Das BAG hat zudem Grundsätze für die durch eine Rückzahlungsvereinbarung erwachsende Bindungsdauer aufgestellt. So ist der Bindungszeitraum nach der derzeitigen Rechtsprechung nur dann angemessen, wenn er den folgenden Relationen entspricht. Für Fortbildungen mit einer Dauer von weniger als einem Monat ist eine Rückzahlungsvereinbarung grundsätzlich unangemessen. 

person sitting on chair holding iPad
Foto von Adeolu Eletu

Für Fortbildungszeiten zwischen den vorgeschlagenen Zeiten bildet man danach vergleichbare Zwischenwerte. Diese Übersicht ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: 


► Zum einen geht die Dauer von einer entsprechenden Vollzeitfortbildung aus. Bei berufsbegleitenden Fortbildungen außerhalb der Arbeitszeit ist eine Übertragbarkeit der vorgenannten Werte daher nur bedingt möglich.
► Zum anderen müssen die Parteien gerade bei einer langen Weiterbildungsdauer von über zwei Jahren sehr genau auf die Umstände des Einzelfalls abstellen. Eine schematische Anwendung der vorgenannten Werte verbietet sich folglich. Deshalb gewichten die Verantwortlichen die Kosten der Fortbildung und den persönlichen Nutzen für den Beschäftigten je nach Einzelfall ergänzend.

Hinzu kommt, dass eine abnehmende Ratierlichkeit der Rückzahlungsverpflichtung festgelegt werden muss. Für jeden Monat der Betriebstreue nach erfolgreichem Fortbildungsabschluss hat ein gleichbleibender Anteil an der Gesamtrückzahlungsverpflichtung zu entfallen. Darüber hinaus sind die Beendigungsgründe als Auslöser der Rückzahlungsverpflichtung in der Vereinbarung genau zu differenzieren. Nicht jede Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf eine Rückzahlungsverpflichtung auslösen. Zu unterscheiden ist zwischen den Ursachen der Beendigung: Liegt der Grund der Beendigung in der Sphäre des Arbeitgebers, darf das keine Rückzahlungsverpflichtung auslösen. Dieses Differenzierungsgebot geht so weit, dass auch innerhalb der Eigenkündigungen durch den Arbeitnehmer noch zu unterscheiden ist: Für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer, die zumindest ihre (Mit-)Ursache in der Sphäre des Unternehmens hat, ist eine Rückzahlungsverpflichtung ebenfalls unzulässig.

5 | Auswirkungen auf die Vertragspraxis

Es bestehen sehr hohe AGB-rechtliche Anforderungen an Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten. Arbeitgeber müssen genau auf die Einhaltung aller vorgenannten höchstrichterlichen Anforderungen an den Vertragsinhalt achten.


Praxistipp

Zunächst ist möglichst umfangreich die Begründung für den aus der Fortbildung folgenden persönlichen beruflichen Vorteil des Anspruchsberechtigten zu formulieren. Insoweit bietet sich eine entsprechende Präambel an. Sodann schreibt die Vereinbarung alle Kosten der Fortbildung vollumfänglich und präzise fest. Sollten einzelne Kostenpositionen noch nicht feststehen, sind diese soweit wie möglich zu konkretisieren. Auch ist in diesem Fall der Grund anzugeben, weshalb noch keine konkreten Werte vorliegen und nach welchen Faktoren sich diese bemessen sollen. Besondere Beachtung verdient die Bindungsdauer, aus welcher sich unmittelbar auch die Dauer der Rückzahlungsverpflichtung ergibt.

Der Vertrag enthält umfangreich die wechselseitige Interessenlage. Besonders die persönlichen Interessen des Arbeitnehmers und dessen Motivationslage sollten breiten Raum einnehmen. Die o. g. Werte können dabei bestenfalls als Orientierung dienen.

Die ratierliche Verringerung der Rückzahlungshöhe ist dagegen einfach: Beträgt die Bindungsdauer bspw. ein Jahr, verringert sich der zurückzuzahlende Betrag nach erfolgreichem Abschluss um monatlich ein Zwölftel.

Bei der Formulierung der Beendigungstatbestände nimmt man wiederum eine umfangreiche Differenzierung vor. Fehler sind hier gravierend: Die Rückzahlungsverpflichtung entfällt ersatzlos, da weder eine geltungserhaltende Reduktion noch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommt. Unternehmen kommen folglich nicht um eine präzise Bezeichnung der die Rückzahlungsverpflichtung auslösenden Kündigungstatbestände herum. Diese müssen klar der Sphäre des Mitarbeiters zugeordnet werden. Eine solche differenzierende Formulierung der Beendigungstatbestände dürfte nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung jedoch noch nicht abschließend kalkulierbare Risiken beinhalten, da eine Rückzahlung auch dann nicht ausgelöst wird, wenn der Anlass der Eigenkündigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nicht vollständig, sondern nur mitverursacht wurde. Das daraus folgende Problem, unter welchen Voraussetzungen eine Mitverursachung der Eigenkündigung durch das Unternehmen vorliegen soll, ist wiederum eine Frage der tatsächlichen Kündigungsumstände. Das BAG hat hierzu bisher nur unscharf ausgeführt, dass hierfür ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers vorliegen müsse. 

Unabhängig vom Erfordernis einer sorgfältigen Formulierung der Rückzahlungsvereinbarung, bleibt es bei der eingangs erwähnten – gar nicht hoch genug einzuschätzenden – Wirkung auf die Motivation von Beschäftigten, wenn diese eine individuelle Förderung durch eine Kostenübernahme für Fortbildungsmaßnahmen erhalten.

Praxistipp

Unternehmen sollten sich von den rechtlichen Anforderungen an eine Rückzahlungsvereinbarung keinesfalls abschrecken lassen, sondern sich eher entsprechend sensibilisiert der tatsächlichen Ausgestaltung der Vertragswerke widmen.

6 | Fazit

Ein ganz wesentlicher Baustein einer erfolgreichen Personalpolitik ist die kontinuierliche Weiterentwicklung des Mitarbeiterbestands. Hierfür ist eine hohe Zufriedenheit der Beschäftigten ein zentrales Element. Diese ist nur begrenzt durch finanzielle Leistungsanreize erzielbar, da sie nur wenig nachhaltig wirken. Einen deutlich langfristigeren Erfolg erreicht man über die Förderung von Fortbildungsmöglichkeiten. Arbeitgeber sind deshalb gut beraten, Fortbildungswünsche aktiv zu unterstützen oder diese sogar anzuregen. Mittels Vereinbarung eines Fortbildungsvertrags als Ergänzung zum Arbeitsvertrag sollten die Verantwortlichen versuchen, im Gegenzug zur Übernahme der Kosten, den Mitarbeiter durch eine Rückzahlungsverpflichtung an das Unternehmen zu binden. Trotz der rechtlichen Risiken einer Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung erweist sich dieses Instrument in der Personalentwicklungspraxis als ein gutes Mittel zu einer dauerhaften Mitarbeitermotivation. Unternehmen sollten daher von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Bei einer sorgfältigen Formulierung der Vereinbarung unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze lässt sich das Risiko einer Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung zudem erheblich minimieren.


Quelle: Arbeit & Arbeitsrecht | Ausgabe 8 – 2015 | www.arbeit-und-arbeitsrecht.de 

Fotocredit:
I-vista (1)| www.pixelio.de
GG-Berlin (2)www.pixelio.de

1 | Weiterbildungsangebote als
Personalförderungsinstrument

Das Halten und die Weiterentwicklung des Mitarbeiterbestands sind nicht weniger schwer als das Rekrutieren neuer Beschäftigter. Arbeitgeber müssen inzwischen im Wettbewerb um die besten Köpfe erhebliche Anstrengungen unternehmen, um sich am Arbeitsmarkt attraktiv zu positionieren. Ein erfolgreiches Arbeitgeber-Branding gehört längst zu jedem guten Unternehmensmanagement. 

Gute Arbeitnehmer zu rekrutieren, ist jedoch nur der erste Schritt zu einer belastbaren Personalplanung. Es folgt die dauerhafte und nicht zu unterschätzende Aufgabe der Weiterentwicklung des Mitarbeiterbestands. Unzählige Studien zeigen, dass eine zufriedene Belegschaft produktiver und kreativer ist. Weniger Fehlzeiten und eine geringere Fluktuation mit den jeweils dadurch verbundenen Kosteneinsparungen stellen einen weiteren wesentlichen Vorteil dar. In der Personalentwicklung legt man daher besser ein besonderes Augenmerk auf die Zufriedenheit der Beschäftigten. Mitarbeiterzufriedenheit lässt sich nur durch ein Zusammenspiel zahlreicher Faktoren erreichen. Ein herausgehobener Baustein hierbei ist das Aufzeigen, Begleiten und Unterstützen von Fortbildungsmöglichkeiten. Anders als durch kurzfristige Leistungsanreize, wie etwa Prämien oder Vergütungserhöhungen, erfahren Menschen durch die Förderung einer persönlichen Weiterbildungsmaß- nahme besondere Wertschätzung. Der damit verbundene Motivationsschub ist sowohl größer als auch nachhaltiger. Diese Erkenntnis sollte personalpolitisch dahingehend genutzt werden, Arbeitnehmern durch individuelle Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten langfristige Perspektiven im Unternehmen aufzuzeigen. Die dadurch erreichte Zeitspanne einer hohen Motivation kann im besten Falle viele Jahre umfassen und ist im Zusammenspiel mit anderen Motivationsfaktoren gar nicht hoch genug zu bewerten. Dies gilt insbesondere für Fortbildungen, die dauerhaft persönliche und berufliche Vorteile bieten. Gerade Studienangebote oder andere hochwertige Maßnahmen neben dem Beruf haben einen enormen Motivationseffekt.

2 | Mitarbeiterbindung durch Rückzahlungsvereinbarungen 

Fortbildungsmöglichkeiten beinhalten folglich starke persönliche Leistungsanreize. Dies gilt sowohl für arbeitgeberseitige Angebote als auch für seitens der Arbeitnehmer initiierte Fortbildungen (etwa generalisierte Studiengänge), die dem Mitarbeiter auch einen hohen grundsätzlich qualifikatorischen Mehrwert bieten, der nicht unmittelbar auf bestimmte Karriereziele gemünzt sein muss.

Praxistipp

Unabhängig von der persönlichen Motivationslage des Beschäftigten sollten Arbeitgeber ihre Wertschätzung für die Bildungsaktivitäten durch eine (teilweise) Übernahme der Fortbildungskosten untermauern. Hierfür bietet sich der Abschluss gesonderter Verträge an. Diese stellen eine Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag dar und bringen die wechselseitigen Interessen der Parteien zu einem angemessenen Ausgleich. Anders als in den meisten Fällen eines Interessenausgleichs im Arbeitsrecht stehen sich in Fortbildungsverträgen jedoch die wechselseitigen Belange von Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht diametral entgegengesetzt gegenüber. Ersterer beabsichtigt eine individuelle Fortbildung und möchte dafür eine finanzielle Förderung im laufenden Arbeitsverhältnis beanspruchen. Das Unternehmen hat hingegen ein Interesse daran, ihn während der Fortbildung und möglichst lange darüber hinaus an sich zu binden. Beide Interessen sind für sich betrachtet jeweils legitim und können nebeneinander in einer entsprechenden Vereinbarung Platz finden. Der Arbeitgeber trägt die Fortbildungskosten, der Mitarbeiter verpflichtet sich, nach erfolgreichem Abschluss noch eine bestimmte Mindestzeit seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ist jedoch ein ggf. mehrere Jahre umfassender Zeitraum persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung des Beschäftigten in den Blick zu nehmen. Dies führt dazu, dass der Interessenausgleich sich in den Augen des Arbeitnehmers in der Folge doch rückwirkend als schief herausstellt, obwohl das Unternehmen zunächst während der Fortbildungsdauer finanziell in Vorleistung getreten ist.

Wichtig 

Die Formulierung einer Fortbildungsvereinbarung muss daher so sorgfältig erfolgen, dass sie im Falle einer späteren streitigen Auseinandersetzung auch einer richterlichen Kontrolle standhalten kann.

3 | Gesetzliche Grenzen

Eine Fortbildungsvereinbarung als Vertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien muss den für AGB geltenden Prüfmaßstäben der §§ 305 ff. BGB standhalten. Da Arbeitgeber als Unternehmer und Arbeitnehmer als Verbraucher handeln, stuft man eine Fortbildungsvereinbarung auch bei einmaliger Verwendung nach § 310 BGB als AGB ein. Daraus resultiert die Anwendbarkeit des § 307 BGB, wonach eine Fortbildungsvereinbarung den Beschäftigten nicht unangemessen benachteiligen darf. Andernfalls ist sie unwirksam.

Dies kann regelmäßig aus drei verschiedenen Gründen der Fall sein:

– Die Formulierung der Vereinbarung ist nicht klar und verständlich.
– Die Vereinbarung weicht wesentlich vom gesetzlichen Leitbild ab.
– Der Vertragszwecks ist gefährdet.

Eine Gefährdung des Vertragszwecks durch Beschränkung der Kardinalpflichten (Arbeitsleistung gegen Vergütung) durch die Vereinbarung eines Fortbildungsvertrags dürfte nicht in Betracht kommen. Das gesetzliche Leitbild statuiert weder ein Kostenübernahmegebot des Arbeitgebers noch eine Rückzahlungsverpflichtung des Mitarbeiters. Indes sind die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis insoweit zu beachten, als sie durch eine Fortbildungsvereinbarung nicht wesentlich beschränkt oder gar aufgehoben werden dürfen. Daraus ergibt sich die zentrale Hürde für eine Rückzahlungsvereinbarung: Sie folgt aus dem Recht des Arbeitnehmers, sein Arbeitsverhältnis jederzeit, unter Einhaltung der Kündigungsfrist, zu beenden. Das ergibt sich direkt aus der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Dem Maßstab des § 307 BGB ist daher mit einer umfassenden Abwägung des Bindungsinteresses des Unternehmens mit dem Fortbildungsinteresse des Beschäftigten – unter besonderer Berücksichtigung des Wesens des Arbeitsverhältnisses – zu begegnen.

Wichtig

Die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung sind gravierend: Liegt ein Verstoß gegen § 307 BGB vor, ist anstelle der unwirksamen Rückzahlungsvereinbarung nach § 306 Abs. 2 BGB das Gesetz anzuwenden. Da sich hier jedoch keinerlei Rückzahlungsverpflichtung findet, fällt der Anspruch ersatzlos weg. Der Vertrag als solcher, also die Kostenübernahmeverpflichtung des Arbeitgebers, bleibt dagegen nach § 306 Abs. 1 BGB wirksam.

4 | Aktuelle Rechtsprechung

Vor dem Hintergrund der vorgenannten gesetzlichen Prüfmaßstäbe hat die Rechtsprechung zahlreiche Konkretisierungen für die Wirksamkeit von Fortbildungsvereinbarungen vorgenommen. So gilt zunächst der Grundsatz, dass die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen müssen (BAG, Urt. v. 19.1.2009 – 3 AZR 900/07, AuA 11/09, S. 677). Folglich ist das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einer Nutzung der durch die Fortbildung höher qualifizierten Arbeitskraft zu einem Ausgleich mit der nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützter Berufsausübungsfreiheit in seiner Ausprägung als Kündigungsfreiheit zu bringen.

Aus diesem Grundsatz leitet das BAG (vgl. etwa Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, AuA 9/06, S. 556; v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, AuA 9/12, S. 551; v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, AuA 3/14, S. 182 sowie v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12) zahlreiche einzelne Punkte ab, die eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung zwingend erfüllen muss:

► Zuvorderst ist bereits der Zeitpunkt der Vereinbarung entscheidend. Die Rückzahlungsvereinbarung muss bereits vor Aufnahme der Fortbildung geschlossen werden.
► Zudem muss sie alle entstehenden Kosten präzise beinhalten, soweit diese bereits konkret bezifferbar sind.
► Auch sind nur für solche Fortbildungsmaßnahmen Rückzahlungsvereinbarungen zulässig, die jedenfalls auch für den Arbeitnehmer einen persönlichen beruflichen Vorteil beinhalten, der über das konkrete Beschäftigungsverhältnis hinausgeht.

Wichtig

Rein betrieblich indizierte Qualifikationen scheiden als Gegenstand von Rückzahlungsverpflichtungen von vornherein aus.