Die zu beachtende Grenze jeglicher Überwachung von Angestellten ist deren grundrechtlich geschütztes Persönlichkeitsrecht. Dieses gilt nicht schrankenlos, sondern wird im Arbeitsrecht durch Ihre ebenfalls zu schützenden Interessen als Arbeitgeber begrenzt. Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht Ihres Mitarbeiters durch Überwachungsmaßnahmen können daher gerechtfertigt sein, wenn Sie sich auf ein schützenswertes Interesse berufen können. Zugangskontrollsysteme zur Überwachung des Ordnungsverhaltens der Arbeitnehmer sind allgemein üblich und auch zulässig, wenn auch nur unter Mitbestimmung des Betriebsrats. Auch gegen gelegentliche Tests der Vertrauenswürdigkeit Ihrer Mitarbeiter spricht nichts, wenn ein konkreter betrieblicher Anlass besteht. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Arbeit mit einer Kassentätigkeit verbunden ist. Kontrollen durch unangekündigte Kassengelderhöhungen können dann ein Mittel sein, die Ehrlichkeit des Mitarbeiters zu überprüfen. Dass Sie eine Videoüberwachung im Betrieb einführen, ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Aus § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG folgt, dass ihre Einführung durchaus möglich ist. Das zu schützende allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst dagegen neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines je-den Menschen, darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und gegen ihn verwendet werden dürfen.

long table with Eiffel chair inside room
Foto von Pawel Chu

Das zulässige Maß einer Beschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestimmt sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Je gewichtiger Ihr Grund für eine Videoüberwachung ist, desto mehr ist das Persönlichkeitsrecht Ihres Mitarbeiters eingeschränkt. Von Bedeutung für die Rechtmäßigkeit ist dabei auch die Eingriffsintensität, also die Frage, wie viele Personen wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind, ohne dass diese hierfür einen Anlass gegeben hätten. Die Videoüberwachung ist ein erheblicher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Ihrer Mitarbeiter. Diese werden für die Dauer ihrer Arbeitszeit einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt.

Sie müssen jederzeit damit rechnen, gefilmt zu werden und Auswertungen und Kommentierungen des Filmmaterials fürchten. Jedoch könnte die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers zulässig sein, wenn Sie den konkreten Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Ihren Lasten haben und weniger ein-schneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts von Ihnen bereits ausgeschöpft worden sind. Die verdeckte Videoüberwachung muss praktisch das einzig verbleibende Mittel zur Aufklärung sein. Treten z.B. Warenfehlbestände auf, müssen Sie zunächst Arbeitsabläufe und Inventurlisten auf Richtigkeit und Fehlerquellen untersuchen. Der mit der verdeckten Überwachung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeits-recht eines Mitarbeiters ist nicht unangemessen, wenn die Überwachung nicht wahllos erfolgt und nicht der allgemeinen Verhaltenskontrolle, sondern allein der Aufklärung eines bestimmten Verdachts, den Sie haben, dient.

Verdachtsmomente

Übt einer Ihrer Mitarbeiter eine vertragswidrige Nebenbeschäftigung aus oder geht er während einer Krankschreibung einer genesungswidrigen Beschäftigung nach, kommt dies oftmals nur durch Zufall heraus, meist durch Gerüchte, die Ihnen im Betrieb zu Ohren kommen. Wollen Sie Konsequenzen aus dem Verhalten Ihres Mitarbeiters ziehen, sei es durch Abmahnung oder Kündigung, müssen Sie den bestehenden Verdacht verifizieren. Bei einem konkreten Verdacht können Sie einen Detektiv einschalten, wobei die Überwachung nur an öffentlich zugänglichen Orten erfolgen kann. Unzulässig ist das Ausspähen im Privat- und Intimbereich. Bestätigt sich die Annahme eines vorsätzlich vertragswidrigen Verhaltens, können Sie von Ihrem Arbeitsnehmer verlangen, dass er die Kosten der Überwachung ersetzt.

Internetnutzung

Die private Nutzung des dienstlichen Computers wird in immer mehr Betrieben zum Problem. Das Herunterladen erheblicher Mengen von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme birgt die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder bei Rückverfolgung der Verbindungen kann es zu Rufschädigun-gen des Arbeitgebers kommen, wenn z.B. strafbares oder pornografisches Material heruntergeladen wird. Ferner entstehen durch die private Nutzung zusätzliche Kosten, sei es durch die Inanspruchnahme der Betriebsmittel oder weil die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung unter der privaten Nutzung leidet. Bei der Überwachung von Internetverbindungen und des E-Mail-Verkehrs müssen Sie unterscheiden, ob in Ihrem Betrieb die private Nutzung erlaubt ist oder nicht. Ist es Ihren Mitarbeitern untersagt, den dienstlich zur Verfügung gestellten Internetzugang für private Zwecke zu nutzen, können Sie das Nutzungsverhalten Ihrer Mitarbeiter regelmäßig ohne begründeten Verdacht überprüfen. Dies beschränkt sich indes nur auf die Verbindungsdaten. Diesen lässt sich in der Regel entnehmen, ob es sich um eine dienstlich veranlasste Nutzung des Internets handelt. Die Überprüfung des Inhalts von E-Mails ist hingegen nicht zulässig, es sei denn, Sie haben den konkreten Verdacht, dass diese einen strafbaren Inhalt haben oder der Mitarbeiter ist ausdrücklich mit der Überprüfung des Inhalts einverstanden. Der Verdacht muss sich dabei auf einen bestimmten Mitarbeiter beziehen.

Zeitlicher Umfang

Ist die private Internetnutzung in Ihrem Betrieb gestattet oder ohne weitere betriebliche Regelungen geduldet, ist die Überprüfung schwieriger und begrenzt. Eine solche Gestattung oder Duldung würde sich nämlich – ohne weitere Erklärungen – auf eine private Nutzung im normalen bzw. angemessenen zeitlichen Umfang erstrecken. Sie müssen daher zunächst den Verdacht haben, dass der Beschäftigte das Internet über das übliche Maß hinaus nutzt. Denn es gilt Folgendes:

N ach § 87 Absatz 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.

Nutzt Ihr Mitarbeiter während seiner Arbeitszeit das Internet in erheblichem zeitlichen Umfang privat, kann er grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass Sie dies tolerieren. Er muss damit rechnen, dass Sie nicht damit einverstanden sind, wenn er seine Arbeitsleistung in dieser Zeit nicht erbringt und gleichwohl die Vergütung dafür beansprucht. Sie sollten daher in Ihrem Betrieb klare Regeln hinsichtlich der Nutzung des Internets aufstellen. Das akustische Überwachen von dienstlichen wie privaten Telefonaten ist unzulässig. Erlaubt ist lediglich das Erfassen von Kosten und wann welche Rufnummern gewählt wurden.

Mitbestimmung

Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat, müssen Sie folgenden Grundsatz beachten: Der Betriebsrat bestimmt mit bei Maßnahmen, die das „Ordnungsverhalten“ der Mitarbeiter im Betrieb betreffen. Nach dieser Regelung nicht mitbestimmungspflichtig sind dagegen Maßnahmen, die das „Arbeitsverhalten“ regeln sollen. Deshalb betreffen Regelungen über das Betreten und Verlassen des Betriebs regelmäßig das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten, so z.B. auch die Einführung von Zeiterfas-sungseinrichtungen. Gleiches gilt für Videoanlagen oder technische Einrichtungen, die Daten von Telefongesprächen etc. erfassen und zur Überwachung bestimmt sind. Beachten Sie, dass technische Einrichtungen auch dann als zur Überwachung bestimmt gelten, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über Mitarbeiter zu erheben und aufzuzeichnen. Es kommt gar nicht darauf an, ob Sie dies auch tatsächlich beabsichtigen.

Autorin: Rechtsanwältin Jacqueline Stieglmeier

www. Stieglmeier.de

Quelle: LohnPraxis – Nr. 6/7 – Juni/Juli 2008