-spiel weiterhelfen. Es geht um Mutter Theresa. Mutter Theresa hatte in einer Zeit, da sie noch nicht in aller Munde war, Besuch von einem Journalisten. Er wollte genauer hinschauen. Also entschloss er sich zu einer Hospitation bei Mutter Theresa. Diese Tage waren für den Journalisten eine anstrengende und belastende Visitation. Nach etwa drei Wochen stellte er fest: „Mutter Theresa, ich bewundere, was sie hier Tag für Tag leisten. Selbst wenn ich jeden Tag für diese Arbeit 3000 Dollar in die Hand bar ausgezahlt bekäme, ich könnte und wollte diese Arbeit nicht!“ Darauf entgegnete Mutter Theresa kurz und präzise: „Ich auch nicht!“
Ich denke, jeder wird mir zustimmen: Mit einer Leistungsprämie oder einer Leistungszulage hätte Mutter Theresa ihre Schlagzahl sicherlich nicht erhöht. Zugegeben! Nicht alle Dienenden im öffentlichen Dienst haben das Format und die Motivation einer Mutter Theresa. Aber wer in den öffentlichen Dienst kommt, erwartet keine Optimierung seiner Bezüge. Für viele in der Verwaltung sind andere als monetäre Werte wichtiger.
Menschen unterscheiden sich eben auch in dieser Frage, ebenso wie es Spieler mit hoher Risikobereitschaft gibt und andererseits Menschen, die lieber auf Rentenpapiere setzen. Menschen suchen auch im Arbeitsleben das, was sie brauchen. Eine Entgeltpolitik zieht bestimmte Typen an, belohnt und bestärkt bestimmtes Verhalten und formt aus sich heraus bestimmte Einstellungen und Eigenschaften. Das kann im wahrsten Sinne zu einem Teufelskreis werden: die Gier nach immer mehr. Wenn man nicht beizeiten entgegensteuert, wird dieses System perfektionistischer und damit auch einseitiger. Herauskommen kann dann geförderte Raffgier auf der einen Seite, Schmarotzer auf der anderen Seite. Ich denke, Fehlentwicklungen sind auf beiden Seiten zu beobachten, in der Wirtschaft wie auch in der öffentlichen Verwaltung. Daher könnten auch beide viel voneinander lernen, um ihre spezifischen Einseitigkeiten zu überwinden. Voraussetzung auf diesem Weg ist es, Verständnis zu entwickeln durch Verstehen. Am Ende dieses Prozesses steht: eine wohlproportionierte und situative abgestimmte Mischung beider Entgeltsysteme.

Charakteristische Merkmale der Entgeltpolitik
Öffentliche Verwaltung Wirtschaft
1. Hohe Transparenz der Besoldungs- und Gehaltstruktur: Jeder kann nachlesen, was der Kollege und Chef „verdient“. 1. Geringe Transparenz der Gehälter von Kol-leginnen und Kollegen = tabuisierter Bereich als Schutz für den Betriebsfrieden
2. Grundsatz: Alimentation: Gegenleis-tung = volle Hingabe 2. Prinzip Leistung und angemessene Gegen-leistung
3. Arbeitsplatzbewertung setzt auf lineare Steigerungen mit einem flachen Steigungswinkel von den unteren zu den oberen Gehältern 3. Deutliche Gehaltssprünge von den unteren Bereichen hin zu den höheren Management-ebenen
4. Relativ hohes Einkommensniveau der unteren Gehaltsebenen (konkurrenz-fähig zur Wirtschaft) 4. Erkennbare Zunahme der Niedriglohnseg-mente
5. Geringe Spreizung zwischen unteren und höheren Gehaltsgruppen mit Trend einer immer stärkeren Anglei-chung 5. Immer stärkeres Auseinanderentwickeln der Lohn – Spreizung von unteren und oberen Gehältern (10% unten : 10 % oben = 2010: 7,3 mal, 2012 10,5 mal)
6. Einbahnstraße nach oben 6. Dynamischer Verlauf nach beiden Seiten offen
7. Automatik der Jahresringe 7. Jährliche Verhandlung der Steige-rungsbeträge
8. Leistungszulagen im bescheide-nen Umfang 8. Prämien und Leistungszulagen als größerer Bestandteil des Gehaltes
9. Normorientierte Verteilung bei Leistungsprämien 9. Ziel- bzw. erfolgsorientierte Zuteilung von Prämien
10. Anciennitäts-/ Senioritätsprinzip 10. Alter als Handicap
11. Beförderung sowohl als Anreiz- als auch als Auswahlfunktion 11. Vertikale Mobilität als Auswahlfunktion
12. Beschränkte Ausstattung mit Planstellen, dadurch kommt es zu „Planstellenschere“ 12. Bezahlung nach dem Arbeitsplatzwert

Hierzu einige Beispiele:

Zu 1: Transparenz
Unter der Schlagzeile „Weniger Geld für die Chefin“ wird eine Studie des DIW zitiert: Danach liegt der Gehaltsun-terschied im Schnitt bei einem Fünftel oder gut 1.000 € im Monat. Dieser Unterschied bestehe „ungeachtet gleicher Qualifikationen .. zwischen Männern und Frauen. … Eine größere Transparenz, etwa durch Offenlegung der Ver-dienste, könne helfen, diesen Missstand zu reduzieren.“ Aber Transparenz kann sich auch nachteilig auswirken: Mit der Veröffentlichungspflicht der „DAX – Gehälter“ wurde ein Schub nach oben in Gang gesetzt. Der Mechanismus dieser hochschiebe Effekte ist in der öffentlichen Verwaltung bekannt. Am Ende einer ausufernden Spirale steht eine verordnete Deckelung. Man könnte dieses Mechanismus auch als eine Neiddiskussion auf höchsten Niveau bezeichnen: „Wenn der so viel bekommt, ich nur so viel… wie stehe ich denn da?! Wir sind doch viel bedeut-samer…!“

Zu 2: Alimentation
Verbunden mit gelebter und erlebter Werthaftigkeit ist dieses Prinzip in bestimmten Bereichen unschlagbar. In vielen sozialen Brennpunkten muss man in der Sache brennen, den Rücken frei haben vor Repressionen und Zwängen, um sich voll der Sache widmen zu können. In diesen Bereichen ist die Qualität der Leistung meist weder schätzbar noch messbar. Es daher geradezu Widersinnig, wenn der Bundesinnenminister der Presse im Kontext mit den Leis-tungszulagen Steilvorlagen liefert wie etwa: „Endlich werden die Beamten nach Leistung bezahlt!“

Zu 4: Untere Einkommen
Die öffentliche Verwaltung ist im unteren Einkommensbereich gut aufgestellt. Für die unteren Einkommensgruppen ist die öffentliche Verwaltung ein attraktiver Arbeitgeber. Die Gehälter, die hier gezahlt werden, liegen mitunter über den vergleichbaren Einkommen der Wirtschaft.

Zu 5: Spreizung
Mit Sockelbeträgen wird der Abstand zwischen oberen und unteren Gehältern immer deutlicher nivelliert. Die At-traktivität einer Führungsposition kann sich kaum auf das Gehalt beziehen. Über diese Entwicklung müsste man viel intensiver nachdenken. Die Symmetrie geht immer weiter verloren. Das hat Rückwirkungen auf die Einstellung, aber auch das Image für Führungskräfte.

Zu 8: Ein Wort noch zu den Leistungszulagen und der Leistungsprämie:
Wo Menschen im Arbeitsleben zusammenkommen, da gibt es große Leistungsunterschiede auf der gleichen Funkti-onsebene. Diese Leistungsunterschiede können bedingt sein durch die Tüchtigkeit und/ oder durch die Motivation: Es kann einer wollen, ohne zu können, und es kann einer können ohne zu wollen. Über Leistungsprämien und Leis-tungszulagen einerseits und einer Personalentwicklung andererseits versucht man auf das Leistungsverhalten einzu-wirken. Da gibt es beispielsweise den Lastesel, der zupackt, ohne Fragen zu stellen und der sich immer dort befin-det, wo die Arbeit anfällt. Nicht weit davon entfernt verflüchtigt sich auf dem gleichen Flur der „Immer- Ich- Typ“. Er versteht es, in einem hektischen Umfeld im richtigen Augenblick unauffindbar zu sein. Mit diesem Trick ver-schafft er sich eine Oase der Ruhe – und das bei gleicher Bezahlung. Viele empfinden eine tiefe Ungerechtigkeit, wenn beide gleiches auf ihrem Gehaltszettel verbuchen können. Andererseits stellt sich die Frage: Wird sich der Lastesel in seinem Leistungsverhalten anders verhalten, oder wird der Immer- Ich- Typ mehr leisten, wenn es die Leistungszulage gibt? Wie wird die Leistungsbilanz in einem Team aussehen? Denn es gibt ein interessantes Phä-nomen: Die Selbsteinschätzung ist bei vielen nicht besonders ausgeprägt. Insoweit fordert die Leistungsprämie auch auf Seiten der Führung eine klare Ansage. Wer allerdings als Führungskraft die Harmonie schätzt, könnte zu faulen Kompromissen neigen. Die Folge ist dann absehbar: Es könnte zu gruppendynamischen Verwerfungen kommen, insbesondere dann, wenn der Immer- Ich- Typ in einem selbstsicheren und fordernden Auftritt Fehlendes durch ein scharfe Rhetorik ersetzt.

Zu 10: Anciennitäts- bzw. Senioritätsprinzip
Dieses Prinzip hat in der öffentlichen Verwaltung eine zwar nicht tradierte, aber durchaus wirkungsvolle Tradition. Im Ansatz hat auf Dauer auch der in seinen Leistungen weniger herausragende Ältere noch Chancen auf eine späte Beförderung. Dahinter stehen häufig Kompromisse zwischen Leitung und Personalvertretung. Die Devise heißt dann: „Nun ist er aber auch einmal dran!“ Das System legitimiert sich von selbst: Mit der Dauer der Zugehörigkeit in einer Organisationseinheit entwickeln sich auch bei durchschnittlichen Leistungen die Beurteilungsnoten hin zu den besseren Werten. Das ist dann aber auch die Eintrittskarte in den Kreis der Anwärter auf eine Führungsposition. Ein systematisches „Job Rotation“ würde diesen Effekt sicherlich einschränken.
Immer wieder kritisiert wird die Dienstalterszulage. Im Tarifbereich hat man hier überzeugende Antworten gefun-den, im Beamtenbereich hat man den Unsinn noch multipliziert. Denn die altersbedingten Steigerungsbeträge wur-den um einige weitere Jahre ausgeweitet, statt reduziert.

Zu 11: Beförderung als Anreiz
Es ist in der Tat die Frage, ob es in der öffentlichen Verwaltung nicht wirkungsvoller wäre, erst einmal die offen-sichtlichen Baustellen anzugehen. Denn die Forderung nach mehr Leistungsgerechtigkeit ist vor allem auch eine Herausforderung für die Organisationsabteilungen. Denn es ist unverkennbar, dass die Arbeit in vielen Verwaltun-gen ungleich verteilt ist. Neben „Hochleistungszentren“, in denen ein Auftrag den nächsten jagt, gibt es auch be-schauliche „Pflege-(Wellness)- bereiche“. Hier werden mangels aktueller Nachfrage die Maschinen bzw. Aktenord-ner auf Hochglanz poliert. Auch das kann Stress bedeuten. Besonderer Ärger entsteht immer dann, wenn die Bewer-tung der Arbeitsinhalte nicht stimmig ist. So etwa, wenn zwei Beschäftigte das gleiche tun und die Arbeitsplatzbe-wertungen recht krass voneinander abweichen. Das ist häufig das Ergebnis von mangelnder Führung und organisa-torischer Lässigkeit: In einer Verwaltung kam es im Zuge einer Neuorganisation zu einer Neubewertung aller Ar-beitsplätze. Für viele war es keine Überraschung, dass 70 Prozent der Arbeitsplätze recht wohlwollend bis zu hoch bewertet waren. Erklären kann man diese Fehlentwicklung, zu verstehen ist sie nicht ganz so einfach. Das Muster dieser Fehlentwicklung ist fast immer das gleiche: Da haben wir beispielsweise einen Beschäftigen, der ausgebrannt ist. Obgleich hoch eingestuft, ist er nicht mehr in der Lage, die Anforderungen zu erfüllen. Das besorgt dann für ihn ein jüngerer Kollege, der noch etwas werden will. Die Führung sorgt dafür, dass die Aufgaben auch offiziell umge-schichtet werden. Was dann kommt, ist schnell gesagt: Um keinem weh zu tun, wird der eine höher gruppiert, was er auch verdient hat, und der andere behält, was er einmal zu Recht verdiente.

Rekrutierungs- und Karrieremuster
Die Karrierewege in Wirtschaft und Verwaltung verlaufen anders. Dies zeichnet sich bereits durch die vielfältigen Einflussnahmen von Parteien, Verbänden, Gewerkschaften und anderen Initiativen in der öffentlichen Verwaltung ab. Während beispielsweise bei dem Wechsel des Vorstandsvorsitzenden einer großen deutschen Bank von den 200 TOP Managern 40 direkt – ausgestattet mit üppigen Abfindungen – gehen müssen, ist dies in der öffentlichen Ver-waltung nur bei den politischen „Beamten“ möglich. Das ist der kleinere Teil, derjenigen, die aus den Schlüsselposi-tionen gedrängt werden, wenn sich die Farbe der poltischen Macht verändert oder aber eine neue Leitung kommt. Während die politischen Beamten in die vorzeitige Pension gehen, wird die Ebene darunter durch willige Gefolgs-leute Zug um Zug ausgetauscht. Wer die Presse zu diesem Thema in den letzen Monaten aufmerksam verfolgt hat, konnte in einigen Bundesministerien über diese Rochaden auf den unteren Ebenen (den nicht politisch ausgewiese-nen) lesen und staunen. Es kommt dann – weil Abfindungen nicht zum Instrumentarium der öffentlichen Verwal-tung gehören- zu Unterbringungsfällen. Im Ergebnis werden dadurch tüchtigen und erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der zweiten und dritten – völlig unpolitischen -Führungsebene die Karrierewege blockiert.

Charakteristische Merkmale der Karriere- und Rekrutierungspolitik
Öffentliche Verwaltung Wirtschaft
1. Ausbildungsbezogenes „Kastensystem“ 1. Breit angelegter Zugang an unter-schiedlichen Qualifikationen
2. Duales Ausbildungssystem mit ver-waltungsinternen Ausbildungskapazitä-ten. Starke Wertorientierung in der Aus-bildung 2. Vielseitige Innovationen von außen durch Ausbildungskonkurrenz
3.Mehr zufällige als geplante Karriere-entwicklung 3. Eine individuelle Karriereplanung er-kennbar. (Nachfolgepläne etc.)
4. Laufbahnprinzip mit eng ausgelegten Qualifikationsvoraussetzungen 4. Methodische Vielfalt in der Führung durch breiteren Qualifikationszugang
5. Lebenszeitprinzip: Der Arbeitgeber für ein Berufsleben 5. Wechsel des Arbeitgebers als Prinzip, um über den Tellerrand zu schauen
6. 20 Prozent Typen und die Stellenober-grenzen 6. Flexibles Aussteuern der Rekrutierungs-anreize
7. Winzerfeste zur Aussteuerung verbau-ter Karrierewege 7. Funktionsbezogene Bewertung von Füh-rungspositionen
8. Peter – Prinzip dominiert, verstärkt durch die angewandten Beurteilungssys-teme 8. Off the job Auswahlverfahren gekoppelt mit Verwendungsabfolgen: Statt Ver-schwendungsbreite wird auf Verwen-dungsbreite hingewirkt
9. Parkinson´sche Verwaltungs – Krank-heit und das Korda Prinzip 9. Unterscheidung in eine Generalisten- und eine Spezialisten- Hierarchie
10. Proporz – Prinzip mit dem Akzent „unser Mann“ , „unsere Frau“ 10. Elitäre Zirkel zur Rekrutierung
11. Statistisch ermittelte Chancengleich-heit als Korrektur 11. Mehr auf Inhalte ausgerichtete Karriere-entfaltung
12. Hohe Bereitschaft für Konkurrenten-klagen 12. Wer als Konkurrent gegen Personal-entscheidungen klagt, hat verloren

Zu 2: Duale Ausbildung/ Curriculum
Die verwaltungsinterne Ausbildung ist durch eine starke Wertorientierung geprägt. Besonders deutlich wird dies in der Ausbildung des Polizeivollzugsdienstes. Aber auch die anderen verwaltungsinternen Ausbildungsgänge enthal-ten direkte und indirekte Wertorientierungen, die sich auch im Referendariat im Ansatz wiederfinden. So stehen hinter dem Beamtenrecht, Sozial- und Staatsrecht moralische und ethische Normen.
Wirtschaftswissenschaftliche Ausbildungsgänge könnten hier durchaus weitergehende Akzente setzen. Es lohnt durchaus, in den Curricula der verwaltungsinternen Aus- und Fortbildungseinrichtungen einmal nachzulesen.
Hierzu ein paar Stellungnahmen aus der Wirtschaft:
„Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom und EFMD-Vizepräsident fordert … schon lange: `Letztlich geht es doch darum, wie eine Business-School gesellschaftlichen Nutzen generieren kann, jenseits einsei-tiger Ausrichtung auf Karriere, Profit und Geschäft. Sie müssen selbst in der Gesellschaft aktiv werden, bisher hal-ten sie sich da komplett raus.´ Und auch einige Professoren wollen weiter denken. Es könne nicht sein, dass die im-mer gleichen Fälle – etwa der Aufstieg Apples – in den Seminaren durchgekaut werden, klagt Peter McKiernan. … `Der Fokus der Business-Schools auf den Kapitalismus führt dazu, dass andere Ansätze wie der gemeinnützige Sek-tor oder Genossenschaften gar nicht berücksichtigt werden´.”

Zu 5 und 6: 20 Prozent – Typen, Winzerfeste und die Stellenobergrenzen
Wer eine Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung anstrebt, hat andere Beweggründe als Bewerber, die eine Tätig-keit in der Wirtschaft anstreben. Die öffentliche Verwaltung als Arbeitsgeber steht für Familienfreundlichkeit, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, eines insgesamt überschaubaren Arbeitsstresses und vor allem für die Sicher-heit der Anstellung. Je unsicherer die Zeiten auf dem Arbeitsmarkt sind, desto mehr gewinnt die Attraktivität einer Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. Daraus kann man den Umkehrschluss ableiten: Auf einem bewerber-freundlichem Arbeitsmarkt wird es für die Verwaltung schwierig, geeigneten Nachwuchs zu finden. Diesen Heraus-forderungen musste sich die Verwaltung in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt stellen. Die Verwaltung hätte aus diesem Dilemma nachhaltiger lernen können. Leider ist hier einiges in Vergessenheit geraten. Es sind die leid-vollen Entwicklungen der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Was war passiert? Schon damals wurden die viel zu wenigen Bewerber von Wirtschaft und Verwaltung heiß umworben. Es gab zu wenig geeignetes Personal. In dieser Konkurrenzsituation stand die öffentliche Verwaltung auf einem ziemlich abgeschlagenen Posten. Wenn 100 Stellen ausgeschrieben wurden, dann fanden sich vielleicht 10 Bewerber. Von diesen 10 Bewerbern kam die Hälfte etwa aus einer Familientradition heraus in die öffentliche Verwaltung. „Der Rock ist zwar eng, aber er wärmt auch in Krisenzeiten!“ Diese Weisheit der Großmutter war für einige Bewerber schlagend. Die anderen 50 Prozent waren wohl eher die Fußkranken des Arbeitsmarktes. Diese Restgröße suchte seine letzte Chance in der öffentlichen Ver-waltung. Über die Qualifikation machte sich kein Personaler in der öffentlichen Verwaltung eine Illusion. Viele wurden daher auch entgegen besseren Wissens als Platzhalter für die vakanten Stellen eingestellt. Denn es ist eine Praxis der öffentlichen Verwaltung, dass unbesetzte Stellen nach Ablauf einer Frist gestrichen wurden. Das dahinter stehende Einmaleins war klar: Die Aufgabe kann – wenn so lange nicht ausgeführt – wohl im nächsten Haushalt gestrichen werden.

Es war jedem klar, dass diese Schieflage auf dem Arbeitsmarkt so nicht weitergehen konnte. Denn die Folgeerschei-nungen waren beunruhigend. Es gab clevere Personalabteilungen. Sie warben geeignetes Personal von anderen Verwaltungen ab, in dem sie die Stellen einfach höher in der Arbeitsplatzbewertung einstufen und so deutlich mehr bieten konnten als andere Verwaltungen, die sich diese Aufwärtsspirale nicht leisten konnten oder wollten. So wur-de beispielsweise aus einem Studienrat plötzlich ein Oberstudienrat bis hin zum Studiendirektor, ohne dass sich et-was in seiner Funktion änderte. Das ging damals umso leichter, da es ein einheitliches Stellbewertungsverfahren nicht gab. Auf diese zweifelhafte Art warb man sich innerhalb des öffentlichen Dienstes das benötigte Personal ge-genseitig ab. Diesem Irrsinn musste Einhalt geboten werden. Da man eine lineare Gehaltsentwicklung nicht wagte, griff man auf diese strukturelle Trickkiste zurück. !965 wurde dieser Wildwuchs durch das Bundesbesoldungsge-setzt und dem dort ausgewiesenen „Gesetzlichen Stellenkegel“ beendet. Der Bund deckelte diese Hochschiebeeffekte durch gesetzlich festgelegte Höchstgrenzen an Beförderungsmöglichkeiten. Ob Polizei, Feuerwehr, Arbeitsverwaltung, kommunale Verwaltung: Alle mussten sich jetzt an diese Vorgaben halten. Aber erst mit dem dritten Nachtragshaushalt 1971 gelang es, diese Winzerfeste zu beenden. Nun war die Zeit der Neu- Etikettierung beendet: Alte Flaschen mit neuem Etikett.
Sicherlich ist das nur die Spitze des bekannten Eisberges. Aber es geht ja auch um den so häufig zitierten „Kopf“.

Wer diesen Mechanismus auf die heutige Zeit umschreibt, wird manche Parallele wiederentdecken. So werden etwa mit der geforderten Transparenz der Vorstandsgehälter Fragen gestellt, vermeintliche Verlierer in Position gebracht, Begehrlichkeiten geweckt und ein Mechanismus des Hochschaukelns in Gang gesetzt. Am Ende kann nur noch eine Deckelung stehen. Doch bis diese Deckelung greift, werden viele „Nachschlüsselungen“ folgen.
Diese Winzerfeste zerrütteten das Karriere- und Beförderungssystem der öffentlichen Verwaltung.

Zu 7: Das Peterprinzip und das Beurteilungswesen

Nicht jeder hervorragende Sachbearbeiter ist auch eine ideale Führungskraft. Wenden wir uns beispielhaft einem Lehrer zu. Erfolgreich brilliert er als Pädagoge vor der Klasse. So viel Engagement sollte belohnt und gefördert werden. Das ist in der öffentlichen Verwaltung nicht einfach. Leistungszulagen auf Landesebene gibt es nicht. Die förmliche Anerkennung ist nur über eine Beförderung möglich. Und hier setzt das Problem ein: Denn mit der Beför-derung entfernt sich der Pädagoge Schritt für Schritt von seinem Kerngeschäft. So geht dieser Weg der Anerken-nung vom Konrektor zum Rektor und Schulrat. Dann passiert es nicht selten, dass die Schule mehr und mehr einen kompetenten Lehrer verliert und die Verwaltung einen inkompetenten Schulrat zu verkraften hat. Am Ende steht der Elefantenfriedhof und/ oder ein kompetenter Stellvertreter, der unter erschwerten Bedingungen die eigentliche Ar-beit macht.
Das Peter – Prinzip hat in der Verwaltung aber auch ansonsten einen guten Nährboden. Das liegt an den Auswahlin-strumenten für Beförderungsentscheidungen in Verbindung mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Es gehört in der Verwaltung zu guten Stil, und es ist gesetzliches Gebot, dass Eignung, Leistung und fachliche Befähigung eines Beamten in regelmäßigen Abständen zu dokumentieren ist. Dafür gibt es eine Regelbeurteilung. Verwaltungen, die ihre Beförderungsentscheidungen vornehmlich auf diese Mitarbeiterbeurteilung absichern, sind ein Nährboden für das Peter – Prinzip. Denn es gilt in der Rechtsprechung – was bei einer Konkurrentenklage wichtig ist -, dass die bessere Note die schlechtere schlägt. Wer mit „sehr gut“ beurteilt wird, ist besser als der mit einem „gut“ Beurteilte. Das muss aber nicht unbedingt die bessere Alternative für einen bestimmten Job sein. Nehmen wir als Beispiel eine Kasse mit vielen Mitarbeitern. Ein Mitarbeiter beherrscht die Zahlenaddition perfekt. Ob hoch, quer oder von unten nach oben, er kann es einfach. Präzise, sachlich nüchtern, begeistert für seine abstrakte Welt geht er mit äußerster Sorgfalt zu Werke. Seine Pingeligkeit ist nervend, aber in der Sache ohne Alternative. Die Beurteilung ist klar: ein „sehr gut“. Ein Kollege ist da großzügiger. Er sieht das Ganze. Aber er bewegt sich nicht so perfekt in den Zahlen-kolonnen. Daher bekommt er nur ein „gut“. Bei der Nachbesetzung der Stelle ist klar, wer den Zuschlag bekommt. Dann muss das Team mit einem Oberkassierer und Zahlenjongleur fertig werden. Das schafft kaum Begeisterung. Lange wird das nicht gut gehen.

Zu 8: Parkinson´sches Gesetz
Bei der Arbeitsplatzbewertung der öffentlichen Verwaltung zählt die Kopfzahl der Unterstellten. Eine Spezialisten- Hierarchie ist zwar in Ansätzen auch in der öffentlichen Verwaltung anzutreffen, doch diese Strukturen haben sich eher zufällig als geplant entwickelt (laufbahnspezifisch). In einem Ministerium gilt beispielsweise die Regel, dass dem Chef einer Unterabteilung mindestens fünf Referate unterstellt sein müssen, um beispielsweise Ministerialdiri-gent werden zu können. Sind in dieser Unterabteilung weniger als fünf Referate zusammengefasst, dann ist man zwar Chef, aber eben nur als Ministerialrat. Es liegt auf der Hand, dass dieser Chef das Fehlende durch geschickte Planungen auf den erwünschten Stand bringt. Es wird dann meist auch nicht lange dauern, bis aus drei Referaten die gewünschten fünf hervorgehen. Diese Vorgaben sind der Promotor einer Verwaltungsexpansion. Auch die Stellen-obergrenzen sind Ausdruck dieses Weges. Dieses Prinzip passt heute allerdings nicht mehr in die Landschaft der Sparhaushalte und entspricht nicht der Philosophie einer schlanken und drahtigen Verwaltung. Gleichwohl sind Ra-tionalisierungseffekte zu erwarten, würde man gezielter auf eine Spezialisten- Hierarchie bauen.

In den 70er und 80er Jahr war durch die Expansion der öffentlichen Verwaltung das Parkinson´sche Gesetz der Kar-rierefaktor Nummer 1.
Latent zählt dieser Grundsatz auch heute noch nach wie vor: Die Formel ist einfach: Je mehr Mitarbeiter, desto bes-ser für eine Beförderung. Statt eines sparsamen Umgang mit der Ressource Mensch liegen die Anreize anders. Das Problem ließe sich schneller lösen, wenn nicht die Vermehrung sondern die Einsparung belohnt würde. Belohnt wird, wer mit weniger Personal die Arbeit schafft.

Trotz aller Veränderungen hat auch heute noch das Parkinson´sche Gesetz seine Gültigkeit. Allerdings sind die We-ge heute verschlungener. Entscheidend ist, dass man an der richtigen Stelle sitzt. Entdeckt die Politik ein bislang noch nicht entdecktes Handlungsfeld, kommt es in diesen Organisationseinheiten – meist auf Kosten anderer Orga-nisationseinheiten – zu einer Stellenvermehrung.

Deutlich aktiver als beim Parkinson´schen Gesetz geht es bei dem Korda – Prinzip zu. Durch kluge Schachzüge vermehrt man den eigenen Einflussbereich Schritt für Schritt. Die Voraussetzungen in der öffentlichen Verwaltung sind dafür denkbar günstige. Dort findet man immer häufiger im Gefolge der Sparhaushalte zeitliche befristete Nachbesetzungssperren von vakanten Arbeitsplätzen, die von 6 Monaten bis zu einem Jahr dauern können. Auch wenn die Arbeitsplätze nicht besetzt sind: Die wichtigen Aufgaben dieses Arbeitsplatzes müssen von den anderen erledigt werden. Hier sollte man sich nicht zieren, sondern sich gezielt ans Werk machen. Was zukunftsträchtig ist und den eigenen Einflussradius erweitern könnte, das ordnet man im Austausch mit den Ladenhütern des eigenen Arbeitsplatzes neu. Für den Nachfolger auf dem vakanten Arbeitsplatz verbleiben dann die Senffässer, an die sich keiner so richtig heranmachen wollte.

Zu 9: Das Proporz- Prinzip
Es ist ein unbestrittener Führungsgrundsatz, dass der Vorstand auf die Auswahl seiner unmittelbaren Mannschaft einwirkt. Dabei gilt: Erstklassige Führungskräfte scharen erstklassige Mitarbeiter um sich. Zweitklassige nur dritt-klassige.” (Bernd Pischetsrieder) Dieser Grundsatz wird im kommunalen Bereich nicht gelebt. Hier bestimmt der Rat, mit welchen Dezernenten der Bürgermeister zusammenzuarbeiten hat. Dadurch wird die Verantwortung im starken Maße ausgehebelt. Wie kann ein Bürgermeister Verantwortung für das Handeln eines Beigeordneten über-nehmen, der ihm – vielleicht als Aufpasser für eine andere Partei – zur Seite gestellt wurde. In einer Stadt ging es um Investitionen im dreistelligen Millionenbereich. Es scheint, dass diese Stadt dabei einem Betrüger aufgesessen ist. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und klagte nicht den OB, sondern Mitarbeiter der zweiten und dritten Ebene an. Es konnte dem OB von der Staatsanwaltschaft nicht nachgewiesen werden, dass er über diesen Vorgang informiert gewesen sei.
Bei den Proporzen geht es um die richtige Zugehörigkeit zu einer Gruppe und nicht in erster Linie um die beste fachliche Alternative. Unter der Arithmetik der Proporze leidet die öffentliche Verwaltung immer stärker.

Zu 11: Der Klageweg
Konkurrenten, die klagen, spielen in der öffentlichen Verwaltung eine Rolle. Da gibt es viele Beispiele. So begleitete die Presse mit viel Aufmerksamkeit die Konkurrentenklage in Zusammenhang mit der Auswahl des Polizeipräsi-denten. Diese wichtige Schaltstelle blieb so auf Monate unbesetzt.

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