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Foto von Adeolu Eletu
BAG, Urteil vom 21. April 2009, 9 AZR 391/08

Die bei dem beklagten Unternehmen seit 1999 beschäftigte Arbeitnehmerin hatte für ihre am 4. Juli 2004 geborene Tochter vom 3. September 2004 bis zum 3. Juli 2007 Elternzeit beansprucht. Am 23. Juli 2006 wurde ihr Sohn geboren. Mit Schreiben an ihren Arbeitgeber vom 16. August 2006 nahm sie für dieses Kind vom 19. September 2006 bis zum 22. Juli 2009 Elternzeit in Anspruch. Die Elternzeit für ihre Tochter sollte deshalb vorzeitig beendet und die dadurch verbleibende Elternzeit an die Elternzeit für ihren Sohn „drangehängt“ werden. Der Arbeitgeber verweigerte allerdings mit einem Schreiben vom 21. September 2006 seine Zustimmung zur Übertragung der restlichen Elternzeit für die Tochter auf die Zeit nach Ende der Elternzeit für den Sohn. Die Arbeitnehmerin erhob hierauf Klage auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Übertragung der verbleibenden Elternzeit für ihre Tochter.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab der Klage ebenso wie die Vorinstanzen statt. Hiernach hatte die Klägerin die Elternzeit für ihre Tochter mit der Erklärung aus dem Schreiben vom 16. August 2006 rechtswirksam vorzeitig beendet. Dem Beendigungsverlangen entgegenstehende dringende betriebliche Gründe hatte der Arbeitgeber nicht dargelegt. Darüber hinaus war der Arbeitgeber nach Auffassung des BAG verpflichtet, der Übertragung der restlichen Elternzeit für die Tochter der Klägerin auf die Zeit nach Ende der Elternzeit für den Sohn zuzustimmen, da er nicht dargelegt hatte, welche Nachteile ihm durch die Übertragung der Elternzeit entstehen würden. Deshalb entsprach seine Weigerung nicht billigem Ermessen nach § 315 BGB.

Fazit:

Gegen eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit wegen der Geburt eines weiteren Kindes kann ein Arbeitgeber nur wenig einwenden. Es müssen schon dringende (also sehr schwerwiegende) betriebliche Gründe vorliegen, die einer solchen vorzeitigen Beendigung entgegenstehen. Die Anforderungen des Gesetzes sind hier also sehr hoch.

Dagegen reichen für die Ablehnung des Antrags auf Übertragung von Elternzeit auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres eines Kindes bereits einfache entgegenstehende betriebliche Gründe aus. Die Anforderungen des Gesetzes sind dementsprechend hier eher niedrig. Allerdings steht die Entscheidung über den Antrag auf Übertragung der Elternzeit nicht im freien Belieben des Arbeitgebers. Vielmehr ist er in diesem Fall an billiges Ermessen gemäß § 315 BGB gebunden. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber das Interesse des Arbeitnehmers beziehungsweise der Arbeitnehmerin, einen Teil der Elternzeit zu übertragen, zumindest angemessen berücksichtigen muss. Im Übrigen muss er selbstverständlich ausreichend darlegen, welche Nachteile dem Betrieb durch die übertragende Elternzeit entstehen. Eine bloß schlagwortartige Begründung dürfte hier nicht ausreichen.

Weitere Informationen: www.edk.de