Als ein Energieunternehmen – wie übrigens auch schon vor dem Krieg – für seine Arbeiter und Angestellten einen Entgelt- und Manteltarifvertrag einheitlich für Arbeiter und Angestellte verhandeln wollte, war die IG Metall dafür. Die im Unternehmen sowie im Aufsichtsrat stark vertretene DAG hatte Bedenken. Ähnliche Schwierigkeiten gab es auch in der Nahrungs- und Genusswirtschaft. In der Getränkeindustrie war die DAG zum Teil nicht unbedeutend, während in der Cigarettenindustrie damals der DHV (Deutscher Handlungsgehilfen-Verband) Probleme machte.

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In der Chemischen Industrie und in der Metallindustrie wurden aufgrund kluger Verhandlungsführung fortschrittliche Ergebnisse erreicht. Dagegen zeigten und zeigen die Bahnverhandlungen die Auswirkungen unsachlichen Renommiergehabes – bis zum Auftreten eines Aufsichtsratsmitgliedes im Fernsehn. Dabei wäre, wie schon die Schlichter versuchten, eine sachlich vertretbare Einigung möglich gewesen.

Friedensstiftende Rolle

Seit Jahrzehnten, gibt es in vielen Branchen, sogar in inländischen und ausländischen Kommunen, bewährte analytische Arbeits- und Leistungsbewertungen. Diese Systeme – oft von Personalleitern und Betriebsräten gemeinsam ausprobiert – entstanden, weil die Bewertung der Arbeitsplätze aufgrund der technischen Entwicklung nicht nur von Ausbildung und Betriebszugehörigkeit abhängen sollte. Übrigens kommt durch solche Praxis das manchmal emotional erwähnte Gefälle zwischen Frauen und Männern überhaupt nicht zum Tragen.

Die Einführung von Leistungsbewertungssystemen erzeugt manchmal Widerstand seitens einiger Vorgesetzter, die Probleme mit ehrlichen Beurteilungen und vor allem mit Beurteilungsgesprächen haben. Noch schwieriger waren die Versuche bei der Einführung von Beteiligungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmen. Bei guten Vorarbeiten und ausführlichen Informationen verstanden es dann die Betroffenen sogar, wenn ihre Bezüge in wirtschaftlichen Krisenzeiten im Zusammenhang mit Dividendenkürzungen herabgesetzt wurden.

Die Probleme bei Tarifverhandlungen – besonders in Ostdeutschland – werden überschattet von dem Bestreben, die Betriebsautonomie zu vergrößern. Ziel der Unternehmensleitungen und Arbeitgeberverbände muss es sein, möglichst ohne Aufsehen und ohne öffentliche Auseinandersetzungen zügig Verträge zu schließen. Die Gewerkschaften müssen in ihrer Politik die Unterschiede in den Branchen und Betrieben widerspiegeln. Wenn eine Gewerkschaft ein funktionierendes einigendes Band nicht schafft, kann sie ihre friedensstiftende Rolle nicht erfüllen. Ein Vorstandsmitglied der IG BCE hat das Verhalten einer Gruppe, die ihre Macht ausnutzt ohne solidarisch auf die anderen zu achten, kritisiert: „Das ist nicht unser Weg. Am Ende erwächst daraus das Risiko nicht nur für unser bisheriges Tarifsystem, sondern auch für Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt. Weder für Unternehmen und Beschäftigte noch für die Wettbewerbsfähigkeit wäre es gut, wenn das Schule machen sollte.“

Das alles wird in Zukunft eher schwieriger werden. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sollten also schleunigst dazulernen – ein gutes Trainingscamp würde da die Bahn abgeben.

Quelle: PERSONAL - Heft 02/2008