Herr Horacek, ist es schwer, gute Personalisten zu finden?
Es wird immer schwieriger. Das zeigt sich deutlich daran, dass die Zahl der Stelleninserate zunimmt. Wenn Sie am Wochenende die Zeitung aufschlagen, sehen Sie zwischen drei und acht Personalinserate. Als ich meinen ersten Job suchte, gab es wochenlang kein einziges Stelleninserat für den HR-Bereich. Heute ist es schon schwer einen Standard-Personalmanager zu finden, ganz zu schweigen von Spezialistenpositionen. Wir haben vor eineinhalb Jahren sehr lange einen Trainingsmanager gesucht. Das ist im Grunde ein Traumjob: Wir sind ein großes Unternehmen mit relativ großzügigen Budgets, es gibt bei uns viel zu gestalten und einen unglaublichen Change. Dennoch haben wir niemanden für die Position gefunden. Das Problem: Es gibt kaum passende Kandidaten in Österreich, da nur wenige österreichische Unternehmen so groß sind, dass sie einen hauptberuflichen Trainingsmanager haben. Letztendlich haben wir jemanden aus Deutschland eingestellt. Deshalb hat das ÖPWZ auch in Zusammenarbeit mit der WU zwei Studien zu Karriere, Entwicklung und Ausbildung von HR-Managern in Österreich in Auftrag gegeben.

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Foto von Patrick Perkins

Rekrutieren Sie stärker intern oder extern?
Wir rekrutieren einen großen Teil der HR-Mitarbeiter intern. Von den drei Senior-HR-Verantwortlichen in meiner Abteilung haben zwei eine klassische OMV-Karriere hinter sich und sind schon sehr lange im Unternehmen. Wenn wir Stellen im Personalbereich intern besetzen wollen, schreiben wir sie sehr allgemein aus, weil wir auch gerne einige Leute nehmen, die aus dem Geschäft kommen. Obwohl ich selbst kein Quereinsteiger bin, finde ich es gut, wenn ein Teil unserer Personalverantwortlichen nicht von Anfang an HR gemacht hat. Einen Fachfremden von außen würde ich allerdings nicht einstellen. Entweder die Mitarbeiter kommen von außen und haben Know-how im Personal, oder sie kommen von innen und kennen das OMV-Geschäft. Interessanterweise stellen wir fest, dass sich der Personalbereich intern langsam größerer Beliebtheit erfreut. Wir werden attraktiver.

Wie sieht der Recruitingprozess für den Personalbereich aus?
Grundsätzlich ist es meiner Erfahrung nach viel schwieriger, Leute für die eigene HR-Abteilung auszuwählen als für andere Fachabteilungen. Denn normalerweise ist der Recruitingprozess ja zweigeteilt: Personal- und Fachabteilung bewerten einen Kandidaten – und achten dabei auf jeweils unterschiedliche Aspekte. Wenn wir dagegen alleine rekrutieren, haben wir kein Regulativ. Rein formal sieht es bei uns so aus, dass wir Headhunter beauftragen, wenn wir Senior-HR-Positionen extern besetzen. Meiner Erfahrung nach sind Personalisten im Bewerbungsprozess eher zurückhaltend. Sie bewerben sich nicht so gerne selbst, sondern wollen lieber angesprochen werden. Mit den besten Kandidaten der Shortlist führe ich zwei Interviews – mit einem gewissen zeitlichen Abstand. Das ist der Versuch, mein eigenes Regulativ zu sein. Geht es um Positionen im engsten Kreis meiner HR-Mitarbeiter, bitte ich zusätzlich unseren Generaldirektor, die Kandidaten zu interviewen. Bei einigen Positionen führen wir außerdem externe Management- Audits durch.

Und die Junior-Positionen?
Kandidaten für Positionen mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung durchlaufen ein klassisches Assessment-Center mit typischen Fällen aus dem HR-Umfeld: Sie müssen zum Beispiel zeigen, wie sie reagieren würden, wenn eine Führungskraft zu ihnen ins Büro stürmt und schreit: „Den müssen wir sofort rausschmeißen!“, sich aber hinterher herausstellt, dass der betroffene Mitarbeiter gar nicht viel angestellt hat. Oder: Eine Führungskraft will eine riesige Gehaltserhöhung für einen Mitarbeiter durchsetzen, aber das ist überhaupt nicht mit dem Gehaltssystem vereinbar. Wie gehen die Bewerber mit der Situation um? Viele Leute rekrutieren wir auch über Praktika oder Studentenjobs. Das hat den Vorteil, dass diese Mitarbeiter das Unternehmen schon länger kennen und wissen, wie es ist, in einer großen Organisation zu arbeiten. Denn daran müssen sich viele erst gewöhnen.

Welche Abschlüsse und Kompetenzen müssen Kandidaten mitbringen?
Wenn ich heute ausschreiben würde, dann würde ich nach einem Wirtschaftswissenschaftler oder Juristen suchen. Das sind ja die beiden typischen Abschlüsse. Bewerber müssen natürlich fachlich beschlagen sein, an der Hochschule ein bisschen Arbeitsrecht gehört haben und unternehmerisch denken können. Wir haben eine sehr unternehmerische HR-Management-Philosophie – und keine weiche, nur entwicklungsorientierte. Wir wollen daher unternehmerische HRLeute haben, die – Schlagwort der Neuzeit – ein Businesspartner der Geschäftsbereiche sind. Das ist das nächste Kriterium: Mir ist wichtig, dass Personalleute sehr starke Persönlichkeiten sind, die Auge in Auge mit der Geschäftsleitung agieren können und nicht nur servicieren – nach dem Motto: „Sag mir, was du wünschst, und ich gebe dir, was du willst.“

Interview: Bettina Geuenich

Quelle: personal manager Ausgabe 4/2008