Problempunkt

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Die Parteien stritten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30.6.2005 endete.

Der Kläger war aufgrund zweier befristeter Arbeitsverträge bis zum 31.1.2004 für die Beklagte tätig. Danach fiel der Beschäftigungsbedarf auf seiner bisherigen Position weg. Daher bot ihm die Beklagte mit Schreiben vom 6.12.2004 eine befristete Einstellung vom 1.1.2005 bis zum 30.6.2005 als Produktionsfacharbeiter zur Vertretung eines näher bezeichneten Arbeitnehmers an. Dem Schreiben war der Arbeitsvertrag in zweifacher Ausfertigung mit der Bitte beigefügt, eine Ausfertigung kurzfristig unterschrieben zurückzusenden. Der Kläger nahm seine Arbeit vereinbarungsgemäß am 4.1.2005 auf und übergab nach Arbeitsantritt auf Nachfrage den gegengezeichneten Arbeitsvertrag. Er machte geltend, die vereinbarte Befristung zum 30.6.2005 sei unwirksam. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sei nicht gewahrt, weil er das Anschreiben der Beklagten mit dem Arbeitsvertrag am 4.1.2005 aus seinem Briefkasten genommen und erst nach Schichtbeginn gegengezeichnet habe. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.

Entscheidung

Auch die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Die Befristung bis zum 30.6.2005 war durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG enthaltenen Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG war gewahrt, da ein von beiden Parteien unterzeichneter befristeter Arbeitsvertrag vorlag. Dabei spielte es keine Rolle, dass der Kläger den Arbeitsvertrag nach seiner Angabe erst nach Arbeitsantritt unterschrieben hatte. Da die Beklagte ihn bereits zuvor unterzeichnet hatte, haben die Parteien nicht nur eine zuvor mündlich und damit formnichtig vereinbarte Befristung schriftlich niedergelegt, sondern eine eigenständige Befristungsabrede getroffen. Die Beklagte hatte zudem ihr Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags davon abhängig gemacht, dass der Kläger den schriftlichen Arbeitsvertrag unterzeichnet. Daher konnte er ihr Angebot auch nicht in anderer Weise, etwa durch schlichte Arbeitsaufnahme, annehmen, sondern nur indem er den Arbeitsvertrag unterzeichnete.

Konsequenzen

Eine nicht der gesetzlichen Schriftform entsprechende Befristungsabrede ist nichtig, § 125 Satz 1 BGB. Dies führt dazu, dass der Arbeitsvertrag nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Besprechen die Parteien die Befristung vor Vertragsbeginn nur mündlich und halten sie diese Abrede erst in einem nach Vertragsbeginn unterzeichneten Arbeitsvertrag schriftlich fest, ist die zunächst mündlich vereinbarte Befristung nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB unwirksam. Bereits bei Vertragsbeginn entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die spätere schriftliche Wiederholung der zunächst bloß mündlich vereinbarten Befristung heilt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht rückwirkend die formnichtige Befristung (BAG, Urt. v. 1.12.2004 – 7 AZR 198/04, vgl. AuA 1/05, S. 50 f.). Sie ist als nachträgliche Befristung allenfalls zulässig, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt und die Parteien sie eigenständig vereinbart haben. Daran fehlt es regelmäßig (BAG, Urt. v. 13.6.2007 – 7 AZR 700/06, vgl. AuA 11/07, 692 f.).

Haben die Parteien jedoch vor Vertragsbeginn und bevor sie den schriftlichen Arbeitsvertrag unterzeichneten

  • mündlich keine Befristung vereinbart oder
  • zunächst mündlich eine Befristung abgesprochen, die aber inhaltlich mit der in dem später unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrag enthaltenen Befristung nicht übereinstimmt,

liegt keine bloße Wiederholung einer – unwirksamen – mündlichen Befristung vor. Vielmehr handelt es sich um eine davon abweichende und damit eigenständige Befristungsabrede. Sie befristet das zunächst bei Vertragsbeginn unbefristet entstandene Arbeitsverhältnis nachträglich. Entspricht die Vertragsurkunde den Voraussetzungen des § 126 BGB, ist die Befristung nicht wegen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam (BAG, Urt. v. 13.6.2007 – 7 AZR 700/06, a. a. O.).

Eine andere Rechtslage ist gegeben, wenn der Arbeitgeber den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer die Vertragsurkunde unterzeichnet. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass er dem Schriftformgebot aus § 14 Abs. 4 TzBfG entsprechen will. Der Mitarbeiter kann dann das vor Arbeitsaufnahme ihm gegenüber abgegebene schriftliche Vertragsangebot nur durch eine Erklärung annehmen, die den Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB genügt. In einer anderen Form, etwa konkludent durch Aufnahme der Arbeit und Erbringung der Arbeitsleistung, ist dies nicht möglich.

Praxistipp

Im Rahmen der Formvorschrift des § 14 Abs. 4 TzBfG, die nicht zu Unrecht als „Tretmine des Befristungsrechts“ bezeichnet wird, legt das BAG durchgehend strenge Maßstäbe an. Das vorliegende Urteil ist dabei ein weiterer Baustein. Es zeigt zwar auf der einen Seite Lösungsmöglichkeiten auf, wirft aber auf der anderen Seite auch weitere Fragen auf. Nicht geklärt ist, welche Folgen eintreten, wenn der Arbeitnehmer behauptet, er habe den schriftlichen Arbeitsvertrag gar nicht erhalten. Das Gleiche gilt, wenn ihm der Arbeitsvertrag zugegangen ist, er ihn aber nicht sofort gegenzeichnet und dem Arbeitgeber aushändigt. Nach § 147 Abs. 2 BGB kann ein Abwesender den ihm gemachten Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt annehmen, in dem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Es bleibt also offen, was gilt, wenn der Mitarbeiter den Vertrag nur zögerlich zurückgibt. Kann der Arbeitgeber nicht beurteilen, ob der Beschäftigte sein Vertragsangebot rechtzeitig angenommen hat, oder enthält die „Annahme“ sogar Änderungen, ist ihm in jedem Fall zu raten, sie schriftlich zu bestätigen – und damit seinerseits anzunehmen.

Unabhängig davon ist der Arbeitgeber gehalten, bereits bei den Vertragsverhandlungen deutlich zu machen und nachweisbar zu dokumentieren, dass die Einhaltung der Schriftform vor Arbeitsantritt Voraussetzung für die Begründung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses ist. Der sicherste Weg bleibt jedoch, keinen Arbeitnehmer zu beschäftigen, wenn nicht zuvor der von beiden Seiten unterzeichnete Arbeitsvertrag vorliegt.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht – Personal-Profi – 1/09