Berufslehre: fachliche und persönliche Entwicklung
Die Verordnung kommt von „oben“: Das neue Berufsbildungsgesetz des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT) fordert in Art. 3 a. „ein Berufsbildungssystem, das den Einzelnen die berufliche und persönliche Entfaltung und die Integration in die Gesellschaft, insbesondere in die Arbeitswelt, ermöglicht und das ihnen die Fähigkeit und die Bereitschaft vermittelt, beruflich flexibel zu sein und in der Arbeitswelt zu bestehen“. Damit setzt das BBT wichtige Eckpunkte einer zukunftsgerichteten Entwicklung, indem es sich klar dazu bekennt, dass die fachliche Ausbildung allein noch keine sozialen Werthaltungen generiert. Die Gesellschaft braucht jedoch Mitglieder mit professionellem Know-How und gleichzeitig berufsständischen Werten wie Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Flexibilität und Kundenorientierung. Diese letzteren Werte müssten als ‚Mitbringsel’ aus der Kinderstube oder der Schule bei den Lernenden schon vorhanden sein – sind es aber nicht immer. Und was die Jugendlichen an sozialen/gesellschaftlichen Werten weder im Elternhaus noch in der Schule erlernt haben, können sie in letzter Instanz noch in der Berufsbildung am Lehrort erwerben – falls die Bedingungen dort stimmen.
Vom Impuls zur Umsetzung
Die Idee für das Berufsbildungs-Qualitätsmanagements (BB-QM) kam anlässlich zahlreicher Lehrmeisterkurse, an welchen die strukturellen als auch die zwischenmenschlichen Schwierigkeiten offenkundig wurden. Dass die Berufsbildner fachlich sehr gut ausgerüstet sind, ist nicht zu bezweifeln. Aber die Organisation der Berufsbildung – beginnend beim ersten Arbeitstag bis hin zur Bewertung der Leistungen – ist oft ungeordnet und nicht für alle klar definiert. Noch mehr aber fordert der Umgang mit teils schwierigen Konstellationen mit den Jugendlichen am Arbeitsort oder mit dem Elternhaus viele engagierte Berufsbildner offensichtlich heraus. Das ist sehr verständlich, sind die Berufsbildner letztlich nicht für Krisenintervention ausgebildet und angestellt, noch kann dies a priori von ihnen verlangt werden. Ein gut durchdachtes Berufsbildungs-Qualitätssystem vermag einen grossen Teil an Konfliktpotenzial gleich an der Wurzel zu eliminieren. ‚Gute’ Führungsinstrumente bilden ein wesentliches Element einer stringenten und sachlichen Führung der Jugendlichen. Ein ‚gutes’ Führungsinstrument zeichnet sich durch Akzeptanz, leichte Handhabbarkeit und pädagogisch/psychologische Sinnhaftigkeit und Effizienz aus. Damit wird auch deutlich, dass für den Aufbau eines Berufsbildungs-QM, spezifische fachliche Fähigkeiten gefordert sind. Nicht, dass bei den Berufsbildnern kein Wissen vorhanden wäre. Aber es ist vergleichbar mit einer Reifenpanne am Auto: Es ist für Viele durchaus möglich, das Rad zu wechseln, aber der Profi macht es leichter, schneller und professioneller und bemerkt vielleicht auch gleichzeitig noch, dass die Reifenprofile nicht mehr der Norm entsprechen und keine Sicherheit mehr bieten.
Die Erfahrungen aus den Lehrmeisterkursen sowie aus dem persönlichen Coaching von Berufsbildnern und Lernenden in schwierigen Situationen bildeten den Motivationsschub für die Entwicklung des BB-QM. Die teilweise Überforderung von Berufsbildnern bei der strukturierten Gestaltung der Lehrzeit und der zeitgerechten Umsetzung der Ausbildungs-Reglemente bildete früher eine grosse Hürde. Inzwischen sind die meisten Berufe mit Ausbildungsvorlagen und Musterlehrgängen gut ausgerüstet. Diese bieten den Leitfaden zur Vollständigkeit der fachlichen Ausbildung im Rahmen der verfügbaren Lehrzeit.
Aber selbst das durchgestylte Online-Reglement fruchtet nichts, wenn Jugendliche nicht motiviert sind, plötzlich durchhängen und sich persönlich verändern. Der Konflikt auf Seite der Lernenden sieht dann im selben Beispiel oft so aus, dass sie sich nicht ernst genommen fühlen, nicht dazu gehören oder sich missverstanden fühlen, weil z.B. ihre Form der Selbständigkeit beim Berufsbildner nicht auf Begeisterung stösst und die Jugendlichen vergeblich darauf hoffen, sich im Gespräch erklären zu können. Letztlich erweist sich immer die (zwischen-)menschliche Seite als Auslöser von Konflikten und Leistungsabfall in der Lehrzeit. Diese Fallen reduziert das Berufsbildungs-QM, indem es griffige und leicht anwendbare Führungshilfen schafft, welche bereits die Schnupperzeit und Rekrutierung mit einbeziehen. Es geht also nicht allein um die fachliche Ausbildungsqualität sondern genauso um die Betreuungsqualität – beides wird von den Berufsbildnern und Praxisausbildnern transportiert.
Ziel der Qualitätsentwicklung
Das Ziel der Qualitätsgestaltung – gemäss BBT die „persönliche Entfaltung und die Integration in die Gesellschaft“ – sowie die Vermittlung von Berufsstands- und Unternehmenswerten wird nicht über einen Musterlehrgang erreicht, sondern über gute Strukturen sowie über Berufsbildner mit Führungsqualität und sozialen Kompetenzen. Beides fällt nicht vom Himmel. Die Führungsqualität lässt sich durch spezifisch auf die Situation und auf das Unternehmen zugeschnittene Führungsinstrumente positiv beeinflussen. Voraussetzung dazu ist, dass diese so gestaltet sind, dass sie leicht adaptiert und als gemeinsame Leitplanke akzeptiert werden können. Das zugehörige Training ist notwendig, um den Berufs- und Praxisausbildnern Sicherheit zu geben im Umgang mit den Führungshilfen. Ein konsequenter und korrekter Einsatz der Führungsinstrumente ist das A & O des Berufsbildungs-QM. Es verleiht den Berufs- und Praxisausbildnern Gewissheit, dass sie im Einklang einerseits mit den Unternehmenswerten und anderseits im Einklang mit den übrigen Berufs- und Praxisausbildnern im Unternehmen handeln. Das Resultat ist Zufriedenheit, Sicherheit im Umgang mit den Lernenden und weniger aufreibendes Einzelkämpfertum. Das wirkt sich gradlinig positiv auf die Motivation und Lernbereitschaft der Jugendlichen aus. Diese merken sehr schnell, dass ein zwar stringenter aber korrekter und sachlicher Umgang herrscht, der für alle Lernenden gleichermassen gilt.
Smarte Instrumente sind gefragt
Wer von einem Zertifikat liest, denkt sofort mit Grauen an einige prall gefüllte Ordner Papier. Eine solche papierene Lösung wäre kontraproduktiv und von vorn herein zum Scheitern verurteilt. Berufsbildungsqualität ist nur auf der Fachebene eine technische Grösse – weitaus wichtiger ist die menschliche Seite der Führungs- und Betreuungsqualität. Dazu braucht es einfache und ‚smarte’ Führungsinstrumente, welche als hilfreich und gut durchdacht gerne und ganz selbstverständlich eingesetzt werden. Ein ‚smartes’, gut durchdachtes QM ebnet den Weg und lässt den Berufsbildnern mehr Zeit und Raum für die zwischenmenschliche Seite und vor allem für die fachliche Ausbildung der Lernenden. Zufriedene und führungssichere Berufsbildner tragen letztlich am meisten zu einer allseits erfolgreichen beruflichen und persönlichen Entwicklung im Rahmen der Berufsbildung bei.
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