2 | Die Berufswanderer
Zu den Berufswanderern zählen jene, welche für ihren ersten Job nach Studium oder Ausbildung in die Ferne ziehen. Das Berlin-Institut legt ihr typisches Alter auf 25 bis 29 Jahre fest. Während Absolventen durchschnittlich tatsächlich erst mit 28 oder 29 Jahren ins Berufsleben starteten, und Azubis im Schnitt mit 22 Jahren auslernten, sei jedoch zu beobachten, dass diese sich danach weiterqualifizieren und sich ihr Berufseinstieg dadurch nach hinten verschiebe.
Für den Berufseinstieg in die Stadt
Der Berufseinsteiger sucht – gemessen an allen anderen demografischen Gruppen – am weiträumigsten in der Bundesrepublik nach einem Arbeitsplatz. Er ist daher nach dem Bildungswanderer der mobilste Bürger. Die Studie unterlegt dies mit Zahlen: Die Hälfte der Hochschulabsolventen ist nach dem Studium in einer andere Region gezogen. Das Berlin-Institut erklärt dies damit, dass sie nicht die ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplätze vor Ort finden. Großstädte wirken auf Berufswanderer besonders attraktiv, allen voran Leipzig und Potsdam. Allerdings verlieren die neun ostdeutschen Städte die Gunst der Berufswanderer dadurch, dass Zentren wie Hamburg, Frankfurt oder Köln besser punkten können, wenn es um die Vernetzung von Universitäten, Unternehmen, Talenten und Investitionen geht. Dazu komme, so das Berlin-Institut, dass die Löhne in Ostdeutschland nach wie vor hinter denen Westdeutschlands liegen. In Summe gelingt Ostdeutschland in der Gruppe der Berufswanderer keine Trendwende: So seien 293 Berufswanderer je 1.000 Menschen dieser Altersgruppe im Jahr 2013 in eine östliche Gemeinde zu- oder daraus weggezogen; womit sich der Saldo um 26 Personen seit 2008 erhöhte.
Im nächsten Teil behandeln wir Familien- und Empty-Nest-Wanderer.
1 | Die Bildungswanderer
Der Bildungswanderer ist von allen Gruppen am meisten gefordert, zu wandern. Junge Menschen suchen nach dem Schulabschluss eine Ausbildung oder ein Studium, welches viele nur in der Ferne finden.
Hochschulstädte gewinnen, doch nicht nachhaltig
Die großen Unistädte wie Leipzig, Dresden und Jena können viele Bildungswanderer anziehen, also Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Das liegt laut Berlin-Institut unter anderem daran, dass die Hochschullandschaft in den östlichen Bundesländern vielfältig ist und günstigere Studienbedingungen bietet als der Westen. Junge Menschen haben das für sich entdeckt. Ein zweiter Grund für die Trendwende besteht darin, dass auch junge Ostdeutsche in ihrer Region bleiben, wenn sie von zu Hause ausziehen.
Die Topgewinner unter den Unistädten sind Jena und Leipzig, sie weisen Wanderungssalden von 116 und 123 auf. Potsdam verbucht den niedrigsten Wanderungssaldo. Erfurt, Chemnitz, Halle an der Saale, Rostock, Magdeburg und Dresden liegen dazwischen.
Nach den großen Unistädten können sich auch Mittelstädte mit 10.000 bis 50.000 Einwohner über mehr Zuzug freuen. Sie verzeichnen laut Studie unter allen Gemeindegrößen mit negativem Saldo den stärksten Aufwärtstrend. Spitzenreiter unter den Mittelstädten ist Greifswald. Hier beträgt der Wanderungssaldo 94 je 1.000 Einwohner dieser Altersklasse.
Die 2.695 Gemeinden hingegen kämpfen weiterhin mit Fortzügen junger Menschen. Rund die Hälfte aller Gemeinden verlor jährlich zwischen 50 und 100 Bildungswanderer pro 1.000 Einwohner dieser Altersgruppe. Und ein Viertel der Gemeinden verlor sogar mehr als 100 Personen. Lediglich 27 Gemeinden konnten sich darüber freuen, dass Weg- und Zuzüge sich die Waage hielten, ganze 48 Gemeinden verbuchten einen Zuzug von 15 Personen pro 1.000 Einwohner in dieser Altersgruppe.
So erfreulich das Ergebnis für die Unistädte sein mag, so hat es doch einen Haken. Da Bildungswanderer nach Abschluss ihres Studiums oder ihrer Ausbildung zwecks Jobannahme umziehen müssen, können die Städte diese Leute oft nicht halten. Dies betrifft vor allem kleinere Hochschulstädte wie Weimar oder Ilmenau.
Als ebenso wenig erfreulich zeigt sich, dass Kommunen im Speckgürtel von Berlin keine Bildungswanderer für sich gewinnen können. Zwar nimmt die Bevölkerung insgesamt zu, doch diese Kommunen in der Größe von 10.000 bis 50.000 Einwohnern weisen vergleichsweise die höchsten Abwanderungswerte auf.
Das Berlin-Institut hat die wandernde Bevölkerung nach
Lebensphasen in Gruppen eingeteilt. Dadurch ergeben
sich folgende Wanderungstypen:
> Familienwanderer bis 18 Jahre
> Bildungswanderer im Alter zwischen 18 und 24 Jahre
> Berufswanderer im Alter zwischen 25 und 29 Jahre
> Familienwanderer im Alter zwischen 30 und 49 Jahre
> Empty-Nest-Wanderer im Alter zwischen 50 und 64 Jahre
> Ruhestandswanderer ab 65 Jahre
Recruiter haben klassischerweise die mittleren vier Gruppen
im Auge. Von ihnen müssen sie wissen, welche Lebens- und
persönlichen Motive zum Umzug oder zum Bleiben motivieren.
Die Studie liefert darüber Aufschluss.