Der Vertrag ist unterzeichnet, der erste Schritt ist getan. Durch gezielte Aktivitäten im Sinne des Employer Branding vermitteln Unternehmen heute bereits in der Rekrutierungsphase, für welche Werte und Ziele sie einstehen. Und sprechen so potenziell passende Mitarbeitende an. Ist der Neue erst einmal verpfichtet, muss er aber noch «an Bord geholt» und erfolgreich integriert werden. Hier kann die aktive Vermittlung der Unternehmenswerte und des gewünschten Verhaltens dem Neuling eine wichtige Orientierungshilfe sein. Umso mehr, wenn die Kultur dabei erlebbar wird.

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Foto von Thought Catalog

Das Onboarding beginnt bereits vor Stellenantritt. Daniel Scholten, seit Kurzem als Social Media und Content Manager für PwC Schweiz tätig, erhielt zwei Wochen vor seinem Eintritt per E-Mail diverse Informationen – darunter auch die Zugangsdaten zur elektronischen Onboarding-Plattform des Unternehmens.

Dort fand er Informationen zur Strategie und Unternehmenskultur, der «PwC Experience». Gleichzeitig stiess er auf eine Übersicht über seine konkreten Ansprechpartner bei Fragen. Daniel Scholten: «Es wurde mir schnell klar, dass Vernetzung und Austausch in der Firma sehr wichtig sind.»

Viele Unternehmen laden ihre neuen Mitarbeitenden in den ersten Tagen oder Wochen nach Arbeitsaufnahme zu einem Willkommensanlass ein. An einem oder mehreren Tagen werden wesentliche Informationen zur Organisation, den Abläufen, der Strategie sowie der Unternehmenskultur vermittelt Bei der Helvetia Gruppe nehmen jeweils 40 bis 60 Mitarbeitende aus allen Landesteilen an dem alle zwei Monate am Hauptsitz in Basel durchgeführten Anlass teil. «Die Reaktionen auf den Welcome Day sind sehr wohlwollend. Die neuen Mitarbeitenden empfinden den Tag am Hauptsitz als grosse Wertschätzung», weiss Hans-Caspar Schegg, Leiter Personalentwicklung und Ausbildung der Helvetia. Der Anlass beginnt mit einem Einführungsreferat des CEO Schweiz, in dem dieser Strategie und Werte der Helvetia Versicherungen näherbringt. «Dass sich der CEO und andere Topmanager Zeit für sie nehmen, wird von den Teilnehmenden besonders geschätzt», meint Schegg. «Durch seine Präsenz zeigt Philipp Gmür, dass die Mitarbeitenden dem Unternehmen wichtig sind.» Und dass die Themen Kultur und Werte Chefsache sind. Ein Monolog des Chefs also? Weit gefehlt. Da der Austausch und die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden wichtige Elemente der Unternehmenskultur der Helvetia sind, wird die Interaktion unter den Teilnehmenden des Welcome Day durch verschiedene Formate gefördert. 

 

«Wir wollen, dass sich die Teilnehmenden vernetzen
 und ohne Scheu aufeinander zugehen – egal,
wie viele Hierarchiestufen und Kilometer im Alltag zwischen ihnen liegen»

Im Anschluss an das Inputreferat des CEO haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, verschiedene Führungskräfte und Spezialisten und deren Aufgabengebiete kennenzulernen. Bei diesem Round-table-Gespräch werden die von den Teilnehmenden vorbereiteten Fragen im Plenum diskutiert. «Wir wollen, dass sich die Teilnehmenden vernetzen und ohne Scheu aufeinander zugehen – egal, wie viele Hierarchiestufen und Kilometer im Alltag zwischen ihnen liegen», so Schegg. Und was ist mit Sprachbarrieren? «Sprache darf nicht behindern. Telefonate mit Kollegen in anderen Landesteilen sind nun mal Realität in unserem Unternehmen.» Immerhin ist am Welcome Day eine Simultanübersetzung verfügbar.

Die Linie als Integrationsförderer

Die Vermittlung der Unternehmenswerte und -kultur spielt auch im weiteren Teil des Onboarding-Prozesses eine wichtige Rolle. Im Zentrum steht dabei die Linie. Der direkte Vorgesetzte muss sich gerade in der Probezeit Zeit für den Mitarbeitenden nehmen, sich mit diesem in formellem wie informellem Rahmen austauschen. So werden die vom Unternehmen postulierte Zusammenarbeit und der Austausch erlebbar und die Identifikation des neuen Mitarbeitenden mit dem Unternehmen durch eine positive Führungsbeziehung gestärkt. Bei der Helvetia unterstützt die HR-Abteilung die Linie aktiv mit Checklisten und dem Versand von Informationsmails an die Mitarbeitenden zu Themen wie Werte oder Compliance. Neben der Linie und HR unterstützen in den meisten Unternehmen auch «Göttis» und Coaches die Neuen gezielt bei der Integration. 

Bei PwC ist der direkte Vorgesetzte in der Onboarding-Phase zugleich auch Coach des neuen Mitarbeitenden. Daniel Scholten: «Mein Coach hat meine Vernetzung aktiv gefördert, mir Kollegen vorgestellt und mich aufgefordert, auch Kaffeepausen fürs Networking zu nutzen. Das half mir entscheidend, mich zu integrieren und die Kultur zu verstehen.»

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Quelle: persorama – Magazin der Schweizerischen Gesellschaft für Human Resources Management | Nr. 3, Herbst 2013


Fotocredit: 
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BirgitH (2) | 
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Kultur nicht nur vermitteln,
sondern erlebbar machen

Neben dem Austausch und der Zusammenarbeit will die Helvetia auch ein modernes und vorwärtsgerichtetes Denken fördern. Nicht unpassend also, dass man sich vor drei Jahren dazu entschied, die Unternehmensstrategie und deren Umsetzung am Welcome Day mit einem Management-Planspiel erlebbar zu machen. 

Bei «Expedition Top 5», einem für die Helvetia entwickelten Brettspiel, versuchen die Mitarbeitenden in gemischten Gruppen, möglichst viele Kunden auf den Gipfel des Matterhorns – Symbol der Unternehmensstrategie – und wieder zurück zu bringen. Nur Kunden, die den Gipfel erreichen, sind zufriedene und zahlende Kunden. Auf diese Weise werden Wachstum, Rentabilität und Kundenzufriedenheit spielerisch thematisiert.

Kommt das an? «Am Anfang hatten wir das Spiel zu wenig klar eingeführt», erinnert sich Schegg. «Jetzt machen wir eine gezielte Anmoderation. Nun verstehen die Teilnehmenden, dass es hier nicht um eine Leistungsbeurteilung geht. Das Spiel soll die Vision der Helvetia vermitteln, vernetztes Denken fördern und einfach auch Spass machen.» 

Und wer erreicht letztlich den Gipfel? Hans-Caspar Schegg: «Natürlich braucht es Leistung. Aber nur wer im Team optimal zusammenarbeitet und sich auch mit den anderen Gruppen austauscht, kann gewinnen. Es ist für ein Unternehmen wie unseres – mit mehreren Standorten in den verschiedenen Landesteilen – unerlässlich, dass die Leute aufeinander zugehen. Mit dem Spiel wollen wir auch vermitteln, dass die Wege in unserer Organisation noch immer kurz sind.»

Vielfalt als Herausforderung

Organisatorin solcher Anlässe ist in der Regel die HR-Abteilung. Eine der grossen Herausforderungen bei Konzept und Durchführung sind die heterogenen Bedürfnisse der Teilnehmenden. «Bei der Helvetia heisst dies, dass wir einen Hauswart und einen Mathematiker mit langjähriger Branchenerfahrung gleichermassen abholen müssen. Was für den einen neu ist, ist für den anderen vielleicht schon kalter Kaffee», meint Schegg.

Diese Quadratur des Kreises lässt sich nur bedingt durchbrechen. Deshalb und aus Effizienzgründen führen viele Unternehmen heute eher wieder kürzere Veranstaltungen durch und ergänzen diese mit bedarfsgesteuerten Onboarding-Elementen.

Dieser individualisierte Ansatz wird auch von Mitarbeiterseite begrüsst. Daniel Scholten: «Am Anfang prasseln sehr viele neue Informationen auf einen ein. Dabei ist notgedrungen nicht jede Information für alle gleich wichtig. Ich empfand es als äusserst nützlich, dass ich einen Teil der Informationen auf dem Onboarding-Portal und bei der Online-Gruppe für Neueingetretene selber abrufen konnte. Es war auch sehr effizient, dass wir an der zweitägigen Einführungsveranstaltung einen Block mit der eigenen Abteilung hatten.»