Nicht einmal jede vierte Führungsposition auf der zweiten und dritten Ebene ist derzeit mit einer Frau besetzt. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Unternehmens- und Personalberatung Rochus Mummert.

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Foto von Alex Kotliarskyi

Wie die Untersuchung weiter zeigt, haben Mangerinnen dabei offensichtlich mit viel weniger Vorurteilen zu kämpfen als von den Unternehmen vermutet. So hält nur noch jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland Männer für die besseren Chefs, zwei Drittel der Befragten ist es mittlerweile hingegen völlig egal, ob sie von einem Mann oder einer Frau geführt werden. Die Angst vieler vor allem mittelständischer Unternehmen, dass Teilzeit-Chefinnen Autoritätsprobleme haben, ist also unbegründet.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse ist es mehr als unverständlich, dass viele Verantwortliche in der Politik nach wie vor auf eine Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte setzen, zumal andere Länder damit keine guten Erfahrungen gemacht haben. Beispiel Norwegen: Der weltweite – und auch in der deutschen Diskussion immer wieder bemühte – Vorreiter hatte bereits 2004 eine solche Quote für börsennotierte Unternehmen eingeführt. Doch die Hoffnung, der Effekt werde auf nicht-börsennotierte Unternehmen überspringen, erfüllte sich nicht.

Gleich zum Karrierestart Führungserfahrung sammeln

Auch in Deutschland dürfte einer Frauenquote ein ähnlicher „Erfolg“ beschieden sein. Denn wie sollen Frauen flächendeckend in Toppositionen gelangen, wenn ihnen in vielen Betrieben auf der unteren und mittleren Führungsebene die Entwicklungsmöglichkeiten fehlen? Während Frauen auf der unteren Managementebene aktuell zumindest noch mit 39 Prozent vertreten sind, sinkt diese Zahl im Bereich der mittleren Führungsebene nämlich rapide ab. Derzeit sind auf der zweiten und dritten Ebene lediglich 23 Prozent der Positionen mit Frauen besetzt.

Um Frauen in Führungsetagen zu stärken, sollten Unternehmen sie daher primär auf der unteren und mittleren Managementebene unterstützen. In diesen Positionen können sie gleich zum Karrierestart Führungserfahrung sammeln. Es ist dies meist jedoch die Lebensphase, in der Mütter Familie und Karriere unter einen Hut bringen wollen, unflexible Rahmenbedingungen sie aber häufig daran hindern.

Hoher Frauenanteil als logische Folge und nicht als Ziel

Die Lösung dieses Problems wird von vielen Unternehmen und den dortigen Personalverantwortlichen oftmals einzig auf Seiten des Staates gesehen. Die Schaffung ausreichender Kinderbetreuung – in Deutschland gibt es derzeit nur für knapp jedes vierte Kind zwischen ein und zwei Jahren einen Kita-Platz – wird dabei als der entscheidende Faktor genannt.

Doch auch wenn es sicherlich richtig ist, dass die Politik die Rahmenbedingungen schaffen muss, sind die Unternehmen selbst gefordert. Der wichtigste Lernprozess, der hier einsetzen muss, ist zu erkennen, dass ein höherer Frauenanteil nicht das Ziel der Personalarbeit sein sollte, sondern vielmehr die logische Folge eines durchgängig nachhaltigen Personalmanagements. Das entscheidende Stichwort ist hier die Arbeitgeberattraktivität. Denn wenn ein Unternehmen für die besten Frauen – ohne die viele Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr lange aufrecht erhalten können – dank entsprechender interner Gegebenheiten attraktiv ist, wird auch die Frauenquote in Führungspositionen automatisch steigen.

Den Mut zur Lücke akzeptieren

Die wichtigsten Anforderungen, die eine Teilzeit-Chefin erfüllen muss, unterscheiden sich dabei nicht von denen für eine Vollzeit-Chefin oder einen Vollzeit-Chef. Allerdings muss eine Teilzeit-Führungskraft – übrigens egal ob Mann oder Frau – neben Kompetenz, Integrationskraft und Glaubwürdigkeit ihre Arbeit sehr effektiv organisieren und Dinge häufig in kürzerer Zeit erledigen. Dass sie dafür manchmal Mut zur Lücke brauchen, muss allerdings den Unternehmen klar sein. Sie müssen dies akzeptieren und gegebenenfalls organisatorisch flankieren.

Jobsharing-Modelle, bei denen sich zwei Frauen eine Führungsposition teilen, sind dabei zwar generell denkbar, haben sich in der Praxis aber noch nicht wirklich durchgesetzt. Gerade in den freien Berufen sind aber Teilzeit-Führungskräfte schon recht häufig zu beobachten. So gibt es etwa in Rechtsanwaltssozietäten durchaus Anwältinnen, die es in Teilzeit bis zum Partnerstatus geschafft haben.

Im Angestelltenverhältnis sind Frauen in Teilzeit-Führungspositionen derzeit überwiegend dort zu finden, wo Frauen auch als Vollzeit-Chefinnen anzutreffen sind, also etwa im Personalmanagement, Marketing oder in kaufmännischen Positionen. Vorreiter sind dabei die Konsumgüterbranche und der Einzelhandel.

Fazit

Unternehmen sollten sich nicht um Frauen als Führungskräfte bemühen, weil sie Frauen sind, sondern weil sie die besten Mitarbeiter suchen. Gute Beschäftigte sind immer schwerer zu bekommen beziehungsweise an das Unternehmen zu binden. Diese Entwicklung treibt der demografische Wandel sowie die generell nachlassende Bindungswirkung von Institutionen voran, wie sie etwa schon in der Politik (mehr Wechselwähler) oder bei Sportvereinen (weniger Ehrenamtliche) zu beobachten sind. Um als Arbeitgeber für Frauen attraktiv zu sein, hilft keine allgemeine Wohlfühlatmosphäre. Betriebe sollten sich vielmehr um sehr konkrete und meist individuelle Faktoren bemühen, die bis hin zu einem ganz anderen Verständnis von Karriere reichen. Wenn Unternehmen sich – zu Recht – gegen eine Frauenquote wehren, sollten sie allerdings auch eine Alternative bieten. Die Teilzeit-Chefin ist da ein gutes Angebot.