A group of friends at a coffee shop
Foto von Brooke Cagle

Prof. Dr. Michael Müller-Camen
Professor für Human Resource Management, Wirtschaftsuniversität Wien








Dr. rer. pol. Diana Zdravkovic
Universitätsassistentin, Wirtschaftsuniversität Wien

Die Anzeichen wachsender Umweltverschmutzung und einer Verknappung natürlicher Ressourcen sind heute nicht mehr zu übersehen. Deshalb hat sich in den vergangenen 20 Jahren ein weltweiter gesellschaftlicher Konsens für ein proaktives Umweltmanagement gebildet. Während sich zunehmend Regierungen auf internationaler Ebene dafür einsetzen, mögliche Folgen der Umweltschäden einzudämmen und auch betriebswirtschaftliche Forschungsdisziplinen wie das Rechnungswesen, das Marketing oder das Supply-Chain-Management mehr und mehr ökologische Nachhaltigkeit berücksichtigen, steckt ein umweltorientiertes Personalmanagement in Praxis und Forschung noch weitgehend in den Kinderschuhen. Ganz anders als etwa zum Thema Corporate Social Responsibility sind hierzu nicht nur verhältnismäßig wenige Konferenzbeiträge und andere Veröffentlichungen erschienen, auch konkrete Praktiken eines „grünen“ Human Resource Managements sind kaum bekannt.

So sind erste Ansätze einiger internationaler Großunternehmen in diesem Themenfeld bisher noch die Ausnahmen. Nike etwa beschäftigt eine Beauftragte für Sustainable Business and Innovation, die sich ausschließlich dem nachhaltigen Handeln des Sportartikelherstellers widmet. Die Unternehmensberatung PWC wiederum hat in ihrem Traineeprogramm Entsendungen von High Potentials in Entwicklungsländer vorgesehen, um dort Projekte für ökologische Nachhaltigkeit mit Nichtregierungsorganisationen zu unterstützen. Patagonia, ein globales Bekleidungsunternehmen, bietet Mitarbeitern ökologische Sabbaticals an, um unter Lohnfortzahlung umweltorientierte Projekte voranzutreiben. Ein weiteres Beispiel ist Wal-Mart: Der Einzelhandelskonzern lädt seine Belegschaftsmitglieder ein, im Rahmen eines „Personal-Sustainable-Projektes“ einen persönlichen Lebensbereich nachhaltiger zu gestalten.

Diese Instrumente sind meistens Teil der Personalentwicklung. Doch auch andere Personalfunktionen bieten Anknüpfungspunkte, um ökologische Nachhaltigkeit im Unternehmen zu unterstützen.


Grüne Rekrutierung: Eine ökologische Arbeitgebermarke entwickeln

 

Zahlreiche Studien wie etwa die der Forschungsgruppe um den kanadischen Psychologen Derek Chapman zeigen, dass Erwerbstätige ihre Arbeitgeber vor allem aufgrund ihrer positiven Bekanntheit, ihrer Profitabilität und ihres sozialen Engagements auswählen. Da den Ergebnissen dieser Untersuchungen zufolge auch das betriebliche Umweltmanagement eine wesentliche Rolle dabei spielt, tut sich daraus eine Stellschraube für das Employer Branding auf, das im Zuge des „War for Talent“ insgesamt an Bedeutung für Unternehmen gewinnt. Ökologische Ziele und Prozesse sollten Arbeitgeber deswegen bei Sourcing und Recruiting aktiv kommunizieren. So verknüpft etwa der Lebensmittelproduzent Arla seine Karriereseiten mit einer ausführlichen Darstellung seiner nachhaltigen Produkte und Prozesse.

 

Doch die Personalauswahl selbst ist genauso wichtig für „Green HRM“. Über strukturierte Interviews oder Gruppendiskussionen können Personalverantwortliche mehr über das Engagement der Kandidaten für die Umwelt herausfinden und ihre ökologischen Einstellungen klar einschätzen. Dieser wertebezogene „Fit“ zwischen Unternehmen und Stellenanwärter wirkt sich nicht nur positiv auf die Motivation des zukünftigen Mitarbeiters aus, den Betrieb bei seinem nachhaltigen Agieren zu unterstützen. Ökologische Passgenauigkeit führt auch eher zu einer Identifikation mit dem Unternehmen – und damit dazu, die Mitarbeiter langfristig zu binden.

 

Performance Management und Compensation: ökologische Ziele vorgeben

 

Damit ein Green Management und nachhaltiges Handeln im Unternehmen nicht in reiner Rhetorik stecken bleiben, sollten die Betriebe neben einem „grünen“ betrieblichen Vorschlagswesen ökologische Aspekte in individuellen Zielvereinbarungen verankern. Der weltweit agierende Chemiekonzern DuPont oder auch der finnische Mineralölkonzern Neste Oil binden beispielsweise Teile von Managergehältern und Boni an ökologische Unternehmensziele und unterstützen Führungskräfte regelmäßig bei der Verleihung innerbetrieblicher Umweltawards. Damit sich die Beschäftigten mit diesen Zielen identifizieren und sich auf diese Weise motiviert fühlen, sollten Unternehmen die ökologischen Ziele möglichst gemeinsam mit den Mitarbeitern formulieren. Außerdem sollten die Ziele klar spezifiziert, messbar und erreichbar sein. Dafür ist auch ein konkreter Zeitpunkt für die Zielerreichung notwendig.

 

Um die Abläufe entsprechend zu steuern und in einem ökologischen Performance Management zu implementieren, sollten Arbeitgeber unternehmensweit Kennzahlen für den Einkauf, den Verbrauch und den Ausschuss von Ressourcen (z.B. Papier, Toner, gefahrene Kilometer, Anzahl Dienstreisen) definieren und entsprechende Informationssysteme einrichten. Damit können sie Kennzahlen erfassen und entsprechend in Zielvereinbarungsgespräche einfließen lassen. Um ökologisch kritische Abläufe im Unternehmen überhaupt erst zu identifizieren, bieten sich Audits an. Dabei können Mitarbeiter Probleme benennen und zugleich Informationen über die ökologische Performance des Unternehmens erhalten.

 

Weiterbildung und Führung: Trainings durchführen und evaluieren

 

Bereits im Jahr 2002 zeigte Catherine Ramus von der University of California in Santa Barbara über eine Befragung von 353 Führungskräften aus 12 Ländern, dass Trainings die „ökologische Kompetenz“ der Mitarbeiter stärken und ihr Verhalten im Sinne nachhaltiger Umweltaktivitäten verändern können. Die Trainings können Beschäftigte zunächst darin schulen, wie sie technologische Einrichtungen (z.B. Drucker, Kopierer, Notebooks) ressourcenschonend bedienen. Sie sollten aber vor allem dazu beitragen, dass die Mitarbeiter auf ökologische Formalziele und entsprechende Businessstrategien aufmerksam werden, dass sie sich dafür interessieren und sich damit identifizieren.

 

Diesen Effekt können Beschäftigte unterstützen, die privat und/oder beruflich besonderes Engagement in Umweltfragen zeigen. Als Mentoren für neue Mitarbeiter können sie nicht nur den fachlichen und sozialen Einstieg im Unternehmen erleichtern, sondern auch als Rollenmodell für ein aktives Umweltengagement dienen. Personalmanager sollten gleichzeitig den Erfolg aller Instrumente für Personalentwicklung längerfristig evaluieren – insbesondere im Hinblick auf einen Lerntransfer im Berufsalltag.


Die Unternehmenskultur begrünen

 

Vor allem die Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion, wenn es darum geht, nachhaltiges Umweltverhalten in einer Belegschaft zu etablieren. Oben genannte Studie von Catherine Ramus weist darauf hin, dass ein entsprechender Wandel der Organisationskultur nur möglich ist, wenn die oberste Führungsebene ein Green Management konsequent unterstützt. So sind etwa einzelne Mitarbeiter deutlich bemühter, umweltorientierte Ideen im Unternehmen einzubringen, wenn ihre Führungskräfte sie ausdrücklich dazu ermuntern, wenn sie einen partizipativen Führungsstil in ökologischen Fragen an den Tag legen und auch die hiermit verbundene Verantwortung mit ihren Mitarbeitern explizit teilen.

 

Der Erfolg von Umweltmanagement steht und fällt mit der Organisationskultur. Dabei geht es nicht nur darum, wie Führungskräfte über Umweltfragen denken, sondern auch über entsprechende Annahmen, Werte, Symbole und Aktivitäten innerhalb der Organisation.


Wechselwirkungen in Unternehmen intensiver untersuchen

 

Schritt für Schritt wandelt sich das Bewusstsein in Unternehmen in Bezug auf die Umwelt: Managern wird klar, dass sie nicht mehr unendlich über Ressourcen verfügen können, sondern nachhaltige Strategien im Umgang damit entwickeln müssen. Das zeigt sich etwa in schriftlichen Grundsatzerklärungen der Organisationen, aber auch in „umweltfreundlichen“ Berufsbezeichnungen, der Bedeutung von Kooperationen mit Umweltorganisationen, Marketing-Strategien, Investmententscheidungen, im Produktdesign oder im Produktionsprozess.

 

So wie die Unternehmen in Bezug auf Green HRM aber noch in den Anfängen stecken, hat auch die Forschung Nachholbedarf. Neben Lloyd C. Harris und Andrew Crane (2002) haben etwa Nalini Govindarajulu und Bonnie F. Daily im Jahr 2004 gezeigt, wie wichtig der Support des Managements für eine grüne Unternehmenskultur ist. Doch es wären noch deutlich mehr Untersuchungen nötig, um wirklich nachzuvollziehen, wie HR-Professionals Green HRM im Unternehmen nach vorne bringen können und auf welche Hindernisse sie dabei stoßen. So wären etwa Studien wichtig, die den Zusammenhang von Trainings und Vergütungssystemen untersuchen und entsprechende Messwerte entwickeln. Solche Studien könnten Unternehmen helfen, negative Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Umwelt zu reduzieren und davon wirtschaftlich zu profitieren.

 

Literaturtipps

  • Jackson, Susan E., Renwick, Douglas W.S., Jabbour, Charbel J.C. & Müller-Camen, Michael (2011). State-of-the-Art and Future Directions for Green Human Resource Management: Introduction to the Special Isssue. Zeitschrift für Personalforschung, 25, 99-116.
  • Renwick, Douglas W.S., Redman, Tom, Maguire, Stuart (in Druck). Green Human Resource Management: A Review and Research Agenda. International Journal of Management Reviews.
  • Chapman, Derek S.; Uggerslev, Krista L.; Carroll, Sarah A.; Piasentin, Kelly A.; Jones, David A. (2005). Applicant Attraction to Organizations and Job Choice: A Meta-Analytic Review of the Correlates of Recruiting Outcomes. Journal of Applied Psychology, 90, 928-944.
  • Ramus, Catherine A. (2002). Encouraging innovative environmental actions: what companies and managers must do. Journal of World Business, 37, 151-164.


Webtipp

www.greenhrm.org