Unabhängig von den gewählten Maßnahmen und den Inhalten des Onboarding-Programms, ist es wichtig, dass die Maßnahmen tatsächlich strukturiert und systematisch durchgeführt werden. Die Integration neuer Mitarbeiter lässt sich nicht „mal nebenbei“ mit Hilfsmitteln betreiben, die eh im Unternehmen vorhanden sind. Diese decken meist nur einen Teil, der für das Onboarding wichtigen Prozesse ab. Nimmt man die Integration der neuen Mitarbeiter wirklich ernst, müssen die entsprechenden Maßnahmen für den professionellen Start in die neue Stelle inhaltlich, strukturell und zielgruppenspezifisch aufbereitet werden.

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Foto von Bram Naus

So reicht es nicht aus, einem neuen Mitarbeiter lediglich das Faltblatt über die Unternehmensphilosophie in die Hand zu geben, das man sonst neuen oder potenziellen Kunden mit gibt.

 

Einstieg und Ankommen in einem neuen Job sind keine Selbstläufer

Sven Schmitz kennt sich mit umfangreichen Onboarding-Programmen aus. Schmitz ist Human Resources Manager bei dem Personaldienstleistungsunternehmen Randstad Deutschland. „Randstad Deutschland beschäftigt momentan über 63.000 Mitarbeiter. Bei uns dreht sich alles um das Thema Personal. Einerseits um die eigenen Mitarbeiter, die beispielsweise hochqualifiziert beraten müssen und andererseits um die Mitarbeiter, die als Zeitarbeiter in wechselnden Betrieben zum Einsatz kommen. In beiden Fällen ist es immens wichtig, die Mitarbeiter auf ihren neuen Job vorzubereiten“, erklärt Schmitz.

 

„Das Onboarding der internen Randstad-Mitarbeiter dauert in der Regel sechs Monate. Es beginnt aber immer am ersten Arbeitstag mit einem Blumenstrauß und einem vorgefertigten Arbeitsplatz“, so Schmitz. „Es ist wichtig, den neuen Mitarbeitern mit Wertschätzung zu begegnen. Einstieg und Ankommen in einem neuen Job sind keine Selbstläufer. Die Mitarbeiter brauchen dabei Unterstützung.“

 

Um diese Unterstützung über den ersten Tag hinaus zu gewährleisten, bekommt jeder neue Randstad-Mitarbeiter, unabhängig von seiner Business-Position, einen Paten zur Seite gestellt. Die Paten werden im Vorfeld entsprechend geschult. Patenschaftsprogramme erfüllen in der Mitarbeiterintegration mehrere Zwecke. Die Paten dienen dem neuen Mitarbeiter als Rollenvorbild und als Ansprechpartner bei konkreten Fragen. Sie sind für die zeitlich strukturierte Umsetzung des Einarbeitungsplans mitverantwortlich. So wird gewährleistet, dass neue Mitarbeiter möglichst schnell handlungsfähig werden und sich als selbstwirksam erleben. Zusätzlich unterstützt der Pate den neuen Mitarbeiter bei seiner sozialen Akklimatisation im Unternehmen.

 

Um den Mitarbeitern das für ihre Stelle benötigte Wissen zu vermitteln, leistet sich Randstad eine eigene Business School. Hier werden die neuen Mitarbeiter über die ersten Monate hinweg in verschiedenen Modulen geschult. „Zeitarbeit ist ein sehr komplexes Thema. Unsere Mitarbeiter müssen sich in vielen Bereichen sehr gut auskennen, von Arbeitsrecht über Kundenservice bis hin zur EDV“, erläutert Schmitz. Nach drei Monaten legen die Mitarbeiter ein internes Randstad-Examen ab. Danach folgen individuelle, bedarfsangepasste Trainigs. „Dieses Onboarding-Programm gilt für alle internen Kollegen, vom Consultant bis hin zum Director. Je nach Vorwissen und Position werden die Trainingspläne natürlich individualisiert. Führungskräfte benötigen noch mal andere Lern-Module, beispielsweise in Management oder Reporting. Bei den Top-Managern erfolgt noch mal eine individuellere Einarbeitung.“

 

Das Beispiel von Randstad verdeutlicht den zielgruppenspezifischen Aufbau des Onboardings. Während es einerseits unerlässlich für ein gutes Onboarding ist, die ausgewählten Instrumente zu standardisieren, sollte das Programm aber dennoch flexibel genug bleiben, um auf besondere Anforderungen einzugehen. So ist etwa zu berücksichtigen, dass die Integration von Führungskräften andere Anforderungen beinhaltet als die von Nichtführungskräften.

 

Warum setzt ein Unternehmen wie Randstad so stark auf die Schulungen der neuen Mitarbeiter und lässt sie nicht „ins kalte Wasser springen“?

Die intensive Wissensvermittlung als zentrales Element des Onboardings
hat für das Unternehmen folgende Mehrwerte:


  1. Qualität: Das Unternehmen stellt sicher, kompetentes Personal einzusetzen und so als seriöser Anbieter wahrgenommen zu werden.
  2. Mitarbeiterbindung: Die Mitarbeiter fühlen sich durch die gute Einarbeitung sicher in ihrem Handeln und arbeiten gerne in ihrem Bereich. Dadurch bleiben sie dem Unternehmen verbunden.
  3. Employer Branding: Die eigene Business School wird von Bewerbern durchaus als Alleinstellungsmerkmal in der Branche wahrgenommen und geschätzt.

 

Onboarding bei Zeitarbeitern

 

Neben den eigenen Mitarbeitern betreuen Personaldienstleister wie Randstad aber auch die Mitarbeiter, die als Zeitarbeiter in die Unternehmen gehen. Auch wenn hier kein sechsmonatiges Onboarding-Programm sinnvoll ist, versucht das Unternehmen, diesen Mitarbeitern einen möglichst angenehmen Start in den neuen Job zu ermöglichen. „Sich als Zeitarbeiter zu bewerben, kann psychisch sehr belastend sein. Daher ist es wichtig, den Bewerbern auf Augenhöhe zu begegnen. Egal, wer da rein kommt, man steht zur Begrüßung auf, lächelt und gibt die Hand. Wie bei unseren internem Mitarbeitern, ist es uns auch bei unseren Zeitarbeitern wichtig, eine freundliche und wertschätzende Atmosphäre zu schaffen,“ erklärt Sven Schmitz. „Was die wechselnden Einsatzorte betrifft, ist es wichtig, die Mitarbeiter immer wieder auf die neue Stelle und das neue Unternehmen vorzubereiten und sie zu begleiten. Das bedeutet ihnen zu erklären, bei welchem Unternehmen sie mit welcher Arbeit eingesetzt werden und wann, wo und bei wem sie sich melden müssen.“ Manchmal begleitet auch ein Randstad-Mitarbeiter den Zeitarbeiter an seinem ersten Tag zu dem neuen Einsatzort. „Zeitarbeiter werden in den Unternehmen sehr unterschiedlich aufgenommen. Manche Unternehmen behandeln sie wie ihre eigenen Mitarbeiter und laden die Zeitarbeiter auch zu ihrer Weihnachtsfeier ein. Andere behandeln sie wie Mitarbeiter 2. Klasse. Da ist es wichtig, ein Auge drauf zu haben, damit sich unsere Mitarbeiter wohl fühlen.“ 

Onboarding, nicht nur
etwas für große Unternehmen

Vor dem beschriebenen Hintergrund erscheint eine differenzierte und systematische Einarbeitung neuer Mitarbeiter in großen Unternehmen, wie bei Randstad Deutschland, unerlässlich. Doch auch kleine und mittlere Unternehmen stehen vor der Herausforderung neue Mitarbeiter möglichst gut mit an Bord zu nehmen, damit sie sich wohlfühlen, schnell in ihre Rolle finden und letztendlich auch beim Unternehmen bleiben wollen.

 

Carmen Klann, Senior Consultant bei der Unternehmensberatung USP-D Consulting, empfiehlt daher, unabhängig von der Größe des Unternehmens und dem Umfang des Onboarding-Programms einen zentralen Schwerpunkt auf die Vernetzung der Kollegen zu legen. „Um irgendwo tatsächlich anzukommen, muss man wissen, mit wem man es zu tun hat.


Außerdem ist es wichtig, dass die neuen Mitarbeiter schnell wissen, wer im Unternehmen wofür zuständig ist und wer sich mit welchen Themen beschäftigt. 
Fehlt dieses Wissen, geht im Bedarfsfall eine Menge Zeit und Energie mit gerade dieser Informationsbeschaffung verloren. Das bedeutet Effizienzverlust auf der einen Seite und erhöhten Stress und persönliches Unbehagen auf der anderen,“ erklärt Klann.

Gerade in Unternehmen, die dezentral organisiert sind, spielt die Vernetzung unter den Kollegen eine tragende Rolle. Als Beispiel dafür nennt Klann die Unternehmensberatung selbst: „Die USP-D beschäftigt momentan über dreißig Mitarbeiter: eine Mischung aus festangestellten Kollegen und festen freiberuflichen Trainern. Auf Grund der Art unserer Arbeit sind wir selten dauerhaft in einer festen Konstellation an einem Firmenstandort. Da steht man als neuer Mitarbeiter und auch als Unternehmen vor ganz anderen Herausforderungen, als wenn das Team jeden Tag zusammen vor Ort ist.“  


Um dennoch ein gemeinsames Onboarding von neuen Mitarbeitern und einen sozialen Austausch zu ermöglichen, hat sich die USP-D intern zunächst für ein Tagesseminar als Onboarding-Format entschieden.

In einer Mischung aus Informationen und Aktivitäten stehen hier drei Schwerpunkte im Vordergrund:

  1. Die Vermittlung von Wissen, rund um das Unternehmen: Welche Philosophie, welche Werte, welche Kultur und welche Historie stecken dahinter? Dieser Teil wird persönlich von der Geschäftsführung übernommen.
  2. Die Vorstellung des Produktportfolios: Welche Produkte gibt es, warum gibt es sie und was hebt sie von den Produkten der Konkurrenz ab?
  3. Das Netzwerken der Akteure durch erste Interaktionen, wie beispielsweise die Vorstellung in Kleingruppen. 

„Natürlich ist dieser Rahmen zeitlich und inhaltlich begrenzt. Damit solche Veranstaltungen erfolgreich und nachhaltig sein können, müssen die Organisatoren darauf achten, wie viele Informationen sie an einem Tag realistisch vermitteln können, ohne die Anwesenden zu überfrachten. Außerdem sollten die Gruppen in ihrem Vorwissen möglichst homogen sein. Ansonsten läuft man Gefahr, dass sich die einen langweilen oder die anderen inhaltlich nicht mitkommen. Beides ist nicht gut,“ erklärt Carmen Klann den Aufbau der Seminare.

Für die Konzeption eines Onboarding-Programms empfiehlt die Psychologin, dass neben den langjährigen Mitarbeitern auch Mitarbeiter eingebunden werden sollten, die noch recht jung im Unternehmen sind. „Der Senior kennt das Unternehmen, die Philosophie und die Kultur. Der Junior bringt einen frischen Blick auf die Firma mit und weiß noch, wie er seinen eigenen Einstieg erlebt hat.“

Die Rückmeldungen zu dem Format waren bislang durchaus positiv. „Die Mitarbeiter fühlten sich im Anschluss an das Seminar in der Akquise sicherer, weil sie jetzt mehr als die reinen Fakten über die Produkte kannten. Auch das Bewusstsein um die anderen Kollegen als Netzwerk gab Sicherheit und wurde durchweg positiv eingeschätzt.“

Das Fallbeispiel der Unternehmensberatung USP-D Consulting zeigt, dass eine effektive Integration neuer Mitarbeiter auch in kleinen und mittleren Unternehmen große Wirkung zeigen kann. Es verdeutlicht, dass Onboarding-Programme bei kleineren Unternehmen auch in der Umsetzung kleiner und leichter handhabbar sein müssen, als in großen Organisationen. Mitarbeitern einen professionellen Start in die neue Stelle zu bieten, ist daher bei KMU genauso wichtig, wie bei großen Konzernen. Denn eines darf man nicht vergessen, je kleiner ein Unternehmen, desto größer ist der Einfluss der einzelnen Mitarbeiter auf den Unternehmenserfolg.

 

Schlussfolgerung und Fazit

Die unterschiedlichen Onboarding-Maßnahmen und Schwerpunkte der Unternehmen Randstad Deutschland und USP-D Consulting zeigen, wie wichtig ein individuell auf das jeweilige Unternehmen abgestimmtes Onboarding-Programm für neue Mitarbeiter ist. Je nach Unternehmensstruktur und Tätigkeitsbereichen, können unterschiedliche Maßnahmen zielführend sein. Es wird deutlich, dass bei der Integration neuer Mitarbeiter das „One-Size-Fits-All“-Prinzip nicht greift. Deshalb sind Unternehmen gut darin beraten, bei der Konzeption von Onboarding-Maßnahmen ganz genau darauf zu achten, wer die Zielgruppe dieser Maßnahmen ist, welche Bedürfnisse diese Zielgruppe hat und welche Bedürfnisse das Unternehmen. Daraufhin sollten die Onboarding-Instrumente entsprechend maßgeschneidert aufbereitet und eingesetzt werden, um ihr Wirkungspotenzial bestmöglich zu entfalten.

 

Literatur zum Thema:

Onboarding 2013. A New Look at New Hires, Aberdeen Group

Onboarding – Mitarbeiter richtig integrieren, PERSONALquarterly 01/14, Prof. Dr. Torsten Biemann und Prof. Dr. Heiko Weckmüller

Onboarding – strategischer Wettbewerbsvorteil, www.onboarding.at, Mag. (FH) Katharina Schmidt

 

Fotocredit: 
(1) GG-Berlin | pixelio.de
(2) lichtkunst.73 | pixelio.de