Christiane Reinhardt* arbeitete fünf Jahre als Marketingleiterin in einer Firma, die Handys produziert. Und plötzlich kam das Aus: Der Standort in Deutschland sollte zugunsten der Produktion in Ungarn und Rumänien weichen. Als Teil der Trennungsvereinbarung bot ihr das Unternehmen ein Einzel-Outplacement an, das sie zusätzlich zu ihrer Abfindung erhielt. Nun musste sie sich nicht mehr mit dem Marketing für Handys auseinandersetzen, sondern mit ihrem eigenen, beruflichen.

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Foto von Sarah Shaffer

Die Idee des Outplacements entstand nach dem zweiten Weltkrieg. Die US-Armee wollte die heimkehrenden Soldaten in die zivile Gesellschaft reintegrieren und richtete dazu eigene Beratungsstellen ein. Das Ziel: Die Kriegsheimkehrer sollten auf dem armeeexternen Arbeitsmarkt „platziert“ werden. „Die meisten Menschen müssen heute nach einer Entlassung eine ganz neue berufliche Perspektive finden, weil sie in der ursprünglichen Beschäftigung nicht mehr Fuß fassen können“, berichtet Janine Berg-Peer, die mit ihrer fast 15-jährigen Erfahrung zu den Pionieren der Outplacement-Beratung in Deutschland gehört. Deshalb ist die Standortbestimmung ein ganz wesentliches Einstiegselement des Outplacements. „Der Berater muss zu Beginn erfragen, was der Klient möchte“, sagt die Expertin. Belaste den entlassenen Mitarbeiter die Situation sehr stark, komme psychologische Aufbauarbeit hinzu. Über die Jahre sei das jedoch weniger geworden. „Den Job zu verlieren ist nach wie vor schlimm, aber das hat lange nicht mehr die Dramatik wie vor zehn Jahren“, so die Beraterin Berg-Peer. „Entlassungen gehören ja heute – leider – zur Tagesordnung.“

Ein Großteil der Arbeit von Outplacement-Experten besteht heute darin, mit dem Klienten ein neues berufliches Profil zu erstellen. Die klassische Vorgehensweise: Stärken, Schwächen, Neigungen, Wunschvorstellungen mit den Möglichkeiten des Marktes abgleichen. Auch Christiane Reinhardt stellte sich diesem Profiling. Denn nach drei Monaten merkte sie, wie schwierig es für sie werden würde, in der gleichen Position eine neue Anstellung zu finden. Mithilfe ihres Outplacement-Beraters orientierte sie sich in Richtung Vertrieb und fand schließlich nach neun Monaten eine Anstellung in einem Softwareunternehmen. Damit lag die ehemalige Marketingleiterin im oberen Mittelfeld in punkto Vermittlungsdauer. „Ein halbes Jahr ist heute das Minimum“, beobachtet Berg-Peer. In den meisten Fällen dauere es ein ganzes Jahr – Tendenz steigend. Besonders schwierig werde es, wenn jemand schon die magischen Vierzig überschritten habe. Denn dann gelte es die Menschen erst einmal wegzubringen von der Einstellung: „Ich finde ja sowieso nichts“.

Die tägliche Jobsuche

Wichtig sei es dann zu zeigen, dass es eine Vielzahl an Suchmöglichkeiten gibt. „Viele Mitarbeiter, die entlassen werden, haben sich jahrelang nicht beworben“, weiß Berg-Peer. „Deshalb müssen wir sie hierbei kräftig unterstützen.“ Die Outplacement-Expertin erstellt oft die Unterlagen für ihre Klienten, denn „das ganze Theater mit den Bewerbungsunterlagen“ hält sie für ziemlich überzogen. Ihr Ansatz: Die Gekündigten sollten sich nicht so sehr mit ihren Unterlagen befassen, sondern „raus ins Feld“. Ein neuer Job fliege einem nicht wegen der Qualität einer Bewerbungsmappe zu oder weil ein schwarzweißes oder farbiges Foto beigefügt sei. „Ich behaupte, damit beschäftigen sich die Entlassenen nur, weil sie nicht wissen, wo sie anfangen können und wenig Lust haben, fremde Leute anzurufen.“

Doch gerade das sei entscheidend. Die Klienten müssten alle ihre Kontakte einbeziehen und aktiv auf potenzielle Arbeitgeber zugehen. Die Beraterin erstellt anhand aller möglichen Suchinstrumente einen Plan für den Klienten, den sie akribisch überwacht. Außerdem ist sie da, wenn die Person Rückschläge verarbeiten muss – das entlastet die privaten Beziehungen des Gekündigten und stärkt ihn bei der täglichen Arbeitssuche.

Im Wesentlichen gibt es drei verschiedene Modelle für diese Form der Karriereberatung: Zum einen das Gruppen-Outplacement, das hauptsächlich bei der Schließung von Niederlassungen oder Teilbereichen zum Einsatz kommt. Häufig beauftragen die Unternehmen in dieser Situation jedoch Transferagenturen oder -gesellschaften. Beliebt ist das Gruppenoutplacement auch als Einstieg in eine Einzelberatung – die zweite wichtige Form der Beratungsleistung, die es als befristetes und unbefristetes Modell gibt. Einzel-Outplacement kommt meistens Führungskräften zugute, für Sachbearbeiter bevorzugen Unternehmen Gruppen-Outplacements. Unterschiedlich sind je nach Position des Mitarbeiters auch die Schwerpunkte. „Für Sachbearbeiter haben Trainings- und Bewerbungselemente die größte Bedeutung und Karriere-Coaching die geringste“, so Herbert Mühlenhoff, Geschäftsführer der Managementberatung Mühlenhoff + Partner GmbH. Genau umgekehrt sei es im Top-Management. Der Mittelbau wiederum brauche vor allem eine Standortbestimmung und weniger Trainingselemente.

Von Outplacement profitieren

Die Vorteile für die Betriebe sind vielfältig: Ausscheidende Mitarbeiter, die eine berufliche Perspektive sehen, verzichten in der Regel auf Rechtsstreitigkeiten. Außerdem können Unternehmen häufig die Restlaufzeiten bestehender Arbeitsverträge verkürzen und auf diese Weise ebenso Kosten sparen.

Manchmal liege der Schwerpunkt nicht nur darauf, die Mitarbeiter bei der Neupositionierung zu unterstützen, so Mühlenhoff: Wenn der Eklat mit den entlassenen Mitarbeitern ausbleibe, sei das auch für die Attraktivität als Arbeitgeber vorteilhaft. „Viele Unternehmen möchten ihr Image als Place to Work aufrechterhalten, auch wenn sie sich von Mitarbeitern trennen müssen“, ist der Stellvertretende Vorsitzende des Fachverbandes Outplacement beim Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) überzeugt. Manche Unternehmen legten Wert darauf, bis zu einer vollständigen Betriebs- oder Standortschließung die Produktivität der Mitarbeiter zu halten. „Wir haben Auftraggeber, die sagen: Wir möchten unsere Mitarbeiter als mögliche Kunden behalten und sie gegebenenfalls später wieder fragen können, ob sie zurückkehren.“ Outplacement verstünden die Firmen hierbei als Personalmarketing-Instrument, mit dem sie in die Zukunft investieren.

Mit Outplacement erwirtschaften deutsche Unternehmensberatungen inzwischen rund 50 Millionen Euro pro Jahr, so eine Studie des BDU aus dem Jahr 2008. Demnach konnte die Branche seit den 90er Jahren kontinuierlich zulegen. Die Erfolgsquote – im Sinne einer neuen Anstellung – hängt dabei stark von der gewählten Outplacementform ab. Während im Schnitt 26 Prozent der Kandidaten über Outplacement eine neue Anstellung fanden, waren es beim unbefristeten Einzeloutplacement 95 Prozent. Mit der Wirtschaftskrise verändere sich das zwar, so Mühlenhoff. Doch der Arbeitsmarkt stehe nicht so schlecht da, wie viele annähmen. „Das ist wie bei einer Lebensmittelknappheit: Das Angebot von Obst und Gemüse auf dem Markt nimmt ab, da die Verbraucher gleich zum Bauern gehen, um sich einzudecken“, vergleicht Mühlenhoff. So würden sich heute die Jobsuchenden viel häufiger mit Initiativbewerbungen direkt an die Unternehmen wenden. Outplacement könne gerade hier ansetzen.

„Je komplexer der Geschäftszweck eines Unternehmens, desto wahrscheinlicher nutzt es das Instrument Outplacement“, so Mühlenhoff. Die Bau- und Werftindustrie etwa gebe diese Form der Beratung fast nie in Auftrag. Besonders beliebt war Outplacement der BDU-Studie zufolge hingegen in der Chemie- und Pharmabranche, in der Konsumgüterindustrie und bei Kreditinstituten mit jeweils 15 Prozent der Mandate. Der Fahrzeugbau brachte 13 Prozent der Aufträge, der Maschinenbau zehn Prozent.

Den richtigen Berater finden

Der großen Nachfrage zum Trotz birgt Outplacement auch Risiken für Unternehmen – etwa, wenn die Mitarbeiter nicht daran glauben, dass sie damit tatsächlich beruflich weiterkommen. Rainer Gross* zählt zu jenen, die ihrem Ärger im Internet Luft machen: Er arbeitete für einen Industriebetrieb, der Personal abbaute, und deshalb eine Outplacement-Beratung engagierte. Die Berater versuchten eine Perspektive für die Industriearbeiter herauszuarbeiten, indem sie sie nach ihren Hobbys fragten. Das waren die Familie, Fußball und der Garten – Gärtner werden wollten sie deshalb nicht. Weitere Ideen hatten die Berater nicht. Sie beschränkten sich in punkto Stellensuche auf Ausdrucke aus der Stellenbörse der Arbeitsagentur, ein paar Gespräche und ein kleines Bewerbungstraining. Rainer Gross fühlte sich deshalb um einen Teil seiner Abfindung betrogen.

Um solche Enttäuschungen zu vermeiden, sollten Unternehmen die Outplacement-Beratung gezielt auswählen. „Manche Berater versprechen, dass sie Arbeit für die Mitarbeiter suchen“, weiß Berg-Peer. Doch die leicht vermittelbaren Mitarbeiter seien sowieso schnell weg – ein Erfolg, den sich manche Outplacement-Beratung auf die eigenen Fahnen schreibe. „Es gibt viele Menschen, die einfach aufgrund ihres Alters und ihrer Qualifikation schwer zu vermitteln sind. Wenn jemand da verspricht, für einen bestimmten Betrag jeden Mitarbeiter zu platzieren, dann halte ich das für unseriös“, sagt Berg-Peer. Dieser Meinung ist auch Herbert Mühlenhoff: „Genauso wenig, wie ich für jemanden einen Lebenspartner finden kann, geht das bei einem neuen Job.“ Denn das Engagement des Mitarbeiters und die Chemie müssten stimmen.

„Die Investitionen berechnen die Berater in der Regel nach dem Gehalt des ausscheidenden Mitarbeiters“, berichtet Herbert Mühlenhoff. Darin sei meist auch eine Beratung der Entscheider und Vorgesetzten im Trennungsmanagement enthalten. Für eine dreimonatige Einzelberatung müssten Unternehmen mit rund 10 Prozent des Jahreseinkommens, für eine sechsmonatige Beratung mit etwa 14 Prozent des Jahreseinkommens rechnen. Aufträge, die auch die Integration in das neue berufliche Umfeld beinhalten, erzielten derzeit Honorare zwischen 16 und 20 Prozent. Unlimitierte Einzelberatungen, sogenannte Garantieprogramme, bei denen die Beratung im Falle des Scheiterns in der Probezeit ohne Zusatzhonorar wieder aufgenommen wird, kosteten rund 22 Prozent des Jahreseinkommens. In punkto Gruppenberatungen und Transfergesellschaften könnten die Preise zwischen 1.000 und 5.000 Euro pro Person variieren – je nach Laufzeit und qualitativem Umfang.

„Wählen Sie nur einen Berater, von dem sich auch selbst beraten lassen würden“, empfiehlt Berg-Peer. Ein kurzes Probeseminar könne dafür eine gute Entscheidungshilfe sein. „Outplacement ist keine Geheimwissenschaft“, erklärt die Outplacement-Pionierin, „aber Berater sind dann gut, wenn sie wirklich Interesse an Menschen haben.“ Gesunder Menschenverstand gehöre ebenso dazu wie Kenntnisse von unternehmensinternen Prozessen.

* Namen und Stellenbeschreibung von der Redaktion verändert

Literaturtipps

  • Janine Berg-Peer: Outplacement in der Praxis. Trennungsprozesse sozialverträglich gestalten: Ein Leitfaden für Berater und Entscheider. Gabal Verlag 2003.
  • Toni Nadig, Brigitte Reemts Flum: Entlassung – Entlastung?: Outplacement als Brücke zwischen Entscheidern und Betroffenen. Orell Fuessli 2008.
  • Stefanie Heizmann: Outplacement: Die Praxis der integrierten Beratung. Huber Verlag 2003.