Immer wieder kommt der Fall vor, dass Sie als Arbeitgeber den Verdacht haben, dass eine Arbeitsunfähigkeit (AU) tatsächlich nicht besteht und Sie dennoch Entgeltfortzahlung leisten müssen. Was können Sie in so einem Fall tun?

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Foto von Austin Distel

Nicht zahlen
Solange die AU nicht nachgewiesen ist, können Sie die Zahlung der Entgeltfortzahlung verweigern. Wird dann eine AU-Bescheinigung vorgelegt (und damit der Nachweis erbracht) und Sie zahlen dennoch nicht (weil Sie weiterhin die AU bezweifeln), wird der Arbeitnehmer voraussichtlich eine Zahlungsklage erheben.
Vor dem Arbeitsgericht muss der Arbeitnehmer dann beweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig gewesen ist. Er beweist dies allein durch Vorlage der AU-Bescheinigung, da diese nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung den vollen Beweis der AU erbringt.
Ihnen als Arbeitgeber bleibt nur übrig, den Beweiswert der AU-Bescheinigung zu erschüttern, indem Sie Tatsachen vortragen und ggf. auch beweisen, die Zweifel am Bestehen der AU aufkommen lassen.
Gelingt Ihnen dies, so wird der behandelnde Arzt des Arbeitnehmers gehört. Wie diese Anhörung ausgeht ist unschwer zu prognostizieren - er wird selbstverständlich bestätigen, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig war. Täte er dies nicht, würde er einräumen, dass die von ihm ausgestellte Bescheinigung falsch war. Das ist eher unwahrscheinlich.
Auf diesem Weg ist also in aller Regel nichts zu erreichen.

Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK)
Sie können bei Zweifeln an der AU auch den MDK einschalten. Dieser wird dann entscheiden, ob der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist oder nicht. Dies tut er regelmäßig nur mit Wirksamkeit ab seiner Entscheidung; eine Entscheidung, dass die AU auch in der Vergangenheit nicht bestand, ist vom MDK eher nicht zu erwarten. Hinzu kommt, dass die Qualität der Arbeit des MDK sehr unterschiedlich ist. Ich habe es mehrfach erlebt, dass der MDK seine Entscheidungen ohne Untersuchung des Arbeitnehmers getroffen hat.
Über den MDK kann also in manchen Fällen eine Lösung im Sinne des Arbeitgebers erreicht werden. Auf die gute Arbeit des MDK sollte man sich allerdings nicht verlassen.

Einschaltung eines Ermittlers
Wenn die vorstehend aufgezeigten Wege keinen Erfolg versprechen und auch Gespräche mit dem Arbeitnehmer nicht weitergeführt haben, kann es durchaus Sinn machen über den Einsatz eines Detektivs nachzudenken. 
Zwar kostet dieser Einsatz Geld - wenn es Ihnen aber gelingt durch ihn Fälle von vorgetäuschten AUs aufzudecken, so sparen Sie zum einen die Entgeltfortzahlung für diesen Arbeitnehmer und darüber hinaus werden es sich andere Arbeitnehmer in Zukunft zweimal überlegen, ob sie noch mal eine AU vortäuschen.

Kündigung wegen angedrohter oder vorgetäuschter AU
Meldet ein Arbeitnehmer sich krank, obwohl er tatsächlich nicht krank ist, so stellt dies einen Grund für eine (in aller Regel fristlose) Kündigung dar. Auch eine Abmahnung dürfte nicht erforderlich sein, da es sich bei solch einer Konstellation typischerweise auch um einen Betrug zu Lasten des Arbeitgebers handelt. Der Arbeitgeber wird nämlich über das tagsächliche Vorliegen einer AU getäuscht und leistet aufgrund dieses Irrtums Entgeltfortzahlung, was zu einem finanziellen Schaden führt, da die Zahlung bei Kenntnis der objektiven Tatsachen nicht hätte erbracht werden müssen.
Wollen Sie in solch einer Lage kündigen, müssen Sie sich allerdings darüber im Klaren sein, dass Sie vor Gericht beweisen müssen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht krank war. Dies können Sie z.B. durch Zeugen oder durch Einschaltung eines Detektivs tun, wenn diese Personen z.B. aussagen können, dass der Arbeitnehmer während der Erkrankung einer Tätigkeit nachgegangen ist, deren Ausübung bei der vom Arbeitnehmer behaupteten Erkrankung schlicht nicht möglich ist.

Auch die Drohung mit einer Erkrankung stellt einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Wenn z.B. der Arbeitnehmer erklärt, er werde krank, wenn der Arbeitgeber ihm den im bisherigen Umfang bewilligten Urlaub nicht verlängert, obwohl er im Zeitpunkt der Ankündigung nicht krank war und sich aufgrund bestimmter Beschwerden auch noch nicht krank fühlen konnte, ist ein fristloser Kündigungsgrund gem. § 626 BGB gegeben. Ein solches Verhalten ist auch dann ein Grund für eine fristlose Kündigung, wenn der Arbeitnehmer später tatsächlich (zufällig) erkrankt.

Wird hier geklagt, so hat es der Arbeitgeber einfacher als bei der vorgetäuschten Erkrankung. Er muss je nach Sachverhalt nur die Drohung mit der Erkrankung (z.B. durch einen Zeugen) beweisen.

Dr. Alexander Scharf
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Scharf & Wolter
Hamburg-Eppendorf & Hamburg-Barmbek
as@scharf-und-wolter.de