[left]„Das klassische Bürogebäude mit langen Fluren und Einzel- oder Doppelzimmern, die davon abgehen, ist out.” So lautet die Vorhersage von Wilhelm Bauer, Institutsdirektor am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. Durch Rationalisierung, Vernetzung und Teamorientierung gehören herkömmliche Büros der Vergangenheit an, weil Büroarbeit nicht mehr an den Schreibtisch gebunden ist. In einigen Unternehmen ist es längst Realität, dass Büros durch eine Homebase in den jeweiligen Bürohäusern ersetzt werden. Offene Strukturen werden sich mehr und mehr durchsetzen, es gibt Bereiche wie Meetingäume, Konferenzräume mit Telekommunikation, Coffeeshops und Ruhezonen. Nach Ansicht von Wilhelm Bauer werden Bürohäuser „zu Orten der Begegnung, viele Räume werden eher wie eine Lounge aussehen. Die Monitore und Benutzeroberflächen werden in diesem neuen Büro-Ambiente vielleicht in die Wände eingelassen sein.“

people sitting on chair in front of table while holding pens during daytime
Foto von Dylan Gillis

In der neuen Berufswelt sind Angestellte dazu aufgefordert, eigenverantwortlich und selbst gesteuert zu arbeiten. Sie entscheiden zukünftig selbst darüber, wann und wo sie arbeiten. 9-to-5 Arbeitstage können demnach als veraltet abgehakt werden. Das bedeutet aber auch eine große Umstellung für Unternehmen und Mitarbeiter. Mitarbeiter müssen eine gute Portion Selbstdisziplin entwickeln und sich selbst organisieren und dabei nach wie vor ergebnisorientiert arbeiten. Denn mit der Abschaffung der Kernarbeitszeit verschwindet nicht automatisch der Erwartungs- und Konkurrenzdruck. Nicht nur Pflichterfüllung und Sicherung der Existenz stehen im Vordergrund, sondern die neue Freiheit trägt auch zur Selbstverwirklichung und Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen bei. Das wiederum kann die Kreativität und den Innovationsgeist eines Mitarbeiters beflügeln, sowie bestenfalls die produktive Arbeitsleistung steigern. Ob sich Mitarbeiter aber in der neuen Berufswelt stärker entfalten, hängt zuletzt auch davon ab, ob die Kultur des Unternehmens mitspielt sowie der dort vorherrschende Gemeinschaftssinn.

Kürzlich habe ich im Zusammenhang mit der Auflösung alter Hierarchien über die Vorgehensweise bei IBM gelesen. Dort wird bereits Vertrauensarbeitszeit in einem offenen Umfeld bei gleichzeitiger Förderung der Kommunikation in wechselnden Gruppen gepflegt. Schreibtische, die fest vergeben sind, kennt man dort nicht mehr. Durch das neue Konzept der Büronutzung sucht sich jeder einen freien Platz und räumt ihn wieder, bevor er geht. Christoph Grandpierre, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor bei IBM Deutschland sagt dazu unter anderem: „Bei der Einführung war es wichtig, dass wir das im Management vorgelebt haben. Wir hatten davor auch eine abgeschlossene Geschäftsführer-Etage, mit dicken Teppichen und dicken Türen und Vorzimmern. Das wurde komplett plattgemacht und zum Open Space umgebaut.“

Die Freiheit flexibler Arbeitszeiten hat aber auch ihren Preis. Die Arbeitszeitforscherin Eva Munz, Referentin am Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen hat eine repräsentative Beschäftigtenbefragung des Kölner ISO-Instituts ausgewertet. “Danach leisten Mitarbeiter mit flexibler Arbeitszeit häufiger Mehrarbeit als Angestellte mit fixen Zeiten und bekommen dafür aber keinen Ausgleich.” Bleibt zu klären, wie sich flexible Arbeitszeit mit verbindlicher Zeiterfassung vereinbaren lässt und wie man mit Überstunden verfahren will.
[/left]