Messgröße

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Foto von Evangeline Shaw

Unmittelbar aus der Zielrichtung können Unternehmen die jeweilige Messgröße ab­leiten. Achten Sie insbesondere auf eine eindeutige und verständliche Definition, welche die Maßeinheit und gegebenenfalls notwendige Bereinigungen umfasst.

Selbst ein zunächst klar erscheinender Begriff wie „Umsatz“ könnte ergänzende Informationen erfordern, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden: In welcher Währung werden ausländische Umsätze gemessen und wel­cher Umrechnungskurs kommt dabei zur Anwendung? Wird der erzielte Umsatz um Zahlungsausfälle bereinigt? Wie erfolgt die Zuordnung des Umsatzes, den Vertriebsmit­arbeiter A bei einem Geschäftskunden erzielt hat, wenn der Auftrag aber über die Konzern­zentrale des Kunden erteilt wird und diese im Gebiet des Vertriebsmitarbeiters B liegt? Wie werden Umsätze aufgeteilt, die durch die Aktivitäten mehrerer Vertriebsmitarbeiter zustande kamen?

Es gibt eine Reihe von Methoden, mit denen es gelingt, „weiche“, qualitative Ziele einzu­beziehen. So werden im Produktionsbereich etablierte Messgrößen des Qualitätsma­nagements eingesetzt, im Service erfolgt die Messung der Kundenzufriedenheit durch Be­fragungen der Zielgruppe. Dies ist auch eine interessante Option für Fachabteilungen mit internen Kunden, wie etwa das Personalma­nagement oder die IT-Abteilung.

Sind Messungen nicht möglich oder mit nicht zu rechtfertigendem Aufwand verbunden, können die Verantwortlichen auf möglichst objektiv zu beurteilende Kriterien zurückgrei­fen. Für das Ziel der Kundenorientierung in der IT könnten Unternehmen beispielsweise das „Bearbeiten jeder Supportanfrage in we­niger als zwei Stunden“ oder das „Lösen des Kundenproblems in durchschnittlich weniger als drei Tagen“ als Kriterien festlegen.

Für Projekte empfiehlt sich grundsätzlich die Verwendung des Projektmanagement-Drei­ecks aus Zeit, Geltungsbereich und Bud­get: Senkung der Projektdauer, Steigerung der Ergebnisqualität oder Reduzierung des Ressourceneinsatzes bilden mögliche Ziele beziehungsweise Maßstäbe für die variable Vergütung.

 

Bezugswert

Oftmals wird die zu erreichende Zielhöhe mit einem Bezugswert verglichen. Gängig sind Vorjahreswerte oder Planungswerte. Als Bezugswert denkbar ist auch der Durch­schnitt der letzten drei Vorperioden, dies gibt Anreiz zu kontinuierlicher Verbesserung. Der Vergleich mit der Marktentwicklung desGesamtmarkts oder ausgewählter Wettbe­werber ist für die Glättung konjunktureller Schwankungen geeignet.

Wenn jedoch ein Ziel ohne Verwendung eines Bezugswertes definiert werden kann, ist die­ser Formulierung unter den Gesichtspunkten von Verständlichkeit und Transparenz der Vorzug zu geben. 

Zielhöhe

Die angestrebte Zielhöhe – in den vorge­nannten Beispielen „plus funf Prozent“ bzw. „minus zehn Prozent“ – ist unmittelbar mit den Maßnahmen verknüpft, die der Adres­sat ergreift, um das jeweilige Ziel zu errei­chen.

Die Maßnahmen müssen in Summe geeignet sein, diese Zielhöhe zu realisieren. Dabei muss für Adressat und Führungskraft in zumindest vier Dimensionen Klarheit herr­schen: Die Ziele müssen persönlich, zeitlich, inhaltlich und ergebnisbezogen sein. Die Be­rater der Wolf I.O. Group prägten für die auf diese Weise formulierten Maßnahmenpläne den Begriff „KAP“ (Konkreter Aktions-Plan).

Die Kernfrage für KAP lautet demnach: Wer macht was (bis) wann mit welchem Ergebnis? 
Während ein Ziel innerhalb der Periode nur bei einem strategischen Richtungswechsel verändert werden sollte, sorgen KAP für die erforderliche Flexibilität. Dem Adressat bietet sich die Möglichkeit, auf zunächst unvorher­gesehene Chancen oder Risiken adäquat zu reagieren.

Fazit

Die Beschäftigung mit den vier Elementen der Zielformulierung und den vier Dimensi­onen der Konkreten Aktions-Pläne bietet dem Praktiker die Möglichkeit, systemseitig für höchstmögliche Klarheit und Nachvollzieh­barkeit der zu treffenden Zielvereinbarungen zu sorgen. Nur transparente und saubere Ziel­vereinbarungen geben dem Mitarbeiter einen Anreiz und die notwendige Orientierung. Zu­dem können sie in enormem Maße dazu bei­tragen, spätere Auseinandersetzungen über den Zielerreichungsgrad zu vermeiden.

Ausblick

Teil 2 des Beitrags „Variable Vergütung à la Carte“ in der November/Dezember-Ausgabe wird sich mit der Kombination verschiedener Zielkomponenten und der Einführung eines Modells der variablen Vergütung befassen.

Zwischen Dynamisierung und Explosion

Die schlechte Nachricht zuerst: Ja, es ist ein explosives Thema. Nur wenige betriebliche Entscheidungen stoßen auf solch hohe und durchaus kritische Aufmerksamkeit der Be­legschaft wie eine Veränderung im Entgelt­bereich.

Ein variables Vergütungssystem setzt Energien und Aktivitäten in höchstem Maße frei. Aber genau das ist es auch, was es zu einem hoch wirksamen Instrument der Un­ternehmenssteuerung und Mitarbeiterfüh­rung macht. Die schlechte Nachricht ist daher zugleich die gute: Wer durchdachte Systeme konzipiert und kontinuierlich aktualisiert, setzt starke Anreize zur Realisierung von Strategien und Zielen. Variable Vergütungs- und Zielvereinbarungssysteme unterstützen Unternehmen dabei, Werte zu schaffen, Pro­zesse zu verbessern, Kosten zu senken und die richtigen Mitarbeiter zu binden.

Sowohl aus Sicht des Unternehmens als auch aus Sicht der Mitarbeiter haben Vergütungs­systeme eine existenzentscheidende Bedeu­tung. Folglich verbietet sich eine Konzeption nach dem Trial-and-Error-Verfahren: Das System darf keine Fehler aufweisen, wenn es eingeführt wird. Die Akzeptanz der Adres­saten fällt ins Bodenlose, wenn Sie ständig nachbessern müssen. Binden Sie daher als Personalmanager in der Konzeptionsphase alle Personen ein, die mit ihren Ideen und auch mit ihren Vorbehalten zur Qualität des Systems beitragen können. 

Unternehmensspezifische Konzeption

Best Practices aus anderen Unternehmen können Ihnen als Inspirationsquelle dienen, sind doch nur sehr selten kopierbar. In der Konzeptionsphase sollten Sie zunächst je­des einzelne Element des künftigen variablen Vergütungs- und Zielvereinbarungssystems unternehmensspezifisch gestalten, bevor Sie es mit den anderen Elementen zu einem System verzahnen. Als Leitschnur für Ihre Arbeit können die vier Elemente einer Zielfor­mulierung dienen: Zielrichtung, Messgröße, Zielhöhe und optional der Bezugswert. 

Konzeption Zielrichtung

Die Zielrichtungen des Unternehmens werden im Top-down-Verfahren kaskadiert und funk­tionsorientiert in Unter-Zielrichtungen auf­gespalten. Für dieses Vorgehen hat sich der etwas unschöne Begriff „herunterbrechen“ eingebürgert. Jede Führungskraft prüft und durchdenkt bei diesem Prozess zunächst ihre Möglichkeiten, die eigenen Zielrichtungen bestmöglich auf die direkten Mitarbeiter zu verteilen.

Auf diese Weise werden die Infor­mationen, in welche Richtung die Aktivitäten auszurichten sind, bis zu derjenigen Ebene delegiert, auf der sie umgesetzt werden. Bei dieser Bildung von Unter-Zielrichtungen wird die Führungskraft die bestehenden und gegebenenfalls zukünftig hierfür zu er­werbenden Kompetenzen der Mitarbeiter berücksichtigen, deren Motive und zeitliche Ressourcen.

In dem variablen Vergütungs- und Zielverein­barungssystem sind Prozessschritte vorzuse­hen, mit deren Hilfe ausgeschlossen wird, dass die gebildeten Unterziele kollidieren. In vielen Unternehmen werden hierzu Zielwork­shops mit allen Führungskräften durchge­führt. Die Offenlegung der gesamten Zielhie­rarchie bietet den Beteiligten ein Höchstmaß an Information über die anvisierten Zielrich­tungen. Sie erfahren, welche Ziele andere Bereiche, Abteilungen und Teams verfolgen, oftmals bis auf Individualebene. Damit wird ein zusätzlicher Vorteil realisiert: Etwaige Unterschiede im Anspruchsniveau der indi­viduellen Ziele, die bei den Mitarbeitern das Gefühl von Unfairness aufkommen lassen könnten, werden im Zielworkshop erkannt und können direkt beseitigt werden.

Zielrichtungen, die den Adressaten den di­rekten Bezug zum übergeordneten Zielsystem nachhaltig vermitteln und kontinuierlich ver­gegenwärtigen, werden als Erfolgsziele be­zeichnet. „Erfolg“ ist zu verstehen als Output, als Ergebnis oder Wertschaffung im Sinne der definierten Zielrichtung. „Leistung“ hingegen ist der hierfür erforderliche Arbeitseinsatz, also ein Input-Faktor. Die eigene Leistung kann der Arbeitnehmer direkt beeinflussen, Erfolg hingegen hängt von vielen externen Einflüssen ab. Aber nur Erfolge schaffen aus Arbeitgebersicht Werte und Ergebnisse, die zusätzliche Vergütung erlauben. Empfehlenswert ist, die Interessen beider Seiten zu berücksichtigen und sinn­voll zu kombinieren. In Teil 2 dieses Beitrages lernen Sie hilfreiche Kombinationsmöglich­keiten kennen.

Literaturtipps


Variable Vergütung – Genial einfach Un­ternehmen steuern,
Führungskräfte ent­lasten und Mitarbeiter motivieren.
Von Gunther Wolf. 4., neu bearbeitete, aktualisier­te und erweiterte Auflage.
Dashöfer Verlag 2014.

Nachhaltiges Leistungs- und Vergütungs­management:
Klarheit schaffen, Führung unterstützen.
Hrsg. von Jürgen Weißenrie­der.
Springer Gabler 2014.

Variable Vertriebsvergütung – Der Turbo für Ihre Sales Performance:
Wertschaf­fung, Erträge und Prozesse optimieren, Top-Verkäufer binden und begeistern.

Von Gunther Wolf.
Dashöfer Verlag 2011. 

Webtipps


www.variable-verguetung.de
www.zielvereinbarungen.org

 

Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 5 September/Oktober

Kaum kommt das Thema variable Vergütung auf den Tisch, sieht sich der Personalmanager mit den unterschiedlichsten Anforderungen und Erwartungen der Betriebsparteien kon­frontiert: Die Unternehmensleitung wünscht sich ein zuverlässiges Steuerungsinstrument und erfolgsabhängig flexible Personalkosten, die Führungskräfte befürchten hohen Zeit­aufwand, einen zu geringen Nutzen und am Ende auch noch Streitereien mit Mitarbeitern.

Den Organen der Mitbestimmung schwant, dass nun zum Angriff auf die Festgehälter geblasen wird, dass eine Überforderung der Mitarbeiter droht und nachher die Ziele so hoch gesetzt werden, dass keiner drankommt.



Manch ein Mitarbeiter erkennt eine Chance, sich finanziell zu verbessern – andere be­fürchten, dass die gute Zusammenarbeit lei­det, weil sich alle künftig nur auf ihre eigenen Ziele fokussieren. Ist also die Einführung oder Aktualisierung des variablen Vergütungs-systems ein Minenfeld, das man als Personal­manager besser weiträumig umfahren sollte?

Variable Vergütungs- und Zielvereinbarungs­systeme bestehen in vielen Unternehmen mehr oder minder unverändert seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten. Sowohl die Unternehmensumwelten als auch die Ar­beitsformen hingegen haben sich in jüngster Zeit enorm gewandelt. Zudem gelangen neue Mitarbeitergenerationen auf den Arbeits­markt, die ihrerseits neue Anforderungen an die Mitgestaltung ihrer Arbeitsinhalte stellen. Aus diesen Gründen betrachten immer mehr Personalmanager, die leistungsbereite Mit­arbeiter anziehen und an das Unternehmen binden wollen, die Aktualisierung der vari­ablen Vergütungs- und Zielvereinbarungssysteme als überfällig.