Arbeitgeber machen sich bei Zahlung von Dumpinglöhnen strafbar

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Foto von Annie Spratt

Ein Arbeitgeber macht sich gem. § 266a Abs. 1 StGB strafbar, wenn er Arbeitnehmern nicht den gesetzlichen Mindestlohn bezahlt, da er damit Arbeitsentgelt vorenthält und veruntreut. Dies liegt daran, dass er in diesem Fall weniger Sozialversicherungsbeiträge abführt, als er auf der Grundlage des Mindestlohns müsste und deshalb den Arbeitnehmern und den Sozialkassen einen Schaden zufügt.

LG Magdeburg, Urt. v. 29.06.2010 – 21 Ns 17/09

Kein Grundsatz der Tarifeinheit mehr

Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat sich auf eine Divergenzanfrage des Vierten Senats dessen Auffassung angeschlossen und einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung zum Grundsatz der Tarifeinheit zugestimmt. Das heißt, zukünftig ist davon auszugehen, dass in Betrieben verschiedene Tarifverträge, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln, zur Anwendung kommen können. Insbesondere hat der Zehnte Senat demnach bestätigt, dass es keinen übergeordneten Grundsatz gibt, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen gelten müssen.

BAG, Urt. v. 23.06.2010 – 10 AS 2/10 sowie BAG, Urt. v. 23.06.2010 – 10 AS 3/10

Keine fristlose Kündigung bei unrechtmäßigem Einlösen von Pfandbons

Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers können zwar auch bei einem geringen wirtschaftlichen Schaden eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Maßgeblich sind aber immer die konkreten Umstände des Einzelfalls, die im Rahmen einer umfangreichen Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Die Interessenabwägung fällt zugunsten des Arbeitnehmers aus, wenn dieser seit mehr als 30 Jahren für den Arbeitgeber tätig war, ohne dass es jemals zu rechtlich relevanten Störungen des Arbeitsverhältnisses gekommen ist. Hierdurch kann ein Arbeitnehmer ein hohes Maß an Vertrauen erworben haben, welches durch einen atypischen und einmaligen Kündigungssachverhalt nicht vollständig zerstört werden kann. Dies gilt erst recht, wenn zusätzlich eine vergleichsweise geringfügige wirtschaftliche Schädigung des Arbeitgebers eingetreten ist.

BAG, Urt. v. 10.06.2010 – 2 AZR 541/09

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Diskriminierung bei Einbeziehung aller rentennaher Arbeitnehmer in die „Kurzarbeit Null“ (Transferkurzarbeitergeld)

Eine Betriebsvereinbarung, wonach alle Mitarbeiter rentennaher Jahrgänge in die Kurzarbeit Null einbezogen werden sollen, stellt eine nach dem AGG unzulässige Benachteiligung wegen des Alters dar. Dabei umgehen Arbeitgeber auch dann den gesetzlichen Kündigungsschutz, wenn den betroffenen Arbeitnehmern über ein sich an das Kurzarbeitergeld anschließendes Transferkurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld ein gleitender Übergang in die (vorgezogene) Altersrente ermöglicht werden soll.

ArbG Stuttgart, Urt. v. 12.05.2010 – 20 Ca 2326/09

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen fallen unter den Begriff der „Bezüge aus einem Dienstverhältnis“ im Sinne des Insolvenzrechts

Der Begriff der „Bezüge aus einem Dienstverhältnis“ (§ 114 Abs. 1 InsO) umfasst auch eine anlässlich der Beendigung eines Arbeitsvertrages gezahlte Abfindung. Weder Sinn und Zweck der Vorschrift noch Gesetzgebungsgeschichte oder Systematik des Gesetzes verlangen eine einschränkende Auslegung des Begriffs.

BGH, Urt. v. 11.05.2010 – IX ZR 139/09

Nur mit Initialen „unterschriebene“ Befristung unwirksam

Hat ein Arbeitgeber einen befristeten Arbeitsvertrag anstatt mit einer Unterschrift mit unleserlichen Zeichen versehen, die wie die Initialen seines Vor- und Nachnamens erscheinen, ist die Befristungsabrede wegen Nichteinhaltung des in § 14 Abs. 4 TzBfG normierten Schriftformerfordernisses unwirksam. Auf den Mangel der Schriftform kann das Berufungsurteil auch dann gestützt werden, wenn dieser erstinstanzlich nicht thematisiert worden ist. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer eine Kopie des Arbeitsvertrages zur Akte gereicht hat.

LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.03.2010 – 6 Sa 2345/09

Gesteigerte Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers bei Verdacht einer vorgetäuschten Erkrankung

Täuscht der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit nur vor, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Der Beweiswert der von ihm vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erschüttert, wenn er sich gegenüber einem Vorgesetzten als „psychisch und physisch topfit“ bezeichnet. In diesem Fall trifft ihn eine gesteigerte Darlegungs- und Beweislast. Insbesondere muss er konkret darlegen, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben sollen.

LAG Hessen, Urt. v. 08.02.2010 – 16 Sa 890/09

Verpflichtung zur Bereitstellung eines Parkplatzes

Arbeitgeber können verpflichtet sein, einem Mitarbeiter kostenfrei einen Parkplatz zu überlassen, wenn die Entscheidung über den Entzug der Parkmöglichkeit eine unbillige Ermessensausübung im Sinne des § 315 BGB darstellt. Auch die Entscheidung, welcher Parkplatz dem Arbeitnehmer überlassen wird, muss durch den Arbeitgeber unter Berücksichtigung billigen Ermessens erfolgen. Gegebenenfalls hat er dem Arbeitnehmer einen arbeitsplatznahen Parkplatz zur Verfügung zu stellen.

LAG Hessen, Urt. v. 16.11.2009 – 17 Sa 900/09